[TdW 153] Quo vadis, Kapitalismus?

Heute beschäftigt sich das TdW wieder einmal mit einem Thema das derzeit nicht direkt in den Medien ist (obwohl praktisch ständig über Symptome & Auswirkungen berichtet wird), welches aber fraglos zu den großen Themen unserer Zeit gehört: Dem Kapitalismus.
Kapitalismus ist ein großes Wort und es beschreibt ein komplexes, vielschichtiges Konstrukt das unsere Welt & unsere Gesellschaft(en) auf vielfältige Weise beeinflusst & verändert. Kapitalismus ist mehr als eine Wirtschaftsform, es ist eine Gesellschaftsordnung und als solche auch eine Ideologie. In kapitalistischen Gesellschaften bestimmt der Kapitalismus eben nicht nur die Wirtschaft, er bestimmt auch die Regeln nach denen die Politik handelt, die geistige und kulturelle Entwicklung und die sozialen Normen und Maßstäbe der Gesellschaft.
Für die Wirtschaft bedeutet Kapitalismus vor allem Handlungsfreiheit - das Credo von den "freien Märkten" gehört vermutlich zu den ältesten und wichtigsten Grundsätzen des Kapitalismus. Ursprünglich bedeutete es vor allem ein Mindestmaß an Beschränkungen, denn wenn man in der Geschichte bis zu den Wurzeln des Kapitalismus zurückgeht, dann landet man mindestens im 17. Jahrhundert und in einer Welt voller Monarchien (in denen die Rechtsprechung oftmals eher willkürlich ist), Kleinstaaten (also viele Grenzen, Währungen, unterschiedliche Rechtsprechungen & Vorschriften) und wenig Rechtssicherheit für einen international agierenden Unternehmer. Diese Unternehmer träumten natürlich von einer Welt mit möglichst wenigen Grenzen (und somit auch wenigen Zöllen & Währungen), mit möglichst einheitlicher Rechtsprechung und Vorschriften und einer Welt wo ein verschuldeter Potentat nicht mittels eines plötzlich verabschiedeten Willkür-Gesetzes mal eben sämtliche Waren besteueren, pfänden oder beschlagnahmen konnte. Und je mehr sich diese Träume realisierten, desto mehr blühte die Wirtschaft auf. Deutschland ist dafür ein gutes Beispiel: Napoleon selbst erzwang eine Reduzierung von etwa 300 Staaten des Heiligen Römischen Reiches auf 60 Staaten, nach Napoleons Niederlage schlossen sich 36 Staaten im Zuge des Wiener Kongresses zum Deutschen Bund zusammen und daraus ging letztendlich der Nationalstaat Deutschland hervor. Wirtschaftlich entwickelte sich Deutschland während dieser Zeit von landwirtschaftlich geprägten Agrarstaaten, zu einer modernen und reichen Industrienation. Vielleicht waren es solche Erfolgsbeispiele, die bei im Kapitalismus sozialisierten Ökonomen den Glauben an die (All)Macht der freien Märkte zu einem quasi-religiösen Dogma erhoben. Eine durchaus nachvollziehbare Entwicklung, wenn man bedenkt welche Blüte die europäischen Staaten erlebten, die sich mehr und mehr dem Kapitalismus verschrieben und die sich nicht nur im wachsenden Wohlstand, sondern auch in der wissenschaftlichen, technischen und kulturellen Entwicklung widerspiegelte. So ist der Kapitalismus nicht nur untrennbar mit der Industrialisierung verbunden, sondern auch mit wissenschaftlichen & technischen Meisterleistungen. Der Kapitalismus erwirtschaftete nicht nur das Kapital das nötig war um Forschung zu finanzieren, er verstand es auch wissenschaftliche Erkenntnisse - die vormals häufig abstrakt blieben - praktisch anzuwenden und so neue Profite zu generieren. Die Eisenbahn, Telegraphie, Elektrifizierung, Flugzeuge, Automobile, Telefonie und Funk & Fernsehen sind nur einige Beispiele, die dazu beitrugen die Welt zu verändern.
Im gleichen Maße wie der Kapitalismus zum Motor des Fortschritts wurde, wurde er auch mehr und mehr zur Ideologie überhöht. Konzepte & Ideen die eigentlich für wirtschaftliches Handeln am Markt gedacht waren, bekamen gesellschaftliche & politische Bedeutung. Wohlstand wurde zum Maß aller Dinge in zunehmend materialistischen Gesellschaften, bald definierte vor allem der Reichtum an Geld (als messbarer Indikator für Wohlstand) den Platz eines Individuums in der Hierarchie der kapitalistischen Gesellschaften. Das führte auch zu einer Werteverschiebung in den Gesellschaften, ursprünglich negativ behaftete Begriffe wie Egoismus oder Gier wurden relativiert und neu definiert - heute spricht man ganz selbstverständlich von "gesunden Egoismus" und einer Fußballmannschaft die das siegen verlernt hat, wirft man vor nicht gierig genug zu sein.
