Direkte Demokratie

end4win

Moderator
Anlässlich des Volksentscheides zu S21 habe ich mir erneut die Frage gestellt, ob direkte Demokratie
in Flächenstaaten überhaupt eine sinnvolle Möglichkeit darstellt Entscheidungen zu treffen.

Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass sie keine Option darstellt.
In Bayern beteiligten sich als es um das Rauchverbot ging gerade einmal knappe 38%,
auch in Hamburg, wo die Schulreform zur Abstimmung stand, ebenfalls knappe 38%
und jetzt bei S21 fanden auch nur 48% den Weg zu den Urnen, da stellt sich mir die Frage
was macht es für einen Sinn das Volk zu fragen, wenn es offensichtlich eine Mehrheit gibt,
welche gar nicht gefragt werden will?
Wie absurd solche Entscheide sein könnten zeigt die S21 Abstimmung besonders schön, hier wäre
zu der Mehrheit der Stimmen noch 33% aller Wahlberechtigten nötig gewesen um das Kündigungsgesetz
auf den Weg zu bringen, dieses Quorum wurde von den Befürwortern von S21 nicht erreicht, wodurch allein
die Fragestellung das Projekt ermöglicht. Wäre zum Beispiel über eine Rücknahme des Kündigungsgesetzes, oder
über ein Gesetz zur Finanzierung abgestimmt worden, wären diese gescheitert.

Ein weiteres Argument gegen eine Ausweitung von direkter Demokratie dürfte wohl der damit verbundene
ständige Wahlkampf sein, welcher vermutlich weite Teile des politischen Betriebes lähmen würde.
Dass solche Abstimmungen wohl kaum auf sachlicher Ebene behandelt werden, zeigt auch S21,
Plakate wie „Weiter Ärgern oder weiter Bauen“ sind wohl kaum geeignet zur politischen Meinungsbildung,
auch eine Broschüre, von der Regierungskoalition über Für und Wider die unterschiedliche Ausstiegskosten
von einmal 300 Millionen oder 1,5 Milliarden nennt ist Glaubenssache, wenn nicht schon Desinformation.
Hier geht es dann auch schon direkt in den nächsten Gefahrenbereich, den Populismus.
Wie wäre eine S21 Abstimmung kurz nach dem „schwarzen Donnerstag“ oder vor der Landtagswahl ausgegangen.
Wie gross ist die Gefahr, dass die Allianz mit dem griffigsten Slogan, dem grössten Etat und den
besten Beziehungen zu den Medien solche Abstimmungen entscheidend beeinflussen. Es ist nicht
davon auszugehen, dass der Normalbürger die Zeit findet sich in komplexere Themen einzuarbeiten.

Ich finde Bürgerbeteiligung muss sich auf einer anderen Ebene abspielen. Man muss die vorhandenen
Möglichkeiten zur Einmischung nutzen. So dürfte die Abwahl der schwarz-gelben Koalition in BW wesentlich
grössere Wirkung bei der politischen Klasse im Umgang mit dem Bürger hinterlassen haben, wie jede Volksabstimmung.
Auch organisierte Proteste gegen Websperren oder Vorratsspeicherung haben ihre Wirkung nicht verfehlt.
Doch wenn plötzlich über 50% der Piratenwähler für den Einsatz eines Bundestroyaners sind sollte einem klarwerden,
wie wenig politischer Konsens in einer Volksbefragung stecken kann.
Bevor man die „idiotes“, wie die Griechen jene nannten welche sich nicht politisch engagierten, nicht dazu
bringt ihre Haltung zu ändern, stellt direkte Demokratie eher eine Gefahr dar, als einen Fortschritt.

Gruss
 
Genau, wir brauchen also einen wohlwollenden Diktator, der das dumme Volk vor sich selbst schützt.
 
Nur weil man bestimmte Bereiche nicht einer Direktwahl zur verfügung stellen kann, bedeutet das nicht automatisch ein Beschneiden der Demokratie.

Eine Menge Sachen koennen nicht per Direktwahl abgestimmt werden, denn kaum ein Bürger hat das nötige Wissen um Entscheidungen zu treffen, vor allem wenn es um juristische Fragen geht. Überhaupt kann das Prinzip einer direkten Beteiligung der Bürger nur erfolgen, wenn der Bürger seine Rechte wahrnimmt. Eine intensive Beschäftigung mit dem politischen Geschehen, alleine in Deutschland, wäre für die meisten ein Fulltime-Job.

