Internet Neuregelung der Auskunftspflicht von Providern

Die Bundesregierung hat sich unter der Federführung des Bundesinnenministeriums auf einen Gesetzentwurf zur Neuregelung der Auskunftspflicht über die Bestandsdaten (Name, Anschrift, usw.) der Inhaber von Internetanschlüssen geeinigt. Erstmals sollen davon audrücklich auch dynamische IP Adressen erfasst werden und die Provider sollen die Netzkennungen automatisiert den Inhabern von Internetanschlüssen zuordnen - was einen Eingriff ins Fernmeldegeheimnis bedeutet.
Außerdem umfasst die Auskunftspflicht auch PIN-Codes und PWs, mit denen Daten in Endgeräten oder Speichereinrichtungen (z. B. Mailboxen & Clouds) geschützt werden. Die Provider müssten solche Daten "unverzüglich & vollständig" übermitteln, sobald diese angefordert würden. Neben den verschiedenen Polizeibehörden sollen auch das BKA, der Zoll, der MAD, der BND und der Verfassungsschutz berechtigt sein diese Daten anzufordern. In welchem Umfang diese Behörden den Zugriff auf diese Daten planen, kann man schon daran sehen das nach dem Gesetzentwurf Provider mit mehr als 100K Kunden eine eigene, gesicherte Schnittstelle nur zum Abgreifen dieser Daten bereit stellen müssen.
Ein Sprecher des BMI kommentiert das ganze so:
Ein Sprecher des BMI betonte gegenüber heise online, dass mit der Neufassung keine "neuen Befugnisse für Strafverfolgungs- oder Sicherheitsbehörden geschaffen werden". Es würden allein die erforderlichen eigenständigen Kompetenzen zur Erhebung und Auswertung der Bestandsdaten bei den Diensteanbietern in die einschlägigen Gesetze eingefügt. Eingriffe ins Grundgesetz erfolgten "normenklar", Anforderungen an spezielle Auskünfte würden "unter besonderer Berücksichtigung der damit einhergehenden Grundrechtseingriffe festgelegt".
Bei den Providern klingt das ganze so:
In Providerkreisen wird der Vorstoß dagegen als problematisch eingestuft. Angesichts der Tatsache, dass ein Eingriff in das Fernmeldegeheimnis erfolge, seien nur unzureichende grundrechtssichernde Regelungen enthalten, warnen Branchenvertreter. So sei einerseits die Zahl der abfragenden Stellen nicht überschaubar, anderseits gebe es keine Beschränkung auf bestimmte Delikte. So könne nach Landesrecht eine Vielzahl weiterer Behörden Auskünfte verlangen, um bei Ordnungswidrigkeiten oder zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit tätig zu werden. Sonst übliche Schutzvorkehrungen wie ein Richtervorbehalt oder zumindest eine staatsanwaltliche Anordnung seien nicht vorgesehen.
Quelle: Bundesregierung will Auskunft über IP-Adressen neu regeln | heise online
 
Passend zum Thema: Derzeit werden auch die sog. Registry-Registrar Agreements ver/behandelt, welche Pflichten und Rechte von Registraren regelt.

Es gibt da seit 2009 sog. Law-Enforcement Proposals.
Ein kleiner Auszug:
(10) Each registrar is required to validate the following data upon receipt from a registrant:
(1) Technical Data
(a) IP addresses used to register domain names.
(b) E-mail Address
(i) Verify that registration e-mail address(es) are valid.
(2) Billing Data

Solche Forderungen gibt es schon lange auf der internationalen Bühne, die dann auch mal eben in Schweineställe wie die EU durchsickern.

RAA - ICANNWiki
www.icann.org/en/resources/registrars/raa/raa-law-enforcement-recommendations-01mar12-en.pdf
 
Eingriffe ins Grundgesetz erfolgten "normenklar"
Was soll das überhaupt bedeuten?

