unsere demokratische Art der Rechtssprechung

Mich erschreckt eigentlich immer wieder, wie mit ein paar ausgesuchten Fällen,
die eventuell Schwächen im System aufzeigen, für eine härtere Bestrafung oder Überwachung
plädiert werden kann. Selbst wenn diese höheren Strafen nachgewiesenermassen
überhaupt keine abschreckende Wirkung haben.

Ich bin keines Falls für mehr Überwachung, aber dennoch für härtere Strafen.

Außerdem geht es mir in der Sache primär nicht um die abschreckende Wirkung, sondern viel mehr um den Schutz anderer Menschen. Denn wer weiß, ob und wie schnell sich ein Mensch "verbessert".
Ich rede auch nicht von einem Einzeltäter der vielleicht zu verzweifelt war um die Lage einschätzen zu können, sondern von Intensiv- und Wiederholungstätern, bei denen ohnehin von abschreckender Wirkung keine Rede sein kann.
 
Ich denke, dass sich gerade junge Intensivtäter durchaus Gedanken um die Konsequenzen ihrer Taten machen. Sonst würde man solche Sprüche wie "die sperren mich eh nicht ein" nicht zu hören bekommen, wenn man sich mit ihnen unterhält.
 
Ich glaube eher an die Jungfräulichkeit einer Hure, als an die Gerechtigkeit der deutschen Justiz.

Ein Staat spricht Recht - nicht Gerechtigkeit.

Gerechtigkeit ist - zumindest in Gruppen - ein Mythos, weil sie immer Gegenstand einer absolut subjektiven Betrachtung ist und niemals Universell auf Geschehen angewendet werden kann. Einigt man sich auf ein Vorgehen bei einer Tat und schafft dafür verbindliche Regelungen, die vom Staat vertreten und durchgesetzt werden, so hat man Recht - keine Gerechtigkeit.

Es ist absolut traurig das Kapitalverbrechen härter bestaft werden als Verbrechen gegen einen Menschen. Hier sehen wir wohl alle ein Ungleichgewicht. Trotzdem wäre ich vorsichtig bei dem Gedanken eine solche Rechtsstaatlichkeit aufzuweichen.

Problematisch sehe ich weniger unser politisches System, welches Recht gestaltet, als die Dummheit der Leute die darinleben. Denn eine liberale Demokratie wie unsere KANN nur bestehen wenn alle Menschen von ihren Rechten gebrauch machen - und ganz allgemein wahrnehmen.
Das betrifft alle Systeme die als Grundlage die Beteiligung aller Mitglieder haben. Erfahrungsgemäss ist das politische Engagement der Bevölkerung gerade dann am geringsten wenn scheinbar alle in Saus und Braus leben.
In den allermeisten Epochen ist dieses die Dekadenz. Ich sehe bei den "erfolgreichen" EU Staaten eine ganz klassiche Dekadenz, die sich wie immer darin auszeichnet das die Leute nur ans ficken, fressen, saufen denken und bemüht sind soviel FUN wie möglich zu haben bei den geringst möglichen Anstrengungen. Naturgemäss bedeutet aber die Auseinandersetzung mit der (gesellschaftlichen) Umwelt, sowie das aneignen von Wissen nunmal Anstrengung, Arbeit und meistens auch Disziplin.

Die Probleme steigen an und das politische Engagement geht bergab, bis zu einem Punkt wo die Probleme derart dringlich werden, das auch der letzte Idiot begreift das irgendwas verdammt schief laeuft. Ein Indiz dafür ist auch (IMMER) das Randgruppenparteien einen plötzlichen Stimmzuwachs erhalten. Medien tun ihres und befeuern die Leute noch zusätzlich sodas ein grosser Teil des politischen Lebens sich anscheinend um "soziale Gerechtigeit" dreht (was immer das bedeutet). Tatsächlich lässt sich mit diesem Pflug - auch immer von Idioten gezogen - eine Menge aufwühlen und Stimmen generieren.