Zudem sehe ich bei einer generellen Stimmbeteiligung politischer Entscheidungen die Gefahr der massiven Meinungsmache. Politiker und Medien würden in spontenen Aktionen die Medienlandschaft derart befeuern, das die traeumerische "direkte Demokratie" schneller auf Dieter-Bohlen Niveau sinken als man sich die Namen von Politikern merken kann.

Das generelle Konstrukt der direkten Demokratie ist Utopie und von jeglicher Lebenswirklichkeit entfernt. Und Erfahrungen mit Demokratie lassen sich nunmal nur an der Lebenswirkichkeit messen.

Ich sehe viele Möglichkeiten sich an Politik zu beteiligen: Kommunalpolitik, Internet Governance, Kreis- und Landesebene und verschiedenste andere Interessengruppen.

Wenn wir unsere bestehenden Möglichkeiten nichtmal annähernd ausschöpfe, dann macht es auch wenig Sinn nach linkem Spinnerismus zu schielen.
 
Die meisten hier sind ja eher linksliberal eingestellt. Ich könnte mir gut vorstellen, dass gerade Themen wie Vorratsdatenspeicherung postiven Anklang in einer direkten Demokratie finden könnten. Dafür sprechen unter anderem zwei Gründe. Erstens würde durch eine starke Beeinflussung von Boulevardmagazine die Masse so dermaßen "manipuliert" werden, dass viele diese Meinung annehmen würden (a la "Computerfreaks wollen noch weniger Polizei um nicht bei unchristlichen Aktivitäten erfasst zu werden").
Zweitens würde ein Gesetz wie die Datenspeicherung bei vielen Personen bestimmt den Eindruck der Kontrolle, Gerechtigkeit und Notwendigkeit erwecken, wenn es nicht von den bösen Politikern kommt, sondern von der Mehrheit beschlossen wird.
Informiert sind ja eh nur wenige Leute und diese kleine Minderheit der Experten ist praktisch gesehen bedeutungslos bei einer Abstimmung.

Ausserdem: Wenn ich mir die Mehrheit der Personen auf dem Land so angucke, dann will ich eigentlich auch gar nicht das die irgendwelche Ideen einbringen können ;)
Gerade alte Leute sind da ja sehr speziell.
 
end4win hat gesagt.:
Anlässlich des Volksentscheides zu S21 habe ich mir erneut die Frage gestellt, ob direkte Demokratie
in Flächenstaaten überhaupt eine sinnvolle Möglichkeit darstellt Entscheidungen zu treffen.

Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass sie keine Option darstellt.
Sicher sind Volksentscheide kein Allheilmittel der Demokratie und es gibt sicher einige gewichtige Argumente, die gegen Volksentscheide sprechen, aber sie deshalb grundlegend abzulehnen halte ich für falsch.

end4win hat gesagt.:
[...]da stellt sich mir die Frage
was macht es für einen Sinn das Volk zu fragen, wenn es offensichtlich eine Mehrheit gibt,
welche gar nicht gefragt werden will?
Zum einen sind da die Menschen die gefragt werden wollen - will man ihn dieses Recht verweigern, nur weil es welche gibt die das nicht wollen oder denen es schlicht egal ist? Zum anderen könnte ich mir vorstellen das die Beteiligung stark von dem Thema abhängt, sicher mobilisieren einige Themen mehr Menschen als andere. Zu guter Letzt sind wir Deutschen nicht gerade an Volksabstimmungen gewöhnt und daher, was diese Thematik angeht, eher unerfahren - ich könnte mir vorstellen das sich das Interesse der Menschen deutlich erhöht, wenn sie die erst einmal die Erfahrung machen das Volksabstimmungen wirklich etwas verändern.

