Die Entwicklung unserer Jugend macht mir Sorgen

Noch heute versucht die Medizin die Heilkräuter der griechischen Antike wiederzuentdecken. Techniken wie das Öffnen des Schädels um einen Überdruck bei Schädelverletzungen abzubauen waren im alten Griechenland bereits bekannt und sind in Europa erst durch die "moderne Medizin" wieder möglich geworden. Noch heute beneiden Steinmetze die alten Griechen um ihre Perfektion und versuchen herauszubekommen, wie sie das mit damaligen Mitteln schaffen konnten. Noch heute versuchen Künstler die Sappho-Fragmente wieder zu einem vollständigen Stück zu rekonstruieren. Noch heute sind Sokrates Werke nur teilweise rekonstruiert. Und so weiter, und so fort.

Der Großteil des Wissens der griechischen Antike wurde erst nach dem Mittelalter mühsam wieder rekonstruiert und restauriert. Und ja, genau deswegen, weil dieses Wissen so lange verschollen war, muß es noch heute mühsam wieder aus Fragmenten zusammengesetzt werden. Diese Zeit hätte man sich sparen können, wenn es vollständig übermittelt worden wäre. Man könnte nicht nur zerfallene Ruinen sondern großartige Sport- und Tempelanlagen in Griechenland besichtigen, wenn die Kultur nicht durch das Christentum ausgelöscht worden wäre. Man hätte tausende Bücher/Steintafeln mit uraltem Wissen zur Verfügung, die viel Forschungszeit in der Astronomie, Chemie, Physik, Biologie Philosophie und anderem erspart hätten. Und deswegen spricht man von einer untergegangenen Kultur. Lebendiges Wissen muss man nicht wiederentdecken, man kann es einfach nutzen.

Im übrigen hat unsere Postdemokratie mit der Demokratie der alten Griechen etwa soviel zu tun wie Kapitalismus mit Sozialismus. :rolleyes:
 
bitmuncher
Techniken wie das Öffnen des Schädels um einen Überdruck bei Schädelverletzungen abzubauen waren im alten Griechenland bereits bekannt und sind in Europa erst durch die "moderne Medizin" wieder möglich geworden.
Ich vermute Du spielst auf die sogenannte Trepanation, bzw. die Kraniotomie an, dazu lässt sich sagen das es sich dabei erstens nicht um eine griechische Erfindung handelt (tatsächlich hat die Archäologie nachgewiesen, dass dieses Verfahren bereits in der Steinzeit angewendet wurde), ausserdem wurde dieses Verfahren in Europa niemals vergessen oder verloren, sondern von der chrislichen Kirche verboten - trotzdem wurde bereits ab dem 13. Jahrhundert wieder trepaniert, im 16.Jahrhundert und im 18. & 19. Jahrhundert gab es einen regelrechten Boom dieses Verfahrens...

bitmuncher:
Der Großteil des Wissens der griechischen Antike wurde erst nach dem Mittelalter mühsam wieder rekonstruiert und restauriert. Und ja, genau deswegen, weil dieses Wissen so lange verschollen war, muß es noch heute mühsam wieder aus Fragmenten zusammengesetzt werden.
In Europa gab es tatsächlich eine Phase in der christliche Bilderstürmer sich große Mühe gaben griechische Kulturerzeugnisse zu zerstören und vergessen zu machen, trotzdem war dieses Wissen niemals "verschollen" da die muslimischen Gelehrten des morgenländischen Kulturkreises glücklicherweise wesentlich toleranter und nachsichtiger (verkehrte Welt, oder? ;)) mit "heidnischen Überlieferungen" waren und den griechischen Kulturschatz bewahrt haben. Natürlich ist (leider) nicht alles erhalten geblieben, aber wenn man bedenkt das weit mehr als 2000 Jahre zwischen uns und z. B. Sokrates liegen, dann ist doch beeindruckend viel von dessen Erzeugnissen überliefert worden. Der einfache Grund dafür das soviel überliefert wurde, liegt darin das die griechische Kultur eben nicht "untergegangen" ist, sondern ihr Kulturerbe von Generation zu Generation weiter gegeben wurde...
Die antike griechische Kultur lebt zahlreichen Manifestationen bis heute fort, sie hat unsere heutige Kultur geprägt und geformt - ohne das antike Griechenland sehe Europa und die ganze abendländische Kultur völlig anders aus. Aber nicht nur die Architektur, die Poesie, die Philosophie, die Mathematik, die Politik und die griechische Sprache wurden überliefert, selbst griechische Sportarten (z. B. Ringen und die Disziplinen des Zehnkampf) haben bis heute überdauert... Und was die Sprache betrifft: Mein Lateinlehrer beherrschte auch Alt-Griechisch und der hat sich mit den griechisch-stämmigen Schülern aus meiner Klasse in dieser Sprache unterhalten können - so nah liegen das moderne und das antike Griechisch beieinander...
Und Du sagst die griechische Kultur ist untergegangen?
 
