[TdW 91] Muss Deutschland global wirklich mehr Verantwortung übernehmen?

Wer in den letzten Tagen Zeitung gelesen oder die Nachrichten verfolgt hat, dem begegnete immer wieder der gleiche Satz: "Deutschland muss mehr Verantwortung übernehmen". Geäußert wurde der Satz von einer ganzen Reihe unterschiedlicher politischer Akteure, neben UN Generalsekretär Ban Kin Moon konnte man diesen Satz z. B. auch von Verteidigungsministerin von der Leyen, von Bundespräsident Gauck und sogar vom Lügenbaron Karl Theodor zu Guttenberg höchstselbst hören.
Es scheint also eine Art Konsens darüber zu geben, dass Deutschland mehr Verantwortung in der Welt übernehmen soll, doch was bedeutet das eigentlich? Hier dürften die meisten Protagonisten eine andere Vorstellung haben - Ursula von der Leyen will z. B. mehr deutsche Soldaten in die zentralafrikanische Republik schicken, wo Muslime und Christen sich blutige Kämpfe liefern. Ob UN-Generalsekretär Ban Kin Moon sich auch mehr deutsche Soldaten, mehr Diplomaten oder einfach mehr Geld wünscht, ist nicht ganz klar - Bundespräsident Gauck, ein Freund großer Reden, wünscht sich aber vermutlich mehr Kommentare zum großen Weltgeschehen (vorzugsweise von ihm selbst). Und der Lügenbaron, der auf der Münchner Sicherheitskonferenz 45 Minuten lang über IT Sicherheit referierte, wünscht sich vermutlich mehr deutsche Zustimmung für Überwachungsmaßnahmen. Hinter der immer gleichen Floskel scheinen sich also unterschiedliche Motivationen und Absichten zu verbergen.
Das TdW stellt daher die Frage: Muss Deutschland wirklich mehr Verantwortung übernehmen? Und wenn ja: Wie sollte das aussehen?
 
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Deutschland muss global mehr Verantwortung übernehmen indem es weniger Waffen und ähnliches exportiert. Das wäre schon mal ein sehr guter Anfang.

mfg benediktibk
 
Was die Politiker _alle_ meinen sind mehr Soldaten im Ausland. Denn auch Gauck äusserte diesen Satz in München. Das aber widerspricht einem der Grundgedanken der BRD: militärische Zurückhaltung. Wird dieser verraten, wird auch die Republik verraten. Unsere Politiker zeigen mal wieder eindrucksvoll wessen Geistes Kind sie sind. Unsere Soldaten haben weder das Recht noch die Pflicht sich in Konflikte anderer Länder einzumischen.
 
Oje, oje, Tara, du bist heute aber mal wieder populistisch aufgelegt, he?

Ich denke, dass unsere neue Verteidigungsministerin, unser neuer Außenminister und auch der UN Generalsekretär nicht ganz Unrecht haben. Westerwelle und auch die Kanzlerin haben sich lange rausgehalten und sind dabei der Verantwortung Deutschlands in der Welt, aber vielmehr den eigenen Aussagen nicht wirklich nachgekommen. Man kann beispielsweise auf der einen Seite nicht einen Militärschlag gegen Syrien begrüßen, aber auf der anderen Seite eine eigene Beteiligung vehement von sich weisen. Dadurch haben sie das eine Extrem gebildet und sich ein Stück weit unglaubwürdig gemacht. Beim anderen Extrem stechen vor allem Frankreich oder die USA hervor, die auch ohne Unterstützung oder Mandate Militär auf eigene Faust schicken. Auch das ist eher gefährlich, wie man gut am Irak oder Afghanistan sehen kann, in denen selbst jahrelange Präsens nichts gebracht hat.