end4win hat gesagt.:
Ein weiteres Argument gegen eine Ausweitung von direkter Demokratie dürfte wohl der damit verbundene
ständige Wahlkampf sein, welcher vermutlich weite Teile des politischen Betriebes lähmen würde.
Bei unseren Schweizer Nachbarn scheint das kein Problem zu sein - obwohl dort die Hälft aller weltweiten Volksabstimmungen stattfinden:
In der Schweiz finden in absoluten Zahlen über 50 % aller weltweiten Volksabstimmungen statt. Als eine im besonderen Masse halb-direkte Demokratie mit repräsentativen und direkt-demokratischen Merkmalen verfügt sie über eine sehr ausgeprägte Kultur von Volksabstimmungen. Sie sind somit ein inhärenter Teil des eigentümlichen Gesetzgebungsverfahrens der Schweiz.
Ich persönlich begrüße alles was den Menschen mehr Mitspracherecht verschafft, daher halte ich Volksabstimmungen prinzipiell für eine gute Sache - auch wenn mir die Ergebnisse einer solchen Abstimmung sicher nicht immer gefallen werden.
Allerdings sind Volksabstimmungen sicher nicht die einzige Möglichkeit Demokratie etwas direkter zu gestalten - eine spannende Idee ist z. B. das Konzept Liquid Democracy der Piraten.

Quellen:
Volksabstimmung (Schweiz)
Liquid Democracy
 
Wieso kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass Volksabstimmungen nur dann gewünscht sind, wenn ihr Ergebnis der eigenen Meinung entspricht? :D

Es gibt im OP zwei Aussagen, zu denen ich was sagen möchte. Nr. 1 ist: "Volksabstimmungen bringen nix, wenn die Mehrheit zuhause bleibt".

Diese Aussage ist in zweierlei Hinsicht falsch. Zum einen, weil das grundsätzlich bei jeder Wahl zutrifft. Auch bei einer Bundestagswahl diktiert nur ein vergleichsweise kleiner Teil der Bevölkerung, wer letztlich alle in den folgenden Jahren regieren wird. Wer allerdings nicht zur Wahl geht, darf sich über das Ergebnis nicht beklagen.

Allerdings hat die Wahlbeteiligung bei Volksentscheiden noch eine weitere Besonderheit: Wer nicht hingeht, ist dagegen, in der Mobilisierungspflicht sind die Befürworter. Ursache dafür ist das Quorum, welches besagt, dass ein bestimmter Anteil der Wahlberechtigten (in BaWü 33 %) den zur Abstimmung stehenden Antrag überhaupt erstmal annehmen muss. Da dies aber vergleichsweise unwahrscheinlich ist, kann man sich theoretisch als Gegner den Gang zur Urne auch sparen. Erst wenn absehbar ist, dass 33 Prozent mit JA stimmen, lohnt sich Mobilisierung auf der Gegenseite. Denn zusätzlich zum Quorum muss auch noch eine Mehrheit der abgegebenen Stimmen FÜR einen Antrag stimmen, um ihn anzunehmen. Aber wann abseits von Bundestagswahlen hat man schon mal mehr als 66 Prozent Wahlbeteiligung? ;)

Insofern bin ich schon beeindruckt über die Wahlbeteiligung und dass es so vielen Menschen ein Anliegen war, explizit den Antrag abzulehnen. Dies sollte den S21-Gegnern zeigen, dass sie sich nicht als vermeintliche Stimme der schweigenden Mehrheit betrachten dürfen.


Punkt Nr. 2, der oft missverstanden wird, ist die Formulierung des Antrags. Die ist nicht so kompliziert (JA stimmen, wenn man NEIN zu S21 sagt), weil Wähler in die Irre geführt werden sollen. Die Ursache liegt vielmehr darin, dass eine Volksabstimmung immer für einen Antrag stattfinden muss. Mann kann nicht einfach irgendwas ablehnen ohne eine Alternative vorzulegen. Also wird nicht gegen irgendwas gestimmt, sondern für einen vom Antragsteller der Volksabstimmung formulierten Alternativvorschlag. Wer also meint, die Abstimmung ging in die Hose, weil die Frage falsch gestellt war, der darf sich bei den S21-Gegnern bedanken, die diese Formulierung ausgearbeitet haben. Da braucht's nicht mal eine böse Medienverschwörung... ;)
 
