[TdW 123] Droht dank IS ein Krieg gegen den Terror 2.0?

Diese Woche beschäftigt sich das TdW mit einem Thema, von dem ich eigentlich gehofft hatte es wäre endlich bald mal beendet: Der sogenannte Krieg gegen den Terror. Schon der Name ist Manipulation, denn Terror - also Schrecken - ist ja per definitionem etwas schlechtes, eben etwas schreckliches, der Kampf dagegen muß also folglich etwas gutes sein, oder?
Den Krieg gegen den Terror propagierte der von den USA geführte Westen im Zuge von 9/11. Mit allen Mitteln, so sollte der Name wohl vermitteln, würden die Verantwortlichen für die schrecklichen Anschläge dieses schicksalshaften Tages bekämpft werden. Und niemand konnte bezweifeln das der Kampf gegen fanatische Attentäter und skrupellose Massenmörder etwas gutes war. Allerdings hatte der vielbeschworene Krieg gegen den Terror auch seine Schattenseiten, denn er bescherte der westlichen Welt die Beschränkung von Bürger- & Menschenrechten, die Erweiterung von Kompetenzen für Polizeibehörden & Geheimdienste und anlasslose Massenüberwachung - im Grunde also die Aushöhlung des Rechtsstaates. Und der ganzen Welt bescherte der Krieg gegen den Terror Dinge wie staatlich sanktionierte Entführungen, Foltergefängnisse, Todesschwadronen, Kampfdrohneneinsätze und Kriege. Und obwohl es zuletzt ruhiger um den Krieg gegen den Terror geworden war, leben wir noch immer mit den Folgen und Nachwehen: Guantanamo existiert immer noch, das Überwachungspotential der Geheimdienste wächst nach wie vor unkontrolliert und verbriefte Grundrechte erscheinen immer noch wie Privilegien, die man bei Bedarf auch entziehen kann...X(

Und genau deshalb machen mich die Aktivitäten der IS Miliz und die damit verbundene Renaissance des Kriegs gegen den Terror so nervös: Was wird uns der Kampf gegen IS kosten? Damit will ich nicht etwa sagen das man IS nicht bekämpfen sollte, doch nach den Erfahrungen mit dem Krieg gegen den Terror, frage ich mich welche Ungeheuerlichkeiten diesmal mit dem Kampf gegen IS gerechtfertigt werden? Wird der Überwachungsstaat weiter ausgebaut? Werden Bürger- und Grundrechte weiter beschnitten?
Es gibt auch schon einen ersten Vorgeschmack, was für Dinge da noch auf uns zukommen können: So haben sich die Innenminister gerade darauf geeinigt "radikalen Islamisten" künftig die Personalausweise zu entziehen und sie durch spezielle Papierausweise zu ersetzen, die den Betreffenden als "ausländischen Kämpfer" kennzeichnen und so die Reisefreiheit beschränken. Und wer entscheidet wer ein "radikaler Islamist" ist? Etwa unsere Geheimdienste, die in den letzten Jahren bewiesen haben wie objektiv, kompetent und vertrauenswürdig sie sind? Das letzte Mal als wir angefangen haben Menschen zu kennzeichnen, hat es jedenfalls kein gutes Ende genommen.
Sicherlich sind die IS Mörderbande und ihre Sympathisanten eine Gefahr für die Allgemeinheit, die es wert ist hart bekämpft zu werden - aber ich denke nicht das der Zweck die Mittel heiligt. Sagte nicht schon Nietsche: "Wer mit Ungeheuern kämpft, mag zuseh'n, dass er nicht dabei zum Ungeheuer wird. Und wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein."?
Vor diesem Hintergrund stellt das TdW heute die Frage: Droht dank IS ein Krieg gegen den Terror 2.0 und was hätte das für Folgen?

Mehr zum Thema:
https://de.wikipedia.org/wiki/Terror
Radikale Islamisten bekommen eigenes Ausweisdokument ohne Chip | heise online
Millionenschwere Aufträge: Kampf gegen IS ist eine Goldgrube - Bosse von Rüstungsfirmen reiben sich die Hände - USA - FOCUS Online - Nachrichten
 
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Und genau deshalb machen mich die Aktivitäten der IS Miliz und die damit verbundene Renaissance des Kriegs gegen den Terror so nervös: Was wird uns der Kampf gegen IS kosten?

Aktuell scheint der Kampf des IS doch eher den Mächtigen zu helfen. Oder wie kann es sein, dass die derart ungestört agieren können?

Die USA und die Türkei freuen sich. Während die Türkei ihr "Kurdenproblem" gratis entschärft bekommt, bescheinigt ihr die EU noch gleichzeitig "Fortschritte bei der Integration der Kurden". Wenn die Kurden dort schwach genug sind, erklärt sich die Türkei bereit doch noch irgendwie ne Brotrinde hinzuwerfen und kann sich auch noch als Retter verkaufen, worauf hin die USA natürlich die Türkei drängen, sie doch *endlich* in die EU zu lassen...Ursel freut sich, dass alle Welt sieht dass die Bundeswehr ein Haufen Schrott ist und sie keine Schuld hat. Die "Industrie" muss ran..gleichzeitig bemerkt sie, dass die Bundeswehr als "Kunde" für die deutsche Rüstungsindustrie nicht ausreichend ist..man muesse also ueber Exporte reden...das trifft sich ja gerade prima.


Man kann diese Diskussion nicht ernst nehmen wo eine solche Verlogenheit derart unkaschiert zur Schau gestellt wird. Es wird sich rächen - auf die eine oder andere Weise...