Nach wie vor ist es beruhigend zu sehen, dass die ISPs (vor allem aufgrund ökonomischer Faktoren) weitestgehend auf "unserer" Seite stehen - und sich hoffentlich nicht scheuen entsprechend scharfe rechtliche Maßnahmen einzuleiten, sollten Sie zu verfassungswidrigen Maßnahmen aufgefordert werden.

Das BKA z.B. schert sich um unsere Verfassung nicht wirklich - und ermittelt gerne über die erlaubten Grenzen hinaus, leider meißt ohne entsprechende Gegenwehr.

Wenn Ermittlern nun Mittel dieser Art völlig ohne judikative Legitimation zugesprochen werden sollten wird dies sicher eine Welle an "generalverdacht"-Ermittlungen nach sich ziehen - schließlich ist es kein besonderer Aufwand mal eben seine "Rechte" einzufordern und die Mailboxen einer ganzen Wohnstraße auszuspähen weil irgendjemand da vermutlich was verbrochen hat. Richterliche Befugnis braucht man ja nach dem genannten Konzept nicht.

Ich bin gespannt wie die Bevölkerung reagieren würde wenn der Polizei erlaubt wäre jegliche Post (vor Zustellung) zu öffnen - ohne dafür einen richterlichen Beschluss zu brauchen.

Wenn sowas tatsächlich durchkommt überlege ich mir das nochmal mit dem in Deutschland leben ...
 
Eingriffe ins Grundgesetz erfolgten "normenklar"
Was soll das überhaupt bedeuten?
In diesem Kontext bedeutet normenklar, dass z. B. Gesetze, die im Grundgesetz verbriefte Rechte verletzen oder beschneiden, eindeutig formuliert sein müssen. Dadurch sollen zum einen schwammig formulierte Gesetze verhindert werden, die unterschiedliche Interpretationen und somit einen größeren Handlungsspielraum ermöglichen. Zum anderen soll durch Normenklarheit erreicht werden, dass auch "Normalbürger" ohne juristische Kenntnisse mit einem Blick ins Grundgesetz genau feststellen können was der Staat oder eine Behörde darf und was nicht.

So wie der Sprecher des Innenministeriums das hier verwendet, ist es aber wohl eher als Beruhigungspille, oder besser Placebo, gedacht - frei nach dem Motto: Vertraut uns, wir unterminieren zwar wieder einmal im Grundgesetz festgelegte Bürgerrechte, aber wir tun das nur zu Eurem besten und ganz gesetzeskonform...:rolleyes:

Als wenn man gerade dem Innenministerium noch trauen könnte: Es war Bundesinnenminister Friedrich (CSU) der am Beginn der Staatstrojaner-Affäre behauptet hatte, er hätte keine Ahnung was der CCC analysiert habe (obwohl er vorab informiert worden war). Und es war Bundesinnenminister Friedrich der den Bundestag belogen hat, als er behauptete sein Ministerium hätte die sogenannte "Muslim-Studie" nicht vorab an die Presse lanciert.

Wenn man irgendeine Gruppe, ihre Kontakte und ihre Kommunikation in DE besser überwachen sollte, dann unsere Spitzenpolitiker! Aber gerade diese Spitzenpolitiker, die den Bürger am liebsten zu einem Leben unter dem Mikroskop zwingen würden, wehren sich mit Händen und Füßen gegen Eingriffe in die Privatsphäre wenn es um ihre Nebeneinkünfte geht. Dabei wäre dieses Wissen durchaus nützlich um einzuschätzen ob Abgeordnete und Politiker wirklich zum Wohle von Volk und Staat abstimmen oder zum Wohle der Firmen, auf deren Gehaltsliste sie stehen...X(
 
Zuletzt bearbeitet:
Wenn sowas tatsächlich durchkommt überlege ich mir das nochmal mit dem in Deutschland leben ...

Und in welchem Land ist es "besser?".

Eine Alternative wäre politisches Engagement....ohne das, gibt es in jedem Land das gleiche Problem..immer und immer wieder.
 
Natürlich. Das sind sie immer, wenn blosser Rhetorik die reelle Möglichkeit des Handelns "im Wege steht".
 
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