[TdW 161] Was bringt das Abkommen von Paris?

Nach einer kurzen Pause beschäftigt sich das TdW heute mit dem Weltklimagipfel in Paris, wo sich beinahe 200 Staaten nach zähen Verhandlungen auf einen Klimavertrag geeinigt haben, der schon jetzt vielfach als historisch bezeichnet wird.
Das Thema Klimawandel betrifft uns alle, alle Menschen die auf dieser wundervollen Kugel namens Erde durch den Weltraum reisen, doch es betrifft nicht alle Menschen gleich. Während manchen Menschen durch den steigenden Meeresspiegel das Wasser sozusagen bereits bis zum Hals steht, freuen sich andere darüber das durch Klimaerwärmung und Eisschmelze der Zugang zu Rohstoffen in der Arktis ermöglicht, bzw. vereinfacht wird. Die einen fliehen vor Dürren, Hitze und sich ausbreitenden Wüsten, die anderen genießen Rekordsommer und geringere Heizkosten im Winter. Die Folgen des Klimawandels sind vielfältig, komplex und schwer vorhersagbar. Im Grunde trifft das auch für die Ursachen des Klimawandels zu, doch ob der Klimawandel jetzt ein rein natürliches Phänomen ist, vom Menschen mitverursacht wird oder allein auf das Konto der Menschheit geht, spielt eigentlich keine große Rolle: Fakt ist das Klima verändert sich & wir müssen damit fertig werden. Nun war es schon immer eine große Stärke der Menschen sich anzupassen, deshalb sind wir als Spezies so erfolgreich und deshalb haben wir uns über den gesamten Erdball ausgebreitet. Ich zweifle nicht daran das die Menschheit sich auch diesmal anpassen wird, aber ich könnte mir vorstellen das dies ein langer, schmerzhafter und opferreicher Prozess werden wird.
Insofern kann man die UN-Klimagipfel als wichtigen Schritt auf diesem Weg ansehen, denn sie zeigen das es sich um eine globale Angelegenheit handelt - eben etwas das uns (und vor allem unsere Kinder und Kindeskinder!) alle betrifft. Doch das Problem ist eben das es uns nicht alle gleich, nicht alle bereits jetzt und manchmal auch nur indirekt oder wenig offensichtlich betrifft. Das führt natürlich zu unterschiedlichen Ansichten über den Grad der Bedrohung und somit auch über die Dringlichkeit der Gegenmaßnahmen. Dazu kommen natürlich auch die unterschiedlichen Interessen - wenn man 100 Menschen in einen Raum sperrt, dann hat man darin auch mindestens 100 Meinungen und vermutlich noch bedeutend mehr Interessen und Interessenskonflikte...:rolleyes:
Wenigstens scheinen die Leugner des Klimawandels (die ohnehin zumeist Wirtschaftslobbyisten gewesen sein dürften) zunehmends leiser zu werden. Ich glaube es war John Kerry der sagte wer den Klimawandel leugnet, glaubt auch der steigende Meeresspiegel sei kein Problem, weil die Wassermassen über den Rand der Erdscheibe abfliessen würden...:D
Vor diesem Hintergrund, also den unzähligen unterschiedlichen Ansichten, Meinungen und Interessen scheint es schon erstaunlich zu seien wenn 200 Staaten sich auf einen Vertag einigen können. Aber Papier ist geduldig und spätestens seit Kyoto wissen wir das man nicht zu früh die Sektkorken knallen lassen sollte. Das TdW stellt daher heute die Frage: Was bringt das Abkommen von Paris?


Quellen & mehr zum Thema:
UN-Klimakonferenz: Einigung auf neuen Klimavertrag - Wissen - Süddeutsche.de
Klimakonferenz live: Staaten beschließen Weltklimavertrag | ZEIT ONLINE
Unep-Jahresbericht: Rohstoff-Boom bedroht die Arktis - SPIEGEL ONLINE
Klimawandel in Deutschland: Wärmer, wärmer, wärmer | ZEIT ONLINE
Ursachen und Folgen | bpb
 
Es ist immerhin begrüßenswert, dass sich so viele Staatsvertreter zu diesem Thema zusammenfinden und ich glaube auch, dass eine Menge Delegierter dort die Sache auch ernst meinen.