Allerdings war der Kapitalismus lange Zeit nicht unangefochten, gegen Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts, entwickelte sich der Sozialismus / Kommunismus mehr und mehr zum großen ideologischen Gegenspieler des Kapitalismus. Große Denker wie Karl Marx betrachteten des Kapitalismus in seiner Gesamtheit (also auch die Schattenseiten die ich hier bislang noch gar nicht, bzw. nur am Rand angesprochen habe) und kamen zu dem Schluss das der Kapitalismus ein Irrweg ist, der die Gesellschaft letztendlich spalten und die Gesellschaftsordnung somit vernichten wird. Diese Konfrontation gipfelte im Kalten Krieg und prägte die Welt mindestens von 1945-1990. Sie endete mit dem Untergang der Sowjetunion und dem Zerfall des Ostblocks, da sich letztendlich herauststellte das der Kommunismus dem Kapitalismus zumindest wirschaftlich nicht gewachsen war. Wissenschaftliche, technische und kulturelle Meisterleistungen gab es im Osten genauso wie im Westen, aber wirtschaftlich scheiterte der Ostblock an dem Versuch in dem wahnwitzigen Wettrüsten (das mit erheblichen finanziellem Aufwand verbunden war) mit dem Westen mitzuhalten. Am Ende führte dieser finanzielle Wettlauf erst zum wirtschaftlichen Ruin und dann zum völligen Zusammenbruch des Ostblocks.
Doch natürlich blieb das nicht ohne Folgen für den Kapitalismus, denn ohne seinen ideologischen Widersacher und (scheinbar) notwendigen Gegengewicht und Korrektiv, zeigte sich der Kapitalismus schon bald von seiner hässlichsten Seite. Ohne die Last beweisen zu müssen das der Kapitalismus nicht nur die bessere Wirtschaftsform, sondern auch die bessere Gesellschaftsordnung ist (und vermutlich berauscht vom Siegesgefühl), begann eine Entwicklung die den Kapitalismus mehr und mehr die Gestalt annehmen ließen, vor denen kritische Geister immer gewarnt hatten. Es gibt einige Schlagworte die diese Entwicklung anschaulich machen: z. B. Outsourcing, Profitmaximierung, Minijobs, Niedriglohnsektor, Leiharbeit, befristete Verträge oder prekäre Beschäftigungsverhältnisse.
Der Kapitalismus scheint mittlerweile eher ein Teil des Problems, als ein Teil der Lösung zu sein. Die letzte große Wirtschaftskrise ist noch nicht vollständig überwunden (in Europa wurde sie z. B. zur Schulden & Eurokrise) und sie entstand nichtzuletzt durch die Zockerei der Banken auf entfesselten Finanzmärkten. Banker galten lange Zeit als Sinnbild des seriösen, zuverlässigen Spiessers - heute sehen viele Menschen in Bankern nur noch gierige Egomanen, die sich nur für den eigenen Bonus interessieren und selbst die eigenen Kunden skrupellos abzocken. Schuld daran ist nicht nur die Banken- & Finanzkrise die für viele Menschen dramatische Folgen hatte, sondern auch die unzähligen Manipulationsskandale, die seit dem bekannt wurden. Kurz gesagt: Die Banken haben Vertrauen verspielt und im Grunde hat damit auch der Kapitalismus Vertrauen verspielt. Im Spiegel konnte man gerade das dazu lesen:
Vertrauen wird oft als Schmiermittel der Wirtschaft bezeichnet. [...] Denn tatsachlich sinkt das Vertrauen in die Wirtschaft und das Misstrauen steigt. [...] Wenn man sich anschaut, was so alles passiert ist in den vergangenen Jahren, verwundert das kaum: Bankenkrise, Fehlberatung bei Geldanlagen, Lebensmittelskandale, die Aufdeckung miserabler Produktionsbedingungen, der systematisch aufgezogene Vertrieb von Schrottimmobilien, Rückrufaktionen und so weiter. Selbst die aus Verbrauchersicht "vertrauenswürdigsten Branchen" wie etwa die Automobilhersteller erhalten im Index nur rund 40 von 100 möglichen Punkten. Noch schlechter steht es um Energieversorger, Banken und vor allem Lebensmittelhersteller.
Quelle: Alternatives Management: Vertrauen als Ressource für Unternehmen - SPIEGEL ONLINE

