[TdW 118] Wählt Schottland das Ende des United Kingdom?

Die Sommerpause ist vorbei und das TdW blickt nach Schottland, wo die Bürger (nicht nur die Staatsbürger, sondern auch dort ansässige Ausländer) am 18. September über die Unabhängigkeit Schottlands abstimmen dürfen. Lange sah es so aus als wäre die Abstimmung entschieden und die Abspaltung von England nur der Traum einiger Fantasten, doch zuletzt hatten die Separatisten mächtig aufgeholt und bei einer Umfrage erstmals 51% der Stimmen geholt - jetzt scheint man in London doch noch nervös zu werden. Mit der heißen Nadel strickt man nun an einem Angebot das Schottland mehr Souveränität geben und doch als Teil des United Kingdom erhalten soll.
Der Ausgang des Referendums scheint jetzt plötzlich offen und nicht vorhersagbar zu sein - ebenso wie die Folgen einer möglichen Abspaltung. Sollten sich die Schotten für ihre Unabhängigkeit entscheiden, hätte das enorme wirtschaftliche und politische Auswirkungen - nicht nur auf UK, sondern auch auf Europa und die ganze Welt.
Und viele Folgen wären geradezu paradox, wie zum Beispiel die Sache mit der EU Mitgliedschaft. Die meisten Schotten stehen der EU sehr viel positiver gegenüber als die Engländer und die Anti-EU Polemik in England scheint viele Schotten regelrecht zu ärgern. Wenn sich die Schotten aber aus dem UK verabschieden, müssten sie nach Einschätzung vieler Experten auch auf ihre EU-Mitgliedschaft zunächst verzichten und ganz offiziell einen neuen Mitgliedsantrag stellen - ein Prozess der wohl mindestens fünf Jahre dauern würde. Das würde auch das Währungsproblem verschärfen, denn London hat bereits angedeutet das ein unabhängiges Schottland unmöglich weiterhin das Pfund behalten könnte, ohne EU Mitgliedschaft wäre aber auch der Euro wohl keine Alternative.
Man sieht schon: Eine Abspaltung Schottlands wäre ein enormes wirtschaftliches, politisches und soziales Experiment, ein Experiment mit ungewissen Ausgang - genauso ungewiss wie der Ausgang des Referendums am 18. September. Das TdW stellt daher heute die Frage: Stimmt Schottland für das Ende des United Kingdom? Und wenn ja: Welche Folgen hätte das?

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Yes leads in Scots poll shock | The Sunday Times
Unabhängiges Schottland?: Die größte Staatsaffäre seit 300 Jahren - Europa - FAZ
Schottland Referendum: Deutsche über mögliche Unabhängigkeit - SPIEGEL ONLINE
 
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Ich glaube kaum das das Währungsproblem so drastisch wäre - wie du es darstellst.

Sicherlich würde das UK den Schotten den Pfund nicht direkt entreißen - sondern eine gewisse Frist gewähren - alles andere wäre wirtschaftlicher Selbstmord in Anblick dessen, dass die Betriebe beider Länder stark verknüpft sind.

Außerdem wäre eine Euro Einführung auch mit lediglich laufendem EU Mitgliedschaftsantrag denkbar. Zumindest eine de facto Verwendung - wie sie beispielsweise in Montenegro herrscht wäre sicherlich umsetzbar.

Unabhängig davon halte ich das UK auf politischer bzw. systematischer Ebene ohnehin für ein wenig betagt. Tiefgreifende Reformen sind schwer umsetzbar und das UK hat sich nicht nur geographisch vom Rest Europas abgespalten.

Sicherlich ist das ihr gutes Recht - allerdings dürfte es dann keine zu große Verwunderung geben wenn Anteile des UK gerne einen anderen Weg einschreiten wollen - und nun vielleicht auch werden.
 
Neuere Umfragen sehen jetzt die Unionisten wieder eine Nasenlänge voraus, ich denke daher das es am 18. September ziemlich knapp werden wird. Persönlich denke ich das die Unionisten die besseren Chancen haben, allerdings muss ich zugeben das mich der verblüffende Endspurt der Separatisten ziemlich überrascht hat.
Ich bin sehr gespannt wer letztendlich am Donnerstag mehr Leute mobilisieren und die Abstimmung für sich gewinnen kann. Als Nicht-Brite bin ich im Grunde auch völlig neutral, obwohl ich mir schon Gedanken über mögliche Folgen der Abspaltung mache und dazu tendiere das die Folgen für Rest-UK, für Europa und für die Welt vermutlich eher negativ sein werden.
Ohne Schottland, das traditionell eine Labour Party Hochburg ist, wird die Labour Party in Rest-UK vermutlich weiter an Einfluss verlieren. Als Folge werden die konservativen Torries, im Konkurrenzkampf mit Parteien wie UKIP oder BNP, weiter nach rechts rücken und sich noch mehr von Europa entfernen - ein Austritt aus der EU würde so sehr viel wahrscheinlicher werden. Auch der Abbau des Sozialstaates, die fortschreitende Privatisierung und der Wirtschaftsliberalismus, alles Dinge die viele Schotten an UK stören, würden vermutlich ganz neue Blüten treiben... Dazu kommt das Europa sich nicht nur immer noch nicht von der Finanzkrise erholt hat, der Motor Wirtschaft fängt in vielen Ländern bereits wieder an zu stottern. Keine gute Zeit um ein politisch-wirtschaftliches Experiment mit ungewissen Ausgang im bislang eher stabilen Norden Europas zu starten - vor allem wenn man bedenkt das die Lage im Osten derzeit so angespannt wie seit dem Kalten Krieg nicht mehr und Sanktionen & Gegensanktionen die schwächelnde Wirtschaft Europas belasten.
Trotzdem bin ich ziemlich überrascht was für eine Angst Kampagne die Unionisten fahren, es vergeht ja kaum ein Tag ohne das irgendjemand auf Schärfste vor den Folgen der Abspaltung warnt: Allein in dieser Woche konnte man warnende Worte (um nicht zu sagen Drohungen) von Großbanken lesen, auch Wirtschaftsvertreter warnten vor den Folgen und sogar Wissenschaftler, bzw. Vertreter der Universitäten, reihten sich bei den Kritikern und Warnern ein. Ob diese Strategie aufgeht werden wir am 18. September sehen - letztendllich müssen das die Schotten, bzw. die Bewohner Schottlands (jeder mit festen Wohnsitz in Schottland darf ja mitabstimmen) selbst entscheiden.
 
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Einige Aspekte dieses Themas wurden auch in "Mit offenen Karten" vom Samstag behandelt: Mit offenen Karten | ARTE

edit: Und noch ein kurzer, knackiger Kommentar von der SWP, der eher gegen die Abspaltung spricht: http://www.swp-berlin.org/de/publik...schottischen-unabhaengigkeit-fuer-die-eu.html. Auch die weiterführenden Links sprechen interessante Aspekte an, beispielsweise wie einerseits Abspaltung und Unabhängigkeit und andererseits der angestrebte EU-Beitritt zusammenpassen können.

Vielleicht kommt ja Bayern dann auch wieder auf den Geschmack...
 
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Was ich hier spannend fand wie die Meinung zwischen ALT und Jung auseinander ging in Schottland. Aber denke mal viele hatten Angst vor zu vielen Veränderung. Aber es ist ein Schlag ins Gesicht eigentlich das man sich nicht Unabhängig erklärt hat. Es fehlt der Mut zur Veränderung, leider! Und denk die Chance wird so schnell nicht wiederkommen für Schottland
 
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