Religion & Toleranz

Doch warum muss der Stuhl des Papstes aus Gold sein?
Der Reichtum der Kirchenrepräsentanten wird ja nicht nur von Leuten angeprangert, die ausserhalb der Kirche stehen, sondern auch von vielen Gläubigen. Die Kirche besteht aber nunmal nicht nur aus ihren Repräsentanten, sondern primär aus den Gläubigen. Jene, die wirklich tief gläubig sind, entsagen z.B. dem persönlichen Besitz völlig (Mönche, Nonnen und auch viele Laien) Und genau deswegen denke ich, dass man hier eben nicht von Religion und Toleranz sprechen kann oder von Kirche und Toleranz, sondern dass man eher die Frage danach stellen sollte, ob da nicht einige Leute ihre Religion missverstanden haben. Es ist nicht die Religion, die intolerant ist und es ist auch nicht die Religion, die sich bereichert, sondern es sind einzelne Individuen innerhalb religiöser Bewegungen.

Mit den Religionen verhält es sich wohl wie mit dem Kapitalismus: Die, die Ganz oben sind, erwecken durch ihr handeln den Eindruck, dass das System an sich schlecht sei, dabei ist es doch nur eine Interpretationssache.

*unterschreib* Missbrauchsmöglichkeiten bietet jede Form von Organisation, egal ob diese nun religiös, politisch oder ökonomisch ist. Es sind aber zumeist nur einzelne Individuen, ja sogar zumeist nur ein verschwindend kleiner Teil, der diese Möglichkeiten auch ausnutzt. Man sollte da evtl. in jedem Bereich eher danach fragen warum diese Leute ausgerechnet so handeln und es nicht gleich der ganzen Gemeinschaft anhängen. Ich werde jedenfalls in Zukunft etwas mehr darauf achten, da ich weiss, dass ich z.B. beim Thema Politik zu Verallgemeinerungen neige.
 
Auch hier wird immer wieder "Religion" mit den institutionellen Einrichtungen einer Religion gleich gemacht.

Es existiert ein wesentlicher Unterschied in der "Verwaltung" einer Religion und der Lehre, die eine Religion enthält.

Was die Verwaltung angeht, so sind die Konstrukte nicht sehr anders als die anderer Organisationen im jeweiligen System: es gibt Angestellte, Medien, Immobilien, Konten, Einrichtungen usw. Das alles will verwaltet werden und in den Verwaltungsapparaten sitzen die gleichen Bürokraten wie in den Verwaltungsapparaten der Kommune/Stadt/Land/Staat. Demnach sind die Probleme und Unzulänglichkeiten die gleichen.
Auch gibt es innerhalb der Kirchen und insbesondere der katholischen die verschiedensten Strömungen. Das fängt an bei der Frage welche Evangelien in die Bibel kommen, ueber die Ansichten zu Kreuzzuegen bis hin zum aktuellen Papst. Die Kirchen betreiben die gleichen innerpolitischen Scharmützel wie jede x-beliebige Partei. Und das ist oftmals weit von der Lehre entfernt.

Wenn schon eingangs nach Religion und Toleranz gefragt wird, sollte man es auch nicht herunterbrechen auf Verfehlungen der Institute oder einzelner Menschen.

Natürlich gibt es einzelne Personen die diese Frage durch ihr Treiben zur Diskussion bringen. Aber was ist mit den Millionen Menschen die versuchen mit ihrer Umwelt und anderen Kulturen friedlich und in Einklang zu leben - trotz - oder gerade wegen ihrer Religion?

Aufgeklaerte Menschen geben gerne an das man der reinen Vernunft wegen so leben sollte - nicht wegen Religion. Aber wo ist der Unterschied zwischen dem Kern einer Religion und der Vernunft? Selbst Kants kategorischer Imperativ und seine Maximen sind letzhin neue Formulierungen christlicher Lehre eines sich-in-der-Welt-verstehens und Positionierens. Kant nimmt die reine Vernunft als Triebmotor - die Christen wählen einen Schöpfer, der uns im Grunde alle gleich stellt - alles Leben auf gleicher höhe sieht und zu gegenseiter Akzeptanz gerade ermutigt.
 
