Quo vadis, Schwarz-Gelb?

Hi,
nachdem es in den letzten Tagen im politischen Deutschland zahlreiche interessante Entwicklungen gab, dachte ich mir das ich hier mal eine Diskussion über die Regierungskoaltion anstosse... Ist das überhaupt noch eine Koaltion? Wenn man das Geschehen in Berlin verfolgt könnte man fast den Eindruck gewinnen das bei schwarz-gelb jeder gegen jeden kämpft: Die CSU läßt Rösler voll auflaufen und sein großes Kopfpauschalen-Projekt vor die Wand fahren, Guttenberg wird von seinem eigenen Parteivorsitzenden Seehofer wegen der Abschaffung der Wehrpflicht gerüffelt, in der FDP scheint es zu einer Palastrevolution gegen Westerwelle zu kommen und überhaupt muss die Steuersenkungspartei mit Grauen erleben wie Schäuble ganz offen von Steuererhöhungen spricht und Merkel diese zumindest nicht ausschliesst... Und jetzt kann sich die Koalition scheinbar nicht einmal auf einen Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten einigen, ohne sich in aller Öffentlichkeit Grabenkämpfe zu liefern... Klingt das nach einer handlungsfähigen Regierung? Und was hat die schwarz-gelbe Regierung, die ja immerhin eine "Liebesheirat" sein soll, bisher geleistet? Die USA sind über den deutschen Alleingang in Sachen "Leerverkäufe" verärgert und in Europa hat Merkels Verhalten in der Griechenlandkrise für Irritationen gesorgt (manche Journalisten sprechen gar davon das sich Deutschland politisch isoliert hat) und ihre Äußerungen in der Eurokrise sollen die Gemeinschaftswährung zusätzlich unter Druck gebracht haben...
Und innenpolitisch? Von den Steuersenkungen - die die Liberalen als wichtigstes Wahlversprechen genannt haben - sind wir jetzt bei Steuererhöhungen gelandet, die Mehrheit im Bundesrat ist verspielt und der von Merkel/Westerwelle inthronisierte Bundespräsident hat das Handtuch geworfen. Und beim Thema sparen fallt der Koalition, die laut Westerwelle nicht für soziale Kälte steht, als erstes das Elterngeld und die Arbeitslosen ein...

Wie man sieht bin ich nicht gerade ein Freund von schwarz-gelb und habe sie natürlich auch nicht gewählt - aber das sie den Karren so an die Wand fahren hatte selbst ich nie erwartet... Mich würde Eure Meinung zur Koalition interessieren und besonders was Leute von der Arbeit der Regierung halten, die sie auch tatsächlich gewählt haben...
 
Nicht zu vergessen, dass nun selbst Handelsblatt und Financial Times Deutschland der Bundesregierung sparen am falschen Ende, nämlich bei Geringverdienern, als kurzsichtig und schlichtweg dumm ankreiden.
 
Die wachsende Isolation von der EU beobachte ich durchaus mit Wohlwollen, vor allem wenn es um den Euro geht. Unsere Politiker versuchen sich dort lediglich nicht allzu sehr von EU-Vorschriften vereinnahmen zu lassen. In der EU ist man nämlich der Meinung, dass Deutschland und Frankreich jetzt für jene Länder blechen müssen, die ihre eigenen Haushalte nicht unter Kontrolle bekommen und das kann's ja wohl nicht sein. Mittlerweile haben das auch die deutschen Politiker begriffen, nachdem sie ja zur Euro-Einführung nicht glauben wollten, dass der Euro Deutschland teuer zu stehen kommen wird und dass gerade die Aufnahme von Ländern mit schwacher Währung den besser gestellten Ländern das Genick brechen wird. Deren Währung war aber ja nicht ohne Grund so schwach und zeigte schon deutlich vor der Euro-Einführung, dass dort die Wirtschaft alles andere als stark war und dass sie einem europäischen Finanzstandard nicht standhalten würden.

Trotzdem halte ich die Koalition für handlungsunfähig, was ich aber primär der fehlenden Führung zuschreibe. Merkel hat ihre eigenen Leute einfach nicht mehr unter Kontrolle, die jetzt kurzerhand ohne interne Absprachen agieren. Und anstatt endlich mit der Faust auf den Tisch zu hauen, versucht sie es mal wieder auszusitzen, wie sie es von ihrem Lehrer gelernt hat. Nur sieht es diesmal danach aus, als würden sich die aktuellen Probleme nicht einfach aussitzen lassen, wenn sie bei der nächsten Wahl nochmal eine Chance auf eine Koalition bekommen will.

