[PF] 11 - Entwicklung contra Entwicklungsstufe?

Ich möchte einmal meine folgende Behauptung nicht nur in den Raum werfen:

"Die gesellschaftliche Entwicklung(sstufe) ist keine Reflexion der (hirn-physiologischen) Entwicklung der Gesellschaft als vielmehr die der Errungenschaften weniger Einzelindividuen."


Wie komme ich darauf:
Wenn man so wie wir in gesellschaftlichem Miteinander lebt, dann sind viele Dinge - zumindest vorerst - "irgendwie" gegeben und "sind halt so". Sehr oft aber habe zumindest ich das Gefühl, dass der Rest der Welt zu großen Teilen anscheinend von in den Tag hinein lebenden Mitmenschen bevölkert ist, die bereits Probleme damit haben, alltägliche Aktionen auf deren Reaktionen bzw. sogar der Re-Reaktionen bezogen zu analysieren und somit gezielt zu handeln. Ich meine jetzt keine ewige Analyse mit Fallbeispielen etc. - das können und machen viele, da dafür neben einem gewissen, ausreichenden Maß an Zeit auch Hilfsargumente und Beispiele der Vergangeheit zur Verfügung stehen. Ich beziehe mich auf die Problemlösung - zumindest für das betreffende Individuum - unbekannter Szenarien, die es erfordert, einfach mal zu abstrahieren.

Eigentlich bestätigt mich die Geschichte - denn es sind immer nur einzelne Menschen, die es vollbracht haben, Visionen zu haben und anzugehen, Dinge zu lösen, zu ersinnen oder gar Ersonnenes zu lösen. An diese wird - wieder zumindest teilweise - erinnert und man kennt sie mit Namen wie bspw. Alexander der Große, Leibnitz der Schrödinger. Der Rest der Artgenssen kann zwar, großteils, den Ideen folgen oder idealerweise die Gedanken und Ergebnisse anwenden und idealerweise sogar nachempfinden; sie wären aber nie in der Lage gewesen, Gleiches überhaupt erst einmal zu erschaffen.

Daher sehe ich die Menschheit selbst nicht als den großen Wurf der Natur. Wir sind nur sehr gute Nachahmer, die mit Gegebenem hervorragend umzugehen weiß, sich aber schwer tut, wirklich neue Wege zu gehen. Aus dieser Erkenntnis kann ich viele, mich beunruhigend beruhigende Schlussfolgerungen ziehen; sei es das weltweite, anti-vitale Vorgehen dem Planeten gegenüber trotz bekannter Risiken oder die Verleumdung des Kollapses eigener Gesellschaftssysteme; ja selbst die Erkenntnis, dass das Roden von Sträuchern und Bäumen zwar die Laubbelastung im Herbst minimiert, jedoch dem Wind und kalten Luftströmungen gleichermaßen das Haus überlassen kommt vielen erst, wenn es passiert und nicht etwa bereits vorher, obwohl es keiner besnderer Gedankengänge braucht, dies zu erörtern und eine Idee bereits Sekunden nach entstehen wieder sterben zu lassen.
 
Im Grunde kann ich Dir nur zustimmen, daher argumentiere ich hier hauptsächlich im Interesse einer Kontroverse: Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die großen Entwicklungssprünge auf Erfindungen / Entdeckungen oder Visionen Einzelner zurückgehen. Ich denke das ist aber auch normal - wo kämen wir hin wenn wir alle Genies wären? Und wäre es wirklich vorteilhaft für unsere Spezies wenn wir alle geniale Visionäre wären, deren Gedanken und Taten enorme Auswirkungen auf den Entwicklungsstand und damit auch auf Gesellschaft selbst hätten? Ich denke nicht. Die meisten Leute die heutzutage als Genies gelten und die unsere Entwicklung enorm beschleunigt haben, gelten gleichzeitig als Sonderlinge, die häufig über stark eingeschränkte soziale Kompetenz verfügen. Genie und Wahnsinn liegen eng beieinander sagt schon der Volksmund und tatsächlich scheinen Genies z. B. häufig an mehr oder weniger ausgeprägten Formen des Asperger-Syndroms zu leiden. Für mich stellt sich daher die Frage, ob nicht eine große Anzahl von eher praktisch veranlagten "Normalos" notwendig ist, um ein paar geniale aber lebensuntüchtige Genies mit durchzuziehen...:D

An einer Aussage muss ich aber Kritik üben: Du nennst Alexander den Großen in Zusammenhang mit Visionären und Erfindern? Welche Vision hatte er denn schon? Mehr Menschen töten, mehr Städte plündern und mehr Land erobern als jeder andere zu seiner Zeit? (Und jetzt komme mir nicht mit dem gordischen Knoten;) ) Ich finde das ist eines der wesentlichen Probleme der Menschheit: Die große Mehrheit der Menschen die mit Beinamen wie "der Große" geehrt werden und die auch nach Jahrtausenden noch jeder kennt, sind Eroberer und Feldherren - oder unverblümt gesagt: Menschenschlächter. Der Typ der als erster einen Faustkeil gefertigt hat, der als erster den Mumm hatte sich einen brennenden Ast zu schnappen oder der als erster ein Heilmittel für eine Krankheit gefunden hat, ist in meinen Augen tausend Mal mehr wert als Alexander, Hannibal, Cäsar, Karl, Saladin, Friedrich oder Napoleon...:rolleyes:
 