Jetzt mag mancher Fragen was denn das alles wohl mit den hier beschriebenen Gewalttaten zu tun hat: Nahezu alles! Was sind denn das fuer Leute die andere auf offener Strasse zu Brei hauen, andere Überfallen oder generell Gewaltverbrechen begehen? Es sind die letzten Idioten.
Wo gibts denn den Ärger: Auf Freibier-Zeltfeten mit DJ Hans-Hermann oder auf nem Hip-Hop Act vom Freundeskreis? Lässt die Tatsache das Hip-Hop von FK weitaus intelligenter ist als Hip-Hop von Sido den Schluss zu das sich da *irgendwas* auch am Publikum ablesen lässt? Ich denke schon
Und jetzt kommt mal bitte keiner mit Dahmer oder sonstigen Ausnahme-Rüpeln.


Mein Plädoyer:
Unser Problem ist, das wir vergessen haben das WIR der Staat sind und es nichtmal mehr hinkriegen zu einer Wahl zu gehen geschweige denn zu einer Demo oder überhaupt zu irgendeiner politisch angehauchten Veranstaltung. Die Nachlässigkeit in unserem Bildungswesen halte ich für die Wurzeln allen Übels. Ich meine damit Substanz an Wissen: Lebensgestaltung und das Geschehen im eigenen Land und der Gesellschaft sowie Kultur und Religionen der Welt.
 
Die Nachlässigkeit in unserem Bildungswesen halte ich für die Wurzeln allen Übels. Ich meine damit Substanz an Wissen: Lebensgestaltung und das Geschehen im eigenen Land und der Gesellschaft sowie Kultur und Religionen der Welt.

Ich weiß, dass unser Bildungssystem nicht das beste ist, aber obwohl ich auch sehr gerne darüber herziehe ist es nicht das, worauf man alle Schuld abwälzen kann.

Letztenends haben fast alle Teilnehmer dieser Diskussion auch an dem Bildungssystem teilgenommen - und ich behaupte mal, dass keiner von uns jemanden auf der Straße angreifen würde (abgesehen von Notwehr-Situationen vielleicht).

Ich bin mir sicher, dass die Wurzel schon bei den Eltern (oder bei jenen die den erzieherischen Teil übernehmen) liegt. Wenn ich an meine Kindheit denke und mich erinnere, was meine Eltern mit mir unternommen haben, trotz Arbeit und allem, und wenn ich dann von gleichaltrigen oder Leuten die maximal 5 Jahre älter/jünger sind höre, was die in ihrer Kindheit erlebt haben, scheint es den meisten Eltern wirklich an Zeit zu fehlen. Wer daran Schuld ist? Ich weiß es nicht. Ich würde den Eltern nicht die volle Schuld geben, aber immerhin war das Kinderkriegen ihr Verdienst und sie deshalb zu einem Teil mit daran Schuld, weil sie offenbar den Zeitaufwand nicht richtig eingeschätzt haben. Vielleicht tut das Bildungssystem dann noch den Rest...

edit: und für politische Bildung können Eltern auch sorgen, indem sie ihre Kinder zu wissbegierigen Kindern erziehen - das nervt vielleicht, aber da hilft es manchmal schon wenn Papa die Zeitung erst nach dem Junior liest. Ich weiß das kommt ein bisschen rüber wie naives Wunschdenken, aber das mag auch an meiner mangelnden Eloquenz liegen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Für das Elternproblem gibt es ja die Lösung KiTa. Man munkelt es wird an Modellen getüftelt, die es den Eltern erlaubt ihre Kind direkt nach der Geburt in RuuBaBe (Rund Um die Uhr Baby Betreuung) zu geben. Wenn die Kleinen dann soweit sind, dass sie 6 Std am Stück schlafen, kommen sie tagsüber in die KiTa und abends dann nach Hause zum schlafen. Es folgen Ganztagskindergarten und Ganztagsschulen. So einfach kann Kindererziehung sein... Aber nee, dann kommt so ne dämliche hinterwäldler CSU-Schnepfe mit ihren frauenfeindlichen Thesen und will Zustände wie vor 50 Jahren schaffen, wo Frau gefälligst hinterm Herd auf die Kinder aufpasst!
 
