[TdW 13] Leben wir in einer Konsensdemokratie?

Eingereicht von xrayn (und diesmal ohne Mißverständnisse;)): Leben wir in einer Konsensdemokratie oder warum darf in unserer Demokratie nicht gestritten werden?
 
Aktuell ist mir das aufgefallen, dass zB die Linke nur Müde belächelt, ja zT angegriffen wird, weil sie nicht Gauck unterstützt. Aber auch schon früher, wie bei der Atomausstiegsdebatte, wurden Verfechter der AKWs schlichtweg als Volldeppen der Nation dargestellt. Friedrich, der den Griechen Anreize schaffen will aus der EU aus zusteigen. Oder betrachte man einfach die letzten zwei Jahre der Koalition. Jedes Mal, wenn sich Union und FDP nicht einig waren, wurde sofort getitelt ,dass es nun aus mit der Koalition sei (der werte Herr Threadersteller hat da im Übrigen mit seinem SG-Thread munter mitgetanzt ;)). Aktuell ist es die Debatte um Gauck, die mal wieder den Bruch der Koalition gehandelt wurde. Dabei lebt eine Demokratie doch gerade von der öffentlichen Debatte, wichtig ist nur, dass nach einem Kompromiss auch beide Parteien dazu stehen und es durchziehen. Wer auf eine zwei-Meinungsdemokratie steht, kann ja nach Amerika auswandern. Vielleicht sollte man an diesem Punkt doch Sarrazin danken, dass er ein vermeintliches Konsensthema zur Debatte gestellt hat, auch wenn es schade ist, dass dazu jemand zunächst einmal idiotische Thesen aufstellen muss und die erste Hälfte der Diskussion damit verschwendet wird, bevor das Thema an sich behandelt wird.
 
xrayn hat gesagt.:
Oder betrachte man einfach die letzten zwei Jahre der Koalition. Jedes Mal, wenn sich Union und FDP nicht einig waren, wurde sofort getitelt ,dass es nun aus mit der Koalition sei (der werte Herr Threadersteller hat da im Übrigen mit seinem SG-Thread munter mitgetanzt ;)).
Eine Diskussion und ein Streit sind zwei unterschiedliche Sachen...;) In einer Demokratie sollten Diskussionen wichtige Werkzeuge der Entscheidungsfindung sein, denn sie dienen dazu Mehrheiten für bestimmte Standpunkte oder, wo das nicht möglich ist, einen Kompromiss oder einen Konsens auszuhandeln. Daher finden konstruktive Diskussionen für gewöhnlich vor einer Entscheidung statt.
Einen Streit erkennt man, im Unterschied zu einer Diskussion, schon an daran das die sachliche Ebene verlassen wird und sehr emotional gesprochen wird - häufig kommen spitzfindige Bemerkungen, persönliche Angriffe oder gar Beleidigungen dazu. Dazu kommt natürlich das ein Streit, im Gegensatz einer Diskussion, nicht mit der fraglichen Entscheidung endet, sondern häufig erst danach voll entbrennt.
In einer Koalition sollten unterschiedliche Standpunkte diskutiert werden (idealerweise bevor es zu einer Entscheidung kommt), nachdem man sich dann aber auf eine Lösung geeinigt hat, sollte eine Regierung aber an einem Strang ziehen. Das ist etwas was schwarz-gelb nie geschafft hat. Diese Koalition war von Anfang an von Streitereien geprägt (Wildsäue vs. Gurkentruppe), Inhalte aus vertraulichen Gesprächen wurden brühwarm an die Presse weitergegeben (Rösler vs. Schäuble), da werden vor laufenden Kameras verkündete Einigungen schneller über den Haufen geworfen als die Worte über die Einigung ausgesprochen werden (Steuersenkungsstreit) und selbst innerhalb der Parteien werden Abweichler übelst beschimpft (Pofallas "Ich kann Deine Fresse nicht mehr sehen").
Klingt nicht gerade nach einer Koalition mit einer lebendigen Diskussionskultur, oder? Tatsächlich ist es ja gerade Merkels Politikstil Diskussionen zu unterbinden - selbst in der über Nacht erfolgten 180° Kehrtwende in der Atompolitik, wurde der Union und ihren Anhängern der Kurswechsel von oben aufgezwungen und Diskussionen wurden im Keim erstickt. Auch bei der Euro-Rettung sind Diskussionen nicht erwünscht, wer öffentlich eine andere Meinung als die, von Merkel vorgegebene, Parteilinie vertritt, wird dann eben vom Kanzleramtschef Pofalla persönlich beleidigt - wie Wolfgang Bosbach, der sich von Pofalla anhören müsste das dieser "seinen Scheiß nicht mehr hören" & "seine Fresse nicht mehr sehen" kann...:rolleyes:
Man muss schon eine tiefschwarze Brille aufhaben, um die Streitereien & Querelen von Schwarz-Gelb als lebendige Diskussionskultur zu interpretieren...:D
 
Dabei lebt eine Demokratie doch gerade von der öffentlichen Debatte,

Du unterliegst dabei aber dem Irrglauben das wir in DE eine funktionierende Demokratie haben. Nach aussen hin mag das zwar stimmen, was die Instrumente betrifft. Aber im Innern ist es für eine Demokratie unerlässlich, das sich Bürger ihrer Rechte bewusst werden und diese auch wahrnehmen - und Verantwortung übernehmen. Das tun sie nicht und verlagern die Themen an die von Ihnen (ja immerhin) demokratisch gewählten Politiker aus und setzen auf sie wie in einem Pferderennen.

Gorleben, Asse, AKW Ausstieg, ACTA, EU Krisen, Vorratsdatenspeicherung, Benzinpreise, Bankwesen, Privatisierungen um nur mal ein paar ganz populäre Beispiele zu nennen, sind Felder wo Bürgerinitiative gut täte und politisches Geschehen beeinflussen könnte und wo es oberste Bürgerpflicht ist zu partizipieren.

Die deutschen sind fett und faul, obendrein am verdummen und betrachten Politik als externes Regelwerk was am besten immer andere übernehmen. Den Umstand zu realisieren: Was DIE machen kann MICH unmittelbar betreffen ist bei den meisten Menschen sehr weit weg, da sich deren kümmerliches Leben mal gerade um ihr Auto, Doppelhaushaelfte, Job und, wenn überhaupt, noch um Ihre Kinder dreht.

Ich sehe die Demokratie nicht mit ihren Instrumenten in unmittelbarer Gefahr: Aber ich sehe eine grosse Gefahr im falschen Verständnis.
 
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