Es ist erstaunlich, wie Religionen besonders behandelt werden, auch in diesem Thread. Sind sie nicht schlicht Ideenkomplexe, also Ansammlungen aus Ideen, die zusammen ein Konstrukt ergeben, das sehr gut darin ist sich selbst zu propagieren? Wenn man sie als solches erkennt, kann man ihnen genauso viel Respekt entgegenbringen wie jeder anderen Idee auch. Wenn jemand eine Idee wie Demokratie/Nationalsozialismus/Kommunismus propagiert oder sich ihr zugehörig fühlt so kann man das für falsch halten und auch sagen. Aus irgendwelchen Gründen hat die Religion hier eine Sonderstellung, i.e. man soll sie möglichst respektieren und niemanden in seinen religiösen Ansichten kritisieren. Kritik an politischen Ideen dagegen ist das zulässig. Warum?
 
Es ist erstaunlich, wie Religionen besonders behandelt werden, auch in diesem Thread. Sind sie nicht schlicht Ideenkomplexe, also Ansammlungen aus Ideen, die zusammen ein Konstrukt ergeben, das sehr gut darin ist sich selbst zu propagieren? Wenn man sie als solches erkennt, kann man ihnen genauso viel Respekt entgegenbringen wie jeder anderen Idee auch. Wenn jemand eine Idee wie Demokratie/Nationalsozialismus/Kommunismus propagiert oder sich ihr zugehörig fühlt so kann man das für falsch halten und auch sagen. Aus irgendwelchen Gründen hat die Religion hier eine Sonderstellung, i.e. man soll sie möglichst respektieren und niemanden in seinen religiösen Ansichten kritisieren. Kritik an politischen Ideen dagegen ist das zulässig. Warum?

Erstmal muesste man ja klarstellen was man kritisiert. Die Lehre oder die Institution. Ausserdem ist eine Religion nicht bloss eine Idee, sondern der bislang fundamentalste Faktor jeglicher menschlicher Kultur.
 
Ausserdem ist eine Religion nicht bloss eine Idee, sondern der bislang fundamentalste Faktor jeglicher menschlicher Kultur.
Das kann man genausogut vom Feuer, der Schrift oder vom Rad sagen. Alldas beeinflusst unser Denken enorm, bleibt aber nur ein Idee, obwohl es zugleich ein Kulturfundament ist. Das physische Rad ist eine Manifestation einer sochen Idee, ebenso wie religiöses Verhalten eine Manifestation der Religion ist.
Die Religion ist weiterhin wie gesagt ein Ideenkomplex, d.h. sie besteht aus anderen, viel fundamentaleren Ideen wie "Du sollst nicht töten" (der Klassiker), die von der Gottesidee aus begründet werden. Das Tötungsverbot könnte man auch von Kant oder vom schlichten Mitgefühl ableiten, was normalerweise nicht religös bedingt ist.
 
Das Rad ist sicher kein Kulturfundament welches sich auf das gesellschaftliche Zusammenleben auswirkt wie eine Ordnung, die das gesellschaftliche leben regelt.

Und da ist Religion unbestreitbar ein wesentliches Element. Religionen waren lange vor sowas wie Staaten da und haben seit jeher einen enormen Einfluss auf das Treiben der Menschen. Davon zeugen noch heute die Bauten unserer Vorfahren von denen nahezu alle durch einen religiösen Kult bedingt sind. Alte Gräber zeigen immer Beigaben usw usw. Der Stellenwert von Religion war gesellschaftlich immer unter den allerwichtigsten Punkten zu finden. Niemand hat über das Rad oder das Feuer sinniert - ausser es wurde in einen religiösen Kontext gesetzt.
 
Niemand hat über das Rad oder das Feuer sinniert
Dann erklär mir mal bitte den Gummireifen sowie Kraftwerke. Es ist interessant, dass jemand, der vor/neben einem Computer, einer Maschine, in die unglaublich viel "Sinnieren" geflossen ist, behauptet, dass mehr im religiösen Kontext überlegt wird.