Dass sie den Karren an die Wand fahren, war aber schon bei der Wahl fast klar, genauso wie die Tatsache, dass die FDP nur als Stimmvieh benötigt wurde. Die CDU hat sich nicht umsonst mit Wahlversprechen zurück gehalten. Denen war durchaus klar, dass sie sich nach dem Wind drehen müssen, wenn sie die aktuelle weltpolitische Situation einigermaßen unbeschadet überstehen wollen. Entsprechend war eigentlich auch klar, dass die FDP versprechen konnte was sie will und dass die CDU nicht vor hatte diese Versprechen mitzutragen. Man brauchte die Stimmen der FDP um in die Regierung zu kommen und mehr war auch nicht geplant von Seiten der CDU. Das Taschentuch ist jetzt vollgeschnaubt (man hat sein Ziel ja erreicht) und entsprechend landet es jetzt im Müll. Dass die FDP was anderes erwartet hat, kann man bestenfalls als blauäugig bezeichnen, aber eigentlich war das schon Dummheit pur.

Wenn Merkel ihre Jungs und Mädels nicht bald wieder unter Kontrolle bekommt, haben wir auf jeden Fall bis zur nächsten Wahl eine Regierung, in der jeder sein eigenes Ding fährt ohne sich grossartig mit der Spitze abzusprechen. Im Volk wird das zu weiteren Verwirrungen führen, da es nach "Heute Hüh, morgen Hott" aussehen wird in der Presse, obwohl es lediglich zurückgenommene eigenmächtige Äußerungen einzelner Politiker sein werden. Allgemein wird der Ausverkauf des Volkes aber weiter gehen und das wird der europäischen Wirtschaft das Genick brechen, wenn nicht bald wieder auf einer gemeinsamen Basis agiert wird, die nicht nur aus unsinnigen Krediten für verarmte Länder besteht, sondern aus einer nachhaltigen Verbesserung des Exports dieser Länder. Dazu müssten aber Länder wie Deutschland sich mal ihrer "Import-Verantwortung" stellen und das geht nur, wenn man die Kaufkraft hierzulande stärkt. Da dadurch aber die hier ansässige Wirtschaft weniger verdienen würde, wird man dies sicherlich zu verhindern wissen, denn Fr.Merkel arbeitet ja sichtlich nur noch im Auftrag von Wirtschaft und EU, anstatt im Auftrag des deutschen Volks.

Zeit für einen Wechsel, würde ich fast sagen, aber bisher fehlen die Alternativen. Auch die anderen Parteien sind sich ihrer Verantwortung gegenüber dem Volk nicht bewusst und kuschen noch viel mehr als Merkel, sobald von Seiten der EU Anweisungen kommen. Und die EU sieht Deutschland momentan als Geldgeber für die ärmeren Euro-Länder. Eine Kuh, die man melken kann, bis nichts mehr aus ihr rauszuholen ist.

Ich könnte hier noch halbe Romane schreiben, aber einige der Punkte, die mir ganz besonders bei der Merkel-Regierung aufstossen, hab ich unter http://bitnetworx.blogspot.com/2010/06/die-perspektivenlosigkeit-der-deutschen.html bereits zusammen gefasst.

Nachtrag: Wie der Ausverkauf unseres Landes weiter geht, wurde dann heute wohl definiert: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,699111,00.html ... Einsparungen beim Elterngeld, Einsparungen beim öffentlichen Dienst, auf steigende Energiepreise dürfen wir uns freuen und man wird in Zukunft wohl auch alleinerziehende Mütter in 1-Euro-Jobs stecken, denn neue Stellen bekommt diese Regierung mit Sicherheit nicht so schnell aus dem Boden gestampft, geschweige denn bezahlbare Kindergartenplätze. Wenn ich was zu sagen hätte, dann würde ich erstmal sämtliche Politiker-Gehälter halbieren, Diäten senken, unnötige Subventionen streichen usw. und schon wäre etwa die gleiche Summe eingespart. Großzügigerweise will man mit dem Bau des Berliner Stadtschlosses auch erst 2014 beginnen, anstatt diesen Sch... einfach komplett bleiben zu lassen und diese Milliarden in die Schaffung neuer Arbeitsplätze zu investieren. Achja... Arbeitsplätze... wo ist das Konzept um neue Arbeitsplätze zu schaffen? Wie will man da also Sozialausgaben senken? Denkt mal drüber nach.
 
