Geld regiert die Welt - wie krank sind wir eigentlich?

Hallo,

was hier vielleicht auch zu interessanten Diskussionen führen könnte, ist etwas, was mich öfters in den Nachrichten einfach nur sprachlos werden lässt: Irgendeine Ratingagentur stuft irgendein mehr oder weniger wichtiges Land herunter und schon geht die komplette Welt den Bach runter.
Es ist doch eigentlich einfach nur zum Lachen, dass "Finanzexperten" die USA von AAA auf AA+ - also um eine lächerliche Stufe - herunterstufen und schon sinken sämtliche wichtigen Aktienkurse um 25%! Leute, was soll das? Ich gründe hiermit eine Ratingagentur und Stufe die USA auf CCC. Geht jetzt die ganze Welt kaputt? Wie machtlos sind Politiker, dass sie ihr Verhalten von Ratingagenturen abhängig machen? Wer regiert denn die Welt? Nicht wir, sondern genau diese Leute. Die sorgen doch dafür, dass jetzt die Währungen weniger wert sind, die Wirtschaft den Bach runter geht, etc. Das ist doch Terrorismus! Und wer profitiert davon? Diejenigen Länder, die sich nicht für soetwas interessieren und unabhängig vom "Westen" sind. Oder habt ihr davon gehört, dass China oder Indien unter den aktuellen Umständen leiden? Die lachen sich ins Fäustchen und werden uns alle in den nächsten 100 Jahren sowas von überholen. Dann sind nicht mehr die die "Entwicklungsländer" sondern wir. Oder es knallt vorher mal wieder ordentlich, dann ist hier aber eh nichts mehr los ... Wenn Länder wie China und Indien mal Blut geleckt haben, trau ich denen alles zu.

Das musste jetzt mal raus, freu mich schon auf eure Meinungen :-D
 
Hey mymic!

Interessantes Themengebiet, jedoch sollte man sich zuerst fragen: Was machen Ratingagenturen? Sie stufen Unternehmen und Staaten danach ein, ob man das Geld wieder sieht, oder nicht. Prinzipiell wichtig, da man als Anleger wissen will, wie die Chancen darauf stehen, ob ich mein Geld wieder bekommen. Das Problem daran: Es gibt kein richtiges Konzept, wann oder warum man ein Unternehmen/Staat herunterstuft - es ist eher eine subjektive Analyse der Lage.

Was merkt man daran? Wenn ein Unternehmen/Staat kein Geld braucht, ist es so ziemlich völlig egal, wie dieses eingestuft wird (Wirtschaftler werde mir hier wahrscheinlich widersprechen) - witzigerweise werden diese wahrscheinlich hoch eingestuft, eben weil sie Geld haben! Worin liegt also die Crux, wenn wir auf Ratingagenturen schimpfen? Zum einen, dass sie hauptsächlich in den USA angesiedelt sind - dies könnte man einfach umgehen, indem man eine europäische Agentur gründen würde (hier wäre aber die weitere Frage, ob sie überhaupt jemand deren Ratings anschaut). Zum anderen, dass wir Europäer kein Geld mehr bekommen, bzw. in diesem Fall Griechenland, Spanien, Portugal, Italien, etc. - wir sollten hier aber ganz Europa nehmen, da wir alle unser Geld und das unserer Kinder und wieder deren Kinder in diesen Schlund reinwerfen.

Wie man sieht, entscheiden Ratingagenturen nicht, ob ein Land "den Bach runter geht", sondern wann. Den bösen Buben bei den Agenturen zu suchen ist, finde ich, nicht die Lösung des Problems, sondern eher eine gewollte und gekonnte Ablenkung davon, dass wir schlicht und ergreifend einen großen Mist gebaut haben. Anscheinend hat es keine der so vielen europäischen Organe vor ein paar Jahren für wichtig empfunden zu sagen: "Hey, Griechenland, Spanien, Portugal, etc. rutschen ganz schön mächtig ab, wir müssen was tun, bevor es zu spät ist!"