@LX
Da trügt dich dein Eindruck.
Ich gehe davon aus, dass es 52% schlichtweg egal ist ob Stuttgart einen
Durchgangs- oder Kopfbahnhof hat. Die Vorhersagen gingen übrigens von einer höheren
Wahlbeteiligung aus und dass eine Mehrheit das Quorum erreichen würde. Von daher
dürfte auch deine Aussage die Nichtwähler wären zumindest zum Grossteil für das Projekt
nicht zu treffen. :wink:
Zu deinem Punkt 2:
Die Frage war weder kompliziert noch verwirrend. Man muss schon reichlich geistig verwirrt
sein wenn man nicht spätestens beim zweiten Mal nachdenken darauf kommt, dass es um die Kündigung der Finanzierungsvereinbarung ging und man mit Ja stimmen
muss, wenn man nicht will dass das Land S21 mitfinanziert. Kretschmann sah
dies übrigens auch so und traute es den Bürgern durchaus zu, die CDU ihren
Wählern anscheinend nicht. :).
BTW es gab keine Alternativvorschlag.

Ich hoffe ich konnte deine Bedenken zu meiner Motivation für diesen Thread zerstreuen.

@Tarantoga
Ich habe nichts gegen Volksabstimmungen im allgemeinen, jedoch sehe ich absolut keine
Notwendigkeit diese Art der Demokratie weiter auszubauen und schon gar nicht bei Themen,
welche eben nicht von der Mehrheit als entsprechend wichtig angesehen werden,
um daran teilzunehmen.
Die Schweiz mit ihren gerade mal 8 Millionen Einwohnern ist doch recht
überschaubar und kaum mit Deutschland vergleichbar.
Liquid Democracy ja das wird spannend wenn sich so was mal in einer Regierungspartei durchsetzt ;) ,
da müsste die FDP wohl so ziemlich jeder Abstimmung fernbleiben.

Worauf ihr jetzt Beide überhaupt nicht eingegangen seid ist die Gefahr des Populismuses.

@t3rr0r.bYt3

Hm, wohlwollender Diktator wird schwierig.
Es gibt immer welche denen ich es nicht Recht machen kann. :)
Aber wenn du weisst wo es ein dummes Volk gibt, bin ich gern bereit
zu dessen Bildung beizutragen. :wink:

Gruss
 
Die Angehörigen des dummen Volkes müssten eigentlich überall um dich herum zu finden sein, wenn du ihnen die direkte politische Partizipation nicht zutraust.
 
Zutrauen tu ich es ihnen. Ich denke nur die Meisten haben besseres zu tun, als sich
in Themen einzuarbeiten, die sie nicht direkt betreffen.
Dafür haben sie ja eigentlich auch Politiker gewählt. :wink:

Gruss
 
end4win hat gesagt.:
Ich habe nichts gegen Volksabstimmungen im allgemeinen, jedoch sehe ich absolut keine
Notwendigkeit diese Art der Demokratie weiter auszubauen und schon gar nicht bei Themen,
welche eben nicht von der Mehrheit als entsprechend wichtig angesehen werden,
um daran teilzunehmen.
OK, das sehen wir komplett unterschiedlich - wo man die Demokratie weiter ausbauen kann, sehe ich auch jede Notwendigkeit dazu...:D
Und wie willst Du wissen ob eine Mehrheit abstimmen wird oder nicht, wenn Du die Menschen nicht abstimmen lässt?

end4win hat gesagt.:
Die Schweiz mit ihren gerade mal 8 Millionen Einwohnern ist doch recht
überschaubar und kaum mit Deutschland vergleichbar.
Ich denke nicht das die Einwohnerzahl eine Rolle spielt. Jedes Land das logistisch dazu in der Lage ist reibungslos funktionierende Wahlen zu organisieren, ist ebenso in der Lage Volksabstimmungen zu organisieren.

end4win hat gesagt.:
Worauf ihr jetzt Beide überhaupt nicht eingegangen seid ist die Gefahr des Populismuses.
Weil es dazu imho nicht allzuviel zu sagen gibt. Natürlich besteht die Gefahr das Medien, Parteien oder Personen versuchen mit populistischen Mitteln die öffentliche Meinung zu manipulieren - aber das gilt ja auch für jede ganz normale Bundestagswahl. Wer aus Angst vor populistischer Manipulation Volksabstimmungen ablehnt, muss also eigentlich aus dem gleichen Grund auch Wahlen ablehen. Und wie sagte t3rr0r.bYt3 so schön? Wohlwollende Diktatoren, die vorgeben das Volk vor sich selbst schützen zu wollen, hatten wir schon...:rolleyes: Wie wäre es wenn wir mal was neues ausprobieren? Zum Beispiel Demokratie...:D
 