bitmuncher:
Wenn ich was zu sagen hätte, dann würde ich erstmal sämtliche Politiker-Gehälter halbieren, Diäten senken, unnötige Subventionen streichen usw. und schon wäre etwa die gleiche Summe eingespart.
Meine Stimme hast Du...:thumb_up:

bitmuncher:
Achja... Arbeitsplätze... wo ist das Konzept um neue Arbeitsplätze zu schaffen?
Das braucht die Regierung nicht - es reicht ja den "Anreiz in ein Beschäftigungsverhältnis einzutreten" zu erhöhen, da alle Arbeitslosen einfach keine Lust auf Arbeit haben...X(

Interessant sind auch die Reaktionen auf das Sparpaket, der Spiegel nennt es auch gern die Mogelpackung, denn nicht nur die üblichen Verdächtigen wie Opposition, Gewerkschaften & Sozialverbände nennen die Pläne unausgeglichen und sozial ungerecht - auch der Sozialflügel der CDU selbst schliesst sich dieser Kritik an und fordert die Besserverdiener mehr zu beteiligen. Das die Besserverdiener auffällig geschont werden ist, laut CDU-Sozialflügel, das Werk der FDP - wie es aussieht bahnt sich da direkt der nächste Grabenkampf zwischen schwarz & gelb an...:rolleyes:
 
Ja so sieht es aus, wenn eine Regierung scheitert. Grund ist, so nehme ich an, mangelnde Bereitschaft an Reformen, die wirkliche Änderungen mit sich bringen. Die letzten Jahre habe ich nicht wirklich einschneidende Reformen gesehen, die das Gesundheitssystem, das Bildungssystem oder sonst eines der wirklichen Problemsysteme reformiert hat. Und es sind diese großen Systeme die die Probleme bereiten, löst man diese nicht, bringen auch 10 Euro mehr Kindergeld nicht. 10 Euro sind auch ein Witz, davon kann man gerade ein Mal mehr ins Kino, sich mit Glück fünf Eis oder ein halbes Buch kaufen. Sich solche Pupsveränderungen auf die Fahne zu schreiben ist lächerlich.

Wie wird es nun in der Zukunft weitergehen.. Ich wage mal die These aufzustellen, dass bei der nächsten Wahl und danach ein Deja-vu erleben werden. Entweder in der Kombination CDU-CSU-FDP oder SPD-Grüne-LINKE. Warum der gleiche Mist noch einmal (auch mit anderen Schauspielern in den Hauptrollen)? Einfach: Mangelnde Reformbereitschaft*. Für die CDU ist die FDP zu krass, genauso wie für die SPD die LINKEN (s. NRW...). Von daher halte ich folgende Koalitionen für Sinnvoll:
CDU
oder
SPD
oder
GRÜNE-FDP-PIRATEN-CSU-LINKE-NPD**

Auf keinen Fall eine andere!


*Ich kann es den Politikern aber auch nicht verübeln, denn in Deutschland herrscht eine beschissene Mentalität vor, wenn es darum geht Vorschläge zu bewerten. Denn die Opposition ist grundsätzlich gegen einen sämtliche Vorschläge und fordert Dinge, die unmöglich sind umzusetzen, mit dem Wissen, nie in die Bredrouille zu kommen diese ernsthaft umsetzen zu müssen, (in er Opposition kann selbst ICH absurde Sachen wie "Bedienungsloses Grundeinkommen" fordern und dies mit pseudologischen Argumenten unterlegen, sodass ich bei der Mehrheit der Bevölkerung Rückhalt habe). Außerdem scheint es mittlerweile eine Art Volkssport der Oppositionellen zu sein, entweder nach jedem Vorschlag sofort den Rücktritt zu fordern oder die Vorschläge mit Argumenten zu "entkräften", die nur der Diskreditierung der jeweiligen Person, die den Vorschlag gemacht hat, dienen (Trittin habe ich in den letzten Tagen als Meister des letzteren erlebt). Zu einer ordentlichen Regierung gehört auch eine VERNÜNFTIGE Opposition und ein zivilisierte Art miteinander umzugehen.

Beschuldigungen ala "das war vor 30Mio Jahren IHRE Partei, die das verabschiedet hat, SIE sind schuld" lassen einem echt sämtlichen Mageninhalt hochkommen.