Die Lösung liegt meines Erachtens mehr oder weniger zwischendrin. Auf der einen Seite darf Deutschland sich nicht aus den Krisenherden dieser Welt raushalten. Auf der anderen Seite ist die Bundeswehr nach dem Grundgesetz eine Verteidigungsarmee und darf nicht für Angriffskriege oder womöglich Kriege aus wirtschaftlichen Interessen missbraucht werden. Das hat auch Merkel versucht zu halten, indem sie lediglich Waffenlieferungen erlaubt hat, nicht aber das unpopuläre Senden von Bundeswehrsoldaten. Das hat aber meiner Ansicht das Problem eher verschärft, als gelöst, weswegen diese Praxis - wie benediktibk schon sagte - sofort gestoppt werden müsste. Dagegen können wir auch ohne Waffengewalt viel Unterstützungsarbeit leisten, z.B. mittels IngenieurInnen, MedizinerInnen, AusbilderInnen, AufbauhelferInnen. Das ist das, was die Bundeswehr leisten kann - und, so unpopulär es klingen mag, auch sollte.
 
Irgendwie ist mir unklar aus welchen Grund sich Deutschland nicht aus den Krisen anderer Länder raushalten darf.
 
Sieh es doch mal analog zur Kita: Wenn sich die Kinder streiten, wer schreitet dann ein und versucht den Streit zu schlichten? ;)
 
In einer Kita geben die Eltern aber ihre Kinder ab und übertragen damit die Aufsichtspflicht an die Erzieher. Wann wurde die syrische, libysche ... Regierung an Deutschland, die EU oder die NATO übergeben? Mit welchem Recht sollten wir uns also in deren Konflikte einmischen? Wir können helfen die Nachbarstaaten zu schützen, wenn diese uns darum bitten. Aber die Konflikte selbst gehen uns nichts an. Wenn wir sie stoppen wollten, ist die einzige Möglichkeit, die Waffenlieferungen dorthin einzustellen. Für etwas anderes haben wir keine Befugnis.
 
In einer Kita geben die Eltern aber ihre Kinder ab und übertragen damit die Aufsichtspflicht an die Erzieher.

Eigentlich wollte ich darauf hinaus, dass die Erwachsenen die Streits der Kinder schlichten, weil Kinder oft dazu nicht alleine in der Lage sind...

... und Streits bei Kindern nunmal nicht selten darin enden, dass die ganze Gruppe durch die Lautstärke in eine Stresssituation versetzt wird, welche auch zwischen anderen Kindern Streits hervorrufen kann, bis am Ende jeder mit jedem streitet. Schmeisst du jetzt die anderen Kinder raus - die sich dann natürlich angegriffen fühlen, obwohl sie garnichts gemacht haben - und lässt die Streithähne ihren Streit alleine austragen?

So, wie hier die Erwachsenen eine Verantwortung gegenüber den Kindern haben, haben große, entwickelte Länder auch eine "Verantwortung" (und auch ein Interesse am) für den Zusammenhalt der kleineren, weniger entwickelten Länder und der daraus resultierende Stabilität der Weltgemeinschaft.

Gleichzeitig stellen sich bei deiner Lösung viele Fragen: Wo ziehst du die Grenzen? Wo endet ein Land, wo fängt ein neues Land an? Ist das Ziel der Schutz der Landesgrenzen oder der Schutz der Menschen? Würdest du auch autoritäre Staaten beschützen, wenn sie dich darum bitten, weil in ihrem Grenzgebiet die Menschen rebellieren? Das Gebiet rund um Mali und die West-Sahara ist ein gutes Beispiel für einen großen Krisenherd, der schon seit Jahren vor sich hin brodelt. Hier kannst du nicht einfach die Truppen an die Landesgrenzen schicken, um die Krise in Mali einzudämmen - schlicht und ergreifend deßhalb, weil die umliegenden Länder, Kulturen, Religionen und Völker in diesen Konflikt ebenso involviert und oft nicht ganz unschuldig daran sind und auch eigene Interessen vertreten (siehe auch Pakistan-Afghanistan). Je nach betrachteter Gruppe von Menschen ergeben sich ganz neue Grenzen, ganz neue Freund- und Feindbilder, die du alle im Blick haben musst. Daher ist ein Eingreifen im Sinne einer Grenzverteidigungsstrategie schlicht nicht möglich.
 