Dann Bitte ich dich mal einen Kalender in die Hand zu nehmen und die Ferientermine
aller Bundesländer einzutragen und schon erkennst du ein logistisches Problem welches
die Schweiz nicht hat. Grob überschlagen 30 Wochen des Jahres wäre Deutschland
handlungsunfähig. ;)
Ein weiterer wichtiger Unterschied ist die Neutralität der Schweiz. Sie muss weder der EU noch der
Nato ein verlässlicher Bündnispartner sein.

Da wäre dann noch die Frage über was soll alles abgestimmt werden?
Du bist doch ein Freund von Umfragen, wie würde Europa heute aussehen wenn die letzten wichtigen
politischen Entscheidungen per Volksabstimmung entschieden worden wären?
Ich persönlich weiss bis Heute noch nicht recht, wie ich zur Eurozone und zur Eu
insgesamt stehen soll.
Wäre S21 noch unter Mappus zur Abstimmung gekommen wäre es abgelehnt worden,
nicht aus sachlichen Gründen, sondern wegen Mappus. :wink:
Oder siehst du dann vor, dass das Volk nur über einfache Sachen abstimmen soll?
Ladenöffnungszeiten, Mindestlohn, Unisextoiletten......
Bei einer Wahl hat man die Möglichkeit 4 Jahre politische Arbeit zu beurteilen, dies
ist wesentlich einfacher, als innerhalb weniger Wochen sich über die Konsequenzen von
komplexen Entscheidungen klar zu werden.

Ich bin der Meinung Demokratie muss man Leben und dies heisst sich zu engagieren,
wo man sich die nötigen Kompetenzen angeeignet hat.
Wer mehr will soll sich wählen lassen :D und sich von den Experten als inkompetent
beschimpfen lassen. :D
Ich sehe das Problem nicht in fehlenden Möglichkeiten zur Einmischung, sondern
in mangelndem Engagment.

Gruss
 
end4win hat gesagt.:
Dann Bitte ich dich mal einen Kalender in die Hand zu nehmen und die Ferientermine
aller Bundesländer einzutragen und schon erkennst du ein logistisches Problem welches
die Schweiz nicht hat.
Warum? Gibt's in der Schweiz keine Schulferien? Es mag Dich überraschen, aber so klein das es es im ganzen Land identische Schulferien gibt, ist die Schweiz jetzt auch nicht...:D Afaik unterscheiden sich die Ferien dort regional genauso wie bei uns.

end4win hat gesagt.:
Grob überschlagen 30 Wochen des Jahres wäre Deutschland
handlungsunfähig. ;)
Warum? Wozu gibt es z. B. Briefwahl? Außerdem kann man auch hier von der Schweiz lernen:
Um die Stimmbeteiligung zu erhöhen, werden jeweils mehrere Abstimmungen und Wahlen auf den gleichen Termin und mit den gleichen Unterlagen durchgeführt. Häufig wählen die Gemeinden und Kantone ihre Abstimmungstermine so, dass diese mit eidgenössischen Daten zusammenfallen. Für eidgenössische Abstimmungen ist pro Quartal ein Datum festgelegt, und der Bundesrat entscheidet jeweils vier bis sechs Monate vorher, ob an diesem Tag tatsächlich ein Urnengang stattfinden soll.
Und was heißt überhaupt handlungsunfähig? Handlungsunfähig wäre eine Kommune / ein Bundesland / der Staat ja nur, wenn praktisch über jede Entscheidung abgestimmt wird. Ich glaube davon hat bislang niemand geredet, oder?