Was die KiTa angeht kann man da das gleiche von halten wie vom Bildungssystem. Aus dem Bekanntenkreis kriege ich manchmal mit, wie wenige Gedanken sich die KiTas machen. Meistens wird im Grunde das selbe gemacht - nämlich die Kinder sich selbst beschäftigen lassen. Aber es geht mir auch nicht um diese Zeit, sondern eher die Zeit ab der dritten Klasse, wo man langsam auch merkt, welche Interessen sich bei den Kindern tatsächlich entwickeln könnten.
 
@jemo

Voellig richtig. Das Bildungssystem umfasst nicht nur die Schule, sondern gerade auch das Elternhaus.
Gut adressiert, denn das Bildungssystem wird gerne auf Schule reduziert, die nur einen Teil zum ganzen Beitragen kann. Erziehung kann von Schule überhaupt nicht mehr geleistet werden.
 
Ein kleines Update auf Grund eines aktuellen Falles, auch ohne PC und Router ist man nicht vor Abmahnungen sicher ...

Internet-Urteil: Rentnerin*ohne Computer muss wegen Raubkopie zahlen - SPIEGEL ONLINE - Nachrichten - Netzwelt
Habe von der Sache gelesen, weigere mich aber zu akzeptieren, dass es wirklich Richter geben soll, die so offensichtliche Dinge falsch bewerten. Entweder wurden in den Artikel einige Dinge verschwiegen oder das Urteil wird in der nächsten Instanz schneller aufgehoben, als in der vorherigen gefällt.
 
Dieses Urteil zeigt recht deutlich, dass die Unschuldsvermutung in Deutschland nicht mehr existiert. Wer angesichts solcher Urteile noch daran glaubt, wir würden in einem Rechtsstaat leben, der muss schon ziemlich einen an der Waffel haben.

Das Urteil kann man übrigens unter http://www.wbs-law.de/wp-content/uploads/2011/12/AG-München-Urteil-23112011.pdf nachlesen. Es ist ein typisches Indizien-Urteil. Die Klägerin hat "eine Box", die evtl. einen Router beinhalten könnte, da ja Splitter und WLAN-Router in einem Gerät heutzutage möglich sind. Es könnte aber auch jemand bei ihr zu Besuch gewesen sein, der sich via Kabel an diese "Box" angeschlossen hat.

Sollte die Beklagte ein WLAN-Netzwerk unterhalten haben, konnte sie die tatsächliche Vermutung ihrer Verantwortlichkeit nicht zur Überzeugung des Gerichts widerlegen.

Dieser Satz aus dem Urteil spricht eigentlich für sich. Aber es geht ja noch weiter, so dass noch klarer erkennbar wird, dass die Frau ihre Unschuld beweisen soll und nicht der Kläger ihre Schuld:

Ihr vermutete Verantwortlichkeit konnte die Beklagte nicht entkräften...

Also ihre vermutete Schuld sollte sie entkräften. Belegt ist diese allerdings nicht.

Kurzum: Die Frau war nicht in der Lage klarzustellen, ob ihr Gerät überhaupt einen WLAN-Zugang ermöglichen kann. Und da es ja möglich ist, geht das Gericht davon aus, dass sie schuldig ist.