Zeige mir ein einziges antik-griechisches Theaterstück, das inkl. der zugehörigen Gesänge erhalten blieb. Zeige mir ein einziges vollständiges Schriftstück der altgriechischen Kräuterkunde. Zeige mir ein einziges vollständiges Schriftstück, das der griechischen Baukunst gewidmet ist. Zeige mir die Werke, die das astronomische Wissen der griechischen Antike enthalten. Warum streiten wohl heute noch die Archäologen über die Bedeutung bestimmter griechischer Götter? Warum hat man jahrelang die Bautechniken erforschen müssen um heute die Akropolis reparieren zu können? Wo sind die Karten des antiken Griechenlands, die es unnötig machen würden, nach verschollenen Städten Jahrzehnte lang zu suchen? Schon die alten Römer bedauerten, dass so viel vom griechischen Wissen schon zu ihrer Zeit verloren war. Und da willst du ernsthaft behaupten, dieses Wissen "lebt weiter"?

Zwischen dem dem antiken Griechenland und der Kirche als Institution, die etwas zu sagen hatte, vergingen übrigens einige hundert Jahre, und schon im alten Rom wurde die Öffnung des Schädels nur noch von wenigen griechischen Ärzten praktiziert. Es war nämlich nicht die Kirche, unter der diese Technik nicht mehr praktiziert wurde, sondern bereits bei den Römern war das Öffnen eines Körpers verpönt, weswegen es auch kaum römische Ärzte gab. Wasserkuren, die schon Asklepiades 100 v.u.Z. verschrieb, werden heutzutage Kneipp zugerechnet, weil das Wissen darum verloren war. Wissen von Galenos zur Psychologie wurde erst von Jung wieder ausgegraben und "marktreif" gemacht. Was heutzutage durch die chinesische Medizin nach Europa schwappt (Krankheiten heilen durch wiederherstellen von körperlichen Gleichgewichten) wurde bereits von Platon, Pythagoras u.a. gelehrt.

Was du als "fortleben" bezeichnest, sind lediglich Fragmente, die durch das alte Rom überdauert haben. Dort galt es z.B. in Adelskreisen (vor allem bei den Frauen) als schick, sich mit griechischer Philosophie zu beschäftigen, als es in Griechenland schon längst keine Philosophenschulen mehr gab und man höchstens noch ein paar in Ägypten fand. Aber diese beschäftigten sich nur mit "den grossen Philosophen", während das Wissen der vielen kleinen Philosophenschulen in Vergessenheit geriet.

Wie erklärst du dir wohl, warum es Archäologen gibt, die sich auf die Wiederentdeckung bestimmten wissenschaftlichen Wissens (wie z.B. der Medizin, der Baukunst u.ä.) spezialisiert haben, wenn doch alles angeblich weitergetragen wurde? Die Leute müssten ja dann wohl arbeitslos sein.

Ich habe selbst in meiner Jugend viel Zeit damit verbracht fragmentales Wissen der alten Griechen, Römer und Babylonier zusammenzutragen. Ich habe dutzende unvollständiger Texte zu Chemie, Biologie, Dichtkunst und Mythologie gelesen, wo es immer wieder an einigen stellen hiess "dieser Teil ist nicht erhalten geblieben", weil irgendwelche Archäologen sie nur noch als Fragmente aus Ruinen holen konnten. Und bis heute hoffe ich darauf, dass irgendwann mal irgendwo die restlichen Werke von Sappho wiederentdeckt werden, die immerhin bis heute als bedeutendste Dichterin der Antike gilt. Ich kann dir lediglich sagen, dass das, was du hier als vermeintlich weitergereichtes Wissen präsentierst, lediglich Bruchstücke dessen sind, was die Griechen wussten. Und bis heute beschäftigen sich viele Wissenschaftler auf der ganzen Welt damit das Wissen des antiken Griechenlands und anderer antiker Völker zu rekonstruieren. Hätten die Griechen es selbst weiter vermittelt, wäre dies kaum notwendig, denn spätestens mit der Erfindung des Buchdrucks wurde sämtliches Wissen in Bücher gebannt und selbst mündliche Überlieferungen gelangten so auf's Papier. Doch da war vieles vom antiken Wissen bereits verloren und von meterdickem Sand bedeckt. Ja, ich sage, dass die griechische Kultur untergegangen ist und das wird dir jeder Archäologe bestätigen.

Aber wir schweifen vom Thema ab, weswegen ich mich in diesem Thread nicht weiter dazu äußern werde. Du kannst ja einen extra Thread dazu aufmachen. Wenn ich die Zeit finde, werde ich dort vermutlich sogar antworten, da die Antike bis heute ein Steckenpferd von mir ist, auch wenn ich mich eher auf Sumer "spezialisiert" habe.
 
