[TdW 34] Senioren-TÜV: Lebensrettende Maßnahme oder herzlose Diskriminierung?

Diesmal beschäftigt sich das Thema der Woche mit der Frage, ob eine regelmäßige Überprüfung der Fahrtüchtigkeit von Senioren eine sinnvolle Maßnahme oder schlichtweg Diskriminierung ist. Vorgeschlagen wurde das Thema von Sven, der dazu auch diesen Kommentar einreichte:
Hat man in Deutschland einmal den Führerschein erhalten, behält man diesen bis man den Löffel abgibt. Zahlen des Statistischen Bundesamtes belegen eine signifikant erhöhte Unfallgefährdung durch ältere, und zumeist Gesundheitlich angeschlagene Mitmenschen.
Ist es diskriminierend, eine jährliche Gesundheitliche Untersuchung durch einen Arzt ab einem gewissen Lebensjahr zu fordern (z. B. 65)?
Zum Vergleich, als Inhaber einer Privatpilotenlizenz muss man regelmäßig seinen Gesundheitszustand nachweisen, um diese nicht zu verlieren, was spricht gegen die Einführung einer solchen Pflicht für den Führerschein auf Deutschen Straßen?
Daher also die Frage: Ist ein regelmäßiger Fahrtüchtigkeitscheck für Senioren eine sinnvolle Maßnahme oder schlicht Diskriminierung?

Mehr zum Thema:
Senioren-TÜV: Gesundheitscheck für Senioren könnte Unfälle verhindern - SPIEGEL ONLINE
 
Guten Morgen

also ich habe zwar keinen Führerschein, aber wenn ich manchmal sehe wie ältere menschen in ein Auto einsteigen kann einem schon anders werden. Ich habe erst vor ein paar tagen eine ältere Frau gesehen, sie hatte in beiden Händen Gehhilfen und sie hatte die beine nicht verletzt und stieg in ihr Auto und kam anschließend kaum aus der Parklücke. anderes Beispiel: Eine ehemalige Nachbarin von meiner Oma leider schon verstorben ist extra immer auf einer schmalen Straße min. 500m weiter gefahren um zu wenden obwohl man auch so hätte wenden können. Ich kann mir zwar vorstellen das für viele ältere menschen der Führerschein eine gewisse Freiheit bedeutet aber dabei sollte man auch an die Sicherheit seiner Mitmenschen denken wie das Beispiel aus Wuppertal zeigt.

mfg czibi
 
Die Alten im Strassenverkehr ... ja - ein schwieriges Thema.

Man sollte natürlich nicht zu schnell urteilen, weil man ja selbst auch älter wird.
Das Prinzip, was mir aber am besten gefällt ist folgendes:

Alle 2 Jahre eine theoretische Prüfung für JEDEN und alle 10 Jahre eine erneute praktische Prüfung für JEDEN. Ab Alter X (z. B. 65) sollte man dann ggf. alle 2 Jahre praktisch testen, ob es noch läuft, wie es laufen sollte.

Ich sehe leider zu häufig nicht nur alte Menschen, die ihres Autos nicht mächtig sind, sondern auch die typischen Hausfrauen, die nur einmal im Monat ein Fahrzeug bewegen oder auch Leute, die einfach nur pauschal Scheiße fahren (z. B. in jeder Alterklasse beliebt: scharf bremsen, Spur wechseln, dann blinken).

Man sollte den Menschen auch immer bewusst machen, dass nicht nur zu schnelles, sondern auch unnatürliches langsam fahren eine Gefahr darstellt und zumindest die Grundregeln für Kreisverkehre, Autobahnauffahrten, Abbiegevorgänge, Parkregeln usw. regelmäßig wiederholen.

Beste Grüße
 
Zahlen des Statistischen Bundesamtes belegen eine signifikant erhöhte Unfallgefährdung durch ältere, und zumeist Gesundheitlich angeschlagene Mitmenschen.
Ist es diskriminierend, eine jährliche Gesundheitliche Untersuchung durch einen Arzt ab einem gewissen Lebensjahr zu fordern (z. B. 65)?