Das Rad ist sicher kein Kulturfundament welches sich auf das gesellschaftliche Zusammenleben auswirkt wie eine Ordnung, die das gesellschaftliche [L]eben regelt.
Das ist es in einem mindestens ebensogroßen Maße. Erfindungen haben Tatsachen geschaffen und die Gesellschaft verändert.

Religionen waren lange vor sowas wie Staaten da und haben seit jeher einen enormen Einfluss auf das Treiben der Menschen. Davon zeugen noch heute die Bauten unserer Vorfahren von denen nahezu alle durch einen religiösen Kult bedingt sind.
Stimmt, Religion war eine frühe Idee. Allerdings nicht die Religionen der heutigen Zeit, sondern eher die polytheistischen oder naturalistischen Religionen. Anscheinend scheint das Kultursystem sehr wandelbar zu sein - genau wie eine Idee/ein Mem.
 
Zitat:
Niemand hat über das Rad oder das Feuer sinniert
Dann erklär mir mal bitte den Gummireifen sowie Kraftwerke. Es ist interessant, dass jemand, der vor/neben einem Computer, einer Maschine, in die unglaublich viel "Sinnieren" geflossen ist, behauptet, dass mehr im religiösen Kontext überlegt wird.

Ich meinte damit etwas anderes: Religion durchdringt eine Gesellschaft weitaus intensiver als technische Dinge die genutzt werden. Es sind weitaus mehr Menschen der Welt an irgendwas Glaeubig als Menschen gibt, die permenent etwas Erfinden. Letztere sind ein sehr kleiner Teil der Menschen. Während es Zeitalter gab wo jahrhundertelang nichts wesentlich förderliches erfunden wurde, war Religion und religioese Praktiken durchaus sehr Präsent.

Zitat:
Das Rad ist sicher kein Kulturfundament welches sich auf das gesellschaftliche Zusammenleben auswirkt wie eine Ordnung, die das gesellschaftliche Leben regelt.
Das ist es in einem mindestens ebensogroßen Maße. Erfindungen haben Tatsachen geschaffen und die Gesellschaft verändert.

Es waere mir neu das irgendeine Erfindung moralisch/ethische Gebilde begründet. Sicherlch verändert der Fortgang (Fortschritt) die Gesellschaft, jedoch nie enkoppelt von gerade gängiger Geisteshaltung einer Gesellschaft.
 
Die genannten Beispiele von Intoleranz halte ich eigentlich auch für Intoleranz
von einzelnen Personen und ihrer Anhänger und nicht der Religion selbst.
Hier muss man doch klar sehen das Religion häufig instrumentalisiert wird und sich
in Form von Glaubengemeinschaften (-richtungen) auch immer wieder gerne instrumentalisieren
lässt, um ganz weltliche Bedürfnisse durchzusetzen. Hier könnte man z.B. Israels
Ansprüche auf das "gelobte Land" nennen, oder die Diskriminierung durch Kleiderordnung
und die angeblich von Gott berufenen Herrscher.
Dies sind alles mehr oder weniger von Menschen ersonnene politische Spielchen,
die einzig dem Machterhalt, Einflussgewinnung und dem Schutz von Ressourcen dienen.
Auch wenn es nicht ganz politisch Korrekt ist, auch die sozialen Projekte dienen und dienten
zu einem grossen Teil diesen Zielen.

Wirkliche Intoleranz zu Lebzeiten erlauben die Religionen eigentlich nicht.
Merkwürdiger Weise werden die grossen monotheistischen Religionen allerdings mit dem Tod
in höchstem Masse intolerant, denn der Zugang zum Paradies wird nur dem Gläubigen
der eigenen Religion gewährt. Da kann jemand sein Leben noch so sehr im Sinne
der Nächstenliebe und der Ehrfurcht für die Schöpfung gelebt haben, wenn er den
falschen Gott angebetet hat, war es dass eben.
Irgendwie will mir dieser Fehler im System nicht in den Kopf :wink: , weshalb ich wohl
in der Hölle schmorren werde, sollte es einen Gott geben und dieser so intolerant sein.
Wenigstens werde ich mich dann in nicht allzu schlechter Gesellschaft befinden Ghandi, Aristoteles ......:)

