[TdW 148] Kommt jetzt der Grexit?

Diese Woche beschäftigt sich das TdW wieder einmal mit dem Dauerthema Griechenland. Trotz diverser "Hilfspakete" und einem von der Troika aus Europäischer Kommission, EZB & IWF verordneten strikten Spar- & Reformpolitik, liegt der Patient griechischer Staatshaushalt auf der Intensivstation. Manche behaupten sogar das die sozusagen zwangsverodnete Spar- & Reformpolitik ursächlich dafür ist, das der Patient einfach nicht genesen will. In jedem Fall gibt die Troika seit gut sechs Jahren den Ton im Projekt "Griechenlandrettung" an - bislang ohne messbaren Erfolg. Messbar sind hingegen die zum Teil katastrophalen Folgen der Sparpolitik für das griechische Volk: Studien belegen das die Zahl von untergewichtigen Säuglingen um 19% gestiegen ist - die Säuglingssterblichkeit sogar um 43%! Im ganzen Gesundheitswesen sind die Folgen spürbar, medizinische Versorgung ist zu einem Luxusgut geworden von dem sich viele nur das notwendigste (wie Diabetiker die zwischen dem Kauf von Nahrung oder Insulin wählen müssen) und manche gar nichts leisten können. Vor diesem Hintergrund wundert es nicht, dass die regierende Syriza-Partei die letzten Wahlen auch mit dem Versprechen, die verhasste Troika aus dem Land zu jagen, gewinnen konnte. Allerdings ist auch dieser Erfolg überschaubar, den im Grunde konnte Tsipras nur erreichen das die Troika ab jetzt offiziell nur noch Institutionen genannt werden darf...:rolleyes:
In jedem Fall hat sich das Ringen um die richtige Strategie der "Griechenlandrettung" in ein regelrechtes Tauziehen gegensätzlicher (Wirtschafts)Ideologien verwandelt. Auf der einen Seite die Verfechter der auch als Austeritätspolitik bezeichneten Spar- & Reformpolitik, als deren Architekt Wolfgang Schäuble (CDU) gilt und auf der anderen Seite diejenigen, die glauben nur mit Einsparungen und ohne Investitionen (auch mit neuen Schulden) wird sich die griechische Wirtschaft nicht erholen. Zur Galionsfigur dieser Seite wurde der Wirtschaftswissenschaftler und derzeitige griechische Finanzminister Yanis Varoufakis hochstilisiert. Tatsächlich haben sich die beiden so gegensätzlich positionierten Finanzminister derart undiplomatisch und öffentlich beharkt, dass mittlerweile beide von ihren Regierungschefs entmachtet wurden. Bereits im April hat Regierungschef Tsipras seinem Finanzminister sozusagen unter Aufsicht gestellt und hat ihm einen Aufpasser für die Verhandlungen zur Seite gestellt. Ein ähnliches Schicksal scheint mittlerweile auch Wolfgang Schäuble ereilt zu haben, schon länger gibt es Gerüchte von einer "Kluft" zwischen Kanzlerin Merkel und ihrem Finanzminister. Die Kanzlerin soll Schäuble die Verhandlungen aus der Hand genommen haben - von einem Treffen im Kanzleramt zwischen Merkel, Hollande und Tsipras zur Griechenlandpolitik hat Schäuble angeblich nur aus der Zeitung erfahren. Der SPD Fraktionsvize Schneider kommentierte das mit den Worten: "Er darf Interviews geben, aber nicht mehr verhandeln.".
Aber auch die Regierungschefs selbst konnten bislang keine Einigung finden. Momentan scheint sich die Lage festgefahren zu haben und es gibt ein endloses Wechselspiel von Angeboten, Verhandlungen und Gegenangeboten. Und jedesmal wenn ein Erfolg verkündet wird, dementiert irgendjemand und das ganze geht von vorne los...:rolleyes:
Sicher ist nur: Alle an den Verhandlungen beteiligten wollen Griechenland im Euro halten - auch Tsipras, Varoufakis & Co. Auch das griechische Volk ist mit überwältigender Mehrheit für einen Verbleib im Euro (mehr als drei Viertel votierten in aktuellen Umfragen dafür). Die Umfragen zeigen auch das die Griechen zu diesem Zweck mittlerweile dazu bereit sind auf Angebote der Geber einzugehen (rund 50% sind dafür), nur 37,4% sind dafür hart zu bleiben und Grexit & Staatspleite zu riskieren. Und obwohl Tsipras sich in seiner Heimat weiterhin einer hohen Beliebtheit erfreut, sind nur noch 45% zufrieden mit der Art wie sich Griechenland in den Verhandlungen präsentiert.
Auch außerhalb Griechenlands scheinen die Menschen zunehmend genervt von den endlosen und fruchtlosen Verhandlungsrunden und immer neuen roten Linien und letzten Angeboten zu sein - in Deutschland sind mittlerweile rund 70% der Befragten dagegen weitere Zugeständnisse zu machen.
Vor diesem Hintergrund stellt das TdW - zwei Wochen vor Tag X, an dem Griechenland die endgültige Staatspleite drohen soll (diesmal aber angeblich ganz wirklich :rolleyes:) - die Frage: Kommt jetzt doch noch der Grexit? Falls ja: Welche Folgen hätte das? Falls nein: Wie geht es dann weiter?
Quellen & mehr zum Thema:
https://de.wikipedia.org/wiki/Troika_(EU-Politik)
https://de.wikipedia.org/wiki/Grexit
https://de.wikipedia.org/wiki/Synaspismos_Rizospastikis_Aristeras
http://www.spiegel.de/wirtschaft/so...en-fuer-gesundheit-der-griechen-a-954879.html
http://www.faz.net/aktuell/wirtscha...oika-heisst-jetzt-institutionen-13427535.html
http://www.spiegel.de/wirtschaft/so...ands-finanzminister-entmachtet-a-1030870.html
http://www.spiegel.de/politik/deuts...-zwischen-merkel-und-schaeuble-a-1038048.html
http://www.faz.net/aktuell/wirtscha...konfrontationskurs-langsam-leid-13643366.html
 
Ich mag nicht beantworten, ob und wann der "Grexit" kommt aber sehen wir es doch mal so, aktuell bezahlt Griechenland seine Zinsen mit irgendwelchen Geldern.
Wenn nun ein Austritt (und damit geht für mich auch der Staatsbankrott einher) kommen sollte würden die Griechen eigentlich gewinnen. Verlieren würden die, die aktuell sich mit Zinsen bezahlen lassen und zufällig auch die, die über die Lebenserhaltenden Maßnahmen entscheiden und damit in meinen Augen auch die Entscheidung des Exit mehr oder weniger direkt beeinflussen.

Kurzgefasst denke ich, dass uns das Thema noch etwas begleitet ;)
 
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