Heute beschäftigt sich das TdW wieder einmal mit dem Patienten Rechtsstaat. Spätestens der Staatstrojaner-Skandal im Jahr 2011 hatte auch der breiten Öffentlichkeit gezeigt, wie skrupellos sich Sicherheitsbehörden über rechtsstaatliche Prinzipien, richterliche Anordnungen und verbriefte Grundrechte hinweg setzen, wenn es ihnen opportun erscheint. Damals wurde auch deutlich das sich Polizeibehörden und Geheimdienste mindestens auf die Rückendeckung durch die verantworlichen Politiker verlassen können - falls sie nicht sogar von diesen ermuntert wurden. So gab der damalige Bundesinnenminister Friedrich (CSU) im Bezug auf die gerichtlich ausdrücklich verbotene und von der bayerischen Polizei trotzdem verwendete Screenshot-Funktion angesprochen, dieses denkwürdige Zitat von sich: "Das Landgericht Landshut sagt, es sei nicht erlaubt. Die bayerische Staatsregierung sagt, es sei erlaubt. Man kann ja auch anderer Auffassung sein als ein Landgericht."
Wer die Berichterstattung über den NSA-Ausschuss auch nur beiläufig verfolgt, dem wird nicht entgangen sein, das da auch gerne von "unterschiedlichen rechtlichen Positionen" gesprochen wird. Womit in der Regel gemeint ist, dass ein Gesetz ignoriert, umgangen, verbogen oder schlichtweg gebrochen wurde. Ein Beispiel dafür lieferte uns gerade erst die Datenschutzbeauftrage des BND, die in ihrer Befragung einräumte das Betreiben zweier Datenbanken des BND ohne Anordnungsverfahren sein ein "formaler Verstoß gegen das BND Gesetz". Ein "materieller Verstoß" läge aber nicht automatisch vor, da nicht geklärt sei ob die Datenbanken schon von der Konzeption her datenschutzwidrig sein.
Allein im Rahmen der NSA Affäre und den enthüllten Dimensionen der Kooperation zwischen deutschen Nachrichtendiensten und der NSA, kann man schon das Gefühl haben, dass sich Nachrichtendienste in einem völlig rechtsfreien Raum bewegen und im Grunde tun und lassen was sie wollen - ohne sich in ihrem Treiben von Kleinigkeiten wie Datenschutz, Bürgerrechten, dem Grundgesetz oder rechtsstaatlichen Prinzipien behindern zu lassen.
Auch wenn ich jetzt hier hauptsächlich vom BND gesprochen habe, zeigen ja auch die durch die NSU-Ermittlungen enthüllten Skandale beim Verfassungsschutz, dass es um unsere Inlandsgeheimdienste keineswegs besser bestellt ist. Und bei der Staatstrojaner-Affäre ging es vor allem um BKA und LKAs - also Polizeibehörden. Daher spreche ich in diesem Kontext gern ganz allgemein von Sicherheitsbehörden, denn die scheinen allesamt wenig Respekt vor dem Grundgesetz zu haben - genauso wie sie allesamt scheinbar keine Skrupel haben, die Aufklärung von Missetaten zu behindern und sabotieren. Allein diese Erkenntnis ist in meinen Augen schon ziemlich erschreckend, doch auch über dieses Stadium sind wir scheinbar schon hinaus. Mittlerweile scheinen sich die Sicherheitsbehörden nicht mehr auf das schwärzen, verlegen oder schreddern von Akten zu beschränken, auch Halbwahrheiten und Falschaussagen sind nicht mehr das letzte Mittel - scheinbar scheut man sich nicht mehr vor Einschüchterungsversuchen. Diese Einschüchterungsversuche können ganz subtil und legitim erscheinen, wie z. B. die horrenden Strafen und umenschlichen Haftbedingungen, die Whistleblower in den USA erwarten können. Man denke nur an Manning, der (die?) Informationen über Kriegsverbrechen in Afghanistan enthüllte und damit angeblich die Sicherheit der USA gefährdete. Man verfolgte damals nicht die für die Kriegsverbrechen verantworlichen aus Regierung und Militärführung, sondern denjenigen der die Verbrechen publik machte. Für mich ein klarer Versuch alle zukünftigen Whistleblower einzuschüchtern, damit sie lieber die Klappe halten und nicht ihrem Gewissen zu folgen.