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Die Bundeswehr hat auch nicht die Aufgabe die Grenzen anderer Länder zu verteidigen sondern unsere. Und wo die verläuft, ist ganz klar definiert. Wenn uns Staaten um Hilfe zur Grenzsicherung bitten, dann verteidigen wir deren definierte Grenze. Denn auf der ganzen Welt sind die Grenzverläufe recht eindeutig festgelegt.
 
Denn auf der ganzen Welt sind die Grenzverläufe recht eindeutig festgelegt.

... und wir wissen ja, wie sehr sich Staaten an ihre Grenzen klammern, sie erweitern, bei Verlusten auf die ursprünglichen Abmachungen pochen und Neugründungen ganzer Staaten versuchen zu unterbinden. Beispiele findest du z.B. unter dem Wikipedia-Artikel zum Fachbegriff: Sezession#Beispiele. Alternativ kannst du dir natürlich die Debatte um Isreal/Palestina anschauen oder die Kriege im Sudan/Südsudan, beides übrigens Länder, welche nicht allgemein anerkannte oder eindeutige Grenzen besitzen.

Ich bitte dich, bitmuncher. Grenzen sind sowas von 90er.

Letzten Endes ändert das aber auch nichts an der Tatsache, dass viele Konflikte Grenzüberschreitend geschehen, da sich hierbei Völker, Kulturen oder Religionen bekriegen und nicht Länder. Das Wort "Grenze" macht in solch globalen Zusammenhängen oft nur wenig Sinn.
 
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Ich sehe das, zur Abwechslung mal ;-), ganz wie bit. Eine Armee zur Verteidigung der Landesgrenzen sollten auch nur genau das tun. Wenn man sich irgendwo im Ausland einmischt stellt sich immer die Frage wem man wofür hilft. Im Endeffekt ist das aber die Angelegenheit der Menschen dort und eine militärische Intervention (welch schöne Umschreibung von "machen wir die schweine kalt") von außen wird die Lage nicht verbessern. Sieht man sehr schön in Afghanistan, Irak (mehrmals), Israel und so ziemlich überall in Afrika. Eine langfristige und tatsächlich Verbesserung der Lage der Menschen kann nur von innen heraus erfolgen. Tunesien könnte das eventuell erreichen, die Iraker werden aber noch jahrzehntelang mit den Nachwehen des letzten Irakkrieges zu kämpfen haben.

mfg benediktibk
 
Letzten Endes ändert das aber auch nichts an der Tatsache, dass viele Konflikte Grenzüberschreitend geschehen, da sich hierbei Völker, Kulturen oder Religionen bekriegen und nicht Länder. Das Wort "Grenze" macht in solch globalen Zusammenhängen oft nur wenig Sinn.

Umso weniger haben wir einen Grund uns dort einzumischen. Und wer es noch immer nicht verstanden hat: Es geht bei den Konflikten nicht wirklich um Kulturen oder Religionen sondern immer nur um Ressourcen und Macht. Und weder haben wir ein Anrecht auf die Ressourcen einer Region ausser unserer eigenen, noch sind wir berechtigt uns in die Konflikte anderer Völker einzumischen. Kurzum: Deren Probleme sind nicht unser Bier.
 
Eine Armee zur Verteidigung der Landesgrenzen sollten auch nur genau das tun.

Diese Definition gibt es nicht. Das Weißbuch legt die Aufgaben auf Basis des Grundgesetzes fest. Darin steht u.a.:
Weissbuch 2006 hat gesagt.:
 Internationale Konfliktverhütung und Krisenbewältigung einschließlich des Kampfes gegen den internationalen Terrorismus
 Unterstützung von Bündnispartnern
 Schutz Deutschlands und seiner Bevölkerung
 Rettung und Evakuierung
 Partnerschaft und Kooperation
 Subsidiäre Hilfeleistungen

Die Passagen aus dem Grundgesetz spare ich mir jetzt, die können aber auch im Weissbuch nachgelesen werden.