Soviel also zum Thema Unschuldsvermutung. Man kann nur hoffen, dass die Dame das nicht auf sich beruhen lässt und in die nächste Instanz geht, denn ermittelt wurde in diesem Fall offenbar nicht. Weder wurde überprüft was für eine Box die Frau dort hat, noch wurde ermittelt ob sie zum fraglichen Zeitpunkt Besuch hatte. Es wurde also ausschliesslich aufgrund von Vermutungen und dem Vorhandensein von Möglichkeiten ein Urteil gefällt.

Im Zweifel für den Kläger. X(
 
Vorweg: Hier gibts das Urteil nochmal ungescannt: AG München, Urteil vom 23. November 2011 - Az. 142 C 2564/11 - openJur

@bitmuncher


Es ist ein typisches Indizien-Urteil.
Es ist kein Indizienurteil, denn der Umstand ob und was die Frau an Internetgerätschaften besitzt oder besaß, für die Feststellung des "Vergehens" völlig egal ist.


Zwar sagte die Zeugin aus, die Beklagte habe ihren Computer im Juli 2009 verkauft und sei technisch nicht in der Lage einen Computer zu bedienen und das Internet aufzurufen. Dies genügt vorliegend dem Gericht jedoch nicht, um die Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs, der die Beklagte von ihrer persönlichen Verantwortlichkeit entbinden würde, feststehen zu lassen.


Das Grunddilemma ist folgendes:

Das Gericht muss sich auf Zeugenaussagen verlassen und kann nicht in eigener Sache anfangen die Aussagen zu überprüfen bzw. kann an diesem Punkt eben "einschnitte" vornehmen - nämlich dann wenn die Argumentation des Zeugen als schlüssig angesehen werden kann. In dem Urteil (SPON) bezieht man sich wohl auf folgende Leitsätze:

2. Ein Beweisantrag im Sinne des § 244 StPO setzt als erstes Erfordernis die konkrete und bestimmte Behauptung einer Tatsache voraus. Zweitens ist ein bestimmtes Beweismittel zu benennen, mit dem der Nachweis der Tatsache geführt werden soll. Sind diese beiden Voraussetzungen erfüllt, kann je nach der Fallgestaltung eine dritte hinzutreten, die sog. Konnexität zwischen Beweismittel und Beweisbehauptung. Darunter ist im Falle des Zeugenbeweises zu verstehen, dass der Antrag erkennen lassen muss, weshalb der Zeuge überhaupt etwas zu dem Beweisthema bekunden können soll, etwa weil er am Tatort war, in der Nachbarschaft wohnt, eine Akte gelesen hat usw. (BGHSt 43, 321, 329 f. mwN). (Bearbeiter)

und

5. Einem Beweisbegehren muss nach bisheriger Rechtsprechung nicht (oder nur nach Maßgabe der Aufklärungspflicht) nachgegangen werden, wenn die Beweisbehauptung ohne jeden tatsächlichen Anhaltspunkt und ohne begründete Vermutung für ihre Richtigkeit aufs Geratewohl, d.h. "ins Blaue hinein" aufgestellt wird, so dass es sich in Wahrheit nur um einen nicht ernst gemeinten, zum Schein gestellten Beweisantrag handelt. Ob es sich um einen solchen handelt, ist aus der Sicht eines "verständigen" Antragstellers auf der Grundlage der von ihm selbst nicht in Frage gestellten Tatsachen zu beurteilen (zusammenfassend BGH NStZ 2008, 474 mwN; s. auch BGH NJW 1997, 2762, 2764; BGH NStZ 2003, 497). (Bearbeiter)
(hrr-strafrecht.de - BGH 1 StR 497/10 - 3. November 2010 (LG Mosbach) [ = HRRS 2011 Nr. 69 = NJW 2011, 1239; NStZ 2011, 169; StV 2011, 207 ])

Streng genommen besteht immer die Möglichkeit das die Zeugen sowas an den Haaren herbeiziehen und schlichtweg lügen - das Gericht hingegen muss sich zunächst mal auf die Korrektheit der Angaben eines Zeugen verlassen (können). Würde man das von vornherein in Frage stellen, dann macht unser Rechtssystem an vielen Stellen kaum noch Sinn. Nach diesen Leitsätzen könnte man denken das eine schlüssige Argumentation mit einigen Logfiles ausreicht um jemandem ganz bewusst zu schaden - ohne das der Beklagte überhaupt die Chance erhält klarstellend zu agieren.