Ach ja: Kunst- und Drogenhandel laufen ja auch wieder reibungslos...
 
Ich glaube nicht das Erdogan über die aktuelle Lage erfreut ist, denn im Grunde hatte er - auch durch einige Zugeständnisse - die Spannungen mit den Kurden in der Türkei weitgehend entschärft. Noch Anfang letzten Jahres wurde in der türkischen Zeitung Hürriyet über einen baldigen Frieden zwischen Türken und Kurden spekuliert - nicht zuletzt weil sich beide Seiten an den Verhandlungstisch gesetzt haben und der seit etlichen Jahren inhaftierte Öcalan in die Verhandlungen eingebunden wurde.
Mittlerweile hat sich die Situation jedoch grundlegend gewandelt und Erdogan muss miterleben, wie plötzlich alle Welt den Kurden Waffen geben will - denn plötzlich werden die Kurden für den Kampf gegen die IS Miliz gebraucht. Zunächst versuchten die Staaten dabei noch auf die Empfindlichkeiten des NATO Partners Türkei zu achten - was zu lustigen Unterscheidungen zwischen "guten" Kurden (wie die Peschmerga) und "bösen" Kurden (wie der PKK) führte. Mittlerweile scheinen die türkischen Befindlichkeiten jedoch keine allzu hohe Priorität mehr zu haben - immerhin werfen die USA nun Waffen & Munition über Kobani ab, obwohl die Türkei die dort kämpfende kurdische PYD genau wie die PKK als Terroristen einstuft. Und in westlichen Medien wird schon laut über eine Rehabilitierung der PKK nachgedacht. Außerdem haben praktisch alle NATO Staaten - einschliesslich der USA, Frankreich, UK und Deutschland - die Türkei zuletzt stark kritisiert, weil diese zwar Truppen an der Grenze zusammengezogen hat, der Schlacht um Kobani jedoch tatenlos zusieht. Tatsächlich hat die Türkei sogar verhindert das irakische Kurden den Kurden in Kobani zur Hilfe kommen können - erst vor zwei Tagen haben sie verkündet ihre Grenzen für die Peschmerga zu öffnen.
Ich denke das die Beziehungen der Türkei zu den NATO Partnern immer angespannter werden - zuletzt hatte es auch in den Beziehungen zu den USA immer wieder geknirscht. Und für die Türkei dürfte der alte Alptraum - die Entstehung eines kurdischen Staates in dem sich türkische, syrische & irakische Kurden vereinen - lebendiger denn je sein.
Und in Grunde kann Erdogan nur verlieren: Siegreiche und gut bewaffnete Kurden sind nicht in seinem Interesse - aber auch Märtyrer des Kampfes gegen IS kann er sich nicht leisten.
 
Update
Und da geht es schon wieder los, wenn es auch diesmal nur indirekt mit dem Kampf gegen IS zu tun hat: Nach den Ausschreitungen von Hooligans und Rechtsradikalen in Köln, die sich offiziell zu einer Demo gegen Salafisten versammelt hatten, denkt man seitens der Politik laut über eine Verschärfung des Versammlungsrechts nach:
"Ich halte das für einen Missbrauch der Versammlungsfreiheit", sagte NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD). "Das war keine politische Demonstration, da wurde eine Plattform für Gewalt geschaffen." Die Verwaltungsgerichte müssten überzeugt werden, solche Veranstaltungen zu verbieten.
[...]
Auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte, derartige Ausschreitungen hätten mit Versammlungsfreiheit nichts mehr zu tun und müssten untersagt werden.
Quelle: Hooligans gegen Salafisten: NRW will Hooligan-Demonstrationen verbieten | ZEIT ONLINE

Heute erlässt man ein Demonstrationsverbot, natürlich nur für Demonstrationen mit hohem Gewaltpotential, und morgen werden auf Grundlage dieser Regelung alle missliebigen Demonstrationen verboten...X(
 
Du weisst doch:
"Der Weg zur Hölle ist gepflastert mit "guten" Vorsätzen."
Ist so ähnlich wie die FISA-Durchsuchungen in den USA, die nun für alles nur nicht mehr für Terrorismus benutzt werden.
Da täuscht man sogar seitens der Polizei Einbrüche vor um die Durchsuchung zu verschleiern.
 
Fluffy hat gesagt.:
Ist so ähnlich wie die FISA-Durchsuchungen in den USA, die nun für alles nur nicht mehr für Terrorismus benutzt werden.
Leider muss man gar nicht so weit gehen, um Beispiele zu finden. Schon der Staatstrojaner ist ein Beispiel, der ja ursprünglich gefordert wurde um Terroristen und Schwerverbrecher aus der Abteilung Organisierte Kriminalität zu jagen - für andere Zwecke, so die Befürworter, würde er nie eingesetzt. Heute wissen wir das die Software nicht nur mehr konnte als sie durfte, sie wurde auch für die Verfolgung eher harmloserer Vergehen eingesetzt (Stichwort: Aspirin Schmuggler).
Und das ist ja auch nur menschlich, wenn ich ein Werkzeug habe das mir die Arbeit erleichtert, dann benutze ich das Werkzeug auch - selbst wenn es ursprünglich für andere Zwecke gedacht war.

Gegner in der ursprünglichen Online-Durchsuchungen-Debatte hatten das auch immer als Argument gebracht - wurden aber wie immer ignoriert.

Ein anderes Beispiel ist die Funkzellenabfrage, da reicht mittlerweile schon der Diebstahl eines Fahrrads als Grund aus...X(

Funkzellenabfrage: Überwachung Tausender Unschuldiger mit unklarem Nutzen | ZEIT ONLINE
 
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