Es geht bei den Konflikten nicht wirklich um Kulturen oder Religionen sondern immer nur um Ressourcen und Macht.
Diese Aussage halte ich für äusserst fragwürdig und viel zu generalisiert. Ja, es gibt Kriege über Ressourcen. Ja, Macht spielt auch (und eigentlich...) immer eine Rolle. Das will ich überhaupt nicht verneinen.
Aber:
- Geht es im Israel/Palästina-Konflikt wirklich nur um die Olivenbäume, welche in der Wüste wachsen?
- Kämpfen die Touareg wirklich nur für die Rohstofffelder im Norden Malis oder nicht viel eher für die Unabhängigkeit und eine eigenen Staat?
- Oder morden die Islamisten in der Nord- und West-Sahara wirklich nur, um Öl- und Gas-Felder besitzen zu können oder weil dort "Ungläubige" nichts zu suchen haben?

Diese Themen werden übrigens regelmäßig von Arte im Rahmen der Sendung "Mit offenen Karten" aufgegriffen. Z.B. wurde dieses Thema 2012 (und ich glaube auch Ende 2013, allerdings finde ich die Sendung nicht mehr...) behandelt.

Kurzum: Deren Probleme sind nicht unser Bier.
Wenn Verbündete beschossen und getötet werden, wenn Menschen in autoritären Regimen in Massen verschleppt, gefoltert und getötet werden, wenn Verdacht auf schwerste Menschenrechtsverletzungen gegeben ist, dann ist das sehr wohl unser Bier. Und letzten Endes und auch wenn ich es zutiefst verurteile: Ja, es ist auch aus wirtschaftlicher Sicht unser Bier, wenn in Ländern, von denen wir Rohstoffe kaufen, Konflikte die Preise in die Höhe treiben.

Und nochmal: Ich plädiere hier NICHT für Kampfeinsätze, Waffenlieferungen und sonstiges, das mit dem Töten anderer Menschen zu tun hat. Viel wichtiger ist der Wiederaufbau nach Konflikten, die Ausbildung von Ärzten und Ärztinnen, Lehrern und Lehrerinnen, Polizisten und Polizistinnen, die Entwicklung von Infrastruktur und Verwaltung, usw. Das können und MÜSSEN wir leisten - auch ohne Waffengewalt.
 
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@bit

Mit welchem Recht sollten wir uns also in deren Konflikte einmischen?

Das Recht ergibt sich erstmal aus der Umstand, dass wir helfen KÖNNEN, was schon fast in Pflicht übergeht.

Umso weniger haben wir einen Grund uns dort einzumischen. Und wer es noch immer nicht verstanden hat: Es geht bei den Konflikten nicht wirklich um Kulturen oder Religionen sondern immer nur um Ressourcen und Macht. Und weder haben wir ein Anrecht auf die Ressourcen einer Region ausser unserer eigenen, noch sind wir berechtigt uns in die Konflikte anderer Völker einzumischen. Kurzum: Deren Probleme sind nicht unser Bier.


Konflikte sind nicht gleich Konflikte. In Sachen wie Ägypten, Ukraine oder Thailand stimme ich dir zu. Das sind innerpolitische Konflikte die niemals schön, aber doch in einem gewissen (geopolitischen) Rahmen tolerierbar sind. Wo gehobelt wird - da fallen Späne.

Ich weiss nicht, ob man noch von Konflikten sprechen kann, wenn kleine radikalisierte Gruppen ein ganzes Land oder Volk mit Terror überziehen und alles niederschiessen. Ob Staat oder Rebell ist dabei einerlei.

Und die Tatsache, dass wir helfen "könnten" ändert dabei einiges. Und wenn es so sein muss, dass deutsche Panzer dafür sorgen dass irgendwelche Familien nicht wegen ihres Glaubens oder Herkunft abgeschlachtet werden, so bin ich mir mittlerweile nicht mehr so sicher ob es dann nicht auch richtig ist.
 
- Geht es im Israel/Palästina-Konflikt wirklich nur um die Olivenbäume, welche in der Wüste wachsen?
Nein, es geht dort um Wohnraum, ähnlich wie bei der Osterweiterung des Deutschen Reichs.

