Abgeordnete, die nicht wissen worüber sie abstimmen, sind ja nun nichts neues. Die gibt es schon seit Jahrzehnten. Ein populäres Beispiel dafür war die Abstimmung zum Vertrag von Lissabon. Da hatte auch ein TV-Sender vor der Abstimmung eine Befragung diverser Politiker gemacht und festgestellt, dass die zumeist nicht wussten, was überhaupt Inhalt dieses Vertrags war. Auch das sehe ich zum Teil als Faulheit und nicht unbedingt als Unwissenheit. Es gehört zum Job eines Politikers, dass er sich vor einer Abstimmung zur Thematik informiert. Dafür stehen Abgeordneten sogar extra Dienststellen zur Verfügung, bei denen sie Informationen einholen können. Politiker, die dieser "Pflicht zur Informationsbeschaffung" nicht nachkommen, sind kein Stück besser als die Koch-Mehrin. Leider ist das ein Grossteil der Bundestagsabgeordneten.
Andererseits ist die heutige Zeit so schnelllebig, dass Politiker in ziemlich kurzen Zeitspannen mit sehr vielen komplexen Thematiken zu tun bekommen. Es ist für sie also kaum noch überblickbar, was in der Politik abgeht. Das ist ein allgemeines Problem der heutigen Zeit und daher nur teilweise den Politikern anzulasten. Allerdings könnten sie auch die Reissleine ziehen und auch mal klar sagen: Uns bleibt zu wenig Zeit uns in Thematik XY einzuarbeiten und daher muss die zugehörige Abstimmung verschoben werden. Dass sie dies nicht tun, zeigt wie wenig Arsch sie in der Hose haben.
Oder kurz gesagt: Wir werden von Flaschen regiert, die zum Teil auch noch Faulheit an den Tag legen.
Und da helfen auch die Piraten nichts. Die werden in diesen Strudel jetzt genauso reingerissen und werden daher ziemlich bald auf den Boden der Tatsachen zurückkehren. Auch sie werden feststellen, dass es nicht möglich ist die heutige Politik noch zu überblicken. Und es ist noch weniger möglich, wenn nicht Fachleute zu bestimmten Themengebieten die entsprechenden Stellen in der Regierung besetzen. Eine Person ohne Fachkenntnisse in Soziologie und Pädagogik ist als Familienminister genauso unbrauchbar wie eine IT-Fachkraft in einer Landesregierung. Die meisten Piraten könnten gut Stellen von Datenschutzbeauftragten oder auch im BMI besetzen, sind aber imo in einer Landesregierung grossteils fehl am Platz. Ob sie da nun mit ihrer Unwissenheit "glänzen" bzw. dazu stehen oder nicht, macht keinen Unterschied in der Qualität des Regierens. Es macht lediglich einen Unterschied in der Qualität der Kommunikation. Die Regierungstätigkeit wird dadurch nicht besser und daher hilft es recht wenig. Aber das ist ein anderes Thema.