Aber genau das ist es nun: zu spät. Die Agenturen haben nur angezählt, ausgeknockt haben wir uns selber...


Nun noch ein kleiner Absatz zu China und Indien: Zum einen haben sie uns wirtschaftlich schon längst überholt, zum anderen: Hey wen störts? Ob jetzt die USA oder China unsere Dienstleistungen kaufen - mir ist das prinzipiell egal.

Noch zu USA-China: Der größte Witz das Jahrhunderts ist wohl, dass China die USA ohne einen Schuss von der Weltmacht zu einem NoName-Country mache kann - China würde zwar ein paar Milliarden Verlust machen...aber sie haben ja genug :)

Grüße

PS: Die Politiker/Länder sind machtlos, weil sie kein Geld haben. Die Blase wächst und wächst - jetzt sticht halt nur jemand zu...
 
China würde zwar ein paar Milliarden Verlust machen...aber sie haben ja genug :)

Da irrst du.

Chinas Schuldenberg
Trügerische Stabilität Chinas (Wirtschaft, Aktuell, NZZ Online)

Nun noch ein kleiner Absatz zu China und Indien: Zum einen haben sie uns wirtschaftlich schon längst überholt, zum anderen: Hey wen störts? Ob jetzt die USA oder China unsere Dienstleistungen kaufen - mir ist das prinzipiell egal.

Mag sein dass sie uns im Wirtschaftswachstum gerade um Längen schlagen,
doch politisch sind beide Länder ein Pulverfass.
Auch wenn Indien und Pakistan gerade Friedensgespräche führen, ändert dies nichts
an den innerpolitischen und sozialen Problemen mit denen China und Indien zu
kämpfen haben. Diese werden weiter wachsen je grösser die Kluft zwischen
reichen und armen Regionen wird.
Die nächste Frage wäre dann in wie weit werden sie ihre Märkte wirklich öffnen
für deutsche Produkte. Momentan importieren sie hauptsächlich Dinge welche sie
nicht in dieser Qualität herstellen können. Jedoch eben auch die Technologie und Wissen um
diese Standards zu erreichen wird importiert oder durch Firmenkäufe und -beteiligungen
im Westen erworben.
Was ist wenn, die bis 2050 grösste Volkswirtschaft, China nicht mehr in Deutschland
kaufen muss, sondern selber produzieren und entwickeln kann.
Wir kochen auch nur mit Wasser.
Momentan sieht der Westen 3 Milliarden potentielle Kunden und scheint zu vergessen,
dass es sich hierbei auch um Produzenten und Konkurrenten handelt, die bis
Dato noch nicht mal den Wechselkurs ihrer Währung dem Weltmarkt geöffnet haben.

Die Industrienationen haben seit Jahren die Märkte mit billigem Geld gepusht.
So ist diese Immobilienblase entstanden und so wächst momentan die Blase
auf den Rohstoff-, Aktienmärkten und so sind die Schuldenberge der Staaten und Verbraucher
entstanden, weil Geld da war welches nicht in reele Werte investiert werden konnte und
deshalb in spekulative investiert wurde und wird. Den die Reaktion der Politik
ist nicht diese Spekulationen zu unterbinden, sondern noch mehr billiges Geld
auf den Markt zu werfen.
Dieser Kapitalismus ist am Ende und es ist mehr wie fraglich ob etwas besseres nachkommt.

Geld arbeitet nicht, für jeden Cent muss irgendjemand auf dieser Welt etwas
produzieren und für jeden Cent Zinsen oder "Spekulationsgewinne" muss er mehr
arbeiten wie er an Gegenleistung erhält.

