[PF 16] - Ist "menschliches" Handeln immer rational?

Ist "menschliches" - im Sinne von Tugend-/Werteorientierung - Handeln immer direkt oder indirekt (mit Abstand betrachtet) rational? Oder ist es im Umkehrschluss vielleicht immer irrational?

Danke an bluez für diesen Denkanstoß.

Ich erweitere die Frage mit einer Behauptung:
Rationalität im menschlichen Handeln wird erst erzeugt, wenn Irrationales normal wird.
 
menschliches - im Sinne von Tugend-/Werteorientierung - Handeln
Lieber Chrom. Ausdrücklich nicht "menschlich" im Sinne von: alles was Menschen so tun. Sondern in dem sehr schwammigen Sinne in dem wir im täglichen Leben von "menschlichkeit" reden. Dabei geht es um Werte, Ethik, Tugenden, usw.. Als Gegenstück zum unmenschlichen Verhalten, wie in "Hitler war ein Unmensch.".

Ich habe mir diese Frage gestellt als wir hier über Drohnen diskutiert haben und alle ständig mit Rationalitäten um sich geworfen haben.

Als kleines Beispiel fühlten sich Unternehmen in ihren Generationenalten Unternehmen früher für ihre Arbeiter verantwortlich. Es wäre einem "eherenhaften" Unternehmer nie in den Sinn gekommen Arbeiter zu entlassen und sie und ihre Familien möglicherweise dem Hunger zu überlassen um diese Arbeit durch Maschinen verrichten zu lassen. Nun ist das aber seit dem Dampfwebstuhl aber doch passiert und die Weber verarmten weiter, hungerten, starben und probten schließlich Aufstände. (Und jene Unternehmer die sich nicht anpassten (wollten oder konnten) gingen pleite)

Heute ist es ganz normal Arbeiter im Rahmen von "Rationalisierungsmaßnahmen" durch günstigere Maschinen zu ersetzen. Man trifft eine, für das Unternehmen, "vernünftige" Entscheidung (und tritt damit eine Lawine von Konkurrenzdruck los, auf die man sich hinterher beruft). Für den Arbeiter oder dem Arbeiter gegenüber ist diese Entscheidung im Zweifel aber unmenschlich, weil seinen Arbeitsplatz verliert und vielleicht nie wieder einen findet. Natürlich bin ich mir bewusst, dass die Begriffe "rational" und "menschlich" sehr schwammig sind und dass sie jeder vermutlich ein wenig anders definiert. Dennoch kann das hier eine sehr interessante Diskussion werden :)
 
Aus meiner Sicht ist Menschliches Handeln immer Rational WEIL:

Der Mensch selbst möchte aus seiner Sicht immer etwas mit einer für Ihn Positiven Absicht erreichen und alles was er tut ist in dem Moment wo er es tut für Ihn Rational.

D.h. Die Frage müsste genauer gestellt sein.

Entweder: Ist Menschliches Handeln aus der Sicht der Gesellschaft immer Rational? (Dann wäre die Antwort klar nein, da man als Außenstehender gerne mal "Lücken/Fehler" im denken anderer Leute findet

Oder: Ist Menschliches Handeln aus der Sicht des Handelnden Rational? (Dann ja, siehe Antwort oben).

Gruß
Chris
 
Letzten Endes ist Moral doch ein Ergebnis von Erziehung, womit Moral als subjektiv zu betrachten wäre. Im Sinne einer moralischen Rationalität muss man daher von subjektivem Handeln ausgehen, das aus der Sicht eines direkten Betrachter potentiell irrational ist (subjektive Rationalität als Teil der moralischen Rationalität).

Interessant ist auch die Verknüpfung zwischen Rationalität und Vernunft, die ja auch schon Kant oder Schoppenhauer bewegt hat und die von bluez schon angesprochen wurde. Passender als die Aussagen Kants oder Schoppenhauers finde ich allerdings Casanova: "Die Vernunft ist des Herzens größte Feindin.". Mit dieser Aussage bindet Casanova die Vernunft an die mennschlichen Gefühle (die Moral steht im Hintergrund) und stellt sie wiederum als etwas Subjektives dar. Damit kann die Frage gestellt werden, ob Rationalität nicht auch letzten Endes nur subjektiv und damit auch im Sinne eines indirekten Betrachters potentiell irrational ist (Homo oeconomicus vs. Homer Simpson).

