Im Moment kann man keine Zeitung aufschlagen und keine Nachrichtensendung einschalten, ohne das man mit Meldungen über die Verbrechen des Nationalsozialistischen Untergrunds konfrontiert wird. Und diese Verbrechen sind spektakulär, so wird der rechtsradikalen Gruppe (von der niemand so recht weiß ob es jetzt ein Trio, ein Quartett oder gar eine ausgewachsene Untergrundarmee ist) vorgeworfen für Banküberfälle, Bombenanschläge und eine blutige Mordserie quer durch ganz Deutschland verantwortlich zu sein. Allein diese Verbrechen sind schockierend, doch es gibt eine Frage die diese Untaten beinahe in den Schatten stellt und eine ganze Nation erschüttert: Wie? Wie konnten drei, dem Verfassungsschutz wohl bekannte, junge Menschen einfach so untertauchen? Wie konnten sie mitten in DE jahrelang unerkannt im Untergrund leben? Wie konnten sie ihre Verbrechen begehen, ohne das dem Verfassungsschutz diese Bedrohung auffiel? In den Medien wird aufgrund dieser unbeantworteten Frage immer wieder die uralte Frage gestellt: Ist der Staat, bzw. einige seiner Organe, auf dem rechten Auge blind? Mit dieser Frage möchte ich mich in diesem Thread vor allem beschäftigen. Doch zuvor sollte ich feststellen das die Verbindungen zwischen Politik, Sicherheitsorganen und Terrorismus (leider) gar nichts so ungewöhnliches ist. Quer durch alle Zeiten, Regierungsformen und Staaten gibt dafür Beispiele. Während des Kalten Krieges bedienten sich nachweislich die Geheimdienste beider Seiten des Terrorismus. Der aus der europäischen Studentenbewegung entstandene Linksterrorismus erhielt z. B. Unterstützung durch Nachrichtendienste aus dem Ostblock - so gewährte die Stasi zeitweilig mehren gesuchten RAF Terroristen Zuflucht in der DDR und bot auch dem berüchtigten Carlos mehrmals Zuflucht an. Man kann sich an den Fingern abzählen das die Geheimdienste das nicht aus purer Nächstenliebe taten, sondern um die Terroristen für eigene Ziele zu instrumentalisieren.
Auch die Zusammenarbeit westlicher Geheimdienste mit Terroristen hat ihre Wurzeln im Kalten Krieg. Sobald der 2. Weltkrieg endlich beendet war und sich der Pulverdampf verzogen hatte, begann ein neuer, ein unsichtbarer Krieg - ein Krieg der Ideologien: Auf der einen Seite standen die USA als Anführer der westlichen, kapitalistischen Welt und auf der anderen Seite die UDSSR als Anführer des kommunistischen Ostblocks. Und seit den 50er Jahren prügelten sich die Amis und die Russen um die Herzen & Köpfe der Menschen in aller Welt. Jede Seite wollte ihre Überlegenheit beweisen, jede Seite wollte den Sieg und jede Seite stilisierte den Gegner zu einer finsteren Bedrohung. Vor diesem Hintergrund rechneten natürlich beide Seiten mit einer Invasion des Gegners und die USA entwickelten einen Plan wie man einer russischen Invasion West-Europas begegnen könnte: Man schuf ein geheimes Netzwerk loser miteinander verbundener Untergrundzellen, die im Falle einer Invasion mit Guerilla-Taktik den Kampf gegen die kommunistischen Besatzer aufnehmen sollten. Zu diesem Zweck rekrutierten der CIA und der MI6 stramme Anti-Kommunisten in ganz Europa, verpasste ihnen eine paramilitärische Ausbildung und versorgte sie mit Waffen, Ausrüstung und Geld. Diese geheime Armee wurde stay behind-Organisation genannt und zählte zu den best gehüteten (westlichen) Geheimnissen des Kalten Kriegs. Aufgedeckt wurde die Existenz dieser NATO Geheimarmee 1990 in Italien. In Italien operierte die stay behind unter dem Namen Gladio und beging im Rahmen der Strategie der Spannung zahlreiche Verbrechen unter "falscher Flagge". Sie begingen also z. B. Terroranschläge und versuchten diese dem politischen Gegner in die Schuhe zu schieben. Aufgedeckt wurde die Existenz Gladios durch den Richter Felice Casson, der zahlreiche Unstimmigkeiten in den Untersuchungsergebnissen eines Attentats fand, das eigentlich den Roten Brigaden zugeschrieben wurde. Cassons Ermittlungen führten schließlich zu dem rechtsradikalen Vinciguerra der ein umfassendes Geständnis ablegte:
Für Mutmassungen über eine "schützende Hand" für rechtsradikale Terroristen gibt es in der deutschen Geschichte übrigens zahlreiche Beispiele, das wohl bekannteste ist der Anschlag auf's Oktoberfest von 1980 - obwohl der Täter Gundolf Köhler Kontakte zur rechtsradikalen Wehrsportgruppe Hoffmann hatte, wurde er von den Behörden sofort als Einzeltäter bezeichnet. Doch es gab immer Zweifel an der Einzeltätertheorie, so fand sich gerade erst diese Meldung in der Süddeutschen:
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Gladio
Stay-behind-Organisation
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Auch die Zusammenarbeit westlicher Geheimdienste mit Terroristen hat ihre Wurzeln im Kalten Krieg. Sobald der 2. Weltkrieg endlich beendet war und sich der Pulverdampf verzogen hatte, begann ein neuer, ein unsichtbarer Krieg - ein Krieg der Ideologien: Auf der einen Seite standen die USA als Anführer der westlichen, kapitalistischen Welt und auf der anderen Seite die UDSSR als Anführer des kommunistischen Ostblocks. Und seit den 50er Jahren prügelten sich die Amis und die Russen um die Herzen & Köpfe der Menschen in aller Welt. Jede Seite wollte ihre Überlegenheit beweisen, jede Seite wollte den Sieg und jede Seite stilisierte den Gegner zu einer finsteren Bedrohung. Vor diesem Hintergrund rechneten natürlich beide Seiten mit einer Invasion des Gegners und die USA entwickelten einen Plan wie man einer russischen Invasion West-Europas begegnen könnte: Man schuf ein geheimes Netzwerk loser miteinander verbundener Untergrundzellen, die im Falle einer Invasion mit Guerilla-Taktik den Kampf gegen die kommunistischen Besatzer aufnehmen sollten. Zu diesem Zweck rekrutierten der CIA und der MI6 stramme Anti-Kommunisten in ganz Europa, verpasste ihnen eine paramilitärische Ausbildung und versorgte sie mit Waffen, Ausrüstung und Geld. Diese geheime Armee wurde stay behind-Organisation genannt und zählte zu den best gehüteten (westlichen) Geheimnissen des Kalten Kriegs. Aufgedeckt wurde die Existenz dieser NATO Geheimarmee 1990 in Italien. In Italien operierte die stay behind unter dem Namen Gladio und beging im Rahmen der Strategie der Spannung zahlreiche Verbrechen unter "falscher Flagge". Sie begingen also z. B. Terroranschläge und versuchten diese dem politischen Gegner in die Schuhe zu schieben. Aufgedeckt wurde die Existenz Gladios durch den Richter Felice Casson, der zahlreiche Unstimmigkeiten in den Untersuchungsergebnissen eines Attentats fand, das eigentlich den Roten Brigaden zugeschrieben wurde. Cassons Ermittlungen führten schließlich zu dem rechtsradikalen Vinciguerra der ein umfassendes Geständnis ablegte:
Es wurde aber auch aufgedeckt das Gladio nicht nur in Italien, sondern in ganz Westeuropa aktiv war, der Schweizer Historiker Daniele Ganser untersuchte als erster diese Verbindungen wissenschaftlich und schrieb dazu:Er fand heraus, dass Mitarbeiter des SISMI beziehungsweise von dessen Vorgänger SID Neofaschisten und Teile des Gladio-Netzwerks von den 1960ern bis in die 1980er Jahre zahlreiche politisch motivierte Terroranschläge und Morde in Italien begangen hatten. Dabei hatte ein informelles Netzwerk von Personen in staatlichen Stellen durch Verbreitung von Falschinformationen und Fälschung von Beweisen dafür gesorgt, dass die Verbrechen linksextremen Terroristen zugeordnet wurden, vor allem den Roten Brigaden.