Gruss
 
Muss end4win im Punkt China zustimmen. Die Chinesen sind gerade massiv dabei, sich in westliche Firmen einzukaufen. Auf Dauer wollen sie nicht das importierende Konsumland sein, sondern eine echte Konkurrenz zum Westen, mit high-end Innovationen aus dem eigenen Land, werden. Und sobald die das Wissen und Fähigkeiten haben, werden sie durchaus eine echte Alternative werden. Alleine schon deswegen, weil ihnen Menschenrechte und Arbeitnehmerschutz fremd sind. Chinas Ziel ist definitiv, dass "Made in China" nicht für billigen Ramsch, sondern für Qualität steht. Von daher, um auf das Statement von Scutus zurückzukommen, ist es nicht egal, ob USA oder China das Geld nach Deutschland pumpt.

Geld arbeitet nicht, ...

Da kann ich dir nur teilweise rechtgeben. Ich würde es eher so formulieren: Geld lässt arbeiten. Gerade das ist es ja, was (teilweise) an der Börse passiert. Natürlich, hat man BMW Aktien, so muss der Konzern - also letztenendes der Arbeiter - eine gewisse Anzahl Autos herstellen (vvermarkten, verkaufen, ...), um den Wert der Aktie zu halten, es gibt allerdings auch produktions- und damit auch arbeitsunabhängige(re) Investitionsmöglichkeiten, z.B. Rohstoffe. Große Nachfrage bedeutet größere Wertsteigerung. Wenn ich allerdings in meinem Keller eine Möglichkeit zur Massenproduktion von Gold entdecke, ist mit einem mal ziemlich viel Geld futsch. Außerdem ist Geld ja auch relativ, siehe Inflation. Naja, auf jeden Fall muss derjenige, der an der Börse Geld anlegt, für den Gewinn nichts tun außer "abwarten".

Und vll noch was zu den Ratingagenturen: Wenn Unternehmen und Staaten sie für ihre Ratings bezahlen, kann das doch nicht völlig unabhängig sein. Auch wenn die Fehler von Staaten vor dem Herunterraten passieren, kann es doch nicht sein, dass eine Agentur wie S&P der Amerikanischen Politik droht: "Wenn ihr nicht bis da und da eine Lösung gefunden habt, stufen wir euch herab und eure Börse bricht ein." Das ist doch das Verrückte in dieser Welt ...
 
"Es ist doch eigentlich einfach nur zum Lachen, dass "Finanzexperten" die USA von AAA auf AA+ - also um eine lächerliche Stufe - herunterstufen und schon sinken sämtliche wichtigen Aktienkurse um 25%"
Die Abstufung war sicherlich nicht der Grund für die Talfahrt und ganz so simpel funktioniert die Finanzwelt nunmal auch nicht.

Außerdem durch das absinken wird auch kein Geld vernichtet oder Werte gehen verloren, wie es oftmals fläschlich von den Medien berichtet wird.

Eine Aktie ist ein Stück Papier, das mich als Anteilseigner eines Unternehmens ausweist. Nur weil mir heute jemand für dieses Stück Papier weniger Geld zahlen will, heißt dies nicht, dass ich dadurch automatisch gigantische Summen an Geld verloren habe.
Entscheidend ist, welche Preis ich beim Verkauf erziele. Alles daszwischen ist egal.

Ist ähnlich wie wenn ich ein Auto verkaufe: Nur weil mir heute jemand 1500 Euro statt 2000 Euro angeboten hat, habe ich nicht 500 Euro an dem Tag verloren. Wie gesagt, alles was entscheidet ist das Verkaufsdatum.
 
"Es ist doch eigentlich einfach nur zum Lachen, dass "Finanzexperten" die USA von AAA auf AA+ - also um eine lächerliche Stufe - herunterstufen und schon sinken sämtliche wichtigen Aktienkurse um 25%"

Die Herabstufung hat nunmal einen Einfluss auf den Wert des Dollars und der ist die Leitwährung im Welthandel. Wird also das Land, das die Leitwährung stellt, in seiner Kreditwürdigkeit herabgestuft, sinkt der Wert des Dollars und damit auch der Wert der Aktien, die mit dem Dollar gehandelt werden.

