BVerwG legalisiert anonymes Mobiltelefonieren

23.10.2003
BVerwG legalisiert anonymes Mobiltelefonieren


Beinahe jeder zweite Handynutzer greift auf so genannte Prepaid-Karten zurück. Seit Einführung dieser mit einem bestimmten Gesprächsguthaben ausgestatteten Karten im Jahr 1997 war umstritten, ob die Mobilfunkanbieter eine Kundendatei für deren Käufer führen müssen.

Am Mittwochabend entschied das Bundesverwaltungsgericht, dass eine derartige Verpflichtung nicht besteht. Die langjährige Verpflichtung der Betreiber, für die Prepaid-Nutzer genau wie für die Vertragskunden eine Kundendatei zu führen, verstößt nach Auffassung des 6. Senats des BVerwG gegen das Recht des Kunden auf informationelle Selbstbestimmung. Damit kann man sich nunmehr eine Prepaid-Karte mit einer neuen Handynummer zulegen, ohne dass die persönlichen Daten bei den Anbietern gespeichert werden. Diese Entscheidung legalisiert das anonyme Mobiltelefonieren und verhindert den behördlichen Zugriff auf Nutzerdaten. Eine Musterklage des Düsseldorfer Unternehmens Vodafone D2 war damit am Ende erfolgreich, nachdem das Oberverwaltungsgericht Münster in der Vorinstanz eine andere Rechtsauffassung vertreten hatte.

Allerdings ist die Freude über die Entscheidung etwas getrübt. Die Bundesregierung hatte schon nach der erstinstanzlichen Entscheidung an einer Änderung des § 90 TKG gearbeitet, mit dem eindeutig klargestellt werden sollte, dass auch die Daten der Prepaid-Nutzer zu speichern sind. In der zur Zeit anstehenden vollständigen Überarbeitung des TKG ist als Nachfolgevorschrift von § 90 TKG ein neuer § 109 vorgesehen, der die vom Bundesverwaltungsgericht beanstandeten Mängel korrigieren soll.

Damit würde jedoch das Problem lediglich auf eine andere Ebene verlagert. Ging es bisher um die verfassungskonforme Auslegung eines Gesetzes, so muss nach einer entsprechenden Neuregelung gefragt werden, ob der dann insoweit eindeutige gesetzliche Wortlaut mit den grundrechtlichen Vorgaben vereinbar ist. Daran bestehen erhebliche Zweifel. Die Pflicht zur Speicherung von Daten allein zu dem Zweck, sie für mögliche Zugriffe der Sicherheitsbehörden verfügbar zu halten, lässt sich kaum mit dem vom Bundesverfassungsgericht festgestellten Verbot der Vorratsspeicherung in Einklang bringen. Der bloße Verweis auf die gesetzlichen Aufgaben der unterschiedlichen Sicherheitsbehörden in § 110 Abs. 2 des Entwurfs dürfte nicht ausreichend sein, da es an einer hinreichenden Konkretisierung der einzelnen Zwecke fehlt. Gegebenenfalls wird das Bundesverfassungsgericht zu prüfen haben, ob diese geplanten gesetzlichen Regelungen die Vorgaben des Volkszählungsurteils erfüllen.

http://www.datenschutz.de/news/detail/?nid=1053
 
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