Natürlich sind im Laufe der Geschichte schon Arbeitsplätze durch die Automatisierung flöten gegangen. Webmaschinen und Fließbandfertigung sind ein großes Beispiel. Das auf der anderen Seite neue Geschäftsfelder und neue Tätigkeitsbereiche entstehen, hilft unmittelbar Betroffenen auch nicht immer.
Klar, es ist eine rein volkswirtschaftliche Aussage wenn ich sage, dass die Anzahl an Arbeitsplätzen vor der industriellen Revolution kleiner war, als danach. Damit ist aber auch klar, dass wir hier nicht auf Ebene der Betroffenen diskutieren, sondern auf Ebene der gesamten Gesellschaft.
Die Betrachtung der Betroffenen bei der Bewertung ist imho der falsche Ansatz, denn sie stellt das Wohl des Einzelnen über das Wohl der gesamten Volkswirtschaft. Dass sie falsch ist bzw. Schwächen hat, zeigt allerdings die genannte industrielle Revolution ja mehr als deutlich, denn sie stellt eine der Entwicklungen dar, die uns als Gesellschaft zu Wohlstand verholfen hat.
Wenn der LKW Verkehr autonom läuft, machst du aus LKW Fahrern auch keine Ingeneure für eingebettete Systeme mehr.
Nein, das nicht. Aber du kannst dir sicher, dass der LKW Verkehr zunehmen wird und es mehr Menschen braucht, die LKWs warten müssen, die bei der Be- und Entladung helfen oder mit IT Unterstützung koordinieren müssen, die die Straßen reparieren, die durch die LKWs nach und nach zerstört werden, die die Umwelt reparieren werden müssen, wenn der Diesel sie langsam aber sicher zerfrisst, oder die Oberleitungen bauen müssen, durch die "umweltfreundliche" LKWs mit Strom versorgt werden.
"Agilität" ist das Stichwort unserer Zeit. Agilität, also die schnelle Anpassbarkeit auf eine sich ändernde Umwelt, ist nicht nur im Management eines Unternehmens angekommen, sondern inzwischen auch bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, z.B. durch Begriffe wie "Lebenslanges Lernen", "Arbeit 4.0", ... Fakt ist auch hier wieder, dass alte Arbeitsplätze wegfallen aber neue geschaffen werden, z.B. in der Ausbildung von Mitarbeitern, um beim Beispiel des lebenslangen Lernen zu bleiben.
Man könnte es auch, um es einen schwäbischen Begriff auszudrücken, als natürlichen Lifecycle eines Berufs ansehen: Er entsteht durch eine bestimmte Entwicklung, er wandelt sich im Laufe der Zeit und irgendwann wird er nicht mehr benötigt. Das bedeutet aber gleichzeitig: Arbeitsplätze gehen nicht "verloren", denn sonst würde der Arbeitsmarkt schrumpfen. Dies ist aber (auch auf langfristige Sicht) schlichtweg nicht der Fall.
Die Sicht auf die Automatisierung von uns IT-Fachleuten ist oft sehr "IT-Driven". Bei uns ist Automatisierung ein Enabler für neue Geschäftsprozesse
Du bist ein guter Verkäufer, das muss man dir lassen. Doch in vielen Fällen ist noch nichtmal klar, worin überhaupt das "Geschäft" besteht. Die meisten Vorhaben sind heute nicht profitabel, sondern dienen vor allem einem Ziel: Die Außenwirkung des Unternehmens als Innovationsführer zu stärken. Hier ist die IT meiner Ansicht nach nur Mittel zum Zweck, aber nicht der "Driver". Neue Geschäftsprozesse durch die IT sind meiner Meinung nach Trugbilder, das nur durch das o.g. Allmachtsdenken der IT am Leben erhalten und inzwischen von findigen Managerinnen und Managern ausgenutzt werden.
Ein typisches "Automatisierungs"-Thema in der IT ist dagegen ganz banal der Self-Service (siehe auch Shalecs Beitrag). Hier geht es wirklich um Einsparungen, die sich durch den Transfer von Arbeit (und Risiko) hin zum Kunden manifestieren, sofern die Maßnahmen den Businessprozess unterstützen. Der Nutzen für das Unternehmen ist also klar erkennbar, wenn der Einsatzkontext bekannt ist. Beispiele hierfür liegen auf der Hand: Der Holzzuschnitt durch den Kunden aus Shalecs Beitrag oder die Bestellung eines Autos nach Konfiguration in einer App, wie es der VW Konzenz anbietet.
Nur, am Ende geht es nicht um Wachstum, nicht um die Eroberung neuer (vertikaler u. horizontaler) Märkte. Es werden durch diese in der IT unter "Automatisierung" fallenden Maßnahmen nichtmals wirklich neue Arbeitsplätze geschaffen. Wir als Nutzerinnen und Nutzer der Self Services werden stattdessen zu kostenfreien Arbeitnehmern gemacht. Wir erledigen die Arbeit, für die vorher eine Verkäuferin oder ein Verkäufer bezahlt wurde. Und wir bezahlen auch noch dafür, mit unseren Daten, mit unseren Käufen, usw.. Diese Entwicklung, die maßgeblich aus der IT getrieben wird, sollten wir als Konsumenten äußerst kritisch sehen.
Es läuft darauf hinaus, dass die Bemühungen zur sog. "Automatisierung" aus der IT (im Gegensatz zu denen aus Maschinenbau, Elektrotechnik, usw..) aktuell nur mehr Arbeit für uns als Gesellschaft schaffen und gleichzeitig keinen gesamtgesellschaftlichen Wohlstand erzeugen. Vielmehr wird wieder das Wohl des Einzelnen, in diesem Falle des Unternehmens, über das der Gesellschaft gestellt.