Genie und Wahnsinn liegen eng beieinander sagt schon der Volksmund und tatsächlich scheinen Genies z. B. häufig an mehr oder weniger ausgeprägten Formen des Asperger-Syndroms zu leiden.
Warum "leiden"? Menschen mit Asperger haben eventuell geringere soziale Kompetenzen aber sind meist in anderen Gebieten hochbegabt. Ich sehe nicht wieso Inkompetenz eine Krankheit sein soll. Sonst müssten fast alle sofort in psychologische Behandlung, da sie in der Mathematik gnadenlos versagen. Es ist ernüchternd zu sehen, wie eine Gesellschaft der Mittelmaßes solche Menschen gesondert betrachtet und sich dabei noch als tolerant bezeichnet. Man bedenke, dass Asperger auch häufig medikamentös behandelt wird, sodass ein schlichtes Abweichen vom Mainstream zur Krankheit hochstilisiert wird.
 
bad_alloc hat gesagt.:
Warum "leiden"? Menschen mit Asperger haben eventuell geringere soziale Kompetenzen aber sind meist in anderen Gebieten hochbegabt.
Na ja, wir Menschen sind nun einmal, unverblümt gesagt, soziale Affen und somit Herdentiere - daraus folgt das die sozialen Kompetenzen für Menschen ziemlich wichtig sind. Wer also über begrenzte soziale Kompetenzen verfügt, schleppt ein ziemliches Handicap mit sich herum - auch wenn er dafür über ein fotografisches Gedächtnis oder ein intuitives mathematisches Verständnis verfügt. Vermutlich würden die meisten hochbegabten Aspergas (zumindest jene die weit vom Autismus entfernt sind) ihre Begabung dafür eintauschen "normal" zu sein. Zusätzlich leiden sie vermutlich auch unter vielen ihrer Mitmenschen, denn schon Kinder neigen idR dazu Andersartige zu mobben und ich schätze das Aspergas ihr Leben lang mit Unverständnis und Ablehnung zu kämpfen haben...:(
 
Ich glaube nicht, dass man das so einfach behaupten kann - auch, wenn _die_ zündende Idee gewiss meist von einer Person stammt. Aber es ist ja nicht so, dass die Umgebung, in Form von Personen und Problemen der Zeit, keinen Einfluss auf Genies hätten - wäre das Genie also auch auf die Idee gekommen, wenn es sich nicht mit den Normallos ausgetauscht und auch von Problemen der Zeit betroffen wäre? Ich glaube nicht.
 
Ich halte es grundsätzlich eine Illusion der Neuzeit das das Vergehen von Zeit immer einem Fortschritt in irgendeiner Entwicklung gleichkommt (Ausnahme bildet der Grad der Umweltverschmutzung).

Eine weiterer Trugschluss ist das ewige herumreiten auf den sog. Genies, die zwar besondere Talente im Naturwissenschaftlichen Kontext haben, aber nicht in der Lage sind zu entscheiden, ob etwas auch "vernuenftig" sei.

Mit dem Einzug der Neu-technischen Entwicklung hielt ein so dermassen fanatischer technischer Formalismus Einzug in die "zivilisierten" Gesellschaften sodass ein Bürger in solchen Staaten den wesentlichen Fragen der Ethik und Moral und Sinnhaftigkeit völlig entrückt ist - insbesondere die Fragen nach einer (wie auch immer) gerechten Einrichtung folgender Bereiche:

- Finanzwesen, Verleihwesen, Zins
- politische Systeme, politische Bildung und Aufklärung
- Nahrungsmittelerzeugung
- Tierhaltung
- Umweltschutz und Nachhaltigkeit
- Strafsysteme
- Bildung und der Stellenwert der Bildung


Und jetzt zum eigentlichen Topic, welches so, wie es da steht, keinen wirklichen Sinn ergibt (zumindest was die Formulierung betrifft).
Ein hochbegabter Mensch ist auch immer der Gefangene seiner Zeit.
Einstein hätte das Rad erfinden können - oder in ferner Zukunft irgendwas anderes, was eine Neuerung im jeweiligen Umfeld ist.

Und ich bin auch der Meinung das zumindest ein grosser Teil der Menschengeschichte durch Individuen geprägt worden ist. Allerdings sehe ich nicht das die "technischen Genies" hier eine Rolle spielen. Denn die bewegen sich in genau dem Rahmen den die Gesellschaft vorgibt. Das Bild der Gesellschaft wird aber in seinen Grundfesten immer von anderen winzigen Gruppen "Umgedacht". Später kommt eine kritische Menge an Anhängern dazu, die eben Revolution (in welcher Steigerung auch immer) bewirken. Einsteins Forschungen und Mozarts Kompositionen waren immer nur im Rahmen der Gesellschaft möglich.