@Tarantoga: Ich kann mir denken, dass du dir als nächste Regierung SPD-LINKE-(GRÜNE) wünscht. Ich gehe mal davon aus (wenn das so weiter geht), dass dein Wunsch sogar erfüllt wird, aber es wird dadurch nichts besser, ich werde dich dran erinnern und mir ein "told u so" vllt nicht verkneifen ;) - ich gebe zu, dass ich gedacht hätte, dass die jetzige etwas ändern könnte, der Versuch ging wohl nach hinten los...

**bei dieser Kombination wird es nämlich gar keine Veränderungen geben => es kann auch nicht durch halbherzige Reformen schlimmer werden.
 
xrayn:
@Tarantoga: Ich kann mir denken, dass du dir als nächste Regierung SPD-LINKE-(GRÜNE) wünscht.
Fast. Ich würde mir rot-grün wünschen, nur wenn es für die alleine nicht reicht wäre mir die Linke bedeutend lieber als die FDP - aber vielleicht haben sich bis dahin ja auch die Piraten gemausert...:wink:

xrayn:
ich gebe zu, dass ich gedacht hätte, dass die jetzige etwas ändern könnte, der Versuch ging wohl nach hinten los...
Da ich mich noch gut an die letzte schwarz-gelbe Regierung unter Kohl erinnern kann bin ich eigentlich weniger überrascht, im Grunde handelt diese Regierung genauso wie man es von ihr erwarten konnte... Wenn man einmal von den öffentlich ausgetragenen internen Kämpfen absieht (vor allem zwischen den Wildsäuen und der Gurkentruppe :rolleyes:), die hatte ich so nicht erwartet & unter Kohl hätte es so etwas auch nicht gegeben... Immerhin ist es eine Erleichterung zu wissen das diese schwarz-gelbe Regierung sich vermutlich keine 16 Jahre halten wird...:)
 
@xrayn: Ich würde die Schuld nicht so ausnahmslos der Opposition zuschieben. Die geplanten Bildungsreformen sind erst kürzlich von der Koalition abgelehnt worden. Während man für Banken kurzerhand 450 Milliarden übrig hatte, war man offenbar nicht bereit für Bildung 240 Millionen auszugeben.

Auch gab es in der Vergangenheit einige Reform-Ansätze, aber sie gingen prinzipiell in die falsche Richtung und wurden immer nur auf kurze Sicht geplant mit dem Gedanken im Hinterkopf möglichst überall sparen zu wollen. In einigen Bereichen hätten Mehrausgaben aber keineswegs geschadet, z.B. um die Import-Nachfrage in Deutschland zu erhöhen um die wirtschaftliche und finanzielle Stabilität in der Euro-Zone zu bewahren. Mit einer der größten Reformen hadert das Volk noch bis heute... HartzIV. Auch dabei wurde nur an's Sparen gedacht und nicht daran, was es wohl für die Euro-Zone langfristig bedeuten wird, wenn überall im Volk plötzlich der Sparzwang eingeprägt wird.

Und auch die jetzigen Sparmaßnahmen sind je nach Perspektive durchaus eine Reform. Nur geht auch diese mal wieder in die falsche Richtung. Der Bürger soll ausbaden, was Bankenpleiten eingebrockt haben. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt auch ganz gut, dass die Reformen wie HartzIV zumindest für den Bundeshaushalt garnicht mal so schlecht waren. Vor der Bankenkrise hatte nämlich erstmals wieder ein Schuldenabbau begonnen. Weitere Einsparungen wären theoretisch kaum notwendig gewesen, wenn man nicht 450 Milliarden für Banken auf den Tisch gepackt hätte. Naja, auf den Tisch gepackt hat man sie ja nicht wirklich. Man hat für sie gebürgt. Aber gerade bei der Hypo Real Estate, die mittlerweile höhere Bürgschaften bekommen hat, als sie in ihrer besten Zeit jemals Wert war, kann man davon ausgehen, dass diese platzen werden und dieses Geld vom Steuerzahler aufgebracht werden muss. Solange die Bürgschaften nicht wieder abgezahlt wurden, gilt das Geld jedenfalls erstmal als Staatsschulden.

Eine andere Vorgehensweise war aber von den "wirtschaftsnahen" Parteien CDU und FDP auch nicht zu erwarten. Ich unterstelle einfach mal den meisten Politikern dieser Parteien, dass sie an einem gut bezahlten Posten im Management einer Bank oder eines Großkonzerns mehr Interesse haben als am Wohlergehen des Volkes. Ausserdem sind gerade die Spitzen (also das Kabinett Merkel) so sehr auf ihren eigenen Machterhalt in ihren Parteien versessen, dass sie auf bundespolitischer Ebene parteipolitisch handeln, was dazu führt, dass nicht mehr im Interesse des Landes, sondern im Interesse der Partei gehandelt wird. Sowas hatten wir schonmal... nannte sich DDR. Da stand das Interesse der Partei auch über den Interessen des Landes.

