[TdW 151] Wird die rechte Szene militanter?

Diese Woche beschäftigt sich das TdW mit der extremen Rechten in Deutschland. Das Rechtspopulisten in ganz Europa derzeit Konjunktur haben, ist kein Geheimnis und Deutschland ist da leider keine Ausnahme - doch in den letzten Monaten scheint die Zahl und die Qualität rechtsextremer Aktionen enorm angestiegen zu sein, oder?
Spätestens seit den Debatten um Pegida gibt es den Versuch Hass und Fremdenfeindlichkeit zu bagatellisieren und zu beschönigen - bzw. derartige Ressentiments und Ängste als wohlbegründet darzustellen. Schon während dieser Debatte, die einige Wochen lang die deutsche Medienlandschaft dominierte, gab es immer wieder Stimmen das Rechtsradikale die aufgeheizte Stimmung als Rechtfertigung für Gewalt nutzen könnten. Mittlerweile vergeht tatsächlich kaum ein Woche ohne das es zu Übergriffen auf Flüchtlingsunterkünfte und Flüchtlinge kommt. Bereits jetzt gibt es mehr Übergriffe gegen Asyl- & Flüchtlingsheime, als im ganzen letzten Jahr:
Die Zahl der Übergriffe auf Asyl- und Flüchtlingsunterkünfte ist im ersten Halbjahr 2015 stark gestiegen. Sie liegt jetzt schon höher als im gesamten Jahr 2014. Waren es 2014 insgesamt 198 Angriffe und damit bereits eine Verdreifachung im Vergleich zu 2013, so zählte das Bundesinnenministerium in den ersten sechs Monaten dieses Jahres 202 Übergriffe.
Quelle: Asylbewerber: Deutlich mehr Übergriffe auf Flüchtlingsheime | ZEIT ONLINE

Auch die Qualität der Gewalt hat zugenommen, wurden zunächst hauptsächlich unbewohnte Gebäude - in denen noch keine Flüchtlinge untergebracht waren - zu Zielen, so wird mittlerweile auch vor Gewalt gegen Menschen nicht mehr halt gemacht:
Im sächsischen Hoyerswerda haben Unbekannte versucht, eine Notunterkunft für Asylbewerber anzuzünden. Nach Angaben der Polizei warfen sie in der Nacht zu Mittwoch einen Behälter mit brennbarer Flüssigkeit in Richtung einer Turnhalle, in der gegenwärtig 27 Menschen verschiedener Nationalität untergebracht sind.
Quelle: Hoyerswerda: Versuchter Brandanschlag auf eine Asylbewerberunterkunft | ZEIT ONLINE
Oder hier:
In Böhlen bei Leipzig haben Unbekannte am Wochenende eine Unterkunft beschossen, es gingen eine Fensterscheibe und Teile der Fassadenverglasung zu Bruch. [...] In dem Objekt sind laut MDR rund 150 Asylsuchende untergebracht.
Quelle: Asylbewerber: Schüsse auf Flüchtlingsunterkunft in Sachsen | ZEIT ONLINE

In Brandenburg an der Havel wurde die Wohnungstür einer Flüchtlingsfamilie in Brand gesetzt, in Dresden wurden in einem bewohnten Flüchtlingsheim sechs Fensterscheiben eingeworfen & in Greiz wurden vier syrische Flüchtlinge angegriffen - man könnte diese Liste leider endlos fortsetzen...X(

Allerdings richtet sich die Gewalt nicht "nur" gegen Flüchtlinge & Ausländer, auch freiwillige Helfer und Gegendemonstranten werden zu Zielen, wie gerade in Dresden, wo es drei Verletzte gab weil die Teilnehmer einer NPD Demo die Gegendemonstranten mit Steinen und Flaschen bewarfen. Besonders pikant ist allerdings der Umstand das auch freiwillige Rot-Kreuz-Helfer, die beim Aufbau der Zeltstadt als provisiorische Flüchtlingsunterkunft geholfen haben, angegriffen wurden:
Bestürzt zeigte sich DRK-Landeschef Rüdiger Unger über Angriffe auf Helfer des DRK. Mehrere sehr aggressive Personen hätten versucht, die DRK-Helfer daran zu hindern, das Lager aufzubauen. In einem Fall habe jemand so getan, als würde er einen Helfer mit Absicht umfahren: "Ich habe noch nie erlebt, dass Rot-Kreuz-Helfer in einem zivilisierten Land wie Deutschland angegriffen werden, wenn sie helfen", sagte Unger. "Ohne polizeiliche Unterstützung wäre das nicht abwendbar gewesen."
Quelle: http://www.mdr.de/sachsen/zelte-fluechtlinge-dresden100_zc-f1f179a7_zs-9f2fcd56.html

Ganz neu ist das aber leider für Deutschland nicht, erst vor wenigen Tagen ereignete sich ein ähnlicher Vorfall:
Jugendliche hatten in der Nacht zum Sonntag in Halberstadt Versorgungszelte des DRK für Flüchtlinge mit Steinen beworfen und fremdenfeindliche Parolen geäußert. Dabei war eine 20-jährige freiwillige DRK-Helferin im Gesicht getroffen und leicht verletzt worden. Die mutmaßlichen Täter wurden von der Polizei ermittelt. "Wir erwarten, dass die Täter zur Rechenschaft gezogen werden", sagte DRK-Präsident Seiters.
Quelle: http://www.drk.de/news/meldung/8590...erurteilt-angriff-auf-junge-drk-helferin.html

Hass und Gewalt schlägt mittlerweile also jedem entgegen, der sich für Flüchtlinge und gegen Fremdenfeindlichkeit engagiert oder der schlichtweg eine andere Meinung als die Rechtsextremen hat und diese auch äußert. Tatsächlich fällt in der letzten Zeit zunehmend auf wie Rechtsradikale gezielte Kampagnen gegen Andersdenke fahren und versuchen diese einzuschüchtern und mundtot zu machen.
Ein Beispiel dafür war eine Bürgerversammlung in Freital:
Redner, die sich für die Flüchtlinge einsetzen, wurden mit "Halt die Fresse"-Rufen niedergebrüllt und bedroht, es kam zu Handgreiflichkeiten. Einer Vertreterin der Initiative für Weltoffenheit und Toleranz, die sagte, dass sie sich für Freital schäme, wurde das Mikrofon weggenommen.
Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deuts...erberheims-sorgen-fuer-tumulte-a-1042386.html