Tatsächlich hat die Banken- & Finanzkrise, ihre Folgen und vor allem der staatliche Umgang mit der Krise vielen Menschen die Augen geöffnet: Vieles was uns neoliberale Marktfundamentalisten als Wahrheiten verkaufen wollen, sind Lügen. Das fängt damit an das die unsichtbare Hand eben doch nicht auf zauberhafte Weise dafür sorgt, dass auf freien (oder eher entfesselten) Märkten - auf denen jeder Teilnehmer egoistisch agiert - letztendlich das beste für die Gemeinschaft herauskommt. Die Entstehung und die Folgen der Finanzkrise und die Art wie die Staaten mit ihr umgegangen sind, haben nicht nur das Vertrauen der "einfachen" Menschen erschüttert - sie haben sogar bisherige Verfechter dieses Systems nachdenklich gemacht. In England fasste der konservative Publizist Charles Moore die Krise & ihre Folgen z. B. mit diesen Worten zusammen:
„Die Stärke der Analyse der Linken“, so schreibt der erzkonservative Charles Moore im „Daily Telegraph“, „liegt darin, dass sie verstanden haben, wie die Mächtigen sich liberal-konservativer Sprache als Tarnumhang bedient haben, um sich ihre Vorteile zu sichern. ,Globalisierung‘ zum Beispiel sollte ursprünglich nichts anderes bedeuten als weltweiter freier Handel. Jetzt heißt es, dass Banken die Gewinne internationalen Erfolgs an sich reißen und die Verluste auf jeden Steuerzahler in jeder Nation verteilen. Die Banken kommen nur noch ,nach Hause‘, wenn sie kein Geld mehr haben. Dann geben unsere Regierungen ihnen neues.“
[...]
„Denn wenn die Banken, die sich um unser Geld kümmern sollen, uns das Geld wegnehmen, es verlieren und aufgrund staatlicher Garantien dafür nicht bestraft werden, passiert etwas Schlimmes. Es zeigt sich – wie die Linke immer behauptet hat –, dass ein System, das angetreten ist, das Vorankommen von vielen zu ermöglichen, sich zu einem System pervertiert hat, das die wenigen bereichert.“
Quelle: Bürgerliche Werte:

Sowohl Moore als auch der leider verstorbene Frank Schirrmacher, der Moores Gedanken in der konservativen FAZ aufgegriffen hat, kommen zu dem Schluss das vieles woran sie fest geglaubt haben entweder Lügen oder Irrtümer waren. Und beide sehen dafür vor allem die neoliberalen, marktradikalen Kräfte in der Verantwortung und beschwören die Gesellschat geradezu dazu sich gegen diese Kräfte aufzulehnen:
Ein Bürgertum, das seine Werte und Lebensvorstellungen von den „gierigen Wenigen“ (Moore) missbraucht sieht, muss in sich selbst die Fähigkeit zu bürgerlicher Gesellschaftskritik wiederfinden.
Zu einer ganz ähnlichen Einschätzung kam der deutsche Ökonom Max Otte, nur das sein Fazit bereits nach Resignation klingt:
"Das wird politisch an der Finanzoligarchie scheitern, sie ist inzwischen so stark, dass sie immer Mittel und Wege finden wird, sich der Aufsicht zu entziehen, um weiter ihren Zockergeschäften zu frönen. Wir schützen die Reichen, die den Staat gekapert haben."
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/wirtscha...iechenland-und-spanien-aus-dem-euro-1.1131801