- Kämpfen die Touareg wirklich nur für die Rohstofffelder im Norden Malis oder nicht viel eher für die Unabhängigkeit und eine eigenen Staat?
Ich sehe dort eher einen Rassenkonflikt, der seine Ursachen bereits in der Kolonialzeit hat.

- Oder morden die Islamisten in der Nord- und West-Sahara wirklich nur, um Öl- und Gas-Felder besitzen zu können oder weil dort "Ungläubige" nichts zu suchen haben?
Wenn ich mir anschaue von wem das alles finanziert wird (primär von Clans im Jemen und Iran), bin ich mir ziemlich sicher, dass es nur um die Rohstoffe geht.

Wenn Verbündete beschossen und getötet werden, wenn Menschen in autoritären Regimen in Massen verschleppt, gefoltert und getötet werden, wenn Verdacht auf schwerste Menschenrechtsverletzungen gegeben ist, dann ist das sehr wohl unser Bier.
Und warum sollte das unser Bier sein? Oder anders gefragt: Warum marschieren wir dann nicht in den USA ein, wenn Menschenrechtsverletzungen in anderen Ländern unser Bier sind?

Und nochmal: Ich plädiere hier NICHT für Kampfeinsätze, Waffenlieferungen und sonstiges, das mit dem Töten anderer Menschen zu tun hat. Viel wichtiger ist der Wiederaufbau nach Konflikten, die Ausbildung von Ärzten und Ärztinnen, Lehrern und Lehrerinnen, Polizisten und Polizistinnen, die Entwicklung von Infrastruktur und Verwaltung, usw. Das können und MÜSSEN wir leisten - auch ohne Waffengewalt.
Ja, NACH den Konflikten zu helfen, ist durchaus legitim. Dafür braucht's aber keine Bundeswehr. Das können Hilfsorganisationen erfahrungsgemäss viel besser.
 
Grundgesetz, Artikel 87a: GG - Einzelnorm

(1) Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf. Ihre zahlenmäßige Stärke und die Grundzüge ihrer Organisation müssen sich aus dem Haushaltsplan ergeben.
(2) Außer zur Verteidigung dürfen die Streitkräfte nur eingesetzt werden, soweit dieses Grundgesetz es ausdrücklich zuläßt.
(3) Die Streitkräfte haben im Verteidigungsfalle und im Spannungsfalle die Befugnis, zivile Objekte zu schützen und Aufgaben der Verkehrsregelung wahrzunehmen, soweit dies zur Erfüllung ihres Verteidigungsauftrages erforderlich ist. Außerdem kann den Streitkräften im Verteidigungsfalle und im Spannungsfalle der Schutz ziviler Objekte auch zur Unterstützung polizeilicher Maßnahmen übertragen werden; die Streitkräfte wirken dabei mit den zuständigen Behörden zusammen.
(4) Zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes kann die Bundesregierung, wenn die Voraussetzungen des Artikels 91 Abs. 2 vorliegen und die Polizeikräfte sowie der Bundesgrenzschutz nicht ausreichen, Streitkräfte zur Unterstützung der Polizei und des Bundesgrenzschutzes beim Schutze von zivilen Objekten und bei der Bekämpfung organisierter und militärisch bewaffneter Aufständischer einsetzen. Der Einsatz von Streitkräften ist einzustellen, wenn der Bundestag oder der Bundesrat es verlangen.

Der einzige Punkt, der das Weißbuch auf rechtlich korrekte Füße stellen könnte, wäre Absatz 2. Von der Grundidee her würde ich aber sagen entspricht das Weißbuch eindeutig nicht dem Grundgesetz (und wurde in der aktuellen Form erst 2006 heraus gegeben).