Es _ist_ eine Diskriminierung im Sinne der bei uns geltenden Gesetze und Auffassung von Rechtsfähigkeit und Mündigkeit. Ab der Volljährigkeit ist man mündig und steht in der eigenen Verantwortung sich selbst und der Gesellschaft gegenüber. Es gibt nichts vergleichbares in diesem Land weswegen man sich einer medizinischen Untersuchung unterziehen muss, die die Privatsphäre betrifft - was für die meisten Menschen im Rentenalter zutreffen dürfte.

Darf ich die Freiheit oder Mündigkeit eines Menschen aufgrund einer Unfallstatistik derart einschränken - OHNE dass ein Einzelner sich hat überhaupt etwas zu Schulden kommen lassen?

Wir würden das System ja völlig umkehren, nämlich von der Erlangung eines Führerscheins, der die "Reife" belegen soll, ein Fahrzeug zu steuern - in die Feststellung dass man nicht mehr Reif GENUG ist (oder überreif), ein Fahrzeug zu steuern.

Aber sehen wir mal von den "rechts- ethischen" Punkten ab und fragen woher denn dieses Aufbegehren einer entmündigung älterer Menschen überhaupt kommt?

Laut der Statistik des DVR (Seite 16), ist die Zielgruppe um die wir uns kümmern sollten ohne Zweifel die Gruppe der Fahranfänger bzw. überhaupt den jungen Fahrern:
http://www.dvr.de/download/US_Seniorenunfaelle_2010.pdf


Geht es um Umfallvermeidung wäre es weitaus sinnvoller und zugleich noch wirtschaftlicher über folgende Punkte nachzudenken:
- generelles Alkoholverbot beim fahren
- Autos mit > 60 PS nur an Personen über 30 Jahren und ab dem 71. PS mit wesentlich höherer Besteuerung
- Generelles Tempolimit 120 kim/h auf allen Autobahnen und generell 70 km/h auf allen Land/Bundesstrassen.

Das wären zB Punkte, die niemanden in seiner Freiheit einschränken und sich mit Sicherheit in der Unfallstatstik bemerkbar machen würden.

Zum Vergleich, als Inhaber einer Privatpilotenlizenz muss man regelmäßig seinen Gesundheitszustand nachweisen, um diese nicht zu verlieren, was spricht gegen die Einführung einer solchen Pflicht für den Führerschein auf Deutschen Straßen?
Luftrecht ist historisch anders gewachsen als unser Verkehrsrecht, zumal die wesentlichen Innovationen gänzlich militärischen Interessen galten und die zivile Nutzung erst später dazu kam. Bereits im 18. jahrhundert entwickelte man Regelungen zur Nutzung des Luftraums, denn als klar wurde dass alle möglichen Leute versuchten Fluggeraete zu bauen und man auch wusste dass man gegenüber Angriffen auf der Luft recht schutzlos ausgeliefert war, hat man den "Luftraum" von vornherein als "Chefsache" betrachtet (1783 hatte Ludwig der 16. den freien Start von Montogolfieren verboten. Prinzipiell eine erste Amtshandlung zur Regelung des Luftraums). Die ersten juristischen Betrachtungen wurden schon 100 Jahre vor dem ersten Flug formuliert.

Ich denke man kann sagen der Unterschied liegt in der gewachsenen Rechtsnatur zur Behandlung des Luftraums, die von Beginn an unter den Fittichen der Staatshoheit stand. Ein Vergleich zwischen Luft und Verkehrsrecht ist imho nicht auf Grundlage von "Sinnhaftigkeit" oder best practice möglich, sondern nur aufgrund der historischen Entwicklung der Rechtsräume.

Interessante Arbeit zur Entwicklung des Luftrechts:
1.2 Notwendigkeit zur juristischen Regelung des Luftraums for LRPW_10_Skript_Luftrecht






Die Alten im Strassenverkehr ... ja - ein schwieriges Thema.
Die Jungen und Besoffenen im Strassenverkehr, die in Kisten sitzen, deren PS zahlen weitaus über das "notwendige" hinausgehen sind ein weitaus größeres Problem (was zudem statistisch recht gut belegt ist).
 