OT
Ich finde die Griechen werden überbewertet.
Das Alphabet bei den Phöniziern geklaut,
die Zahlen bei den Arabern.
Ich werde den Verdacht nicht los, die haben alles irgendwo mitgehen lassen
und es dann als Ihres verkauft. :D

Sokrates wurde übrigens wegen Verderben der Jugend und Gottlosigkeit zum
Tode verurteilt.
/OT

Gruss
 
bitmuncher:
Zeige mir ein einziges antik-griechisches Theaterstück, das inkl. der zugehörigen Gesänge erhalten blieb. Zeige mir ein einziges vollständiges Schriftstück der altgriechischen Kräuterkunde. Zeige mir ein einziges vollständiges Schriftstück, das der griechischen Baukunst gewidmet ist. Zeige mir die Werke, die das astronomische Wissen der griechischen Antike enthalten.
Ich habe nie behauptet das jede Einzelheit, jedes Detail der griechischen Kultur überliefert wurde. Aber noch heute müssen sich Deutsch-LKs und Studenten der Theaterwissenschaft durch unzählige klassischen Werke der griechischen Antike arbeiten (mir blieb z B. die Antigone des Sophokles nicht erspart), das gesamte abendländische Theater war von der griechischen Theaterkultur inspiriert und geprägt - um nicht zu sagen erschaffen worden. Angefangen bei der ursprünglichen Bauart der Theater und Bühnen, über die Art der Dramen wie z. B. die Tragödie und die Komödie, bis hin zu dem Prinzip die Geschichten um einen Protagonisten und einen Antagonisten herum zu entwickeln und der als Monolog oder Dialog realisierten Teichoskopie ist alles ein direktes Erbe der griechischen Theaterkultur.
Auch aus allen anderen von Dir angeführten Bereichen ist nicht alles, aber doch beeindruckend viel erhalten geblieben, so kennen wir z. B. die Verfahren mit dem Aristarchos von Samos (ca. 310 v. Chr.bis 230 v. Chr.) versuchte den Abstand der Erde von der Sonne zu berechnen und Erasthostenes (ca. 275 v. Chr. bis 195 v. Chr.) den Umfang der Erde berechnete - das ist übrigens auch der Mathematiker der uns das berühmte Sieb zur Ermittlungen von Primzahlen geschenkt hat...
Ganz egal ob man die Welt als griechische Tragödie, oder als Objekt der euklidischen Mathematik begreift oder man schon Probleme hat sich die Sätze des Pythagoras oder des Thales zu merken, ob man sich dem Sport verschrieben hat und seinen Körper in einem Stadion stählt um ein wahrer Athlet zu werden und man vielleicht sogar ein echter Olympionike ist oder nur privat gerne an Marathonläufen teilnimmt und den Schmerz stoisch erträgt, ob man ein Zyniker ist oder nur platonische Beziehungen schätzt oder vielleicht doch eher ein Verfechter drakonischer Strafen ist - ohne unser griechisches Kulturerbe wäre nichts davon (und noch viel, viel mehr - mir feht nur gerade die Zeit) denkbar... Und selbst wenn Du an diesen Worten vielleicht zweifelst und ein richtiger Skeptiker bist - was denkst Du in welcher Kultur diese Geisteshaltung ihre Wurzeln hat?
Du sagst die griechische Kultur ist untergegangen, ich sage sie ist direkt in der abendländischen Kultur aufgegangen.

bitmuncher:
Zwischen dem dem antiken Griechenland und der Kirche als Institution, die etwas zu sagen hatte, vergingen übrigens einige hundert Jahre, und schon im alten Rom wurde die Öffnung des Schädels nur noch von wenigen griechischen Ärzten praktiziert. Es war nämlich nicht die Kirche, unter der diese Technik nicht mehr praktiziert wurde, sondern bereits bei den Römern war das Öffnen eines Körpers verpönt, weswegen es auch kaum römische Ärzte gab.
Das ändert nichts daran das die Trepanation weder eine spezielle Errungenschaft der griechischen Kultur war und daher als Beleg dafür, dass die griechische Kultur untergegangen ist, völlig ungeeignet ist, noch daran das Deine Behauptung aus dem vorherigen Post, dass erst die moderne Medizin dieses Verfahren wiederentdeckt hat schlichtweg falsch ist. Es sei denn Du betrachtest z. B. einen Medicus des 13. Jahrhunderts als Vertreter der modernen Medizin...:rolleyes:
 
Zuletzt bearbeitet:
Wie bereits gesagt: Mach einen extra Thread auf, wenn du das weiter diskutieren willst. In diesem Thread bitte back to topic!
 
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