Ebenfalls lesenswert: Weißbuch (Bundeswehr)
Das Weißbuch 2006 war schon im Entwurf vor allem kritisiert worden, da die Formulierung der Aufgaben der Bundeswehr im Rahmen von Auslandseinsätzen erneut ausgeweitet und als verfassungswidrig weit auslegbar angesehen wurde. Diese Ausweitung entsprach allerdings einer Rechtfertigung militärischer Einsätze, wie sie drei Jahre zuvor bereits der Europäische Rat in seiner Europäischen Sicherheitsstrategie vollzogen hatte, indem dort ausgeführt wurde, dass die „Energieabhängigkeit Europas in besonderem Maße Anlass zur Besorgnis gebe“ und der Einsatz von Instrumenten „bis hin zum militärischen Einsatz als letztem Mittel“ der Konfliktprävention und der Krisenbewältigung notwendig sein könne.[2] Das Weißbuch wurde nach Abstimmung zwischen den Regierungsparteien CDU und SPD der Großen Koalition unter Angela Merkel am 24. Oktober 2006 vom Kabinett verabschiedet und veröffentlicht.[1][3][4] Es betonte deutlicher als frühere Ausgaben, dass deutsche Sicherheitspolitik nach Auffassung der Bundesregierung auch wirtschaftliche Aspekte und Vorgänge weit außerhalb des Bundesgebiets umfasst:

Wobei ich dir absolut in dem Punkt mit der Entwicklungshilfe zustimmen muss. Wir sind in Europa durchaus reiche Staaten im Verhältnis zu vielen anderen. Wenn die uns dann darum bieten ihnen dabei zu helfen Schulen, Krankenhäuser und andere öffentliche Einrichtungen wieder aufzubauen können wir Ihnen gerne dabei helfen. Nur von militärischen Aktionen halte ich nichts, weil die helfen der Bevölkerung in der Regel nichts, egal mit welchen Beweggründen und Zielen man sich da einmischt.

Ich weiss nicht, ob man noch von Konflikten sprechen kann, wenn kleine radikalisierte Gruppen ein ganzes Land oder Volk mit Terror überziehen und alles niederschiessen. Ob Staat oder Rebell ist dabei einerlei.
Möchtest du dich da der Argumentation von Bush anschließen? Achsenmächte des Bösen in das vorige Jahrhundert zurückschießen? Mal ehrlich, die Taliban haben ein paar Tausend unschuldige Menschen getötet. Schrecklich, absolut. Nur wieviele sind in den Kriegen danach gestorben? Rechtfertigen Tausend tote US-Amerikaner Hundertausend tote Afghanen/Iraker? Und stellen die Taliban wirklich eine Gefahr für die Welt dar? Ja, sie können ein Hochhaus einstürzen lassen. Aber um einen Staat zugrunde zu richten braucht es schon um einiges mehr. Terror ist nur so mächtig wie wir durch Angst vor ihm zulassen.

Und wenn es so sein muss, dass deutsche Panzer dafür sorgen dass irgendwelche Familien nicht wegen ihres Glaubens oder Herkunft abgeschlachtet werden, so bin ich mir mittlerweile nicht mehr so sicher ob es dann nicht auch richtig ist.
Nur werden deutsche Panzer auch an jene geliefert die andere wegen ihres Glaubens oder ihrer Herkunft abschlachten möchten. Die werden im Prinzip an alle geliefert, solange die Kohle stimmt. Nur ist das noch nicht die Wurzel des Übels. Auch wenn du die Panzer an den richtigen verkaufst, wer sagt dir denn wem die Panzer in einem Jahr gehören? Das ist wie mit der Waffe im Haus zur Selbstverteidigung, die meisten werden dann eher durch die eigene Waffe verletzt als dass sie bei der Selbstverteidigung nützlich ist. Außerdem kann man schlecht große Kriege ohne das passende Spielzeug führen. Mit einer AK-47 kann man bei weitem nicht so viel Unheil anrichten wie mit einem Panzer.

mfg benediktibk
 
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Auf diese Artikel vom Grundgesetz bezieht sich das Weißbuch:

Artikel 35
(1) Alle Behörden des Bundes und der Länder leisten sich gegenseitig Rechts- und Amtshilfe.
(2) Zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung kann ein Land in Fällen von besonderer Bedeutung Kräfte und Einrichtungen des Bundesgrenzschutzes zur Unterstützung seiner Polizei anfordern, wenn die Polizei ohne diese Unterstützung eine Aufgabe nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten erfüllen könnte. Zur Hilfe bei einer Naturkatastrophe oder bei einem besonders schweren Unglücksfall kann ein Land Polizeikräfte anderer Länder, Kräfte und Einrichtungen anderer Verwaltungen sowie des Bundesgrenzschutzes und der Streitkräfte anfordern.
(3) Gefährdet die Naturkatastrophe oder der Unglücksfall das Gebiet mehr als eines Landes, so kann die Bundesregierung, soweit es zur wirksamen Bekämpfung erforderlich ist, den Landesregierungen die Weisung erteilen, Polizeikräfte anderen Ländern zur Verfügung zu stellen, sowie Einheiten des Bundesgrenzschutzes und der Streitkräfte zur Unterstützung der Polizeikräfte einsetzen. Maßnahmen der Bundesregierung nach Satz 1 sind jederzeit auf Verlangen des Bundesrates, im übrigen unverzüglich nach Beseitigung der Gefahr aufzuheben.

Artikel 24:
(2) Der Bund kann sich zur Wahrung des Friedens einem System gegenseitiger kollektiver Sicherheit einordnen; er wird hierbei in die Beschränkungen seiner Hoheitsrechte einwilligen, die eine friedliche und dauerhafte Ordnung in Europa und zwischen den Völkern der Welt herbeiführen und sichern.

(und natürlich Artikel 87a, siehe voriger Post)

Ich bin gespannt wer es schafft die Ausführungen im Weißbuch zu argumentieren.

mfg benediktibk
 
Ja, NACH den Konflikten zu helfen, ist durchaus legitim. Dafür braucht's aber keine Bundeswehr. Das können Hilfsorganisationen erfahrungsgemäss viel besser.

Wenn die Konflikte darin enden, dass Chaos und Willkür herrscht, dann würde ich weitaus weniger gern deutsche Soldaten in diese Gebiete schicken. Gleichzeitig dauern viele Konflikte mehrere Jahrzehnte. Willst du wirklich warten, bis es zu spät sein könnte?

Und bezüglich des Einmarschierens: Wir marschieren nirgendwo ein, weder in Mali, noch in Zentralafrika. In Mali unterstützen wir sowohl den Staat Mali, als auch deren und unseren Bündnispartner Frankreich. In Zentralafrika weiten wir lediglich eine Unterstützungsmission (!) aus. Die Bundeswehr führt keine Angriffskriege.

Der einzige Punkt, der das Weißbuch auf rechtlich korrekte Füße stellen könnte, ...
Ich denke, wir müssen uns hier klar vom Verteidigungsbegriff aus Zeiten des kalten Krieges verabschieden, wo es wirklich darum ging, sich gegen einen nahen Feind, welcher in Ost-Berlin und damit in direkter Nachbarschaft lag, verteidigen musste. Wir leben heute in einer "globalen Welt" (was für ein Begriff..), wir haben globale Probleme, bei denen es nicht mehr darum geht, nur noch "deutschen Boden" zu verteidigen, sondern auch europäische, westliche oder allgemeine. Daraus resultieren Einsätze wie am Horn von Afrika in teilweise somalischen Hoheitsgewässern, in Zentralafrika, wo wir uns schon seit Jahren an der Friedenssicherung beteiligen oder in Afghanistan, wo wir den internationalen Terrorismus suchen - und meiner Ansicht nach auch gefunden haben, wenn auch mit völlig überzogenem Einsatz.

Und ja, letzten Endes plädiere ich für eine Abschaffung von Grenzen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Dann stellt sich nur die Frage wo bitte der Einsatz legitim ist. In Mali den Staat vor den Rebellen verteidigen? Das ist in Ordnung. Im Irak die Irakis vor den einmarschierenden US-Soldaten beschützen? Da war keiner, im Gegenteil, man hat den Amerikanern implizit geholfen (Koalition der Willigen). Kannst du mir bitte erklären warum?
Aus diesen Gründe bleibt bei der sogenannten globalen Verantwortung nur eine sinnvolle Alternative: Gerne helfen, aber das Militär sollte bitte da bleiben wo es hin gehört: Zuhause. Kämpfen für den Frieden ist die absolute Perversion.

mfg benediktibk
 
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