Gruss
 
end4win hat gesagt.:
Wirkliche Intoleranz zu Lebzeiten erlauben die Religionen eigentlich nicht.
Über diesen Satz könnte man allerdings diskutieren. Du sagst ja selbst das die drei monotheistischen, mosaischen Religionen sozusagen mit dem Tod intolerant werden - weil nur die eigenen Anhänger auf Erlösung und ewiges Leben im Paradies hoffen können. Aber warum ist das so? Das liegt doch daran das diese Religionen die Menschen in zwei Gruppen unterteilen: Rechtgläubige und Ungläubige. Das meinte ich weiter vorn auch mit der Bemerkung das Intoleranz praktisch im Kern der Religionen verankert ist. Und das führt auch zu Lebzeiten schon zu nicht unerheblicher Intoleranz. Ein Beispiel habe ich selbst miterlebt: Mein Schwester ist natürlich wie ich evangelisch, sie hat aber einen Katholiken geheiratet. Es gab auch eine kirchliche Trauung und zwar im Rahmen eines ökumenischen Gottesdienstes. Während meine Schwester den Pastor aus der Gemeinde in der wir aufgewachsen sind wählte, der uns beide konfimiert hat, musste mein Schwager auf den Pfarrer einer Nachbargemeinde zurückgreifen - weil der Pfarrer, der ihm schon die Kommunion erteilte, sich weigerte eine ökumenische Trauung durchzuführen. Tatsächlich sehen die meisten Religionen es nicht besonders gerne, wenn ihre Mitglieder "Mischehen" führen. Je nach Religion und dem Grad der Frömmigkeit der betreffenden Gemeinschaften, kann das durchaus negative Konsequenzen für den Betreffenden haben die von spitzen Bemerkungen, über Ächtung, bis hin zu Lebensgefahr reicht.
Aber auch andere Menschen werden schon zu Lebzeiten mit Formen religiöser Intoleranz konfrontiert, nehmen wir nur die katholische Kirche als Beispiel: Katholiken die Beziehungen ohne Trauschein führen, die nach einer Scheidung erneut heiraten oder die homosexuell sind, werden häufig Opfer von Intoleranz. Über Verhütung und Abtreibung wurde ja schon gesprochen, aber auch insgesamt kann man den drei mosaischen Religionen durchaus ein, wie ich finde, gestörtes Frauenbild attestieren. In der katholischen Kirche wird Frauen die Priesterweihe verwehrt, die ultraorthodoxen Juden wollen Frauen nicht einmal gestatten sich in der Nähe von Synagogen aufzuhalten und sehr religiöse Muslime stecken Frauen gerne in Burkas...:rolleyes:
 
end4win hat gesagt.:
Hier ist nicht die Religion sondern der Mensch intolerant.
Religion wird nun einmal von Menschen ausgeübt. Und die Ursachen für das intolerante Verhalten der Menschen in den geschilderten Beispielen, ist nun einmal in den Dogmen ihrer Religionen begründet.
 
Zitat: Zitat von end4win
Hier ist nicht die Religion sondern der Mensch intolerant.

Religion wird nun einmal von Menschen ausgeübt. Und die Ursachen für das intolerante Verhalten der Menschen in den geschilderten Beispielen, ist nun einmal in den Dogmen ihrer Religionen begründet.

Das stimmt nicht Taratongoa. Dieses "Mischehen" Thema, ist ein Problem der Institution Kirche und nicht der Religion. Ich kann mich nicht erinnern wo Mischehen im NT thematisiert werden, da es (NOCHMAL) fuer den Kern der christlichen Lehre ueberhaupt keine Rolle spielt.
 