Ebenfalls in Freital ist gestern Nacht das Auto eines Politikers der Linken, der seit Wochen von Rechtsextremen bedroht wird, explodiert - die Polizei geht derzeit von einem Anschlag aus.
Politiker, Journalisten und Aktivisten werden in dem Versuch sie einzuschüchtern und mundtot zu machen, immer häufiger und immer drastischer bedroht. Nach massiven Drohungen gegen sich und seine Familie ist zum Beispiel der Bürgermeister von Tröglitz zurückgetreten. In Dortmund haben Rechtsradikale Journalisten und Aktivisten durch fingierte Todesanzeigen bedroht:
Dortmunds Polizeisprecher Kim Freigang bewertet die Anzeigen jedenfalls als ein Zeichen für eine zunehmende Radikalisierung der Szene : „Sie gleicht sich in Taktik und Strategien ihren Vorbildern aus den 30er-Jahren an. Sie wollen eine Atmosphäre der Angst und der Einschüchterung erzeugen, was wir zu durchkreuzen versuchen.“
Quelle: https://www.derwesten.de/staedte/do...rohen-dortmunder-journalisten-id10310467.html

Einer der Betroffenen wurde zwischenzeitig auch tatsächlich das Opfer eines Überfalls:
Der Journalist Marcus Arndt wurde am späten Montagabend in der Dortmunder Innenstadt von zwei Unbekannten mit dunklen Kapuzenpullovern und Sturmmasken mit Steinen beworfen. Die Angreifer bedrohten den Mann dabei nach Polizeiangaben mit dem Tode. Als Arndt eine Schreckschusswaffe zog, flohen die Täter. Der Journalist, der von zwei Steinen am Oberkörper und von einem am Kopf getroffen wurde, musste ambulant im Krankenhaus behandelt werden.
[...]
Die Polizei gehe davon aus, dass der Vorfall im Zusammenhang der fortgesetzten Einschüchterungen und Bedrohungen von Journalisten, politisch Aktiven und anderen Dortmundern durch Rechtsextremisten in den letzten Monaten zu sehen sei.
Quelle: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/journalist-in-dortmund-angegriffen-13475127.html

Als Pegida noch ein großes Thema war, wurde immer wieder prophezeit das bald Blut fließen würde - dabei fließt eigentlich schon lange Blut. Im Zuge der NSU Ermittlung wurden Akten zu Fällen von Mord & Totschlag seit 1990 noch einmal durchleuchtet und die Zahl von Todesopfern rechter Gewalt in diesem Zeitraum um 15 auf 75 erhöht - eine Zahl die nach Meinung von Opposition und Kritikern immer noch viel zu niedrig ist. Das Rechtsradikale eine gewisse Affinität zu tödlicher Gewalt haben, ist aber eigentlich nicht neues - neu ist dagegen das Rechtsextreme immer offener und immer gezielter gegen jeden vorgehen, der Hass und Fremdenfeindlichkeit nicht einfach so hinnehmen will...:rolleyes:
Vor diesem Hintergrund stellt das TdW also heute die Frage: Wird die rechte Szene militanter?

Quellen:
Asylbewerber: Deutlich mehr Übergriffe auf Flüchtlingsheime | ZEIT ONLINE
Hoyerswerda: Versuchter Brandanschlag auf eine Asylbewerberunterkunft | ZEIT ONLINE
http://www.mdr.de/sachsen/zelte-fluechtlinge-dresden100_zc-f1f179a7_zs-9f2fcd56.html
http://www.drk.de/news/meldung/8590...erurteilt-angriff-auf-junge-drk-helferin.html
http://www.spiegel.de/politik/deuts...g-auf-auto-von-linken-stadtrat-a-1045508.html
http://www.faz.net/aktuell/politik/...hat-wieder-einen-buergermeister-13543218.html
https://www.derwesten.de/staedte/do...rohen-dortmunder-journalisten-id10310467.html
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/journalist-in-dortmund-angegriffen-13475127.html
 
Wird die rechte Szene militanter?

Nein, aber die Akzeptanzschwelle für Gewalt sinkt mit steigender Demokratieverdrossenheit. Letztere kommt nicht von irgendwoher: Bis auf NPD, AfD und Co., die allerdings nicht und nur geringfügig in Gemeinderäten vertreten sind, stellt sich niemand auf die Seite der Gegnerinnen und Gegner. Gemeinderäte entscheiden oftmals sich trotz Gegenwind, der auf örtlichen Diskussionen auch immer wieder deutlich wird, für Asylbewerberheime. Die Landes- und Bundespolitik stützt und forciert zusätzlich diesen Kurs. Das Ergebnis ist einfach: Man fühlt sich schlicht nicht mehr vertreten, Gewalt scheint die einzige Lösung. Die Feigheit der Menschen, selbst einen Stein zu werfen, mündet in Akzeptanz der Gewalt.

Ich denke inzwischen nicht mehr, dass Transparenzbemühungen helfen oder das Aufklärungs- oder Infoveranstaltungen die Menschen wach rütteln könnten. Man muss akzeptieren, dass es eine schweigende Mehrheit in der Bevölkerung gibt, die diese Gewalt nicht für gut befindet, aber sie denoch als Mittel zur Durchsetzung politischer Interessen toleriert. Mehr Demokratie hilft hier in dieser Sache allerdings nicht, denn dies fördert letzten Endes nur die Gewaltspirale - es ist unwahrscheinlich, dass die etablierten Parteien in den Kommunen und Landtagen massiv Stimmen einbüßen werden, trotz AfD und der Pegida-Partei, sollte sie denn irgendwann mal kommen.

Wichtig ist vielmehr die sofortige Integration der Flüchtlinge in das Gemeinschaftsleben sowie die effiziente Abschiebung nicht asylberechtigter Menschen. Es muss klar gemacht werden, dass es sich nicht (ausschliesslich) um Kriminelle handelt, dass nicht "massenhafter Asylmissbrauch" betrieben wird und dass diese Menschen fähig und willig sind, sich zu integrieren. Dies bedeutet sofortige Bearbeitung der Anträge, Arbeitserlaubnis sofort nach Prüfung und Bewilligung der Antrags, Förderung und Forderung von Schul- und Berufsausbildungen, Steigerung der Integrationsmaßnahmen auf kommunaler Ebene, zu denen auch verpflichtende Deutschkurse gehören müssen, Vermeidung von Ausgrenzung z.B. durch Übersetzerinnen und Übersetzer. Die Meinung der Bevölkerung wird nicht durch gutes Zusprechen oder "Demokratie" geändert, sondern durch das (politisch, soziale und wirtschaftlich erzwungene) Sammeln von Erfahrungen im Umgang mit Flüchtlingen. Und das funktioniert nicht durch Aus- oder Abgrenzung.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Gewalt politisch motivierter Straftaten ist erst mal bei allen Gruppen gestiegen. Bei den Linken - den Rechten und sogar insbesondere und am meisten bei politisch motivierter Gewalt durch Ausländer. Das wurde bisher kaum erfasst denn politisch motivierte Gewalt ist auch "Importware". Nämlich dann, wenn Verschiedene Gruppen ihre Politische Agenda auf "deutsche Straßen" tragen, wobei es im Grunde keine Rolle spielt, woher die Akteure kommen. Und auch Gewalt unter den Asylanten selber fallen sicher zu einem Teil unter politisch und/oder religiös motivierte Gewalt.