Was wir momentan brauchen sind Reformen, die nachhaltig auch in 10-20 Jahren noch wirken. Dazu zählt nicht, dass irgendwo gespart werden muss. Die vorhandenen Gelder müssen einfach nur richtig umverteilt werden, so dass eine Fokussierung auf Arbeits- und Bildungspolitik stattfindet, die wirklich benötigte Fachkräfte auf den Markt bringt, die von der Wirtschaft auch eingesetzt werden können. Nur dadurch kann Deutschland wieder ein interessantes Land für Firmen werden, so dass hier neue Arbeitsplätze entstehen. Die den Banken geliehenen Gelder sollte man schnellstmöglich von diesen auch wieder zurück fordern, so dass neuer finanzieller Handlungsspielraum entstehen kann, der z.B. in Form von Vergünstigungen für Investoren neue Anreize für die Industrie schaffen kann. Wo England sich als "Bank-Tank" im Markt etabliert hat, sollte Deutschland sich auf den "Think-Tank" spezialisieren und das geht nur, wenn das Land ausreichend Fachkräfte zu bieten hat und Investoren nicht ständig neue Steine in den Weg gelegt werden. Bürokratie muss abgebaut werden und ein anständiges wirtschaftsnahes Bildungssystem aufgebaut.

Das Problem sind daher nicht die fehlenden Reformen, sondern die falschen. Dabei sind einige der Vorschläge aus der Opposition garnicht mal so dumm, bedürfen aber einer genaueren Betrachtung, denn allzu oft schiessen Oppositionsparteien ohne genau zu zielen, aber manchmal schiessen sie dabei trotzdem mit sehr guter Munition. ;)

Bei der nächsten Wahl würde ich mir wünschen, dass eine völlig neue Partei auf den Plan tritt, die echte Bundespolitik im Fokus hat und bereit ist gegenüber der Wirtschaft und der EU auch mal Nein zu sagen. Mit den aktuellen Parteien ist es immer das Gleiche, das stimmt wohl. Sie sind zu sehr auf parteipolitische Interessen versteift um anständige Bundespolitik zu machen. Brauchbar wäre eine Partei, die Kompromisse eingehen kann, dies aber aus Prinzip nur im Sinne der Bürger tut. Dazu gehört also auch eine gute Zusammenarbeit mit der Wirtschaft, denn nur in Zusammenarbeit mit dieser kann man Arbeitsplätze schaffen und damit nachhaltige soziale Sicherheit. Die Ausgaben im sozialen Bereich sinken damit ganz automatisch. Die linken Parteien sind zu sehr auf soziale Interessen bedacht und die rechten Parteien zu sehr auf wirtschaftliche. Ein gesundes Mittelmaß wäre aber notwendig. Eine solche Partei dürfte sich nicht auf die ganzen parteipolitischen Querelen einlassen, die heutzutage üblich sind. Diese Streitereien mögen auf Landesebene ja noch ganz unterhaltsam sein, sind aber auf Bundesebene unangebracht. Sie verhindern jede effektive politische Arbeit. Genau deswegen halte ich keine der aktuellen Parteien im Bundestag für regierungsfähig, egal in welcher Koalitionskonstellation sie auftreten. Solange sie nicht endlich ihren Fokus auf Bundespolitik ausrichten, werden sie immer nur so handeln wie es ihre Partei-Paradigmen vorgeben und das ist nunmal selten im Sinne des ganzen Landes.
 
Das Problem sind daher nicht die fehlenden Reformen, sondern die falschen. Dabei sind einige der Vorschläge aus der Opposition garnicht mal so dumm, bedürfen aber einer genaueren Betrachtung, denn allzu oft schiessen Oppositionsparteien ohne genau zu zielen, aber manchmal schiessen sie dabei trotzdem mit sehr guter Munition. ;)

Naja, als Opposition hat man es auch leicht. Man prangert alles an, und wenn dann irgendwas nicht läuft hat man es ja gesagt.

Und auch wie das Geld jetzt verteilt wird, zeigt eigentlich was jede Regierung macht. Kurzfristig regieren. Was bringen denn Gelder in Bildung wenn man erst in 15 Jahren den Erfolg erntet? Da weiß keiner mehr wer die Reformen auf den Weg brachte.