Die Zeugen sagen hier das definitiv das bestimmte File angeboten wurde und das definitiv die besagte IP dem Anschluss der Frau zuzuordnen ist und das Gericht sieht dies als gegeben an. Sollte diese Aussage (glaubhaft) stimmen, so haftet der Anschlussinhaber mindestens im Rahmen einer Mitstörerhaftung. Dabei ist es völlig Wumpe ob der Anschlussinhaber darüber bescheid wusste oder nicht oder ob sie irgendwelchen technischen Geräte hat.

Das weitere Dilemma ist, das die Frau nicht abstreiten kann, das es nicht ihr Anschluss war (und das auch afaik nicht tat). Und NUR darum geht es in dem Beschluss. Die ganze Nummer ist eine farce, irgendwie. Aber auf der ersten Blick absolut korrekt (im Sinne der Rechtsprechung).


Das zeigt für mich deutlich 2 Dinge:

1) Das ist ein sehr schoenes Beispiel wo unsere Rechtsprechung an die Grenzen stösst und dringend neue Regeln und Hilfe braucht. Ich finde es sehr bedenklich wenn sich Gerichte auf Technologie verlassen (müssen), die in letzter Instanz immer leicht manipuliert werden kann. Der Fall "das Gericht *glaubt den Logfiles*" darf nicht zur Mode werden und muesste imho jedesmal umfassend untersucht werden. Aber ist das überhaupt möglich und wie weit soll das gehen? Böse Zungen könnten hier jetzt anmerken das eine weitreichende Vorratsdatenspeicherung zumindest sicherstellen kann ob jemand mit einer IP vor X Jahren tatsaechlich unterwegs war ... :)
Hier waere eine Art unabhaengiger Serviceprovider denkbar, der für Gerichte die Prüfung von Beweisen aus dem Umfeld des Internets übernimmt. Das waere allerdings eine Organisation die wenigstens so kritisch waere wie CIA und NSI zusammen :)


2) Zeigt es ganz deutlich einmal wieder die Niveaulosigkeit von SPON. Obwohl der Autor angeblich Politikwissenschaft studiert hat, ist ihm der Kern der Sache wohl entgangen. Der Spiegel gilt nicht umsonst als die "BILDZeitung für Intellektuelle und jene, die sich dafuer halten".
 
Das waere allerdings eine Organisation die wenigstens so kritisch waere wie CIA und NSI zusammen :)

Und zudem noch total sinnlos, weil auch ein scheinbar unabhängiger Dienstleister Mitarbeiter benötigt die jederzeit von externen "gekauft" werden können um solche Daten genauso zu fälschen wie es bis jetzt möglich wäre.
 