Also ungeachtet der Tatsache, dass politisch motivierte Gewalt generell zu wachsen scheint, sind wir für Rechte Gewalt besonders sensibilisiert (obwohl die "Linken" da einiges mehr auf ihrem Konto verbuchen können).

Das führt mich eher zu der Feststellung das politisch motivierte Gewalt in freiheitlichen(demokratischen) Systemen ein Indiz dafür sind, dass etwas ganz grundlegendes nicht rund läuft und man sich beeilen sollte, diese Fehler ausfindig zu machen und zu beheben. Dazu gehört mMn nicht, auf eine politische geächtete Randgruppe (die Rechten) zu zeigen und Urteile zu sprechen.

Und, wie Beere meint, ist die Akzeptanz politisch motivierter Gewalt in ALLEN Lagern deutlich höher scheint sich doch Gewalt als gangbarer Weg wieder einmal zu etablieren. Und wer sich mal die Mühe macht aus seiner medialen Zwangsjacke zu gucken muss feststellen dass sich um uns herum die Gewaltherde wir Geschwüre ausbreiten. Die Türkei torkelt schnurstracks in einen riesigen Konfliktherd und auch im Balkan ist von Ruhe noch lange nicht die Rede (oder Ungarn oder Ukraine)... Zwar haben wir weniger der "großen" Kriege. Die gewalttätigen Konflikte kleinerer Gruppen nehmen aber überall zu und in viel zu vielen Regionen sind diese Gruppen außerordentlich "Erfolgreich" mit dieser Strategie (wenn auch nur augenscheinlich und kurzfristig). Aber wie heißt es so schön aus der Wirtschaft: Der Erfolg gibt einem Recht.

Das brandmarken einzelner gewalttätiger Gruppen ist jedenfalls Plump und dient eher der Selbstgefälligkeit einer ziemlich gestressten Gesellschaft deren Verarbeitungskapazitäten mit den üblichen Phrasen schon völlig bedient sind.


Zuletzt: Wir müssen selbstverständlich gegen alle diese Formen von Gewalt vorgehen. Aber wir sollten nicht denken dass (z.B.) Rechte Gewalt ein geschlossener Kreislauf ist. Es (politisch motivierte Gewalt) ist _auch_ ein Symptom für "Fehler im System".

Die gewalttätigen Rechten, Linken oder Salafisten sind gleichermaßen dumm oder klug. Was sie aber gemeinsam haben, ist die Überzeugung, dass Gewalt (gegen Menschen) ein gangbarer Weg ist.

Diese Überzeugung ist universell und das eigentliche Problem, egal welches Fähnchen man schwingt...


Für alle, die noch Luft haben über diese Plumpheit hinauszudenken, mal diese sog. "Böckenförde Doktrin":

Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann. Das ist das große Wagnis, das er, um der Freiheit willen, eingegangen ist. Als freiheitlicher Staat kann er einerseits nur bestehen, wenn sich die Freiheit, die er seinen Bürgern gewährt, von innen her, aus der moralischen Substanz des einzelnen und der Homogenität der Gesellschaft, reguliert. Anderseits kann er diese inneren Regulierungskräfte nicht von sich aus, das heißt mit den Mitteln des Rechtszwanges und autoritativen Gebots zu garantieren suchen, ohne seine Freiheitlichkeit aufzugeben und – auf säkularisierter Ebene – in jenen Totalitätsanspruch zurückzufallen, aus dem er in den konfessionellen Bürgerkriegen herausgeführt hat.
 
SchwarzeBeere hat gesagt.:
Wichtig ist vielmehr die sofortige Integration der Flüchtlinge in das Gemeinschaftsleben [...] Es muss klar gemacht werden, dass es sich nicht (ausschliesslich) um Kriminelle handelt, dass nicht "massenhafter Asylmissbrauch" betrieben wird und dass diese Menschen fähig und willig sind, sich zu integrieren.
Das sehe ich ähnlich. Das beste Mittel gegen Fremdenfeindlichkeit & Rassismus sind eigene Erfahrungswerte. Wenn man sich anschaut wo der Protest gegen Flüchtlinge besonders lautstark und aggressiv auftritt, kommt man nicht umhin zu bemerken das es zumeist Regionen mit keinen bis wenigen Migranten sind (was ja auch schon im Kontext der Pegida-Debatte thematisiert wurde).
Vorurteile und Ressentiments gedeihen nun einmal - wie Studien belegen - da am besten, wo man gängige Vorurteile nicht mit eigenen Erfahrungswerten abgleichen und relativieren kann. Die Harvard Universität hat da z. B. den Implitiven Assoziationstest (IAT) entwickelt, mit denen unbewusste Vorurteile erforscht & gemessen werden können. Mit Hilfe solcher Tests wurde z. B. bewiesen das Menschen idR unbewusste Vorurteile gegen andere Rassen haben - so assoziieren Weiße z. B. negative Begriffe eher mit Schwarzen (und umgekehrt). Zeigt man weißen Probanden jedoch vor dem Test Fotos von glücklichen schwarzen Familien beim Picknick und wiederholt den Test, gibt es deutlich messbare Unterschiede. Positive Beispiele die wir in unserem Alltag sehen und erfahren, helfen uns also deutlich dabei uns eine eigene Meinung unabhängig von gängigen Vorurteilen zu bilden. In der typischen Ruhrgebietgsgroßstadt kann man z. B. keinen Schritt machen ohne auf Beispiele für gut integrierte Immigranten und Nachfahren von Immigranten zu treffen: Sie arbeiten in jedem Supermarkt, jedem Geschäft, jeder Firma und jeder Behörde, sie finden sich in jeder Berufssparte und jeder sozialen Schicht - angefangen von ungelernten Hilfsarbeitern, über selbstständige Gewerbetreibende bis hin zu Juristen, Ärzten und anderen Akademikern. Ich schätze das ist der Grund warum Pegida-Ableger oder andere Gruppierungen mit fremdenfeindlichen Parolen hier keinen Fuß an die Erde bekommen. Es ist nicht so das es keine Aktionen gegen Flüchtlingsheime gibt (wie hier in Dortmund, wo rund 20 Vermummte mit Fackeln vor einem Flüchtlingsheim aufmarschiert sind), aber es sind eben nur Aktionen von einer Minderheit die bereits radikalisiert und extremistisch ist - die Mehrheit der Gesellschaft ist nicht besonders anfällig für fremdenfeindliche Parolen, da es hier kaum jemanden gibt der nicht Arbeitskollegen, Bekannte, Freunde oder sogar (angeheiratete) Verwandte mit Migrationshintergund hat. Ich persönlich habe mich - angefangen vom ersten Sandkasten hinterm Haus, über Kindergarten, Schule, Universität bis hin zu jeder einzelnen Arbeitsstelle die ich in meinem Leben hatte - in multikulturellen, bzw. multiethnischen Gruppen bewegt. Ich denke diese Erfahrungen haben mich geprägt und mein Leben definitiv bereichert - ganz sicher sind die eigenen Erfahrungen auch der Grund warum ich bestenfalls ein abfälliges Schnauben dafür übrig habe, wenn mir jemand erzählen will wie die Türken, Albaner, Bulgaren oder einfach nur die Ausländer so sind.
Vielleicht ist es ganz gut das man Flüchtlinge auch dort einquartiert, wo es bislang keine bis wenig "Ausländer" gibt - dann haben die Menschen dort endlich auch die Chance sich ihre eigene Meinung zu bilden und nicht allein auf Vorurteile aus Film & Fernsehen, den Medien und der Stammtisch-Propaganda zurückgreifen zu müssen...;)
Bedingung dafür ist natürlich das die Politik die entsprechenden Rahmenbedingungen schafft damit Flüchtlinge sich so schnell wie möglich integrieren können. Wie SchwarzeBeere schon sagte: Schneller Zugang zu Bildungs- & Ausbildungsmaßnahmen und zum Arbeitsmarkt sind ein essentieller Bestandteil der erfolgreichen Integration. Aber genug vom Thema Fremdenfeindlichkeit & Integration - eigentlich dreht sich dieser Thread ja um die Militanz der rechten Szene.