end4win hat gesagt.:
Ein weiterer wichtiger Unterschied ist die Neutralität der Schweiz. Sie muss weder der EU noch der
Nato ein verlässlicher Bündnispartner sein.
Tatsächlich? Die Schweiz kann es sich nicht leisten der EU ans Bein zu pinkeln, weil man wirtschaftlich dazu viel zu eng verflochten ist. Und wer der NATO richtig an den Karren fährt, von dem bleibt nur ein rauchender Krater übrig...:D Und wo Du den verlässlichen Partner schon erwähnst: Bei der Libyen Abstimmung hat sich DE als einziges westliches Land enthalten - sich also von den EU-Partnern und den westlichen Verbündeten isoliert. So vorhersehbar und verlässlich sind die Entscheidungen gewählter Regierungen also auch nicht, oder? Diese Enthaltung kam immerhin von von er schwarz-gelben Regierung und die Union predigt seit Adenauer strikte Bündnistreue gegenüber dem Westen...:rolleyes: Oder nimm die Atompolitik - wenn eine Regierung praktisch über Nacht ihre Position um 180 Grad drehen kann, dann sollte das Volk auch die Möglichkeit haben, die Regierung ggf in die Wüste zu schicken - immerhin hat man sie ja vielleicht für diese Position gewählt.

end4win hat gesagt.:
Da wäre dann noch die Frage über was soll alles abgestimmt werden?
In einer Demokratie ist das Volk der Souverän, in diesem Sinne und im Sinne einer direkteren Demokratie, wäre es vermutlich sinnvoll das Volk in bestimmten Situationen eine Richtungsvorgabe machen zu lassen - damit die Regierung den Willen des Souveräns erkennen kann. Zum Beispiel in Situationen wie der Energiewende, wo die regierenden Parteien abrupt ihre Haltung ins Gegenteil verkehren oder bei der Euro-Krise: Per Abstimmung wird der Willen des Souveräns ermittelt, die konkrete Umsetzung erfolgt durch die gewählte Regierung.

end4win hat gesagt.:
Wäre S21 noch unter Mappus zur Abstimmung gekommen wäre es abgelehnt worden,
nicht aus sachlichen Gründen, sondern wegen Mappus. :wink:
Das ist blosse Spekulation, ohne jegliche Aussagekraft.

end4win hat gesagt.:
Oder siehst du dann vor, dass das Volk nur über einfache Sachen abstimmen soll?
Ladenöffnungszeiten, Mindestlohn, Unisextoiletten......
Das wäre eine großartige Frage für eine Volksbefragung auf Bundesebene: Bei welchen Themen oder in welchen Situationen will das Volk überhaupt mitreden?

end4win hat gesagt.:
Bei einer Wahl hat man die Möglichkeit 4 Jahre politische Arbeit zu beurteilen, dies
ist wesentlich einfacher, als innerhalb weniger Wochen sich über die Konsequenzen von
komplexen Entscheidungen klar zu werden.
Ich bin der Meinung Demokratie muss man Leben und dies heisst sich zu engagieren,
wo man sich die nötigen Kompetenzen angeeignet hat.
Wie gesagt: Wenn die gewählte Regierung plötzlich eine 180 Grad Kehrtwende macht und komplett anders regiert, als man es vor der Wahl dargestellt hat, dann ist das nicht gerade im Sinne eines demokratischen Systems.
Und wie kompetent unsere gewählten Volksvertreter sich häufig auf komplexe Entscheidungen vorbereiten, zeigen ja z. B. die Interviews mit Bundestagsabgeordneten vor der Abstimmung zum Euro Rettungsschirm...:rolleyes:

Einerseits redest Du viel von Demokratie, andererseits willst Du dem Volk möglichst wenig Mitspracherecht geben, weil Du es für zu beeinflussbar, zu uninformiert und zu träge hälst, um kompetente Entscheidungen zu treffen - für mich klingt das ein bisschen so, also wolltest Du schwimmen gehen, ohne dabei nass zu werden...

Quelle:
Volksabstimmung (Schweiz)
 
[...]
Wie gesagt: Wenn die gewählte Regierung plötzlich eine 180 Grad Kehrtwende macht und komplett anders regiert, als man es vor der Wahl dargestellt hat, dann ist das nicht gerade im Sinne eines demokratischen Systems.
Wenn sich innerhalb dieser 4 Jahre Umstände ergeben, die einen dazu zwingen, seine Meinung zu ändern, so werden die Wähler nach diesen 4 Jahren der betreffenden Partei zeigen, ob sie damit einverstanden waren.