Solche Einschüchterungsversuche können aber auch plump und direkt sein, wie z. B. in England, wo Geheimdienstmitarbeiter in die Redaktion des Guardian marschierten und Computer & Festplatten zerschlugen. Auch den Verantworlichen für diesen Einsatz dürfte klar gewesen sein, das man auf diese Art nicht die Snowden-Dokumente im Besitz der Zeitung vernichten konnte - das man es dennoch tat, zeigt meiner Meinung nach des es lediglich um Einschüchterung ging. Man wollte den dreisten Journalisten schlichweg die eigene Macht demonstrieren - ein Verhalten das mich eher an die Mafia, als an eine (rechts)staatliche Organisation denken lässt.
Und in Deutschland? In Deutschland wird kritischen Journalisten auch schon einmal ein Polizist zugeteilt, der ihnen bei der Arbeit über die Schulter schaut. So erging es zumindest Andre Meister, der für Netzpolitik.org über den NSA-Ausschuss berichtet. Ein Beamter der Polizei des Bundestages, hat sich direkt hinter den Journalisten gesetzt und auf Nachfrage bestätigt, das er abgestellt wurde um Meister zu beobachten. Das ist alles andere als eine Kleinigkeit und so kommentiert Ulf Buermeyer, Richter am Berliner Landesgericht, den Vorfall so: "Das bewegt sich gefährlich in Richtung einer Vorabzensur, und die ist nach dem Grundgesetz ausdrücklich verboten. Der sogenannte Vorfeldbereich der Presseberichterstattung ist heilig, und der umfasst auf jeden Fall auch die Tastatur des Journalisten."
Für mich ist das schlichtweg ein wenig subtiler Einschüchterungsversuch. Und vor dem Hintergrund der ganzen Enthüllungen und Skandale der jüngeren Vergangenheit, stellt das TdW heute die Frage: Sicherheitsbehörden vs. Grundgesetz: Rechtsstaat ade?
Quellen & mehr zum Thema:
CCC | Chaos Computer Club analysiert Staatstrojaner
Staatstrojaner-Affäre - Piratenpartei zeigt Bayerns Innenminister an - Digital - Süddeutsche.de
NSA-Ausschuss: BND betreibt gesetzeswidrig Datenbanken | heise online
Ausschuss-Chef prüft Verhalten des SPD-Obmanns - Politik - Süddeutsche.de
NSA-Ausschuss: Der BND pfeift auf seine Datenschutzbeauftragte | ZEIT ONLINE
https://netzpolitik.org/2014/live-b...ss-frau-f-und-herr-f-vom-bnd-sollen-aussagen/
BND-Untersuchungsausschuss: Schüchtert der Bundestag Medien ein? | ZEIT ONLINE
Wer die Berichterstattung über den NSA-Ausschuss auch nur beiläufig verfolgt, dem wird nicht entgangen sein, das da auch gerne von "unterschiedlichen rechtlichen Positionen" gesprochen wird. Womit in der Regel gemeint ist, dass ein Gesetz ignoriert, umgangen, verbogen oder schlichtweg gebrochen wurde. Ein Beispiel dafür lieferte uns gerade erst die Datenschutzbeauftrage des BND, die in ihrer Befragung einräumte das Betreiben zweier Datenbanken des BND ohne Anordnungsverfahren sein ein "formaler Verstoß gegen das BND Gesetz". Ein "materieller Verstoß" läge aber nicht automatisch vor, da nicht geklärt sei ob die Datenbanken schon von der Konzeption her datenschutzwidrig sein.
Allein im Rahmen der NSA Affäre und den enthüllten Dimensionen der Kooperation zwischen deutschen Nachrichtendiensten und der NSA, kann man schon das Gefühl haben, dass sich Nachrichtendienste in einem völlig rechtsfreien Raum bewegen und im Grunde tun und lassen was sie wollen - ohne sich in ihrem Treiben von Kleinigkeiten wie Datenschutz, Bürgerrechten, dem Grundgesetz oder rechtsstaatlichen Prinzipien behindern zu lassen.