Auch in Westdeutschland war die stay behind aktiv und wie in Italien rekrutierte sie hier hauptsächlich ehemalige Faschisten. Warum war das so? Die Antwort liegt auf der Hand: Die "Roten" waren seit jeher der Erz-Feind der Nazis und in beiden Ländern gab es nach dem Krieg zahlreiche ehemals aktive Faschisten, die unbehelligt in der Bevölkerung lebten, über militärische Erfahrung verfügten und zudem fanatische Kommunistenhasser waren. In Deutschland konnten die Geheimdienste z. B. auf ein ganzes Heer ehemaliger SS und SA Angehöriger zugreifen, deren Hass auf die Kommunisten über jeden Zweifel erhaben war. Dazu kam das auch die neuen deutschen Nachrichtendienste, wie z. B. der aus der Organisation Gehlen hervorgegangene BND und der Verfassungsschutz viele Ex-Nazis beschäftigte, so war Reinhard Gehlen, bevor er für die Amerikaner arbeitete, Leiter der Fremde Heere Ost - Hitlers militärischem Nachrichtendienst. Das Gehlen, mit dem Wissen der Amerikaner, zahlreiche ehemalige SS und Gestapo Offiziere rekrutierte ist wohl bekannt. Und als dann die stay behind ins Leben gerufen wurde, kannten diese Leute natürlich wieder Leute die gut zu der Aufgabe passten. Man kann also durchaus sagen das die deutschen Nachrichtendienste (bzw. alle westlichen Nachrichtendienste) geradezu traditionell gute Verbindungen in die rechtsradikale Szene haben. Während des Kalten Kriegs finanzierten CIA und MI6 rechtsradikale Gruppen, nach dem Ende des Kalten Kriegs führte z. B. der Verfassungsschutz zahlreiche V-Männer in der Szene, die für die Tätigkeit gut bezahlt wurden und scheinbar absolut nutzlos waren - stümperhafte Fehler oder schlicht die konsequente Fortführung der Finanzierung? Das NPD Verbot scheiterte weil das Gericht über das Ausmaß der Unterwanderung der Partei durch V-Männer schockiert war. Peinlicher Fehler oder schützende Hand?Die Stay-behind-Armeen waren dem Volk, dem Parlament und den meisten Regierungsmitgliedern unbekannt und bildeten in ganz Westeuropa ein unsichtbares, koordiniertes, geheimes Sicherheitsnetz. In einigen Ländern, aber nicht in allen, mutierten die Sicherheitsnetze jedoch auch zu Terrorzellen.
Für Mutmassungen über eine "schützende Hand" für rechtsradikale Terroristen gibt es in der deutschen Geschichte übrigens zahlreiche Beispiele, das wohl bekannteste ist der Anschlag auf's Oktoberfest von 1980 - obwohl der Täter Gundolf Köhler Kontakte zur rechtsradikalen Wehrsportgruppe Hoffmann hatte, wurde er von den Behörden sofort als Einzeltäter bezeichnet. Doch es gab immer Zweifel an der Einzeltätertheorie, so fand sich gerade erst diese Meldung in der Süddeutschen:
Wer muss dabei nicht sofort an Gladio, bzw. die stay behind, und die Strategie der Spannung denken? Köhler hatte Kontakte zur Wehrsportgruppe Hoffmann, der man wiederum Kontakte zur stay behind nachsagte. Ganz in der Tradition der SA hat die Wehrsportgruppe Hoffmann übrigens auch den Saalschutz für NPD und DVU übernommen. In Dortmund hat der Rechtsradikale Michael Berger im Jahr 2000 drei Polizisten ermordet und obwohl er Mitglied der DVU war, war für die Behörden sofort klar das es sich um einen psychisch kranken Einzeltäter handelte. Auch das Trio-Infernale des Nationalsozialistischen Untergrunds hat eine Polizistin getötet und die waren keine Einzeltäter. Hier stellt sich die Frage: Ist der Verfassungsschutz einfach unfähig, oder sind die Beziehungen zwischen dem Nachrichtendienst und der rechts-nationalistischen Szene einfach zu alt und zu gut? Ist die Behörde auf dem rechten Auge blind? Oder ist das ganze einfach nur ein FNORD, bzw. mediale Panikmache oder linke Verschwörungstheorie? Was denkt ihr?Nach Auswertung von 46.000 Blatt bislang unter Verschluss gehaltener Akten berichtet der Spiegel, dass Köhler vor allem in seinem Studienort Tübingen in einem Milieu militanter Neonazis verwurzelt war, die ihrerseits teils intensive Kontakte zu CSU-Funktionären pflegten.
Die Akten belegen zudem ein Motiv des Täters: Er wollte offenbar dem damaligen Kanzlerkandidaten Franz Josef Strauß kurz vor der Bundestagswahl zur Macht verhelfen. Köhler habe sich dem Bericht zufolge vor dem Anschlag über die bevorstehende Bundestagswahl geäußert: Man könne doch einen Bombenanschlag in Bonn, Hamburg oder München verüben. Nach dem Anschlag "könnte man es den Linken in die Schuhe schieben, dann wird der Strauß gewählt".
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