[...]Einerseits redest Du viel von Demokratie, andererseits willst Du dem Volk möglichst wenig Mitspracherecht geben, weil Du es für zu beeinflussbar, zu uninformiert und zu träge hälst, um kompetente Entscheidungen zu treffen - für mich klingt das ein bisschen so, also wolltest Du schwimmen gehen, ohne dabei nass zu werden...
Um im Bild zu bleiben, ich will nicht mit jemanden schwimmen gehen, der nicht einmal das kleine Seepferdchen schaffen würde und im tieferen Wasser dafür sorgt, dass wir beide ertrinken.

Was ist, wenn nach Sarrazin die eine oder andere rechte These zur Abstimmung gestellt worden wäre und tatsächlich für ein Minarettverbot oder eine Einwanderungspolitik ähnlich der USA abstimmt wurde.. Hallo Nazideutschland hätte es dann geheißen.
 
:D Afaik unterscheiden sich die Ferien dort regional genauso wie bei uns.
Definitiv nicht. Allein die Sommerferienzeit dauert bei uns 5 Wochen länger.
Pfingst- und Faschingsferien kennen sie überhaupt nicht. :wink:
Aber egal.

Warum?
Tatsächlich? Die Schweiz kann es sich nicht leisten der EU ans Bein zu pinkeln, weil man wirtschaftlich dazu viel zu eng verflochten ist. Und wer der NATO richtig an den Karren fährt, von dem bleibt nur ein rauchender Krater übrig...:D Und wo Du den verlässlichen Partner schon erwähnst: Bei der Libyen Abstimmung hat sich DE als einziges westliches Land enthalten - sich also von den EU-Partnern und den westlichen Verbündeten isoliert. So vorhersehbar und verlässlich sind die Entscheidungen gewählter Regierungen also auch nicht, oder? Diese Enthaltung kam immerhin von von er schwarz-gelben Regierung und die Union predigt seit Adenauer strikte Bündnistreue gegenüber dem Westen...:rolleyes: Oder nimm die Atompolitik - wenn eine Regierung praktisch über Nacht ihre Position um 180 Grad drehen kann, dann sollte das Volk auch die Möglichkeit haben, die Regierung ggf in die Wüste zu schicken - immerhin hat man sie ja vielleicht für diese Position gewählt.

Sie ist aber nicht gezwungen EU-Beschlüsse umzusetzen oder sich in irgendeinerweise
an NATO Beschlüssen zu beteiligen, sie wird noch nicht mal gefragt, ob sie es richtig findet.

Der Kurswechsel in der Atompolitik war ja durchaus durch eine breite Mehrheit der Bevölkerung
gewünscht und auch im eigenen Lager war die Laufzeitverlängerung umstritten.
Die Politik reagiert also durchaus auf ihren Souverän, wenn der seine Meinung entsprechend kundtut.
Eine Abberufung der Regierung durch Volksabstimmung ist meines Wissens in
der Schweiz auch nur auf Kantonsebene möglich. Dies gibt es bei uns auch
auf Landesebene.
Ansonsten hat der Osten unserer Republik einmal gezeigt wie dies im grösseren Massstab geht. :rolleyes:

Ich denke wir haben ein unterschiedliches Demokratieverständnis.
Für mich ist gute Demokratie nicht die Diktatur der Mehrheit, welche durch Volksabstimmungen
gestärkt würde.
Für mich ist sie im Idealfall, die Suche nach Konsens mit allen Bevölkerungsteilen.

Dies bedeutet durchaus, dass leicht der Eindruck von schlechter Regierungsarbeit entsteht,
aber es gilt halt:
"Ein Kompromiß ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind."
Aristide Briand

Und dies wird nur erreicht, wenn sich der Bürger an der Entscheidungsfindung beteiligt und
nicht erst bei einer Abstimmung Ja oder Nein sagt!

Gruss
 
xrayn hat gesagt.:
Wenn sich innerhalb dieser 4 Jahre Umstände ergeben, die einen dazu zwingen, seine Meinung zu ändern, so werden die Wähler nach diesen 4 Jahren der betreffenden Partei zeigen, ob sie damit einverstanden waren.
Wenn eine Partei mit dem Versprechen das Land nach Methode A zu regieren gewählt wird, dann aber nach der gegenteiligen Methode B regiert, hat sie ihre Wähler und somit das Volk betrogen. In einer Demokratie ist das Volk wie gesagt der Souverän - muss sich der Souverän erst vier Jahre lang von seinem eigenen Bevollmächtigten verarschen lassen, bevor er handeln kann? Denkst Du in der Wirtschaft würde ein Aufsichtsrat es hinnehmen, wenn die Geschäftsleitung völlig konträr zu den Vorgaben handelt? Denkst Du die würden warten, bis der Vertrag regulär ausläuft?

end4win hat gesagt.:
Zitat:
Zitat von Tarantoga
:D Afaik unterscheiden sich die Ferien dort regional genauso wie bei uns.