Trotz dieser Erkenntnisse, die offenbar auch bei Teilen des konservativen Lagers angekommen sind, hat sich seit der Banken- & Finanzkrise wenig geändert. Die Finanzmärkte haben sich einer Regulierung & Kontrolle entzogen (insofern hatte Otte leider recht) und bestenfalls wurden Bauernopfer gebracht und ein paar Gesichter ausgetauscht. Gleichzeitig haben Schwankungen der Märkte in den letzten Tagen schon zur bangen Frage geführt, ob nicht schon die nächste große Wirtschaftskrise vor der Tür steht.
Vor diesem Hintergrund stellt das TdW also heute die Frage wie es mit dem Kapitalismus im allgemeinen und Deutschland im speziellen weitergeht. Denn während Politiker & Wirtschaftslobbyisten in Hinterzimmern Geheimverandlungen über Freihandelsabkommen führen (TTIP, CETA & Co), schwindet in den Bevölkerungen zunehmend das Vertrauen das die Spitzen von Politik und Wirtschaft überhaupt noch die Interessen des Bürgers im Blick haben. Und während die sogenannte Erste Welt langsam die Folgen der Finanzkrise abschüttelt, stottert der Wirtschaftsmotor vieler Schwellenländer und dieses Stottern könnte durchaus der Auslöser für die nächste große Krise werden. Dessen ungeachtet riskieren praktisch täglich unzählige Menschen aus der Dritten Welt Leib und Leben in dem Versuch in die reichen Industrienationen des Westens zu fliehen...
All diese Entwicklungen können einen schon ziemlich nachdenklich stimmen, daher also die Frage: Quo Vadis, Kapitalismus?




Quellen & mehr zum Thema:
https://de.wikipedia.org/wiki/Kapitalismus
http://www.sueddeutsche.de/wirtscha...igungsverhaeltnisse-arm-trotz-arbeit-1.177181
Alternatives Management: Vertrauen als Ressource für Unternehmen - SPIEGEL ONLINE
https://de.wikipedia.org/wiki/Unsichtbare_Hand
https://en.wikipedia.org/wiki/Charles_Moore_(journalist)
http://www.sueddeutsche.de/wirtscha...iechenland-und-spanien-aus-dem-euro-1.1131801
http://www.faz.net/aktuell/wirtscha...na-wird-ein-unsicheres-pflaster-13773752.html
 
Zuletzt bearbeitet:
Gerade erst hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) eine neue Studie veröffentlicht, die belegt das Vermögen in Deutschland noch ungleicher verteilt ist als bisher angenommen und somit hier imho ganz gut rein passt:
Die reichsten ein Prozent der Haushalte in Deutschland besitzen 33 Prozent der Vermögen. Noch deutlicher wird es an der Spitze der Spitze: das oberste Promille (das sind ungefähr 40.000 Haushalte) halten mehr als 17 Prozent des Reichtums. Wie ungleich die Verteilung in Deutschland ist, zeigt die Gegenrechnung: Die ärmere Hälfte der Deutschen besitzt gerade einmal 2,5 Prozent der Vermögen.
Quelle: Vermögen sind in Deutschland sehr ungleich verteilt - SPIEGEL ONLINE

Die Frage - die sich mir da direkt stellt - ist: Wie lange kann eine Gesellschaft so eine Schieflage aushalten? Und wie kommt diese Entwicklung überhaupt zustande (scheinbar ist Deutschland im internationalen Vergleich ein Extremfall)?
 
Da der Kapitalismus seine Wurzeln in menschlicher Gier treibt, scheint die Antwort einfach: Kapitalismus geht weiter. In welcher Ausprägung und welchen Namen man ihm gibt, ist völlig Wurst. Die Partei- und Finanzeliten in sozialistischen Systemen sind nicht weniger an Macht und Geld interessiert als die korruptesten Banker. Da bilden auch der IS und die American Bible Society keine Ausnahme.

Man bräuchte schon eine große Masse an Menschen in allen Schichten und in allen Völkern um UNS selbst so zu regulieren, dass es ein faires System für alle Menschen gibt, in dem jeder was erreichen kann - aber auch in seinen materiellen Möglichkeiten beschränkt bleibt damit keine extremen Gefälle auftreten.

Auch die aktuell angebotenen Ideologien und Lifestyles bieten keine echte Auswege. Öko und sharing und fair Trade ist zwar hip - aber richtig große Schaffe ist es nicht. Irgendwo zapft immer jemand den guten Willen seiner Mitmenschen an.

Große Veränderung in dieser Hinsicht können IMHO jedenfalls nicht durch Regulierung, Ideologie und Gesetz gebannt werden. Hier braucht es Paradigmenwechsel auf elementarster Ebene nahezu jeder Gesellschaft.