Ich bin der Meinung, dass (moralische) Rationalität letztendlich in unserer eigenen, kleinen Welt nicht möglich ist. Eine rationale Entscheidung hat immer Auswirkungen auf viele Aspekte unseres Lebens, sei es das Sozialleben, die Psyche oder die Umwelt. Durch die hohe Komplexität unseres Lebens ist es für einen Menschen nicht möglich, alle Auswirkungen zu erfassen und zu analysieren und damit die Rationalität des Handelns zu bestimmen. Damit bleibt immer ein kleiner Teil Irrationalität in unserem Handeln.
 
@elite-noob

Oder... ist uns nicht immer klar ob und wie wir uns entscheiden und ob wir nicht manchmal tief emotionele Entscheidungen doch eher rational verpacken oder zumindest den Versuch dazu unternehmen?

Zweifelsohne gibt es rationale Entscheidungen. Aber was betreffen diese Entscheidungen? Lebenswichtige Bereiche, die uns selbst direkt angehen, wie zB eine Entscheidung darüber in welchen Fond wir unsere Kohle stecken? Können wir so etwas überhaupt rational entscheiden im Hinblick auf die Fülle der Informationen, die wir haben müssten? Oder ists dann doch eher Angst - oder der simple Reinfall auf das wohlig-warme Gefasel des Bankers?

Aus meiner Sicht sind unsere Entscheidungen weitaus seltener Rational, als wir uns eingestehen würden. Und nach wie vor dominiert die Emotion. Unser Irrtum, der bisweilen ziemlich fatal ist, ist, dass wir glauben, eben fern von Emotion zu entscheiden.
 
@Chromatin, Prinzipiell ist es doch so dass sämtliche Entscheidungen die wir treffen auf den Erfahrungen und Informationen getroffen werden die uns zur Verfügung stehen.

Aber diese Informationen die wir von außen bekommen werden von uns lediglich auf unsere eigene Art und weiße Interpretiert weswegen ja jeder von uns eine andere Welt Anschauung hat und die Welt anders war nimmt.

Wenn also all unser Informationen schon nicht Rational richtig von uns aufgenommen werden, kann dann überhaupt wer Rationale Entscheidungen treffen?

(Ich glaube ich schweife etwas ab ^^)

greetz
chris
 
Ich glaube ganz generell, dass wir uns selbst nicht wirklich verstehen und unsere Antriebe überhaupt niemals ganz erfassbar für uns sein werden, denn egal wo wir sind und was wir machen, wir gucken immer aus uns selbst heraus und wir sind auch nicht in der Lage uns selbst im "Dasein" zu orten.
Wir brauchen Massstäbe und feste Orte, damit wir uns überhaupt lokalisieren können, wie ein Punkt der ohne andere Bezugspunkte letztlich überall und nirgends ist.

Ich denke aber doch auch, dass wir in einem bestimmten Rahmen rationale Entscheidungen treffen können, was für unsere alltägliche Lebensgestaltung ja auch wichtig ist. Ich glaube nur nicht, dass uns Rationalität und Logik in allen Bereichen nützlich oder möglich ist. In der Geschichte kann man schön die Moden der "Geisteshaltungen" verfolgen. ZB hat sich irgendwann eingeschlichen, dass Vernunft näher bei Rationalität und Logik liegt, als beim Glauben oder dem emotionalen handeln.

Ich bin mir sehr sicher, dass sich diese mentale Sklaverei, die uns in ein rational-logisches Korsett zwingt dazu geführt hat, dass man sich überhaupt in so einem intensiven Dilemma befindet, was die "Kategorisierung" unserer Denkmuster angeht.
 
Die Frage ist nicht beantwortbar, da eine rationale Entscheidung im Auge des Betrachters liegt.
Wären wir in der Lage zu einem echten, reinen "rational", hätten wir wahrscheinlich nicht mal dieses Wort :)
 
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