Definitiv nicht.
Definitiv nicht? Seltsam, das findet sich in der Wikipedia zum Thema Schulferien:
In Deutschland, Österreich und der Schweiz variieren wichtige Ferientermine je nach Bundesland bzw. Kanton, um den Reiseverkehr zu entzerren.
end4win hat gesagt.:
Allein die Sommerferienzeit dauert bei uns 5 Wochen länger.
Die Sommerferien dauern bei uns 5 Wochen länger? Das findet sich dazu in der Wikipedia:
In der Schweiz variiert die Dauer der Sommerferien je nach Kanton. In einer Mehrheit der deutschschweizer Kantone, darunter die großen, dauern sie fünf bis sechs Wochen, in der französischsprachigen Schweiz etwas mehr. Im Tessin dauern sie elf Wochen. In elf Kantonen beginnen die Sommerferien mit dem Bündelitag.
Deutschland hat afaik etwa 6-7 Wochen - klingt eigentlich ziemlich identisch, oder?

end4win hat gesagt.:
Pfingst- und Faschingsferien kennen sie überhaupt nicht.
Dafür kennen sie z. B. die Sportferien. Und was sind Faschingsferien? Die kenne ich auch nicht...
Quelle: Schulferien

end4win hat gesagt.:
Jep, denn Du versuchst ein logistisches Problem zu konstruieren, wo keines existiert. Durch das Mittel der Briefwahl ist es völlig bedeutungslos wann, wer, wo Ferien hat. Und wenn man dem Vorbild der Schweiz folgen würde und Abstimmungen auf Bundesebene auf einen festen Termin pro Quartal legt, dann können sich auch alle wunderbar darauf einstellen.

end4win hat gesagt.:
Der Kurswechsel in der Atompolitik war ja durchaus durch eine breite Mehrheit der Bevölkerung
gewünscht und auch im eigenen Lager war die Laufzeitverlängerung umstritten.
Das war auch nur als konkretes Beispiel gedacht, um aufzuzeigen das der Wähler im Grunde die Katze im Sack kauft.

end4win hat gesagt.:
Für mich ist gute Demokratie nicht die Diktatur der Mehrheit, welche durch Volksabstimmungen
gestärkt würde.
Für mich sind Volksabstimmungen ein probates Mittel um bei kontroversen Themen den Willen des Souveräns zu erfragen und ich finde das ist ganz im Sinne einer Demokratie.

end4win hat gesagt.:
Für mich ist sie im Idealfall, die Suche nach Konsens mit allen Bevölkerungsteilen.
Und dieser Konsens aller Bevölkerungsteile wird erreicht, indem das Volk alle vier Jahre eine Partei wählen darf?
 
Ferienzeit in Deutschland im Sommer ist von Mitte Juni bis Mitte September. :rolleyes:
Die Sportferien heissen bei uns Winterferien (Nein nicht Weihnachtsferien)
Briefwahl.
Wahltermine sind immer so geregelt, teilweise eben auch durch Gesetz und Verfassung.
Vorgabe durch Verfassung/Gesetz, Beginn/Ende nur Sonntage in ferienfreier Zeit
und es macht Sinn. :rolleyes:

Und dieser Konsens aller Bevölkerungsteile wird erreicht, indem das Volk alle vier Jahre eine Partei wählen darf?
Nein, in dem es seinen Arsch aus dem Sessel hebt, demonstrieren geht, seinen Abgeordneten per Mail
seine Meinung geigt, in Gremien mitarbeitet, Petitionen schreibt und zeichnet.......ein Leben lang.
Es gibt jede Menge sinnvolle Möglichkeiten sich an demokratischen Prozessen zu beteiligen,
da braucht man kein teures Plazebo.

Mit einer Volksabstimmung wirst übrigens nicht dem Volk (Souverän) gerecht,
sondern höchstens der abstimmenden Mehrheit.

Gruss
 
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