Als Kulturpessimist bleibt mir gar nichts anderes übrig als trotzdem skeptisch zu sein und ich kenne kein Projekt, welches seit der chinesischen Mauer mit einem ähnlichen Weitblick betrieben worden ist. Retrospektiv betrachtet sind alle ähnlichen Zusammenkünfte im Laufe der Zeit völlig entkernt worden und zu einem second-market mutiert.

Es ist schön, dass die Hauptverschmutzer USA sich derart engagiert präsentieren. Trotzdem sind nichts weiter als Phrasen und so sehr die USA noch Großmacht sind - so weiß man auch dass es eben eine Faselei ist, die ein Obama nur schwerlich mit Substanz unterfüttern kann.

Es ist doch so: Legt man den Erhalt natürlicher Ressourcen und den Klimawandel als Messlatte an und klammert man jegliche ökonomische Kompetente aus, so ist Klima- und Umweltschutz etwas, womit man A) kurzfristig kein Geld verdienen kann und B) kurzfristig mit Kosten rechnen muss.

Also: In der jetzigen Weltwirtschaft verhaftet ist der "Erdschutz" erst mal teuer, mit wenig Aussichten auf Profit. Die Natur unserer Wirtschaft und des Finanzsystems zwingt einem Unternehmen aber gewisse Regeln auf - nämlich u.a. Wachstum. Ein Unternehmen, welches sich aus dieser Realität herauslösen will geht in jedem Fall ein großes Risiko ein.

Die öffentliche Rhetorik benutzt deswegen das Wort "Investition". Das ist für diverse Green-Kampangnen zwar ganz toll, aber Großaktionäre lassen sich dadurch nicht beeindrucken.

Was ich mich also Frage ist, können wir so etwas wie Altruismus in Unternehmen erwarten? Die Erfahrung zeigt das dem nicht so ist. Es erscheint manchmal so, wenn es zufällig zum Wirtschaftsplan passt. Aber generell geht es weiterhin im kurz und mittelfristigen Profit. Und der steht im krassen Gegenteil zu den notwendigen "Unterlassungen", die ein Erdschutz erfordert. Glaubt wirklich jemand ernsthaft, dass Energiekonzerne, Ölmultis, Großkonzerne wie Nestle plötzlich "umdenken"?

Also frage ich mich weiter - kann ein Unternehmen einen Altruismus entwickeln, der die "Sorge um die Menschheit" wenigstens als wesentliches Kriterium implementiert? Es würde sich vermutlich weiterhin darum drehen was denn profitabel ist - was Menschen dem Unternehmen letztlich abkaufen. Kauft der Texaner den 5 Liter Pickup - oder den neuen Van mit E-Motor?
Bleibt der EU Bürger beim günstigen Produkt - oder greift er aus Altruismus zur teuren oder nachhaltigen Variante oder - viel wichtiger - verzichtet er?

Also frage ich mich weiterhin - kann ein Unternehmen größeren Altruismus entwickeln als die Menschen die es ausmachen und kann das Unternehmen durch die alternativlose Vorgabe einer (wie auch immer gearteten) Nachhaltigkeit die aktuelle Entwicklung aufhalten. Kann die Wirtschaft "ethischer" werden als die Politik oder der Völker?

Das kann sich ja mal jeder selbst fragen. Ich für meinen Teil bin (aktuell) der Erkenntnis, das unsere Spielregeln der Wirtschaft einen Erdschutz, wie er dringend nötig ist(!) nicht abbilden können und nicht abbilden werden.

Vermutlich wird jetzt ein bisschen was passieren und ganz gewiss wird eine Menge ehrlicher Energie in sinnvolle Projekte fließen.

Aber am Ende werden es krasse äußere Umstände sein, die uns einen Handlungsrahmen aufzwingen wenn es längst zu spät ist und bestehende Gesellschaften komplett über den Haufen werfen.
 
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