Bis dahin empfehle ich jedem, irgendwie in dem System klar zu kommen ohne den Blick für seine Mitmenschen komplett zu verlieren ;)

Als ich klein war, glaubte ich, Geld sei das wichtigste im Leben. Heute, da ich alt bin, weiß ich: Es stimmt.
(nach) Oscar Wilde
 
Durch die Ereignisse um VW wird dieses TdW imho sehr aktuell, denn da geht es nicht nur um einen kleinen Fehltritt der vertuscht werden sollte - da geht es um vorsätzlichen, systematischen Betrug. Betrug aus Gier.

In seiner Spiegel Kolumne hat auch Jakob Augstein das Thema aufgegriffen und, wie ich finde, ein paar interessante Sachen dazu gesagt:
Das ist kein Fehlverhalten Einzelner. Es ist das Vergehen eines Konzerns, dem die Maßstäbe abhandengekommen sind. Wenn das Verbrechen Teil des Berufs ist, dann darf man vom Berufsverbrechen sprechen. Und wenn die Kriminalität gut organisiert ist, dann darf man von organisierter Kriminalität sprechen. Warum hat VW die Gesetze gebrochen? Aus Gier. Rund 600.000 Mitarbeiter, 200 Milliarden Euro Umsatz, 119 Fabriken - VW baut jedes achte auf der Welt ausgelieferte Auto. Und es muss immer weitergehen. Der amerikanische Börsenmakler Ivan Boesky sagte in den Achtzigerjahren vor Wirtschaftsstudenten in Berkely: "Übrigens, Gier ist völlig in Ordnung. Das sollten Sie wissen. Ich glaube, Gier ist gesund. Sie können gierig sein und sich immer noch gut fühlen."
Boesky wurde kurz danach von der Börsenaufsicht wegen Insidergeschäften festgenommen und zu dreieinhalb Jahren Gefängnis und einer Strafe von 100 Millionen Dollar verurteilt.
[...]
Natürliche Personen haben ein Gewissen - juristische nicht. Menschen hadern mit ihrem Gewissen. Es quält sie. Sie wollen es beruhigen. Ohne Gewissen gibt es keine seelische Gesundheit. Ein Mensch ohne Gewissen fällt in den Bereich der Psychopathologie. Bakan hat die großen Konzerne darum als Psychopathen beschrieben.
Quelle: VW: Das Auto? Der Betrug! Jakob Augstein zur Abgas-Affäre - SPIEGEL ONLINE

Momentan zeigt natürlich alle Welt auf VW, aber die Frage ist doch - ohne die kriminelle Energie des VW-Konzerns relativieren zu wollen - ob die Ursache nicht tiefer liegt.
Ich denke auch, wie Jakob Augstein, das Problem ist die Gier und die Gier ist tief in unserem System verwurzelt und scheint mittlerweile alle Aspekte unserer Gesellschaft befallen zu haben - fast wie ein Virus. Nicht nur die Wirtschaft ist davon durchdrungen (wie z. B. der VW Skandal, diverse Gammelfleischskandale oder die unzähligen Manipulationsskandale internationaler Banken belegen), auch die Politik (man denke nur an Korruptions- & Parteispendenskandale), der Sport (z. B. in Form von Korruption bei IOC & FIFA oder den diversen Dopingskandalen) und auch die Menschen selbst (man denke nur an die unzähligen Steuerhinterzieher) sind betroffen.
Unrechtsbewusstsein sucht man meist vergebens, für die Täter ist die Gier so selbstverständlich geworden, dass sie glauben es sei ganz natürlich wenn man den Hals nicht vollbekommen kann...:rolleyes:

Produziert unsere Gesellschaft vielleicht reihenweise psychopathische Raffzähne?

Quellen & mehr zum Thema:
VW: Das Auto? Der Betrug! Jakob Augstein zur Abgas-Affäre - SPIEGEL ONLINE
Steuerhinterziehung: Zumwinkel zu 24 Monaten auf Bewährung verurteilt - SPIEGEL ONLINE
 
Kapitalismus

Hallo
Sorry, aber as Augstein da verzapft ist intellektuelle Diarrhoe:thumb_down:


Fehlverhalten gibt es überall, aber das als Systeminmanet (sprich böser Kapitalismus) zu brandmarke ist nur dämlich, hält auch einer pol-, sozial. und histor. Bewertung nicht stand. Würde ja bedeuten im Umkehrschluß bedeuten, da wo es keinen Kapitalasimus gibt, ist Friede Freude Eierkuchen, jeder halbwegsgebildete kann die geschichtlich sofort widerlegen.
Man individuelle Neigungen nicht mit einem wirtschaftl. oder polit. System gleichsetzen. Böse Menschen hat es zu jeer zeit, unter jedem Regime gegeben, der Vergleich, oder die Gleichsetzung hinkt gewaltig.
Das Konzerne Geld sparen wollen ist klar, aber wie sagt ein Sprichwort so schön, man darf sich nur nicht erwischen lassen. Das im Sport (nicht in jeder Sportart) manipuliert wird, ist auch klar, irgendwo ist die Trainigslehre an ihren Grenzen, wer 2x täglich auf höchstem Niveau 365 Tage trainiert, der kann das irgendwann nicht mehr, der Akku ist leer, da ist dann der Sportler vor der Frage nehme ich Doping oder werde ich Zweitklassik, weil die Anderen fallen eh nicht auf. Die Reduktion a la Aufstein ist dämlich, von dem hätte ich mehr Differenzierung erwartet, aber der Name Augstein allein bürgt eben noch nicht für Qualität
 
Würde ja bedeuten im Umkehrschluß bedeuten, da wo es keinen Kapitalasimus gibt, ist Friede Freude Eierkuchen
Wer sagt "xyz sei böse", der sagt aber nicht gleichzeitig "nicht xyz sei nicht böse". Insofern ist deine Widerspruch nicht logisch.

Im Kapitalismus stellt Gier die Motivation für einen Aktionismus dar, der das Wachstum antreibt und damit den Kapitalismus am Leben erhält. Ohne Gier keine Motivation, kein Aktionismus, kein Wachstum - und damit auch kein Kapitalismus. Wenn man annimmt, dass die Gier menschlich ist - oder in den Worten des ehemaligen Porsche Managers Wiedeking: "Die Gier steckt - mehr oder weniger - bei der ganzen Spezies Mensch in allen Poren." -, dann kann man sich nun fragen, ob der Kapitalismus nicht als Folge des menschlichen Seins entstanden ist und ob es überhaupt möglich ist, den Kapitalismus als solchen abzuschaffen. Stattdessen könnte sich die Förderung eines Kapitalismus nach Vorbild des Rheinischen Kapitalismus als deutlich erstrebenswerter erweisen, da sie sowohl die menschliche Gier miteinbezieht, als auch das gesellschaftliche Miteinander (im Gegensatz zum wettbewerbbezogenen Gegeneinander).

In diesem Sinne sei auch nochmal auf folgende Seite hingewiesen: http://de.givingwhatwecan.org/ bzw. "Earning to give"-Bewegung - Besser altruistischer Wallstreet-Trader werden als Arzt - Wirtschaft - Süddeutsche.de
 
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Schwedenmann hat gesagt.:
Würde ja bedeuten im Umkehrschluß bedeuten, da wo es keinen Kapitalasimus gibt, ist Friede Freude Eierkuchen, jeder halbwegsgebildete kann die geschichtlich sofort widerlegen.
Nein, das würde es nicht bedeuten - denn auch andere Systeme können Schönheitsfehler haben, die Fehlverhalten fördern...;)
Allerdings muss man auch die Frage stellen ob es in unserer globalisierten Welt überhaupt noch andere Systeme gibt. Jeder reguläre Staat ist Teil der Weltwirtschaft und die Weltwirtschaft spielt nun einmal nach den Regeln des Kapitalismus. Selbst Staaten die sich offiziell vom Kapitalismus abgrenzen, wie z. B. Nord-Korea (die produzieren in Sonderwirtschaftszonen billig Waren für Süd-Korea), sind ein Teil des Spiels. Selbst nicht reguläre Staaten wie ISIS (die sich selbst gerne als Gottesstaat sehen), agieren als Marktteilnehmer - entweder am regulären Markt (über Mittelsmänner) oder an einem Schattenmarkt (wie die Taliban, die im großen Stil mit Opium handeln).
 
Kapitalismus

Hallo

Nein, das würde es nicht bedeuten - denn auch andere Systeme können Schönheitsfehler haben, die Fehlverhalten fördern

Was dann wiederrum bedeutet, alles Systeme sind böse ! und keins ist explizit böse, wie es deine These und die von Augstein suggerieren.
Zum andren ist Gier, aber auch Neid menschlich, warum hat wohl die Kirche die 7 Todsünden "erfunden" und das schon im MItelalter das man wohl kaum als ausgeprägt kapitalistisch ansehen kann, auch für den Islam ist Neid verwerflich. Diese Instinkte haben absolut nichts mit dem polt. und/oder wirt. System zu tun in dem diese leben.

mfg
schwedenmann
 
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