Und ganz ehrlich von CDU und FDP als wirtschaftsnahe Parteien zu sprechen finde ich verfehlt. Wenn dann kann man die SPD auch ruhig dazuzählen so weit wie die nach rechts gerutscht sind. Ohne das würde es die LINKE auch nicht in dieser Form geben.

Und so wie sich die SPD nach der Wahl von ihrem eigenen Programm verabschiedet hat (Netzsperren, Afghanistaneinsatz) als hätten sie nie was damit zu tun gehabt ist beispiellos.

Meiner Meinung nach ist ein ganz großes Problem das ich zur Zeit keiner Partei zutrauen würde Deutschland vernünftig zu regieren. Wenn am Sonntag wahlen wären, ich wüsste nicht was ich wählen würde.

Ach ja und
Bei der nächsten Wahl würde ich mir wünschen, dass eine völlig neue Partei auf den Plan tritt, die echte Bundespolitik im Fokus hat und bereit ist gegenüber der Wirtschaft und der EU auch mal Nein zu sagen.

Was glauben eigentlich alle woher das mit der EU kommt? Das sind ja nicht irgendwelche die da sitzen. Die machen die Politik die die Länder wollen. In der Praxis sieht das so aus das die Deutschen nach Brüssel gehen, so nach dem Motto "Macht das mal so und so" und anschließend dem Volk sagen, tja Jungs und Mädls da können wir nichts dafür, das kommt von der EU. Wenn das so wäre hätten wir uns ja schon von jeglicher Form der Demokratie verabschiedet.
 
Naja, als Opposition hat man es auch leicht. Man prangert alles an, und wenn dann irgendwas nicht läuft hat man es ja gesagt.
Du scheinst eine recht einfach strukturierte Vorstellung von Opposition zu haben. Doch eine Opposition, die ständig auch sinnvolle Dinge anprangert, wird ewig in dieser Position bleiben. Es ist aber Aufgabe der Opposition die Schritte, die die Regierung unternimmt, kritisch zu betrachten und auf "Designschwächen" hinzuweisen.

Und auch wie das Geld jetzt verteilt wird, zeigt eigentlich was jede Regierung macht. Kurzfristig regieren. Was bringen denn Gelder in Bildung wenn man erst in 15 Jahren den Erfolg erntet? Da weiß keiner mehr wer die Reformen auf den Weg brachte.
Genau das meine ich mit parteipolitischem Handeln auf Bundesebene. Der Fame der Partei ist heutigen Politikern offenbar wichtiger als das Wohl des Volkes.

Und ganz ehrlich von CDU und FDP als wirtschaftsnahe Parteien zu sprechen finde ich verfehlt. Wenn dann kann man die SPD auch ruhig dazuzählen so weit wie die nach rechts gerutscht sind. Ohne das würde es die LINKE auch nicht in dieser Form geben.
Die SPD ist, auch wenn es in ihrer letzten Regierungsperiode eher nicht danach aussah, trotz allem eher eine gewerkschaftsnahe Partei.

Und so wie sich die SPD nach der Wahl von ihrem eigenen Programm verabschiedet hat (Netzsperren, Afghanistaneinsatz) als hätten sie nie was damit zu tun gehabt ist beispiellos.
Das wurde ja durchaus auch parteiintern bemängelt.

Was glauben eigentlich alle woher das mit der EU kommt? Das sind ja nicht irgendwelche die da sitzen. Die machen die Politik die die Länder wollen. In der Praxis sieht das so aus das die Deutschen nach Brüssel gehen, so nach dem Motto "Macht das mal so und so" und anschließend dem Volk sagen, tja Jungs und Mädls da können wir nichts dafür, das kommt von der EU. Wenn das so wäre hätten wir uns ja schon von jeglicher Form der Demokratie verabschiedet.

Auch hier ist deine Vorstellung von Politik scheinbar recht einfach gestrickt. Ganz so einfach ist es aber nicht. Die EU-Politik hat einen gänzlich anderen Fokus als die Politik der einzelnen Länder und daher werden viele Entscheidungen unabhängig von deren Interessen getroffen. Entscheidend ist, was für den Staatenbund das beste ist (oder scheint) und allzu oft läuft das ziemlich verquer zur Politik der Länder, weswegen dann immer zähe Verhandlungen notwendig sind, bis man sich auf einen Kompromiss einigt. Und darin liegt auch die Herausforderung der Europa-Politiker. Sie müssen Kompromisse aushandeln, die möglichst nah an der Politik des eigenen Landes liegen. Insofern wird die Europa-Politik zwar von den Ländern mitbestimmt, aber nur selten liegt sie im Interesse der einzelnen EU-Staaten. Sie stellt immer Kompromisse dar, die mit anderen Ländern eingegangen wurden.
 
