[TdW 70] Investmenfonds: Chance oder Bedrohung für die Zukunft der Kinder?

Auf Vorschlag von SchwarzeBeere, beschäftigt sich das TdW mit dem Phänomen, dass Investmentfonds die fehlenden Kita-Plätze als Profitmöglichkeit entdecken.
Im Sommer tritt ja der gesetzliche Anspruch auf Kita-Plätze in Kraft, trotzdem fehlen immer noch mindestens 150.000 Kita-Plätze - nicht nur aufgrund fehlender Erzieher, sondern eben häufig auch aufgrund fehlender Räumlichkeiten. Und hier kommen nun private Investmentfonds ins Spiel, die nicht nur entsprechende Immobilien aufkaufen und an Betreiber vemieten, sondern auch zunehmend Geld in den Bau neuer Kindergärten investieren. Zunächst einmal klingt es natürlich gut, wenn die Wirtschaft da einspringt, wo die Politik (mal wieder) versagt hat - doch es gibt auch kritische Stimmen: Immerhin wollen Investmentfonds Gewinne erzielen und das könnte z. B. dazu führen, dass bei den Kitas am falschen Ende gespart wird.
Das TdW stellt daher diesmal die Frage: Leisten Investmentfonds mit ihrem Engagement einen wichtigen Beitrag für die Zukunft unserer Kinder? Oder verspekulieren sie die Zukunft unserer Kinder?
SchwarzeBeere hat gesagt.:
Leider findet man wenig zum Thema, ob es gut für die Kinder ist, ob es Deutschland hilft und eine Lösung für ein großes Problem darstellt. Gerade beim Thema Ethische Geldanlagen bzw. ethisches Investment (siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Ethisches_Investment; http://mitgliedwerden.gls.de/kunden/...l-anders.html; hier auch ein Vergleich zwischen Privatanleger und z.B. GLS) findet man nur sehr wenig bis garnichts.

Diese Quellen hat SchwarzeBeere zur Vertiefung des Themas zusammengetragen:
http://www.fondsvermittlung24.de/uploads/tx_vspgfpdb/files/Habona_Kita_Fonds1_Vorabinformation.pdf
https://www.taz.de/!108629/
Kindergarten-Fonds im Check: Auf sie mit Gebrüll - DAS INVESTMENT
Fehlende Kita-Plätze: Private Fonds investieren in den Ausbau - SPIEGEL ONLINE
 
Erstmal müssen zwei Dinge klar sein:

  1. Schlechte (nach deutschen Maßstäben) Kita Plätze sind besser als gar keine Kita Plätze.
  2. Traditionell kümmert sich die Wirtschaft eher wenig um Ethik. Erst in letzten Jahrzehnten tauchten vermehrt auch wissenschaftliche Bemühungen auf dieses Feld zu erschließen - sodass es mittlerweile sogar die Berufsgruppe des Wirtschaftsethiker gibt.

Es sei auch erwähnt dass vieles der ethisch positven entwicklung im endeffekt nur 'homo oeconomicus' im schafspelz ist.
Die Mittelschicht und gar allgemeine Bevölkerung steigt auf der Maslowschen Bedürfnispyramide im Zuge der wirtschaftlichen und technologischen Entwicklungen höher und höher - sodass die Sorgen um das eigene Essen für den nächsten Tag, den Sorgen um die Fairness der Bezahlung des Kaffeebauerns des eigenen Morgenkaffees oder der Haltung der Hühner des Frühstückeies weichten.

Kurzum: Ansteigender Luxus (im Sinne der menschlischen Bedürfnisstufen) führt zu steigendem ethischen Bewusstsein innerhalb einer Gesellschaft.

(Ja, das ist eine empirische Behauptung - und ich habe tatsächlich keine empirischen Daten zur Hand um sie zu belegen - sofern mich hier jemand widerlegt ist meine ganze argumentation natürlich für die katz)

Das dies neue Märkte öffnet und so Gewinne zu erzielen sind (siehe Fair Trade) ist nunmal nichts was gegen "kapitalistische" Überlegungen geht - auch wenn man sich nun freuen kann, dass zwei Fliegen mit einer Klatsche geschlagen werden.

Ethische Investments sind daher in zwei Gruppen zu unterteilen:
Diejenigen die es absichtlich (unvermeidlich auf eigene Kosten) tun, und diejenigen die es gewissermaßen unabsichtlich tun.