Chromatin hat gesagt.:
Also ungeachtet der Tatsache, dass politisch motivierte Gewalt generell zu wachsen scheint, sind wir für Rechte Gewalt besonders sensibilisiert (obwohl die "Linken" da einiges mehr auf ihrem Konto verbuchen können).
OK, da ist er - der unvermeidliche Versuch rechte Gewalt zu relativieren. Um rechte Gewalt zu relativieren, zeigt man gerne auf die vermeintlich viel gefährlichere Gewalt von Links. Aber zum einen ist es wenig sinnvoll zu versuchen Gewalt von Links und von Rechts gegeneinander aufzurechnen, zum anderen gibt es auch signifikante Unterschiede in der Qualität von links- & rechtsmotivierter Gewalt und es gibt es auch Unterschiede bei den Zielgruppen und bei dem staatlichen Umgang mit links- bzw. rechtsmotivierter Gewalt.
Bevor ich zu diesen Punkten komme jedoch noch ein Wort zu der blossen Anzahl (weil laut Chromatin Linke da ja viel mehr auf dem Konto haben):
Die Zahl der politisch motivierten Straftaten in Deutschland ist im vergangenen Jahr deutlich gestiegen. Die Behörden registrierten 31.645 Straftaten und 2848 Gewalttaten - jeweils gut 15 Prozent mehr als im Vorjahr. Insbesondere die Straftaten aus dem linken Spektrum nahmen zu, um rund 40 Prozent. Auch die Zahl fremdenfeindlicher Delikte stieg an. Rechtsextreme begingen mehr als die Hälfte aller politisch motivierten Straftaten.
Das Zitat stammt aus diesem Artikel über einen Bericht des Innenministeriums und aus dem Jahr 2014 - die fast täglichen Übergiffe auf Flüchtlingsheime, Flüchtlinge und Helfer & "linke" Demonstranten tauchen da also noch gar nicht auf...8o

Jetzt zu den Zielgruppen: Zu Gewalttaten von Linken gegen Menschen kommt es hauptsächlich im Zuge von Demonstrationen, d. h. es werden meistens Polizisten Opfer linker Gewalt - oder der "politische Gegner", wenn z. B. linke Gegendemonstranten gegen Teilnehmer einer rechten Demo vorgehen. Unbeteiligte, bzw. zufällige Opfer, gibt es bei linker Gewalt eher selten (obwohl ich geneigt bin die Polizisten dazuzuzählen, denn die sind zwar beteiligt, aber machen im Grunde einfach nur ihren Job und sind daher eigentlich Zufallsopfer).
Um ein Opfer rechter Gewalt zu werden, reicht es die falsche Haar-, Haut- oder Augenfarbe zu haben oder sonst irgendwie nicht ins rechtsextreme Weltbild zu passen. Ein guter Bekannter und ehemaliger Arbeitskollege wurde z. B. vor einigen Jahren von Neonazis ins Koma geprügelt, weil er aufgrund seines südländischen Äußeren für einen Türken gehalten wurde (ein tragisches Missverständnis, denn eigentlich stammen seine Eltern aus Griechenland und er ist in Dortmund geboren & aufgewachsen) und zur falschen Zeit durch die falsche Straße ging. Eine schwere Körperverletzung die übrigens nicht in der Zählung rechtsextremer Straftaten eingegangen ist, obwohl die Täter laut Zeugenaussagen (mein Bekannter hat keinerlei Erinnerung an das Geschehen) "Kanake" und "Scheiß-Türke" gerufen haben, als sie auf ihn eingetreten haben. Die Polizei ordnete das ganze aber lieber als Fan-Gewalt ein, da die Täter einschlägig vorbestrafte Gewalttäter Fußball (sprich: Hooligans) waren, mein Bekannter ein BVB-Trikot trug und das ganze nach einem Fuballspiel stattfand. Warum allerdings Dortmunder Hooligans einen BVB-Fan krankenhausreif prügeln sollten ohne provoziert worden zu sein (laut Zeugenaussagen hat er die Gruppe wortlos passiert, wurde dann hinterrücks von den Füßen gerissen und direkt "gestiefelt"), ist mir bis heute nicht ganz klar...:rolleyes:
Solange man kein Polizist ist und das Pech hat auf einer linken Demo Dienst schieben zu müssen oder Teilnehmer einer rechten Demo ist, muss man sich im Grunde wenig Sorgen darüber machen Opfer linksmotivierter Gewalt zu werden. Zum Opfer rechter Gewalt kann aber im Grunde jeder werden der (in den Augen der Rechtsextremen) die falsche Haar- oder Hautfarbe, die falsche Frisur ("Langhaariger!"), den falschen Status (z. B. Obdachlose) oder die falsche sexuelle Präferenz (sprich: offen schwul) hat.