In Telepolis beschäftigt sich auch der Medienrechtler Markus Kompa mit dem Fall, hier mal ein paar interessante Zitate:
Im Zuständigkeitsbereich des Amtsgerichts München (und der umfasst wegen des fliegenden Gerichtsstands die ganze Welt) ist Inhabern von Internetanschlüssen dringend anzuraten, diese noch heute abklemmen zu lassen, alternativ eine Rechtsschutzversicherung abzuschließen. Denn faktisch tragen sie nunmehr die Beweislast dafür, dass durch die Dose keine urheberrechtlich geschützte Datei gekrochen kommt und wieder entfleucht, was teuer werden kann.
[...]
Vor Gericht gab die Beklagte an, sie hätte ihren einmal vorhandenen Computer schon längst verkauft. Nur wegen des auslaufenden Vertrags sei neben ihrem Telefonanschluss noch ein seither ungenutzter Internetanschluss vorhanden gewesen. Dritte Personen, die in ihrem Haushalt die fragliche Handlung hätten begangen haben können, schloss sie aus und bot hierfür eine Zeugin auf. Sie selbst sei technisch gar nicht in der Lage gewesen, einen Computer zu bedienen, hätte nicht einmal eine E-Mail-Adresse gehabt. Einen WLAN-Router habe sie nie besessen.
Die Beweislast dafür, dass die Datei ihren Weg zur Beklagten nahm und von dort aus wieder in die Welt gesendet wurde, trägt eigentlich der Kläger. Das Amtsgericht München erkannte jedoch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme eine tatsächliche Vermutung für eine Verantwortlichkeit der beklagten Anschlussinhaberin. Der Kläger hatte hierzu einen sachverständigen Zeugen, die Mitarbeiter der Ermittlungsfirma und die Auskunft des Providers aufgeboten. Dem Gericht zufolge trage die Beklagte angesichts der überzeugenden Beweisführung eine sekundäre Beweislast für das Gegenteil. Insbesondere hielt es das Gericht nicht für geboten, einen unparteiischen Gerichtsgutachter zu bestellen.
[...]
Es stellt sich nun die Frage, wie man sich als Besitzer eines Internetanschlusses künftig gegen möglicherweise ungerechtfertigte Filesharing-Klagen aus München wehren soll, wenn die Kläger mit „sachverständigen Zeugen“ aufmarschieren. Faktisch bedeutet dies die Umkehr der Beweislast. Ein verklagter Anschlussinhaber müsste daher einen eigenen Gutachter beauftragen und finanzieren, der für die Vergangenheit eine Nutzung des Internetanschlusses ausschließt (schwierig bis unmöglich) oder die Beweisführung des Klägers falsifiziert.
Quelle: Filesharing ohne Computer? | Telepolis
 
Und zudem noch total sinnlos, weil auch ein scheinbar unabhängiger Dienstleister Mitarbeiter benötigt die jederzeit von externen "gekauft" werden können um solche Daten genauso zu fälschen wie es bis jetzt möglich wäre.

Immer und generell davon auszugehen das jeder Betrügt ist keine Grundlage für ein staatliches zusammenwirken jeglicher Art und auf diese Weise kann kein System funktionieren.

Ich denke an eine Organisation, die aus einer Reihe von Experten besteht, die bei kleineren Fällen unabhängig voneinander Beweise sichten.
Bei grösseren und komplexen Fällen sollten solche Experten in Gruppen zusammenarbeiten. Gruppenbildung erfolgt immer neu je Auftrag.
Ausserdem darf die Organisaiton natürlich keinen Bezug zum eigentlichen Fall haben, sondern sich lediglich darauf beschränken angebliche Informationen zu überprüfen und sich dabei ganz auf technische Vorgänge beschränken.

Das Ergebnis kann sein:
- Information richtig
- Information falsch
- Information nicht zu erstellen, was bedeutet das ein Beweis als nicht erbracht angesehen werden sollte

Kläger oder Beklagte sollen noch die Möglichkeit haben, diese Ergebnisse selbst zu validieren, ansonsten gelten uebliche Verfahren, ggf Revisionen usw.


Nochmal: Das Problem kann sein, das ein Gericht manchmal nicht entscheiden _kann_ ob die vorliegenden Informationen integer sind. Ist die Beweisführung eines Klägers "plausibel", kann das Gericht sie anerkennen (hrr-strafrecht.de - BGH 1 StR 497/10 - 3. November 2010 (LG Mosbach) [ = HRRS 2011 Nr. 69 = NJW 2011, 1239; NStZ 2011, 169; StV 2011, 207 ]).

Ich kann mir vorstellen das man mit dem 5. Leitsatz so manchen Spass haben kann.
 
Zurück
Oben