Aus anderen Gründen moralisch richtiges zu tun mag zwar im Sinne der Rechtfertigungsebene des entsprechenden Moralsystems verwerflich sein - aber intersubjektiv, in einem gesellschaftlichen kontext, kann es uns weitgehend egal sein, hauptsache menschen tun das richtige (warum auch immer).

Und um genau so etwas handelt es sich im Bezug auf Kitas meiner Meinung nach.

Sicher birgt es die Gefahr, dass Kitas primär zu Geldfabrikent anstelle Erziehungsinstitutionen verkommen - allerdings muss auch klar sein, dass auch traditionell finanzierte Kitas steht's unter Druck stehen schwarze Zahlen zu schreiben.

Im Gegensatz zu vielen anderen Langzeitinvestments sind Kitas allerdings goldene Schafe. Der Mangel an Kita Plätzen (somit "Überfluss" an Kindern) wird in kommender Zeit sicher nicht einbrechen - sodass es durchaus rational ist in diesem Bereich zu investieren.

Das wirkliche Problem ist eine mögliche Gesellschaftsspaltung. Schließlich lässt sich mit wohlverdienenden Eltern viel Geld machen und "Luxus-Kitas" sind wirtschaftlich eine Goldgrube. Dabei sei gesagt dass Luxus hier nicht im Sinne von Millionären zu verstehen ist - schon eine Mittelschichtfamilie ist in der Lage große Summen an Geld in die Entwicklung ihrer Kinder zu stecken (und tut dies auch). Investoren sind natürlich vor allem an diesem Stück Kuchen interessiert.

Was passiert aber mit den sozioökomomisch tiefer gelegenen Kindern ?
Die werden nach wie vor die (durch den möglichen Wachstum an "luxus-kitas" freiwerdenden) üblichen standard-kitas nutzen.
was allerdings wie oben erwähnt immer noch weitaus besser ist als gar keinen kita platz zu bekommen

Man sieht - die Gefahr liegt viel eher darin, dass (ähnlich dem Gesundheitssystem) eine zwei Klassen Trennung stattfindet. Diese ist schon jetzt gegeben und sicherlich erzähle ich Leuten die in diesem Sektor arbeiten nichts neues - aber durch die hier angesprochene Investment Enticklung könnte eine solche Spaltung nie geahntes Ausmaß annehmen.
 
Kurzum: Ansteigender Luxus (im Sinne der menschlischen Bedürfnisstufen) führt zu steigendem ethischen Bewusstsein innerhalb einer Gesellschaft.

Historisch gesehen ist das wirklich schwer zu belegen, denn überschwenglicher Luxus hat letztlich immer (auch) in Dekadenz geendet mit all seinen Facetten wie Rohheit und Ignoranz. ;)

Davon abgesehen kann Deine "Theorie" immer nur für einen kleinen Teil einer Gesellschaft gelten, denn der Luxus der einen ist auch immer der Verzicht (oder gar bis hin zur Unterdrückung) der anderen. Und wo Armut und Unterdrückung herrscht, ist Ethik die geringere Sorge.

Trotzdem sehe ich das Thema ähnlich brisant. Zwar bin ich kein Freund des "wohlfahrtstaates". Aber Solche Einrichtungen sind imho. Teil des staatlichen Gemeinwesens und es liegt eigentlich im Verantwortungtsbereich des Staates Gleichstellung zu fördern und sowas wie eine Chancengleicheit zu anzustreben.

Andererseits wäre auch die Pflegesituation ohne die privaten Häuser katastrophal. Ich denke der Staat sollte daraus gelernt haben und kümmert sich wenigstens um eine strenge Kontrolle.

Letztlich müssen wir uns nichts vormachen: Der Staat kann diese Kita Nummer nicht finanzieren, jedenfalls nicht mehr in 20 jahren...
 
Warum sollte in privater Investor nicht die Chance nutzen. Nachfrage scheint ja definitiv dazu zu sein Ich denke im Premiumbereich dürfte es sogar ziemlich profitable sein.
Wenn jetzt noch der Rechtsanspruch dazu kommt muss man nur noch durch entsprechende Lobbyarbeit die Eltern unterstützen das die Kommunen gezwungen sind teure Kitaplätze ggf. unter dem Deckmantel sozialer Gerechtigkeit zu subventionieren.
Bleibt natürlich noch die Frage in wie weit eine weiter Ausschlachtung möglich ist. Ich denke im Kindesalter kann man auch Grundsteine für die späteren Präferenzen der zukünftigen Konsumenten legen. Quasi auf Werbung basierende Kitas wäre doch ideal für Google und Konsorten. Nicht mehr das Verhalten der User analysieren sondern aktiv erziehen.
 
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