Zum letzten Punkt von Stek:
Die Erwartung (oder Hoffnung auf) die Erkenntnis des Einzelnen ist ein ehrbares Ziel und manifestiert sich innerhalb unserer abendländischen Kultur auch im christlichen Glauben der uns sagt wir muessen uns selbst verantworten. Es wäre wunderbar, denn die Welt sähe um ein vielfaches gesünder aus, wenn sich jeder selbst und seine Mitmenschen mit der nötigen (selbst)Erkenntnis wahrnimmt. Tatsächlich ist die (wenigstens die zivilisierte) Welt aber dem Formalismus zum Opfer gefallen sodass diese Aufgabe nur von Doktrinen und rigiden Rechtssystem innerhalb politischer Systeme übernommen werden kann. Und wie man sieht, kriegen wir nichtmal das richtig auf die Reihe und die Erkenntnis ist trotz Internet und der TOTALEN KOMMUNIKATION weit, weit entfernt.
 
Eigentlich bestätigt mich die Geschichte - denn es sind immer nur einzelne Menschen, die es vollbracht haben, Visionen zu haben und anzugehen, Dinge zu lösen, zu ersinnen oder gar Ersonnenes zu lösen.

Eigentlich ja nicht.
Sie stehen zwar oft genug für bestimmte Ideen und Entwicklungen mit ihrem Namen,
doch betrachtet man sich ihre Lebensläufe, so fällt doch meist auf, dass sie in der Regel
1. Zugang zum Wissen ihrer Zeit hatten
2. schon von den Eltern aus mit Bildung in Kontakt kamen
3. Reiche Gönner hatten, die ihnen ein Umfeld schafften, sprich Zeit, Mittel und Austausch
mit anderen Wissenschaftlern.
Oft genug spielte dann noch der Zufall eine Rolle, wie zum Beispiel bei der Entdeckung
des Penicilins oder bei Luigi Galvani's Froschschenkeln, wo erst Volta die richtigen
Schlussfolgerungen zog.

Ich möchte nicht abstreiten, dass bei dem ein oder anderen dieser Herren die
Synapsen im Gehirn ein wenig anderst miteinander verbunden sind und sie es dadurch
effektiver nutzen als "der Normalo". Allerdings haben auch Affen ein photographisches
Gedächnis und es hat sie nicht wirklich weiter gebracht.
Ich persönlich halte allerdings die Umgebungsparameter, die eine weitgehend ergebnisoffene
Forschung ermöglichte für viel entscheidender. Dies gepaart mit Interresse,
dem nötigen Durchhaltevermögen und Beobachtungsgabe sind die entscheidenden Skills.
In unserer Zeit fällt hier zu auf, dass es oft Gruppen von Wissenschaftlern sind,
die in den letzten Jahren entscheidende Entdeckungen veröffentlicht haben.

So nach der Analyse der Elite kommen wir nun zum anderen zahlreicheren Ende
der Menscheit. ;)
Da betrachten wir doch gleich mal wieder das Gehirn und was es benötigt um dem
Körper ein wohliges, glückliches Gefühl zu vermitteln. Auf eine einfache Formel wurde
dies im letzten Jahrhundert gebracht: "Sex, Drugs and Rock'n Roll". Mehr braucht
das menschliche Individuum nicht zum glücklich sein und danach strebt es eben auch.
Wer also keine Glückshormone ausschüttet, weil seine Lernleistungen, Gedanken oder
Begabungen nicht anerkannt und gefördert wurden, wird sich immer schwer tun
den leiblichen Genüssen zugunsten der Geistigen zu entsagen. Von daher ist die
Einstellung nach mir die Sintflut wenig verwunderlich, wenn dadurch eben durch
Geld diese Hormonausschüttung auf vielfältige Art einfacher angeregt werden kann
bzw. der andere Weg nie erlebt wurde.

Ich persönlich Glaube nicht, dass der Mensch, seit er es in der Steinzeit an die Spitze
der Nahrungskette gebracht hat, sich moralisch oder geistig wesentlich weiter
entwickelt hat.
Lediglich die Werkzeuge zur Manifestierung seiner Position konnte er verbessern.
Ansonsten funktionieren wir noch genau nach dem gleichen Prinzip und Moral
leisten wir uns höchstens in Zeiten von Luxus, den Meisten reicht selbst dann
eine 5€ SMS um ihr Gewissen zu beruhigen.

Gruss
 
Da betrachten wir doch gleich mal wieder das Gehirn und was es benötigt um dem
Körper ein wohliges, glückliches Gefühl zu vermitteln. Auf eine einfache Formel wurde
dies im letzten Jahrhundert gebracht: "Sex, Drugs and Rock'n Roll". Mehr braucht
das menschliche Individuum nicht zum glücklich sein und danach strebt es eben auch.
Wer also keine Glückshormone ausschüttet, weil seine Lernleistungen, Gedanken oder
Begabungen nicht anerkannt und gefördert wurden, wird sich immer schwer tun
den leiblichen Genüssen zugunsten der Geistigen zu entsagen.

Die Erkenntnis ist wesentlich älter und wurde immer wieder mal instrumentalisiert -> Brot und Spiele ;)
 
Zurück
Oben