Du scheinst eine recht einfach strukturierte Vorstellung von Opposition zu haben. Doch eine Opposition, die ständig auch sinnvolle Dinge anprangert, wird ewig in dieser Position bleiben. Es ist aber Aufgabe der Opposition die Schritte, die die Regierung unternimmt, kritisch zu betrachten und auf "Designschwächen" hinzuweisen.

Ähm, ja. Ist mir bewusst. In der Praxis sieht es aber so aus, das die Opposition auch häufig gegen Gesetzentwürfe stimmt, für die sie generell selber sind. Nur würden sie es nicht "genau so" machen.

Die SPD ist, auch wenn es in ihrer letzten Regierungsperiode eher nicht danach aussah, trotz allem eher eine gewerkschaftsnahe Partei.

Ja, nur habe ich den äußerst subjektiven Eindruck das diese Partei in der letzten Wahlperiode (naja, seit '98 eigentlich) nach rechts gerutscht ist. Ebenso habe ich den Eindruck das die CDU mehr nach links ist (gut, das aktuelle Sparprogramm mal ausgenommen, wobei ich nicht weiß wie das rot-grün gemacht hätte). Bei mir entsteht der Eindruck das der Unterschied zwischen den beiden Parteien marginal ist.

Auch hier ist deine Vorstellung von Politik scheinbar recht einfach gestrickt. Ganz so einfach ist es aber nicht. Die EU-Politik hat einen gänzlich anderen Fokus als die Politik der einzelnen Länder und daher werden viele Entscheidungen unabhängig von deren Interessen getroffen. Entscheidend ist, was für den Staatenbund das beste ist (oder scheint) und allzu oft läuft das ziemlich verquer zur Politik der Länder, weswegen dann immer zähe Verhandlungen notwendig sind, bis man sich auf einen Kompromiss einigt. Und darin liegt auch die Herausforderung der Europa-Politiker. Sie müssen Kompromisse aushandeln, die möglichst nah an der Politik des eigenen Landes liegen. Insofern wird die Europa-Politik zwar von den Ländern mitbestimmt, aber nur selten liegt sie im Interesse der einzelnen EU-Staaten. Sie stellt immer Kompromisse dar, die mit anderen Ländern eingegangen wurden.

Naja, die Aussage ist ganauso, wie die das deutsche Politiker nur das wohl Deutschlands im Auge haben sollten. Und das wurde ja bereits weiter oben kommentiert. Zudem werden die Politiker ja immer noch von ihren Ländern nach Brüssel entsandt. D.h. die lokalen Regierungen wissen i.d.R. wen sie da hinschicken. Und die die dort sitzen haben dann auch eine ungefähre Vorstellung was erwartet wird. Es ist ja nicht so das die EU völlig entkoppelt ist (vielleicht sollte, aber imo sieht die Praxis anders aus).
 
Die Politik ist allgemein am Ende.
Sie kapituliert vor den Wettbüros der Finanzmärkte, bei denen es schonlange
nicht mehr um reele Werte geht, sondern nur noch darum, findet sich noch jemand
der für ein Grundstück mehr bezahlt, bekommt ein Land noch von jemandem einen Kredit
oder wird ein Konzern von einer Regierung gerettet oder nicht. Pervers daran ist,
dass sie nicht verlieren können, den sie verteilen zum einen das von der Algemeinheit
tatsächlich erwirtschaftete Geld und zum anderen legen sie durch ihre Spekulationen
die Preise selbst fest. Fliegt der Schwindel auf werden Rettungspakete geschnürrt,
die nichts anderes sind wie diese Leergeschäfte. es wird mit Geld gebürgt, welches
wir nicht haben für Werte die es nicht gibt.

Wir sollten nicht sparen. Wir sollten anfangen unsere Schulden mit dem Geld
zu bezahlen welches an den internationalen Finanzmärkten nur auf dem Papier
existiert. Im Klartext Gewinnmitnahmen durch Aktienverkäufe können gar nicht
hoch genug besteuert werden, im Gegenzug kann man Dividendenzahlungen
von mir aus steuerfrei machen. Die Staaten sollten Land nicht mehr verkaufen
sondern nur noch verpachten und die im Umlauf befindlichen Grundstücke
zurückholen. Die Finanzierung des Sozialsystems sollte in der Art umgestellt werden,
dass Unternehmensbesteuerung in ein Verhältnis zu der Anzahl der Mitarbeiter
und deren Einkommen gestellt wird.
Der Rest kann dann über Lohn- und Einkommenssteuer finanziert werden.