Dann kommen wir zur Qualität der Gewalt und hier findet sich der vielleicht signifikanteste Unterschied zwischen links- und rechtsmotivierter Gewalt: Rechtsradikale haben praktisch das Monopol auf tödliche Gewalt. Einer meiner Profs hat das im Rahmen eines Seminars zum Thema Politische Agitation - Politische Gewalt (ja, ich beschäftige mich schon etwas länger mit dem Thema ;)) einmal schön auf den Punkt gebracht: "Wenn ein linker Wirrkopf sich radikalisiert zündet er ein Auto an, das er für zu wertvoll hält. Wenn ein rechter Wirrkopf sich radikaliisiert, zündet er einen Menschen an, den er für wertlos hält."
Tatsächlich manifestiert sich linke Gewalt meist in Form von Vandalismus, wie z. B. Brandanschläge auf "Luxuskarossen". Gegen Menschen richtet sich linksmotivierte Gewalt eher selten und wenn, dann gegen den als "Feind" empfundenen politischen Gegner oder Polizisten die zwischen diesem "Feind" und linken Gewalttätern stehen (wobei Polizisten aufgrund ihres Status als Vertreter des Staates auch allein aufgrund ihrer Uniform zu Zielen werden können). Fälle von tödlicher Gewalt gibt es bei linksmotivierter Gewalt jedoch nur höchst selten. So weit ich weiß gehen die letzten Toten durch linksmotvierte Gewalt in Deutschland noch auf das Konto der RAF. Und auch die RAF ging gezielt gegen "Feinde" in Politik & Wirtschaft vor, nahm bei den Morden aber auch skrupellos "Kollateralschäden" wie Polizisten, Personenschützer & Fahrer in Kauf.
Rechte Gewalt richtet sich dagegen häufig gegen Menschen und tödliche Gewalt ist dabei keine Seltenheit und häufig entscheidet nur der Zufall über Leben oder Tod der Opfer (mein erwähnter Bekannter hat z.B. überlebt, aber nur weil die durch Zeugen alarmierte Polizei die Angreifer frühzeitig in die Flucht schlug und er wird für den Rest seines Lebens unter chronischen Kopfschmerzen und Silberblick leiden).
Tatsächlich gilt gerade die tödliche Gewalt als Gradmesser für Unterschiede in politisch motivierter Gewalt. In der Weimarer Republik war das politische Klima in Deutschland extrem aufgeheizt und es kam immer wieder zu extrem gewalttätigen Straßenschlachten zwischen den verfeindeten politischen Lagern, daher konzentrieren sich Historiker gerne auf eindeutig politisch motivierte Morde in dieser Zeit und da gibt es einen bemerkenswerten Unterschied: Auf das Konto von Rechtsradikalen (wie den Freikorps und der SA) gehen zwischen 300 und 400 Morde, die Zahl der Opfer von Linksradikalen (wie z. B. Kommunisten) bleibt bei den meisten Schätzungen zweistellig. Schon lange vor dem Nazi-Regime und dem Zweiten Weltkrieg, gab es also deutliche Unterschiede in der Qualität von links- & rechtsmotivierter Gewalt!
Wenn wir uns dann aber die Zahlen seit 1990 anschauen kommen wir auf 65 Todesopfer durch rechtsmotivierte Gewalt (eine sehr konservative Schätzung, z. B. tauchen die drei Polizisten die der Neonazi Michael B. im Jahr 2000 in Dortmund ermordet hat gar nicht auf, weil die Behörden es nicht als erwiesen ansehen das seine rechtradikale Gesinnung Auslöser für die Morde war). Bürgerrechtsorganisationen und NGOs kommen bei eigenen Zählungen auf bis zu 140 Todesopfer rechter Gewalt seit der Wiedervereinigung.
Im gleichen Zeitraum gab es zwei Todesopfer durch linke Gewalt: Die beiden letzten Opfer der RAF. Seit 1993 gab es afaik kein Todesopfer durch linke Gewalt.
Da Chromatin auch importierte Gewalt und Salafisten (die ich persönlich als Angehörige der religiösen Rechten eher zu den Rechtsradikalen zählen würde) ins Spiel bringt, noch die Opfer islamistischer Gewalt in Deutschland: Zwei tote US-Soldaten, die durch einen Islamisten am Frankfurter Flughafen ermordet wurden.
Ich denke diese Zahlen sprechen ein klare Sprache was die Qualität politischer Gewalt in Deutschland angeht...X(

Als letzter Punkt sei der unterschiedliche Umgang des Staates mit links- & rechtmotivierter Gewalt angesprochen. Laut Chromatin sind wir ja für rechte Gewalt lediglich "sensiblisiert" (was daran liegen könnte das dank des Nazi-Regimes die Todesopfer von deutschen Rechtsradikalen in die Millionen geht), das gilt aber höchstens für Bürger und Teile der Presse - Polizei und Justiz (von der Politik gar nicht zu reden) tun sich doch oft überraschend schwer damit rechte Gewalt zu erkennen, zu benennen und ganz besonders sie zu ahnden. Aber auch das hat eine lange Tradition in Deutschland - eine Tradition die älter als das wiedervereinigte Deutschland ist, älter als die BRD und die DDR und sogar älter als Nazi-Deutschland ist!
Bereits im Jahr 1922 brachte der Publizist Kurt Tucholsky diese Worte zu Papier:
Der deutsche politische Mord der letzten vier Jahre ist schematisch und straff organisiert. […] Alles steht von vornherein fest: Anstiftung durch unbekannte Geldgeber, die Tat (stets von hinten), schludrige Untersuchung, faule Ausreden, ein paar Phrasen, jämmerliches Kneifertum, milde Strafen, Strafaufschub, Vergünstigungen – „Weitermachen!“ […]
Das ist keine schlechte Justiz. Das ist keine mangelhafte Justiz. Das ist überhaupt keine Justiz. […] Balkan und Südamerika werden sich den Vergleich mit diesem Deutschland verbitten.“
Hand aufs Herz: Wer muss bei schludrige Untersuchungen, faule Ausreden, ein paar Phrasen & jämmerliches Kneifertum nicht direkt an die (angebliche) beispiellose Pannenserie der Ermitlungen gegen den NSU denken?
In Deutschland gibt es seitens der Justiz & Sicherheitsbehörden jedenfalls die Tendenz rechte Gewalt kleinzureden & zu verharmlosen. Kurz nach dem blutigsten Bombenattentat in der Geschichte der BRD, dem Oktoberfestattentat, hat sich der damalige bayerische Ministerpräsident & Kanzlerkandidat Franz-Josef Strauss vor die Kameras gestellt und erklärt das er entschieden gegen die linken Terrororganisationen vorgehen wird, deren Handschrift das blutige Attentat trage. Sobald jedoch nicht mehr zu leugnen war, das es ein rechtsradikal motivierter Anschlag war, war die Theorie von Terrororganisationen sofort vom Tisch und die Rede war nur noch von einem psychisch kranken Einzeltäter. Bis heute ist es strittig ob der Rechtsradikale Gundolf Köhler, der nachweislich Kontakte zur rechtsradikalen Wehrsportgruppe Hoffmann hatte (der wiederum durch die Stay-behind-Organisation Kontakte zu Geheimdiensten nachgesagt wurden), ein Einzeltäter oder Teil einer Gruppe war. Im Dezember 2014 hat der Generalbundesanwalt die Ermittlungen jedenfalls wieder aufgenommen, weil die These vom Einzeltäter zunehmend unhaltbarer wird.
Es gibt seitens staatlicher Institutionen jedenfalls eine gewisse Tendenz die Bedrohung durch rechte Terrororganisationen kleinzureden, während - spätestens seit der RAF - keine Gelegenheit ausgelassen wird um vor der Gefahr von Links zu warnen. Vielleicht liegt das in der Natur politischer Agitation begründet, den Linke werden ja gerne als "vaterlandslose Gesellen" diffamiert, während Rechte sich gerne als "wahre Patrioten" bezeichnen. Woran es liegt weiß ich nicht, aber ich weiß das die RAF in den Jahren von 1971-1993 34 Menschen ermordert hat. Der Staat hat darauf mit aller Härte reagiert, es gab eine extreme Aufrüstung der Sicherheitsbehörden & eine Erweiterung der Befugnisse (z. B. die Rasterfahndung) und es gab eine regelrechte Hexenjagd auf angebliche Sympathisanten (z. B. Berufsverbote). Seit 1990 haben Rechtsradikale zwischen 65 und 140 Menschen ermordet und seitens der Behörden hört man immer nur: Es gibt keine organisierten rechten Terror, es gibt nur gewalttätige Einzeltäter. Organisationen wie der NSU blieben angeblich unentdeckt, obwohl zahlreiche ihrer Kontakte auf der Gehaltsliste von Verfassungsschutz, LKA oder BKA standen. Vielleicht liegt es aber auch daran das es Verfassungsschützer wie der Mann, der ganz "zufällig" während eines der NSU-Morde am Tatort war über eine so stramme rechte Gesinnung verfügen, das man ihn in seinem Heimatdorf nur "Kleiner Adolf" nennt.
An diesem Punkt möchte ich noch einmal auf die Weimarer Republik zu sprechen kommen und den großen Kurt Tucholsky (bzw. sein Pseudonym Ignaz Wrobel) zitieren:
Für 314 Morde von rechts 31 Jahre 3 Monate Freiheitsstrafe, sowie eine lebenslängliche Festungshaft.
Für 13 Morde von links 8 Todesurteile, 176 Jahre 10 Monate Freiheitsstrafe.
Das ist alles Mögliche. Justiz ist das nicht.
Ich denke es gehört zu unserer historischen Verantwortung die extreme Rechte in Deutschland genau zu beobachten - denn Rechtsextremen fällt das Morden nicht nur besonders leicht, es hat auch keine andere deutsche Gruppierung (egal ob politisch oder religiös motiviert) Deutschland und der Welt auch nur annähernd soviel Leid angetan wie die Rechtsextremisten.