Es fällt aber schwer die Institution Kirche vom Christentum zu trennen, oder? Zentrale Aspekte des Christentums sind Sakramente wie die Taufe, die Konfirmation / Kommunion und das Abendmahl - und durch wen empfängt ein Christ diese Sakramente? Ah ja - durch die Institution Kirche...:rolleyes:
Darüberhinaus war die "Mischehe" ja nur ein Beispiel. Da wäre z. B. ja auch noch der Punkt mit der einzig wahren Wahrheit und dieser Gedanke findet sich durchaus auch im neuen Testament - z. B. im Evangelium des Johannes (ja, auch ich hab die Bibel gelesen;)):
Jesus spricht zu ihm: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich.
Quelle: - Johannes 14 (Luther 1912)
 
Zuletzt bearbeitet:
Dass jemand oder eine Gemeinschaft für sich beansprucht die einzige Wahrheit zu kennen, ist bei weitem keine Sache der Religionen. Auch Atheisten und selbst Agnostiker nehmen das häufig für sich in Anspruch. Und selbst in der IT findet man sowas, auch wenn's da dann eher um das einzig wahre Programm oder Betriebssystem geht und nicht um Erkenntnis. Oder wirf einen Blick in die Politik, wo es auch immer wieder heisst: "Wir müssen das so und so machen, weil es nur so geht." Genau durch diesen Punkt entsteht ja nunmal die meiste Intoleranz in allen Bereichen unserer Gesellschaft.
 
bitmuncher hat gesagt.:
Dass jemand oder eine Gemeinschaft für sich beansprucht die einzige Wahrheit zu kennen, ist bei weitem keine Sache der Religionen. Auch Atheisten und selbst Agnostiker nehmen das häufig für sich in Anspruch. Und selbst in der IT findet man sowas, auch wenn's da dann eher um das einzig wahre Programm oder Betriebssystem geht und nicht um Erkenntnis.
Aber Atheisten, Agnostiker & ITler haben nun einmal keine Kriege geführt, um ihre alleinige Wahrheit durchzusetzen - während die Geschichte voller Religions- & Konfessionskriege ist. Und das Blutvergiessen im Namen der Religion hat ja bis heute keine Ende gefunden, wie diverse Anschläge in den letzten Wochen belegen...
 
Aber Atheisten, Agnostiker & ITler haben nun einmal keine Kriege geführt, um ihre alleinige Wahrheit durchzusetzen

Allgemeine Wahrheit der Politik: Irak ist ein Schurkenstaat.
Lösung: Krieg

Allgemeine Wahrheit der Politik: Wir brauchen Demokratie in der arabischen Welt, weil nur Demokratie die wahre Regierungsform ist.
Lösung: Anzetteln von Aufständen und Unterstützung selbiger durch Kriegsführung.

Allgemeine Wahrheit der westlichen Welt: Iran darf keine Atomkraft nutzen.
Lösung: Mord-Anschläge auf Wissenschaftler und evtl. auch bald noch Krieg.

Das Blutvergiessen im Namen allgemeiner Wahrheiten der sogenannten westlichen/aufgeklärten Welt hat also auch noch kein Ende gefunden, ohne dass da religiöse Gründe hinterstecken... zumindest sofern man Geld nicht als Gott ansieht. ;)
 
Erstens einmal, warum sollte Kapitalismus keine Religion sein? Die Definition aus dem Duden lautet:
Weltweit verbreitete Verhaltensweise von Menschen angesichts des für den einzelnen und die Gesellschaft Heiligen. ...
Wobei der Kapitalismus jetzt nicht unbedingt monotheistisch ist, wobei ich auch das Christentum nicht als Monotheismus anerkenne. Es gibt zwar nur einen Gott, aber auch noch den heiligen Geist, es wird die Mutter Maria angebetet und was weiß der Teufel noch so für Heilige (hups, das böse T-Wort :P).

