Automatisierung ist bereits lange ein recht großer Markt, der mit der IT sogar noch weiter gewachsen ist. Ich habe als Freelancer selbst ziemlich viel mit Aufträgen zu tun, bei denen es in erster Linie um Automatisierung geht. Seien es Dinge wie Auto-Scaling um Cloud-Umgebungen dynamisch an die aktuelle Last anzupassen und somit kosteneffizienter zu machen, oder seien es Automatisierungen wiederkehrender Abläufe durch Skripte, Test-Automatisierungen etc..
Der Markt ist also da, verlangt aber auch, dass man sich sehr schnell in die Tiefen neuer Umgebungen einarbeiten kann. Sonst riskiert man Seiteneffekte, die ganze Plattformen zum Absturz bringen können. Und als Auftragnehmer trägt man dann eine gewisse Verantwortung, die man als Festangestellter eher selten hat. Entsprechend gute Versicherungen gegen solche Fehler sind also ein Muss.
Ohne Erfahrung würde ich mich an solche Dinge jedenfalls nicht wagen. Man sollte schon wissen, was man von einer Plattform wissen muss, bevor man irgendwelche Aspekte davon automatisiert, die bisher unter menschlicher Kontrolle standen. Auch sollte man wissen welche Technologien für welche Aufgaben zur Verfügung stehen, denn ständig individuelle Skripte zu schreiben ist erfahrungsgemäss eher ein kontraproduktiver Weg, da die Pflege der Skripte oft irgendwann mehr Aufwand verursacht als die Skripte selbst vermeiden. Daher sollte man dann auf bestehende Werkzeuge zurückgreifen, die von anderen Leuten/Unternehmen weiterentwickelt werden, so dass man möglichst nur noch Konfigurationen/Manifeste anpassen muss, wenn man die initiale Einrichtung abgeschlossen hat.
Ein Beispiel: Es ist unsinnig Klick-Skripte zum Test von Webapplikationen zu bauen, wenn man sowas automatisiert mit Tools wie Jenkins und Selenium machen kann, die wesentlich weiter entwickelt sind als es jedes individuelle Klick-Skript jemals sein wird, und die schnell an verschiedene Applikationen angepasst werden können, ohne dass man mehr als nur ein paar wenige Zeilen Groovy-Code schreiben muss.
Das zeigt aber auch, dass man in der Automatisierungswelt sehr flexibel sein muss. Nur mit Shell-Skripten kommt man da nicht weiter. Ich arbeite derzeit z.B. mit Groovy, Scala, R, Node.js, Perl, Ruby und Python, obwohl ich lediglich die Plattformen von "nur" 4 Unternehmen betreue. Die ganzen Tools, die ich für verschiedene Aufgaben einsetze, kommen da noch hinzu. Das beginnt bei Rancher, Kubernetes, Docker Swarm und OpsWorks/cloud-init für Cloud-Deployments, geht weiter über Jenkins, Selenium, Docker Cloud etc. für Test-Automatisierung und endet nicht zuletzt bei diversen Monitoring-Tools, die in Fehlerfällen entsprechende Trigger für Failover auslösen. Das muss dann auch noch verbunden werden mit Tools für Notifications etc.. Mit anderen Worten: Man braucht allein schon einige Jahre um die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten kennenzulernen und um zu lernen, in welchen Fällen man welche Tools einsetzen kann und sollte. Vom Lernaufwand für die verschiedenen Programmiersprachen, sowie theoretischen Background (was ist eine Build- und Test-Pipeline und wie funktioniert sie etc.) ganz zu schweigen. Aktuell verbringe ich ca. 1/3 meiner Zeit mit Weiterbildung, ohne dass das von irgendwem bezahlt wird. Das geht also von dem Geld ab, das ich mit meinem Job verdiene (zusätzlich zu Steuern, Versicherungen etc., worüber man sich ja auch noch Kenntnisse aneignen muss).
Versucht man immer eigene Lösungen zu bauen, ist man recht schnell weg vom Markt. Der heutige Markt erwartet State-of-the-Art-Lösungen, die nicht auf individuellen Skripten basieren. Jedes Unternehmen checkt irgendwann, dass es für die Skripte, die ihr Freelancer entwickelt hat, weitaus bessere Lösungen in der Software-Welt gibt. Und wenn sich sowas über einen Freelancer erstmal rumspricht, dann bekommt er bald keine Aufträge mehr. Kennt man hingegen viele Technologien und kann Unternehmen individuelle und wartungsarme Lösungen anbieten, kann man damit recht gutes Geld verdienen.
Übrigens: Industrie-Automatisierungen sollte man den großen (Beratungs)Unternehmen überlassen, die sich darauf spezialisiert haben. Das bekommt man als Einzelperson kaum hin. Wenn man als Einzelperson/Freelancer in der Automatisierung Fuss fassen will, sollte man sich auf die IT-Welt konzentrieren.
Achja: Bitte nicht Business Consulting mit Automatisierung verwechseln. Consultants sind dazu da Geschäftsabläufe zu optimieren. Automatisierer sorgen dafür, dass bisher manuell durchgeführte Tätigkeiten in Zukunft von Software übernommen werden.