Chromatin hat gesagt.:
Dazu gehört mMn nicht, auf eine politische geächtete Randgruppe (die Rechten) zu zeigen und Urteile zu sprechen.
Wenn Rechtsradikale eine politisch geächtete Randgruppe sein sollten, dann aufgrund ihrer hasserfüllten Ideologie und ihrer menschenverachtenden Taten. Wie kann eine Gesellschaft eine Randgruppe nicht ächten, die offenkundig keinerlei Respekt vor Menschenleben hat?



Quellen:
https://www.taz.de/!5145479/
https://de.wikipedia.org/wiki/Kurt_Tucholsky
http://www.wiwo.de/politik/deutschl...ch-motivierten-straftaten-steigt/9821826.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Todesopfer_rechtsextremer_Gewalt_in_Deutschland
http://www.faz.net/aktuell/politik/...huetzer-spitzname-kleiner-adolf-11529571.html
http://www.deutsche-revolution.de/modules.php?name=Kapp_Putsch&sop=showpage&pid=25&page=4
http://www.ruhrnachrichten.de/staed...-bringen-Fluechtlingen-Blumen;art2576,2619405
 
Zuletzt bearbeitet:
@Tara

Da Du es ja so mit Statistiken hast (2014):

Ein überdurchschnittlicher Anstieg ist im Bereich der politisch motivierten Ausländerkriminalität (PMAK) zu verzeichnen (+152,7% auf 278 Fälle). Jeweils 40 Prozent der Körperverletzungen entfallen auf PMK-links und PMK-rechts. Insgesamt ist es 2015 zu 15 versuchten Tötungsdelikten gekommen. Auf die Bereiche PMK-links und PMAK entfallen jeweils 7 versuchte Tötungsdelikte, eine Tat war rechtsmotiviert. Im Bereich PMK-links ist ein Todesopfer zu beklagen.

Und den auch noch.
Ich bin mir aber sicher, dass Du einen Welt/Spon Artikel findest, indem der Autor das anders sieht :D

Im übrigen ist es keine exakte Wissenschaft einer Straftat politische Motivation zuzuordnen, was Statistiken erschwert und das gilt für alle Seiten, denn in allen Gruppen gibt es eine ganze Reihe von Leuten, die irgendwelche Feindbilder pflegen und ich bezweifle dass sich dahinter immer eine echte politische Meinung verbirgt. Vielmehr haben wir es hier mit den üblichen Minderbemittelten zu tun die sich in Gruppen tummeln und dem "Konsens" folgen und viel zu oft ist Alkohol im Spiel. Diesen Typus von Gewalttätern findest Du in nahezu jeder Randgruppe. Damit will ich sagen dass es sehr schwer ist, bei einem Menschen eine echte politische Überzeugung festzustellen. Ich meine nicht das gröhlen auf einer Demo und Mitläufertum sondern eine echte Überzeugung, die andere Werte überschreibt und im eigenen Wertekanon derart (ge)wichtig ist, dass man selber bereit ist, anderen Schaden zuzufügen oder Gewalt anzutun.


OK, da ist er - der unvermeidliche Versuch rechte Gewalt zu relativieren. Um rechte Gewalt zu relativieren, zeigt man gerne auf die vermeintlich viel gefährlichere Gewalt von Links.

Rechte Gewalt wird ebenso von deinen bevorzugten Medien relativiert denn das funktioniert nach unten UND nach oben :p Außerdem versteckt sich in diesem Vorwurf stets rechte Gewallt auch billigend in Kauf zu nehmen und das ist Unsinn denn solcherart Gewalt ist nicht zu akzeptieren wenn man gerne in Freiheit lebt.

Ich bin jedoch nicht willens mich jede Woche vor einen anderen medialen Karren spannen zu lassen und permanent das "gesendete" politische fraglos Klima in mich aufzusaugen um mein "Mindset" der gerade verfügbaren politischen Strömung anzupassen.

Rechte Gewalt nimmt zu und dafür gibt es Gründe und die sollten uns interessieren. Hier scheiden sich die Geister denn während die meisten sich darauf beschränken zu verurteilen und ihre ethische Gesinnung zur Schau zu stellen, muss hier aber auch Arbeit erledigt werden, indem man den Ursachen auf den Grund geht.

Wenn also irgendwo in Deutschland Menschen auf ein Heim mit Ausländern losgehen, gibt es dafür Gründe. In meinen Augen gibt es dafür keine guten Gründe, aber darum geht es auch nicht. Es geht darum zu verstehen was die Leute zu derartiger Form von Gewalt treibt und warum (Beere) andere Menschen sogar dabei zusehen.