Und zum zweiten bringt es wirklich nichts Institutionen von den jeweiligen Menschen zu trennen. Oder habt ihr schon mal eine Institution gesehen, die ohne Menschen ausgekommen ist? Menschen machen Gesetze, Menschen erschaffen Ideologien, Menschen verbreiten diese. Zwar ihm Rahmen einer Institution, aber diese ist eben ein Gebilde aus Menschen. Wenn ich somit sage "Das Christentum ist nicht frauenverachtend, es ist die Kirche" dann impliziert das einen Vorwurf gegenüber den Menschen, die die Kirche darstellen. Und da darf sich dann jeder an die Nase fassen, der bei dem Verein dabei ist. Ja, Kirchen sind Vereine, ich sehe da keinen Unterschied.

Und darin liegt auch der Grund, dass Religionen intolerant sind: Menschen sind intolerant. Ich nehme mich da (als bekennden Agnostiker) nicht aus, ich denke mir auch manchmal, wenn ich einen Afrikaner in der U-Bahn sehe, was der wohl im Schilde führt. Und als nächstes sehe ich, wie er der alten Dame die Treppe hinauf hilft. Das sind die Momente, in denen ich mich für mich selber schäme, und ich vermute, das geht jedem so. Wichtig dabei ist nur, dass man sich eben auch schämt und eingesteht, dass man etwas gegen seine Intoleranz tun sollte. In Religionen geht man das Problem häufig anders an, man interpretiert einfach die bestehenden Schriften so, dass sie die intolerante Meinung des einzelnen fördern. Häufig muss gar nicht etwas interpretieren, oft steht es bereits genauso intolerant in den Schriften da, wie man es braucht. Das passende Beispiel hat Tarantoga weiter oben bereits genannt.

Es stellt sich nur die Frage, warum sind diese Schriften intolerant? Ganz einfach, sie wurden von intoleranten Menschen (wobei intolerant jetzt keine Einschränkung darstellt) geschrieben. Am Beispiel Bibel sieht man das sehr gut, da wurden sogar diejenigen Evangelien ausgewählt, die eben praktisch waren. Also darf es einen nicht verwundern, wenn eben genau die Schriften der jeweiligen Ideologie den Nährboden geben.

Was könnte man dann aber besser machen, wenn sowieso alle intolerant sind? Man kann es nicht perfekt machen, die Angst vor dem Fremden ist ein ureigener Instinkt. Aber man kann zumindest versuchen es besser zu machen, und das muss jeder einzelne für sich machen. Es können aber auch die jeweiligen Institutionen ihre Gläubigen dabei unterstützen, indem man zum Beispiel solch kritische Stellen aus den Glaubensbüchern entfernt oder entschärft. Nur dass mir jetzt keiner damit kommt, dass man heilige Schriften nicht ändern darf. Das hat man nur zu oft gemacht, und wenn der Papst sagt, dass man das so und so ändern muss, dann muss es ja richtig sein. Schließlich ist der liebe Benedikt unfehlbar? :D

mfg benediktibk

PS: Beim Korrekturlesen ist mir aufgefallen, dass mein Post absolut intolerant gegenüber Religionen ist. Ich lasse das aber jetzt absichtlich genauso stehen, so als Beweis für sich selber.
 
Es können aber auch die jeweiligen Institutionen ihre Gläubigen dabei unterstützen, indem man zum Beispiel solch kritische Stellen aus den Glaubensbüchern entfernt oder entschärft.

Stimmt, man entfernt ja auch kritische Stellen aus Geschichtsbüchern und sonstigem Lehrmaterial. Das ist natürlich genau der richtige Weg, denn nur dadurch wissen wir heute, dass z.B. Israel-Kritik gleich Antisemitismus ist, Kritik an der Integrationswilligkeit ist gleich Ausländerfeindlichkeit, Kritik an den USA ist antidemokratisch, Kritik an der Antifa ist Rechtsextremismus usw.. Ja, Dinge aus Büchern entfernen hat sich schon immer bewährt. ;)
 
Ja, hat sich bewährt. Oder würdest du es für gut befinden, wenn immer noch in allen Lehrbüchern steht, dass sich die Sonne um die Erde dreht? Ich rede nicht davon gezielt Falschinformationen zu verbreiten, also Fakten zu verfälschen, sondern rein ideologische Werke zu verändern. Ideologie != Fakt
 
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