Vorratsdatenspeicherung und laufende Verfahren

Da es hier nur so von Computerexperten wimmeln müsste und es sicher einpaar gibt, die in Sachen Computerrecht etwas Ahnung haben, möchte ich gerne eine Frage stellen, die mich nach diversen Meldungen immer wieder beschäftigt.

Die Vorratsdatenspeicherung ist ja seit kurzen größtenteils als nichtig erklärt wurden. Hier gibt es viele Infos darüber: http://www.vorratsdatenspeicherung.de/static/verfassungsbeschwerde_de.html

Nun habe ich mich weiter damit beschäftigt und der folgende Artikel hat mich etwas stutzig gemacht: http://www.nz-online.de/artikel.asp?art=1182611&kat=4

Darin beschwert sich der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) Bayern - Harald Schneider wie folgt: "Für laufende Verfahren ist das eine Katastrophe". Doch warum es eine Katastrophe ist, darauf geht er nicht weiter ein.

Das ist jetzt meine Frage an euch: "Was passiert mit den laufenden Vorgängen?" Mit laufenden Vorgängen ist ja gemeint, dass die Herren in Grün durch die Vorratsdatenspeicherung z.B. Jemand beim illegalen Tauschen erwischt haben etc. und dann den Rechner einkassiert haben. Die neuen Rechtsänderungen sehen dann wie folgt aus:

  1. Die §§ 113a und 113b des Telekommunikationsgesetzes in der Fassung des Artikel 2 Nummer 6 des Gesetzes zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG vom 21. Dezember 2007 (Bundesgesetzblatt Teil I Seite 3198) verstoßen gegen Artikel 10 Absatz 1 des Grundgesetzes und sind nichtig.
  2. § 100g Absatz 1 Satz 1 der Strafprozessordnung in der Fassung des Artikel 1 Nummer 11 des Gesetzes zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG vom 21. Dezember 2007 (Bundesgesetzblatt Teil I Seite 3198) verstößt, soweit danach Verkehrsdaten nach § 113a des Telekommunikationsgesetzes erhoben werden dürfen, gegen Artikel 10 Absatz 1 des Grundgesetzes und ist insoweit nichtig.
(http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rs20100302_1bvr025608.html)

Das heißt, Provider sind nicht mehr verpflichtet Daten zu speichern und bei der Strafprozessordnung kann nichts mehr beschlagnahmt werden. Wenn es jetzt so eine "Katastrophe" wäre, dann würde ich denken, dass die Beschlagnahmung nicht mehr gültig ist und die "bösen" Menschen z.B. ihre Rechner zurückkriegen würden - also die noch unter "laufende Verfahren" stehen. Das klingt für mich ziemlich logisch, da die jetzt alle personenbezogene Daten der Vorratsdatenspeicherung löschen müssen - laut des Bundesverfassungsgerichts. So würde den Ermittlern doch die nötigen Daten fehlen, die als Ermittlungsgrundlage genutzt werden. Somit sollte das laufende Verfahren doch kippen, oder?

Was meint ihr?
Ich hab übrigens schon fast den ganzen Nachmittag nach entsprechenden Infos gesucht - aber vergebens. Vielleicht hat ja der eine oder andere noch aussagekräftige Links, oder selbst schon Erfahrungen gemacht etc.
 
Für laufende Verfahren ist das eine "Katastrophe", weil sämtliche Provider schon angefangen habe ihre gespeicherten Datenbestände zu löschen. Somit ist ein sehr wichtiges gerichtfestes Beweismittel nicht mehr verfügbar und es wird schwerer im Prozess die Kausalität nachzuweisen und Schadensansprüche daraus abzuleiten.
 
genau und selbst wenn die Provider weiter speichern würden dürften die Daten nicht als Beweiss vor Gericht verwendet werden
 
Bei laufenden Verfahren sind diese Daten im Normalfall bereits in den Händen der Staatsanwaltschaft (ohne Beweise und Indizien gibt es ja keine Anklagemöglichkeit und somit auch kein laufendes Verfahren). Die meisten dieser Prozesse werden wohl ausgesetzt werden, bis die Verwertbarkeit dieser Daten rechtlich wieder geklärt ist.
 
Naja, wenn man den Aussagen mancher Provider glauben darf, haben sie ja direkt angefangen mit dem Löschen und haben dabei auch großspurig verkündet, es gäbe keine Backups.

Allerdings bleibt offen was für ein Verfahren der GdP-Landesvorsitzende meinte. Wenn er von einem Ermittlungsverfahren ausgeht, dürfte es für einige wirklich glimpflich ausgehen. Denn es ist ja nicht so, dass man sich eine illegale Datei herunterlädt und am nächsten Morgen die Polizei die Rechner mitnimmt und die Verbindungsdaten beim Provider anfrägt. Meistens liegen dazwischen einige Wochen und daher sind einige Ermittlungsverfahren wohl schon eingeleitet, aber aus Zeit-/Personalmangel noch nicht abgeschlossen.
 
Nur um mal etwas klarzustellen, für illegale Down- und Uploads ändert
sich gar nichts, da die Daten der Vorratsspeicherung nie für privatrechtliche
Verfahren verwendet werden durften. Hier ist die IP mit den Logindaten des
Nutzers verbunden und von daher über kurz oder lang auch einem Anschlussinhaber
zuordenbar solang er online ist. Bei genügend Naivität hat er sogar seine echte Adresse
hinterlegt und über Papas Festnetzanschluss die Mitgliedschaft bezahlt.
Diese Daten werden zur Rechnungsstellung weiterhin gespeichert.

Für laufende srafrechtliche Verfahren ist es nun allerdings fraglich, ob Daten
aus dieser Quelle als Beweismittel zugelassen werden.

Gruss
 
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