Dieses Problem löst sich nicht indem die Klugscheiszer in Kolumnen wieder mal in Einmütigkeit ihre Fähnchen schwingen und sich eine kleine Elite mit-empört und eine Willkommen-Gesellschaft proklamiert. Wären wir eine solche Gesellschaft, so könnten gar nicht so viele Flüchtlinge kommen wir wir aufnehmen wollten und das Lehrstellenproblem wäre behoben weil wir die Jungen Leute ratz-fatz in unser Leben integrieren würden.

Nein. Das Problem mit diesen Gewalttätern lässt sich nur lösen indem Leute an die "Plattenbau Front" gehen und sich mit den Menschen auseinandersetzen, zu Bilden und versuchen Perspektiven zu finden und ihnen aufzeigen dass man als politischer Mensch eben auch Geduld und Verständnis braucht.


Wenn Rechtsradikale eine politisch geächtete Randgruppe sein sollten, dann aufgrund ihrer hasserfüllten Ideologie und ihrer menschenverachtenden Taten. Wie kann eine Gesellschaft eine Randgruppe nicht ächten, die offenkundig keinerlei Respekt vor Menschenleben hat?
Natürlich kann eine Gesellschaft das tun, solange es Teile in ihr gibt, die versuchen das Problem jenseits der üblichen Kanäle zu erfassen und zu ergründen.


Ich denke es gehört zu unserer historischen Verantwortung die extreme Rechte in Deutschland genau zu beobachten - denn Rechtsextremen fällt das Morden nicht nur besonders leicht, es hat auch keine andere deutsche Gruppierung (egal ob politisch oder religiös motiviert) Deutschland und der Welt auch nur annähernd soviel Leid angetan wie die Rechtsextremisten.
Da stimme ich dir zu!
Nationalbewusstsein und Patriotismus sind ohnehin starke Gefühle - und zwar überall auf der Welt und die Deutschen sind "ihrem" Land durchaus sehr verbunden. Wer die Nazizeit mal ausblendet, findet in der gesamten deutschen Volkskunst eine immer sehr zum Ausdruck gebrachte Liebe zum eigenen Land und Volk und nach den Nazis war es lange überhaupt nicht möglich seine "Landesliebe" (und sei es nur der Landschaft wegen) auszudrücken, ohne abgeurteilt zu werden.
 
Update:
Mittlerweile warnt auch das BKA vor einer Zunahme rechter Gewalt. Von den mehr als 500 Anschlägen auf Flüchtlingsheime in diesem Jahr, ordnet das BKA allein 461 der "politisch motivierten Kriminalität rechts" zu. Außerdem warnt das BKA ausdrücklich davor das sich die Gewalt zunehmend gegen Menschen - Flüchtlinge, Helfer, Journalisten & Politiker - richtet.
Ein tragisches Beispiel für diese Gewalt ist der Anschlag auf die Kölner Bürgermeisterkandidatin (inzwischen ist sie gewählt) Henriette Reker, die als Sozialdezernentin direkt für die Flüchtlingspolitik verantwortlich war. Der Täter, laut Polizei eine Randfigur der rechten Szene, war unzufrieden mit der Flüchtlingspolitik...

Edit:
Ok, dieser Link passt auch gut rein: Vereitelter Anschlag: Partei ?Die Rechte? distanziert sich nicht von Tatverdächtigen - Rechtsextremismus - FAZ

Quellen:
Fremdenfeindlichkeit - Gewalt gegen Flüchtlinge alarmiert BKA - Politik - Süddeutsche.de
Fremdenhass: Bundeskriminalamt warnt vor schwerer rechter Gewalt |Â*ZEIT ONLINE
Henriette Reker: Köln-Attentäter Frank S. war vorbestraft - SPIEGEL ONLINE
 
Zuletzt bearbeitet:
Es ist egal, ob rechte oder linke Ideologien ins Extreme gehen. Sie werden sich immer deutlich von der mehrheitlichen Mitte unterscheiden und daher als Randgruppen auftreten. Da alle anders Denkenden als Feinbild interpretiert werden und der Versuch von Überzeugungsarbeit auf keinen fruchtbaren Boden fällt, wird aus Frust halt darauf geschlagen. Berichte aus den Medien werden für eigene Zwecke instrumentalisiert und ein paar Dumme zu Mitläufern gemacht. Dieses Spiel ist so alt.. Wenn die Politik transparenter wäre und sich endlich mal um die Belange der Menschen kümmern würde, dann würden wahrscheinlich auch diese Randgruppen verschwinden. Allen wird man es nie recht machen können, aber wenn es grundsätzlich passt, dann denke ich, ist die Mehrheit kompromissbereit.
 
Wenn die Politik transparenter wäre und sich endlich mal um die Belange der Menschen kümmern würde, dann würden wahrscheinlich auch diese Randgruppen verschwinden.

Früher hätte ich dem auch zugestimmt. Heute, nach unzähligen Aufklärungs- und Diskussionsveranstaltungen zum Thema Asyl, in denen einerseits auf die missliche Lage ("Wir müssen Asylsuchende unterbringen"), andererseits auf die Auswirkungen für die Bevölkerung ("... deswegen brauchen wir die Sporthalle") und auf die Kritiker ("Grundgesetz: Asyl gilt für alle") eingegangen wurde, glaube ich das nicht mehr. Transparenz ist schön und gut, aber manchmal sind Entscheidungen notwendig, die für die Mehrheit ("die Mitte") inakzeptabel sind und die Rechte sofort nach "Notwehr" oder "Notstand" rufen lassen. Dies kann man z.B. sehr schön an Entscheidungen sehen, die kurzfristig zu Nachteilen führen, aber langfristig einen Vorteil verschaffen (oder größere Nachteile verhindern), z.B. im Naturschutz. Transparenz hilft hier nicht, die Entscheidung klarer und verständlicher zu machen oder gar die Kritikerinnen und Kritiker zu überzeugen. Stattdessen ist ein Abdriften der "Mitte" nach Links oder Rechts zu beobachten, denn die "Randgruppen" buhlen natürlich ebenfalls um die "Mitte" und nutzen diese schwierigen und unbeliebten Entscheidungen, begünstigt durch die zu offene Transparenz, oftmals gnadenlos aus. Man muss auch immer bemerken, dass Transparenz nicht Mitbestimmung bedeutet, sondern nur das Bekanntmachen politischer Prozesse und (bereits getroffener!) Entscheidungen, was auch wiederum zu einem Gefühl von Machtlosigkeit beim Wahlvolk führen könnte.

Das Abrutschen der Mehrheit der Bevölkerung, d.h. das kurzfristige Verschieben "der Mitte" in Richtung eines Extrems, hat natürlich wiederum Auswirkungen auf die Politik. Der Aufschwung der NSDAP als Folge der Weltwirtschaftskrise zeigt das sehr deutlich. Paradoxerweise stellt unser politisches System diesem Problem bislang nur wenig entgegen - spontan fällt mir nur die 2/3 Mehrheit bei GG-Änderungen ein. Eine langfristig orientierte Politik, die auch kurzfristige Schwankungen der politischen Einstellung der Mitte aushält, fehlt leider. Diese wäre aber notwendig, um mit mehr Transparenz die Bevölkerung nachhaltig aufzuklären.