Lächerlich finde ich lediglich, dass die USA bei der Verschuldung, die das Land hat, nur um eine Stufe herabgestuft wurde. Die Wirtschaft der USA kann ja nicht einmal mehr die Zinsen aufbringen, geschweige denn die Schulden wieder abbauen, vor allem da sie derzeit ja mehr und mehr zurückgeht.
 
Eine Aktie ist ein Stück Papier, das mich als Anteilseigner eines Unternehmens ausweist. Nur weil mir heute jemand für dieses Stück Papier weniger Geld zahlen will, heißt dies nicht, dass ich dadurch automatisch gigantische Summen an Geld verloren habe.
Entscheidend ist, welche Preis ich beim Verkauf erziele. Alles daszwischen ist egal.

Ist ähnlich wie wenn ich ein Auto verkaufe: Nur weil mir heute jemand 1500 Euro statt 2000 Euro angeboten hat, habe ich nicht 500 Euro an dem Tag verloren. Wie gesagt, alles was entscheidet ist das Verkaufsdatum.

Schönes Beispiel, allerdings zu stark vereinfacht.
Als erstes stellt sich die Frage, wie ist der tatsächliche Zeitwert deines Fahrzeuges
und vorallem wie wird er sich in der Wartezeit entwickeln?
Die Faktoren sind hier zum einen an erster Stelle der reine Materialwert (Schrottwert),
er liegt weit unter diesen 1500€.
Danach kämen die verbauten Extras, für die du eventuell noch einen Abnehmer findest,
hier befinden wir uns aber schon im spekulativen Bereich.
Jetzt wird es erst richtig spekulativ, die Beliebtheit des Modells auf dem Markt ist
wiederrum von vielen Faktoren abhängig (Design, Antriebstechnik.....).
Gerade die Antriebstechnik kann den Wert deines Autos relativ schnell gegen
den Schrottwert laufen lassen. So z.B. sind die Zeitwerte für Dieselfahrzeuge immer
wieder durch Gesetzesvorgaben deutlich nach unten gedrückt worden und nicht immer
lohnte die Investition das Fahrzeug auf den geforderten technischen Stand zu bringen.
Hier kommen wir dann auch gleich in den Bereich des weiteren Betriebes und der
hierfür nötigen Kosten, wie lange kannst du dein Fahrzeug noch wirtschaftlich
betreiben,
also wann kommt die nächste Reparatur, die nicht mehr durch den Nutzen gedeckt ist?
Wie hoch sind überhaupt die laufenden Betriebskosten im Vergleich zu Alternativen?

Natürlich kannst du das Fahrzeug in die Garage stellen und darauf hoffen, dass es
als Oldtimer einmal einen hohen Preis erzielt, die Frage ist allerdings kannst du
so lange warten und kannst du dir es leisten, dass du vielleicht niemals einen
Käufer dafür findest.

Es sind auf dem Aktienmarkt sehr viele Unternehmen unterwegs die im Verhältnis
zu ihrem Börsenwert praktisch keine Kapitaldeckung haben und wo Gewinnerwartungen
sehr stark von einer Entwicklung in eine bestimmte Richtung abhängig ist.
Schau dir z.B. den bevorstehenden Börsengang und die Bewertung von Facebook an
und welche reelen Werte dahinterstehen.
Mich erinnert dies durchaus an den "Neuen Markt" und mir fallen einige Szenarien
ein die Facebook über "Nacht" zur Fehlinvestition machen könnten.

Sicher ist Panik ein schlechter Berater, aber wer sein Geld braucht sollte sich
die Papiere genau anschauen, die er hält und sich vielleicht doch über Alternativen
zur Börse gedanken machen.

Gruss
 
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