Auch wenn ich jetzt hier hauptsächlich vom BND gesprochen habe, zeigen ja auch die durch die NSU-Ermittlungen enthüllten Skandale beim Verfassungsschutz, dass es um unsere Inlandsgeheimdienste keineswegs besser bestellt ist. Und bei der Staatstrojaner-Affäre ging es vor allem um BKA und LKAs - also Polizeibehörden. Daher spreche ich in diesem Kontext gern ganz allgemein von Sicherheitsbehörden, denn die scheinen allesamt wenig Respekt vor dem Grundgesetz zu haben - genauso wie sie allesamt scheinbar keine Skrupel haben, die Aufklärung von Missetaten zu behindern und sabotieren. Allein diese Erkenntnis ist in meinen Augen schon ziemlich erschreckend, doch auch über dieses Stadium sind wir scheinbar schon hinaus. Mittlerweile scheinen sich die Sicherheitsbehörden nicht mehr auf das schwärzen, verlegen oder schreddern von Akten zu beschränken, auch Halbwahrheiten und Falschaussagen sind nicht mehr das letzte Mittel - scheinbar scheut man sich nicht mehr vor Einschüchterungsversuchen. Diese Einschüchterungsversuche können ganz subtil und legitim erscheinen, wie z. B. die horrenden Strafen und umenschlichen Haftbedingungen, die Whistleblower in den USA erwarten können. Man denke nur an Manning, der (die?) Informationen über Kriegsverbrechen in Afghanistan enthüllte und damit angeblich die Sicherheit der USA gefährdete. Man verfolgte damals nicht die für die Kriegsverbrechen verantworlichen aus Regierung und Militärführung, sondern denjenigen der die Verbrechen publik machte. Für mich ein klarer Versuch alle zukünftigen Whistleblower einzuschüchtern, damit sie lieber die Klappe halten und nicht ihrem Gewissen zu folgen.
Solche Einschüchterungsversuche können aber auch plump und direkt sein, wie z. B. in England, wo Geheimdienstmitarbeiter in die Redaktion des Guardian marschierten und Computer & Festplatten zerschlugen. Auch den Verantworlichen für diesen Einsatz dürfte klar gewesen sein, das man auf diese Art nicht die Snowden-Dokumente im Besitz der Zeitung vernichten konnte - das man es dennoch tat, zeigt meiner Meinung nach des es lediglich um Einschüchterung ging. Man wollte den dreisten Journalisten schlichweg die eigene Macht demonstrieren - ein Verhalten das mich eher an die Mafia, als an eine (rechts)staatliche Organisation denken lässt.
Und in Deutschland? In Deutschland wird kritischen Journalisten auch schon einmal ein Polizist zugeteilt, der ihnen bei der Arbeit über die Schulter schaut. So erging es zumindest Andre Meister, der für Netzpolitik.org über den NSA-Ausschuss berichtet. Ein Beamter der Polizei des Bundestages, hat sich direkt hinter den Journalisten gesetzt und auf Nachfrage bestätigt, das er abgestellt wurde um Meister zu beobachten. Das ist alles andere als eine Kleinigkeit und so kommentiert Ulf Buermeyer, Richter am Berliner Landesgericht, den Vorfall so: "Das bewegt sich gefährlich in Richtung einer Vorabzensur, und die ist nach dem Grundgesetz ausdrücklich verboten. Der sogenannte Vorfeldbereich der Presseberichterstattung ist heilig, und der umfasst auf jeden Fall auch die Tastatur des Journalisten."
Für mich ist das schlichtweg ein wenig subtiler Einschüchterungsversuch. Und vor dem Hintergrund der ganzen Enthüllungen und Skandale der jüngeren Vergangenheit, stellt das TdW heute die Frage: Sicherheitsbehörden vs. Grundgesetz: Rechtsstaat ade?
Quellen & mehr zum Thema:
CCC | Chaos Computer Club analysiert Staatstrojaner
Staatstrojaner-Affäre - Piratenpartei zeigt Bayerns Innenminister an - Digital - Süddeutsche.de
NSA-Ausschuss: BND betreibt gesetzeswidrig Datenbanken | heise online
Ausschuss-Chef prüft Verhalten des SPD-Obmanns - Politik - Süddeutsche.de
NSA-Ausschuss: Der BND pfeift auf seine Datenschutzbeauftragte | ZEIT ONLINE
https://netzpolitik.org/2014/live-b...ss-frau-f-und-herr-f-vom-bnd-sollen-aussagen/
BND-Untersuchungsausschuss: Schüchtert der Bundestag Medien ein? | ZEIT ONLINE