Meine Grundidee zu einer nachhaltigen Reform.

Gruss
 
Update
Auch jetzt, mehr als ein halbes Jahr nach Eröffnung dieses Threads, hat sich die Lage nicht wesentlich verbessert, sondern scheint eher eskaliert zu sein. Jetzt gehen nicht mehr nur die FDP und die CSU wie bockige Kinder aufeinander los (Gurkentruppe vs. Wildsäue), mittlerweile wird die komplette Union von den Liberalen scharf angegriffen:
- Verteidigungsminister zu Guttenberg hat sich wegen seiner Lästereien über Westerwelle, seinen Ansichten über einen Truppenabzug aus Afghanistan und seinem Wunsch sein Ressort, aufgrund der teuren Bundeswehrreform, von den Sparplänen zu befreien, den Zorn der Liberalen zugezogen.
- Mit ihrer ablehnenden Haltung zur Vorratsdatenspeicherung (meiner Meinung nach die einzige vernünftige Position der FDP), ist Jusitzministerin Leutheusser-Schnarrenberger zu einer Reizfigur geworden, die von der Union "mit immer neuen Maximalforderungen unter Druck gesetzt wird" (O-Ton Christian Lindner).
- Selbst Kanzlerin Merkel, immerhin die Chefin der Koalition, wird dieser Tage von der FDP attackiert, denn der Liberale Kubicki beschuldigt die Kanzlerin ganz offen in einem schriftlichen Manifest, sich nach dem Wahljahr vorgenommen zu haben "die FDP wieder auf 5% zu drücken".
- Finanzminister Schäuble scheint derzeit der Hauptfeind der FDP zu sein, immerhin hatte er in der Vergangenheit tatsächlich das Unwort von Steuererhöhungen in den Mund genommen (bei der Tabaksteuer ja auch verwirklicht) und jetzt spricht er davon den Rettungsschirm für den Euro auszuweiten. Außerdem weigert er sich bislang die Steuervereinfachung (die von der verzweifelten FDP als einziger Erfolg und magerer Ersatz für das Wahlversprechen Steuersenkungen betrachtet wird) rasch umzusetzen. Hier wird die Rethorik der FDP dann auch besonders scharf, tatsächlich droht Lindner indirekt mit einem Koalitionsbruch, wenn er sagt: "Wenn man sich auf Zusagen nicht verlassen kann, könnte man in einer Koalition nicht arbeiten".
Das ist ein neuer Ton in der Koalition, schärfer als beim "Stolperstart" und auch schärfer als während des "Herbst der Entscheidungen"...
Der Wahlkampf hat begonnen und bei der FDP scheint man besonders die Union als Feind ausgemacht zu haben. Natürlich will man mit den heftigen Attacken aber auch von internen Streitigkeiten, miserablen Umfragewerten und der Diskussion um Westerwelle ablenken - in seinem Manifest schreibt FDP-Mann Kubicki dazu: "Wir stehen vor einem Scherbenhaufen nicht nur unserer Politikvermittlung, sondern unserer Politik schlechthin".
Bei der Union nimmt man es gelassen, die eigenen Umfragewerte sind in den letzten Wochen gestiegen und man ist dabei sich wieder ein "konservatives" Image aufzubauen, allerdings kann man nicht leugnen das die CDU es der FDP absichtlich schwer macht, da man die Wirtschaft als Thema für sich entdeckt und besetzt hat und manche der Meinung sind Kanzlerin Merkel mache bewusst mehr (und bessere) Außenpolitik als Außenminister Westerwelle. Auch zu Guttenberg lässt, wie erwähnt, keine Gelegenheit aus um Westerwelles Politik eines schnellen Abzugs aus Afghanisten mal als haltlose Schaumschlägerei und mal als potentielles Sicherheitsrisiko darzustellen...
Vor diesem Hintergrund erneuere ich meine Frage: Quo Vadis, Schwarz-Gelb?

Mehr zum Thema Koalitionsstreit:
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,739947,00.html
 
Hatte tatsächlich jemand erwartet, dass sich irgendwas im Vergleich zum Anfang der Regierungsperiode ändern wird?
 
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