Man kann derzeit über Merkel sagen, was man will, aber sie fährt einen mittelfristig klaren Kurs, der, glaubt man den Medien, nicht dem kurzfristigen Wunsch der Mehrheit entspricht: Die Grundrechte werden nicht in Frage gestellt - über alles andere können wir sprechen. In 5 Monaten wird sich zeigen, inwiefern dieser mittelfristige Kurs von der eher kurzsichtigen Mitte akzeptiert wird, denn dann sind die nächsten Landtagswahlen, die auch die meiner Ansicht nach nach Luckes Abschied deutlich rechtsextreme AfD für sich nutzen wollen wird.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wir sind schon zu lange belogen und getäuscht worden. Mit echter Demokratie würden viele schon gar nicht mehr klar kommen. Dass unser Wohlstand auf kosten Anderer stattfindet, ist den meisten doch gar nicht bewusst. Die rechte Scene setzt voll auf die Gier der Menschen und biegt es sich hin, wie es gerade gebraucht wird (machen Politik und Medien ja auch). Da kommen doch glatt Menschen und wollen uns etwas wegnehmen, was wir ihnen genommen haben. Das ist politisches Versagen auf ganzer Linie. Hätten sie doch wie versprochen mal in Bildung investiert. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass diese Leute nie erwachsen geworden sind, denn so verhalten sich Kinder.
 
@beere

(...)Paradoxerweise stellt unser politisches System diesem Problem bislang nur wenig entgegen - spontan fällt mir nur die 2/3 Mehrheit bei GG-Änderungen ein.
Das ist kein Paradoxum sondern eine Eigenheit einer Demokratie. Eine Demokratie kann sich nur aus sich selbst heraus erhalten und besteht aus sich selbst heraus indem die Mehrheit der Menschen(u.A.) hinter einem Pluralismus steht und grundlegende Menschenrechte anerkennt.

Zu irgend einem Zeitpunkt werden/wurden die Menschen ihrer demokratischen Teilhabe müde. Meistens wenn es eben so läuft, wie es laufen soll. Dann überlässt man die demokratischen Pflichten eben anderen: Politikern, Verbänden, Gewerkschaften etc.. Frust entsteht dann irgendwann, wenn diese Player dann plötzlich ganz andere (bzw. eigene) Interessen haben und man feststellt, dass man im Grunde von gar niemandem wirklich ernst genommen geschweige denn vertreten wird.
Auf der einen Seite haben wir eine Politik, die sich vorwiegend um die Interessen der Wirtschaft (das Bedeutet um die Interessen einer kleinen Elite!) kümmert. Auf der anderen Seite versiegt das Gemeinwesen insofern, dass alles Angebotene kommerzialisiert, durchorganisiert, durchreguliert oder verboten wird. Das Betrifft die Heimatvereine, Volkshochschulen, freiwilligen Feuerwehren etc.pp. Das alles sind Strukturen und Plätze, wo sich Demokratie und "Bürgerbewusstsein" entwickeln. Unsere Schulen sind dafür nicht mehr geeignet. Zum einen steht Rechtsphilosophie nicht auf dem Lehrplan und zum anderen braucht es "demokratische Praxis".

Ein demokratisches System gewährt einer Linken und Rechten Gesinnung die gleichen Chancen ein wie allen anderen auch - sofern sie von einer Bevölkerungsmenge getragen werden. Negativ formuliert kann man auch sagen: Eine Demokratie bietet immer auch einen Weg sich selbst abzuschaffen.

Btw.: Für die ganz krassen Fälle gibt es Artikel 20 GG, Absatz 4 ;)


Eine langfristig orientierte Politik, die auch kurzfristige Schwankungen der politischen Einstellung der Mitte aushält, fehlt leider. Diese wäre aber notwendig, um mit mehr Transparenz die Bevölkerung nachhaltig aufzuklären.

Eine langfristig orientierte Politik ist in einer Demokratie nur bedingt möglich da sie zu sehr den Schwankungen der Bevölkerung unterliegt. Kaum ein Bürger ist bereit, seine unmittelbare Zukunft zu "opfern" um etwas auf lange Sicht zu ändern. Die Politik sucht stets den Mittelweg zwischen dem zumutbaren und dem Nötigen. Dummerweise wird das Nötige nicht von denen entschieden, denen man es zumutet. Es herrscht sogar ein erhebliches Missverhältnis zwischen der Zumutung und dem Nötigen.

TTIP, Agrar- und Umweltpolitik, globales Finanzwesen und Bankenrettungen in Milliardenhöhe während eine ehemalige arbeitende Bevölkerung in Altersarmut driftet und 1/4! der noch arbeitenden Bevölkerung nicht genug verdient um sich selbst nachhaltig etwas aufzubauen.

Wenn Menschen das spüren - dann wenden sie sich möglicherweise den Alternativen zu. Und je nach Gesinnung sind die eben Rechts oder Links von der Mitte. Und wenn es sich auch nur ein kleines Stück etabliert, dann kann es sein dass Menschen hier wählen obwohl sie sich zwar nicht wirklich vertreten fühlen. Aber sie sehen dass Bewegung ins Spiel kommt.

Du schreibst:
Eine langfristig orientierte Politik, die auch kurzfristige Schwankungen der politischen Einstellung der Mitte aushält, fehlt leider.
Du sagst leider, aber sieh es doch mal so: Die Mitte würde sich nie bewegen, würde sie nicht unter Druck gesetzt werden. Auch wenn Pegida, Hooligans und CSU nicht deinen Wünschen entsprechen - sie sind trotzdem notwendiger Bestandteil im demokratischen Gefüge, denn die Öffentlichkeit reagiert darauf. Die einen mit Empörung, die anderen mit Unterstützung und Sympathie. Dass, was die Medien Polarisierung nennen, ist der Atem einer Demokratie. Ich würde sogar behaupten, dass diejenigen die unter Pegida "marschieren" eine Menge Drecksarbeit erledigen um unsere Mitte mal in Bewegung zu bringen.

Wenn also auch in Deutschland nationale Interessen erstarken und auch in Teilen der Mitte ankommen, dann ist das nicht die Schuld der Medien oder die "Dummheit" der Leute. Es ist ein Versagen der bisherigen Politik, die viel zu lange die Interessen der Eliten geteilt hat anstatt die der Bürger die sie letztlich dafür autorisiert.
 
ja die rechte Szene ist militanter geworden. Leider auch subtiler. Die treten nicht mehr mit Glatzen und Springerstiefeln auf. Nein, das sind gescheite Herren im feinen Zwirn, die demagogisch genau wissen, wie sie die Leute packen.... Widerlich
 
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