Hey End4win,
vorweg: vielen Danke für deine pointierte Antwort – ja, das mit den Terminen und politischen Zielvorgaben hat schon was Paradoxes, wenn man sich die bisherigen Erfahrungen (BER, OZG etc.) anschaut

.
Da kann man dir ja nur zustimmen. - auf jeden Fall! - und du triffst hier den Nagel richtig auf den Kopf - mal wieder
Aber genau an der Stelle finde ich die Diskussion eigentlich spannend:
Was verstehen wir überhaupt unter „Digitalisierung“ oder „Innovation“?
Ich glaube, es geht bei echter Innovation nicht nur darum,
analoge Prozesse einfach abzuschalten, sondern darum,
neue Formen des Zusammenarbeitens und Lernens zu ermöglichen – also um
Veränderungen im sozialen und epistemischen Gefüge. Insofern entstehen Innovationen m.E.
nicht durch politische Ansage, sondern
durch Netzwerke, Interaktionen und gemeinsame Praxis - ich komm unten auf ein Beispiel eines Innovativen "Großprojekts" - das ich hier im Forum schon mal angesprochen hab - auf das Silicon Valley". Doch zunächst, glaube ich, kann man das an einem einfacheren und konkreteren Beispiel ja auch sehen - an dem Beispiel von Open Source-Projekten.
Und ja: für mich sind Innovationen auch in einer speziellen Bereich noch möglich - gewissermaßen dort strukturell auf "Dauer gestellt" - nämlich im Open Source-Bereich: kommen wir mal auf diesen Open Source Bereich - und wie man an meinen sonstigen Postings hier im Forum sieht - ich bin zugegebenermaßen halt ein Open Source-Fan - ich traue, ggf. ähnlich wie du - auch eher weniger den politisch-adminstrativen Grundlegungen - die sind m.E. eben keine Garanten für Innovation - sondern verhindern diese oft eher. Innovation kommt m.E. aus anderen Bereichen - solchen die viel viel dynamischer sind - und die von außen aufgedrückte Strukturen ( etwa politischer Plansetzung ) eher unzugänglich sind - ja oft viel eher einem "Chaos" ähneln und ggf. auch mit einem komplexen Netzwerk zu vergleichen sind - das Eric Raymond mit dem Bazaar vergleicht.
Wenn man sich z.B. Open-Source-Communities anschaut (Linux, Wikipedia, Blender oder auch WordPress zum Beispiel etc.) , dann sieht man sehr deutlich, dass Neues dort gewissermaßen
emergent entsteht – also aus dem Zusammenspiel vieler Akteur:innen, Ideen, Korrekturen, Iterationen. Das ist dann weniger ein zentral gesteuerter Prozess als vielmehr eine Art „
Verknüpfungspraxis“: Wissen, Tools, Perspektiven und Menschen werden auf neue Weise miteinander verbunden.
Und ja: in diesem Sinn ist das Internet nicht einfach ein „Ort des Wissens“, sondern eher ein
Möglichkeitsraum, also halt die schlichte Bedingung der Möglichkeit, technisch gesprochen so etwas wie der Enabler", in dem Differenz und Variation produktiv werden können – wo Neues „auftaucht“ (emergiert), weil viele Elemente miteinander in Beziehung treten.
Darum tue ich mich - wie oben bereits angedeutet - eher etwas schwer mit politischen Zielbildern, die auf das
Abschalten analoger Wege setzen. Das klingt nach Kontrolle, wo es eigentlich um
Ermöglichung gehen müsste – also um Rahmenbedingungen, in denen Selbstorganisation, Kreativität und verteilte Intelligenz wirklich wirken können.
Oder etwas einfacher gesagt: Innovation ist kein Projektplan mit Deadline, sondern ein
ökosystemischer Prozess.
Und genau dieses Prinzip sieht man im Netz, in offenen Communities – dort, wo Menschen etwas ausprobieren, verknüpfen, teilen.
Viele Grüße
btw: Unter Emergenz versteh ich so, was wie das hier auch beschrieben wird - und hier ists bezogen auf Open Source-Projekte:
Emergenz: (lat. emergere: auftauchen, hervorkommen, sich zeigen)
Ziel der Veranstaltung ist es in das Verständnis des Themenkomplexes zur Emergenz einzuführen und damit ganz allgemein zu einem adäquateren Verständnis für komplexe Systeme – unter anderem auch in der Bildungswissenschaft – zu gelangen.
peter.baumgartner.name
und in dem folgenden Minitext - sieht man den Bezug zu dem dynamischen Zusammenhang - dass aus einer gr. Struktur eben aus einem vielschi chtigen Netzwerk eher beiläufig u. ggf. auch "zufällig" auftauchen - und "erscheinen" - so - hmm wie es auch bei Springbrunnen der Fall ist.
Unter Emergenz (lat. emergere: auftauchen, hervorkommen, sich zeigen) wird das Entstehen neuer Strukturen oder Eigenschaften aus dem Zusammenwirken von Elementen in einem komplexen System verstanden. Als emergent werden Eigenschaften eines „Ganzen“ bezeichnet die sich aus den einzelnen „Teilen“ nicht direkt herleiten lassen sondern nur aus dem Zusammenwirken ihrer Teile d. h. aus ihrem Prozess heraus erklärbar sind. Beispiele dafür sind:
H20 (Wasser)-Moleküle und die Eigenschaft „flüssig“
Neuronen und die Gehinaktivität „denken“
didaktische Arrangements und „guter“ Unterricht bzw. Qualität des Unterrichts
einzelne Akteure und eine Community wie z.B. die Open Source Bewegung
Konzeptionen der Emergenz sind stark verschränkt mit „Theorien“ wie z.B. Selbstorganisation, Autopoiese, Synergetik, Chaos, Hybridisierung aber auch Innovation.
Baumgartner spricht hier von "Selbstorganisation, Autopoiese, Synergetik, Chaos, Hybridisierung" aber auch Innovation.
Das gefällt mir hier sehr sehr gut - denn es trifft hier auch supergut die Chaos-Struktur des Bazaars
vgl Eric Raymond:
The Cathedral and the Bazaar: ein immer noch sehr lesenswertes Werk
en.wikipedia.org
The Cathedral and the Bazaar: Musings on Linux and Open Source by an Accidental Revolutionary (abbreviated CatB) is an essay, and later a book, by Eric S. Raymond on software engineering methods, based on his observations of the Linux kernel development process and his experiences managing an open source project, fetchmail. It examines the struggle between top-down and bottom-up design. The essay was first presented by Raymond at the Linux Kongress on May 27, 1997, in Würzburg, Germany, and was published as the second chapter of the same‑titled book in 1999.
.....last but not least würde ich - wie bereits schon oben angedeutet, auch noch auf das Silicon Valley anspielen - als Beispiel wie Innovation und Erneuerung wohl mehr mit guten Rahmenbedingungen u- einem leistungsfähigen Ökosystem zu zun haben.
nett - in diesem Zusammenhang mit Innovation, Emergenz und nachhaltige Entiwicklung - die nicht "politikdriven" ist - hier nochmals auch der Clip - den ich hier bereits mal erwähnt habe:
why is Silicon Valley here.
Schönen Montagabend.