Wer sich der Immigration in die digitale Welt verweigert, dürfte in diesen Tagen angewidert die Debatte über
Facebook-Partys verfolgen. Exzesse, Randale, saufende und prügelnde Jugendliche - das ist der Stoff, aus dem Politiker und Medien an nachrichtenarmen Sonntagen Themen saugen. Man konnte Wetten darauf abschließen, wann die Überschrift zu lesen sein würde: "Innenminister fordern Verbot von Facebook-Partys". An diesem Sonntag war es soweit:
hier.
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Ziel ist vielmehr eine Verknappung der Debatte, die allerlei störende Gedanken ausblendet. Zum Beispiel jenen, dass das alles womöglich kein Facebook-Phänomen ist.
Dass sich Menschen unter 30 gelegentlich ein Recht auf Rausch ertrotzen und sich dabei von keinem über 30 etwas sagen lassen wollen, haben die Beastie Boys vor Jahrzehnten in einer Hymne verewigt: "Fight for your right to party".
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Was vor ebenfalls Jahrzehnten illegale Tunnel-Partys in der Münchner Schotterebene waren oder illegale Hinterhof-Discos in Berlin, heißt bei Jugendkulturkritikern heute illegaler Flashmob oder illegale Facebook-Party und muss von eben jenen Kritikern oft erst mal gegoogelt werden, bevor sie die Begriffe verstehen.
Hier und
hier.
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Ob sich nun die angeblich saufenden Horden per Telefon, Twitter, Facebook oder Schulhoftratsch zum Massenumtrunk verabreden, ist vor allem eine organisatorische Frage.
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Wer heute die ganze Macht der ja längst existierenden Gesetze gegen Feiernde, Pöbler, Wasauchimmer einsetzen will, hat es dank des Flashmob-Warnsystems namens Social Media so leicht wie nie.
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Restlos absurd wird es, wenn wie
neulich mehrfach geschehen On- und Offline-Medien solange vorab über einen drohenden Facebook-Partyexzess berichten, bis der Hype und folglich die Katastrophe unweigerlich eintritt; wenn sich ein
Düsseldorfer beklagen muss, dass Behörden gegen ein friedliches "Grill and Chill" am Rheinufer vorgehen; wenn sich in
Wuppertal Hooligans unter Feiernde mischen und am Ende Facebook mitschuldig sein soll; wenn in der gleichen Stadt nach einem ersten Verbot plötzlich bloß acht Feierwillige hundert Polizisten gegenüberstehen.