Die Jungen und Besoffenen im Strassenverkehr, die in Kisten sitzen, deren PS zahlen weitaus über das "notwendige" hinausgehen sind ein weitaus größeres Problem (was zudem statistisch recht gut belegt ist).

Stimm ich dir zu - aber die sind hier nicht der Punkt.
Im Moment geht es darum, dass die Leute das Fahren verlernen - bei den Jugendlichen haben wir das Problem des Erlernens.

ergo OT:
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- generelles Alkoholverbot beim fahren
FACK

Autos mit > 60 PS nur an Personen über 30 Jahren und ab dem 71. PS mit wesentlich höherer Besteuerung
Was soll das helfen?
Mit 60 PS kann man immernoch prima rasen.
Desweiteren zahle ich für mehr PS sowieso mehr (Steuern und Benzin aufgrund des Hubraumes). Das Problem ist die Einstellung der Raser (und das sind nicht nur Jugendliche).
Die Frage ist im Übrigen auch, wer den Jugendlichen diese Autos kauft. Ein 18 jähriger hat i. d. R. doch garnicht die Kohle für einen dicken Schlitten - und wenn doch, wird er auch mehr darauf aufpassen.

- Generelles Tempolimit 120 km/h auf allen Autobahnen und generell 70 km/h auf allen Land/Bundesstrassen.

Landstrasse Ja, Autobahn Nein [-> m. E. nicht notwendig, bzw. abhängig von der Anzahl der Spuren - z. B. ab 3 Spuren offen].

Das wären zB Punkte, die niemanden in seiner Freiheit einschränken und sich mit Sicherheit in der Unfallstatstik bemerkbar machen würden.
Eine freie Produktwahl (Autos) gäbe es dann nur noch z. T. - das wäre bereits eine Einschränkung.

Eine entsprechende Schulung der Menschen, würde die bestehenden Statistiken auch verbessern und Einschränkungen ggf. vermeiden - meistens werden nämlich nur dumme Fehler gemacht, wie z. B. nicht schauen, nicht blinken, zu dicht auffahren usw. .
 
Im Moment geht es darum, dass die Leute das Fahren verlernen - bei den Jugendlichen haben wir das Problem des Erlernens.
Da hast Du Recht.

Hier auf dem Land bedeutet ein Auto eine Steigerung der Mobilität und Freiheit und ist für die Existenz wichtig. Die öffentlichen Verkehrsmittel sind ausserhalb der schulzeit kaum zu gebrauchen. Eine Kiste Wasser kaufen kann ein reelles Problem darstellen, ebenso die Tatsache dass immer weitere Wege zu Ärzten zurückgelegt werden - und viel öfter Termine wahrgenommen werden müssen (CT in Praxis X, Besprechung in Praxis Y, Therapie in Praxis Z usw..). Ist zB in Partnerschaften älterer Menschen ein Partner krank, übernimmt der fittere den Transport. Nimmt man diese Mobilitaet, kann das in vielen Fällen zu massiven Versorgungs- und Betreuungsschwierigkeiten führen. Taxigebühren müssten dann zB auf Versicherungen umgelegt werden, die ohnehin schon alle Leistungen zurückfahren. Insofern muss an der Stelle eine Lösung her, die organisiert sein will und vermutlich kosten verursacht, für die die Gemeinschaft aufkommen muss.
 
Persönlich bin ich auch dafür dass ab einem gewissen Alter ein Gesundheitscheck zwingend ist um den Führerschein zu behalten. Würde das ganze jedoch nicht ab 65 machen, sondern so wie im verlinkten Artikel:
In Spanien gelten noch härtere Regeln: Ab 45 müssen Autofahrer dort alle zehn Jahre einen Hör- und Sehtest absolvieren, ab 70 alle zwei.
Noch besser wäre aber, wenn ein Führerschein - ab erstem Ausstellen - auf z.b. 10 Jahre begrenzt ist und man die Verlängerung nur bekommt wenn man einen Gesundheitscheck und eine Auffrischung der Theorie nachweisen kann.

Wobei ich das jetzt mit Mitte 30 sage - wenn ich dann in dem Alter bin werde ich mich sicher über die Checks aufregen.
 
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