Nach einer Woche Pause blickt das TdW diesmal nach Russland, das direkt oder indirekt die Schlagzeilen seit Wochen dominiert. Spätestens seit den Maidan-Protesten und deren Folgen, stehen sich der Westen und Russland so feindselig gegenüber wie seit dem Kalten Krieg nicht mehr - auch die Rhetorik erinnert mehr und mehr an dieses Kapitel der Menschheitsgeschichte. Im Westen wird gerne Putin allein für diese Entwicklung verantwortlich gemacht, Putin und seine Regierung werden geradezu dämonisiert und als Kriegstreiber und Agressoren dargestellt.
Im Gegenzug scheint man im Russland dem Westen, vor allem den bösen Amerikanern, die Schuld an allem zu geben. Sicher ist nur das Russland und der Westen sich in zunehmender Häufigkeit bei Konflikten wieder auf unterschiedlichen Seiten gegenüberstehen. Man denke nur an den schier endlosen Bürgerkrieg in Syrien, wo Russland Assad unterstützt und der Westen die Aufständischen.
Die dramatische Zuspitzung des Konflikts zwischen dem Westen und Russland erlebten (und erleben) wir in der Ukraine: Russland hintertrieb die Unterzeichnung des Assozierungsabkommens mit Europa (übrigens mit in der Politik legitimen Mitteln wie dem Versprechen von wirtschaftlichen Zugeständnissen und der Androhung von Sanktionen - also mit Zuckerbrot & Peitsche), der Westen reagierte mit UNterstützuung der oppositionellen Proteste und die Gewaltsprirale führte erst zum Sturz der ukrainischen Regierung, zur Annektion der Krim durch Russland und letztendlich zu einem blutigen Bürgerkrieg. Der Krieg ist damit nach Europa zurückgekehrt und mit ihm Angst, Misstrauen und Propaganda - wenn man dem Westen glauben will, ist dafür allein Russlands Machtstreben verantwortlich.
Doch wie sieht es in Wirklichkeit aus? Träumt Putin wirklich davon Macht und Einfluss der gescheiterten Sowjetunion zu restaurieren? Sicher ist das Russland in den letzten 30 Jahren viele Krisen und Umbrüche erfahren und durchleben musste. Zuerst der Zusammenbruch der Sowjetunion, Staatsbankrott und die Jelzin-Ära in der die heutigen Oligarchen das Land scheinbar nach Lust und Laune ausgeplündert haben. Unter Putin erlebte Russland eine wirtschaftliche Renaissance, vor allem weil er gegen einige Oligarchen vorging und Gewinne aus dem üppigen russischen Rohstoffreichtum wieder unter staatliche Kontrolle brachte. Innenpolitisch brachte ihm aber vor allem sein hartes Vorgehen im Rahmen des zweiten Tschetschenienkriegs Lorbeeren ein: Ende der Neunziger erschütterten eine Reihe von Bombenanschläge Moskau, für die man tschetschinische Rebellen verantworlich machte. Putin, der Jelzin nach dessen Rücktritt 1999 als Präsident ablöste, koordinierte damals die russische Reaktion und ließ die Armee in Tschetschenien einmarschieren und letztendlich die Hauptstadt Grosny erorbern. Für viele Russen, die den Verlust des Supermacht-Status und die chaotischen Jahre der Jelzin-Ära erlebt hatten, war das nach langer Durststrecke endlich wieder ein außenpolitischer Höhepunkt. Putin, der zunächst nur Interimspräsident gewesen war, gewann dadurch genug Sympathien im Volk um auch ganz offiziell die Präsidentwahl im Jahr 2000 für sich zu entscheiden. Vermutlich geht sein Image und seine Selbstinszenierung als starker Mann, um nicht zu sagen als Macho, auf diese Zeit zurück. Auf jeden Fall hat er Russland seit dieser Zeit jedenfalls mehr oder weniger direkt regiert.
Unter Putin erstarkte die russische Wirtschaft, auch das Militär erlebte eine regelrechte Auferstehung und aussenpolitisch wurde Russland wieder verstärkt wahrgenommen - das alles war verständlicherweise Balsam für die geschundene Seele vieler Russen. Aber wie sooft hat diese Entwicklung auch ihre Schattenseiten: Die Regierung wurde immer autoritärer und Regierungskritiker gerieten zunehmend unter Druck. Dazu wurden nationalistische (um nicht zu sagen rechtsextreme) Kräfte gezielt gefördert, während Kritiker gerne als Nestbeschmutzer oder vom Ausland bezahlte Provokateure dargestellt wurden. Die Folge war ein zunehmend aggressives Klima, dem letztendlich viele Oppositionelle und kritische Journalisten zum Opfer gefallen sind. Gerade erst jetzt wurde ja der prominente Oppositionelle Boris Nemzow, ein scharfer Kremlkritiker und entschiedener Gegner der aggressiven Ukraine-Politik Putins, auf offener Straße erschossen. Doch er ist nur einer in einer langen Reihe von politisch motivierten Attentaten, die Zeit hat mal ein paar Beispiele die bis ins Jahr 2003 zurückreichen aufgelistet: Oppositionelle in Russland: Entführt, erschossen, vergiftet | ZEIT ONLINE
Putin kann sich eigentlich gerade in dem Wissen um seine beispiellose Beliebtheit im Volke sonnen - Umfragen sahen noch im Dezember 80% Zustimmung für Putin und seine Ukraine-Politik im russischen Volk. Einen politischen Mord hat er also vermutlich weder nötig, noch beauftragt - aber es stellt sich die Frage ob das chauvinistische Klima, in dem jede Form von Kritik als Verrat gewertet wird und das eine Folge seiner Politik ist, nicht letztendlich die Ursache für die beispiellos hohe Sterblichkeitsrate von Regierungskritikern ist.
Im Westen wirft man Putin vor er sei dabei Russland die ehemaligen Sowjetrepubliken erneut einzuverleiben und NATO General Breedlove unterstellt Putin bereits Pläne mit der Republik Moldau zu haben. In den baltischen Staaten wird man zunehmend nervös und verlangt nach NATO Präsenz und Aufrüstung. Auch in Deutschland hat Finanzminister Schäuble mit Blick auf die globalen Krisenherde gerade erst angekündigt den Wehretat aufzustocken.
Erstmals seit Ende des Kalten Krieges blickt man in Europa wieder mit Sorge nach Osten und auch längst vergessen geglaubtes Säbelrasseln und Kriegsrhetorik sind zurückgekehrt. Der Westen gibt daran allein Russland die Schuld, Russland gibt dem Westen die Schuld...
Doch so oder so: Russland spielt eine Schlüsselrolle für Europa - als Nachbar, als wirtschaftlicher Partner & Rohstofflieferant und als militärische Großmacht. Das TdW stellt daher heute die Putin-Frage: Strebt Putin wirklich nach einem neuen, russischen Großreich? Oder schützt er lediglich legitime russische Interessen vor dem Machthunger des Westens? Oder liegt die Wahrheit irgendwo dazwischen? Wohin steuert Russland?
Quellen:
Trauermarsch für Boris Nemzow in gedrückter Stimmung
Oppositionelle in Russland: Entführt, erschossen, vergiftet | ZEIT ONLINE
Wladimir Putin: Nato warnt vor russischer Aggression in Moldau | ZEIT ONLINE
Bundeswehr: Schäuble für höheren Wehretat - SPIEGEL ONLINE
https://de.wikipedia.org/wiki/Wladimir_Wladimirowitsch_Putin
Im Gegenzug scheint man im Russland dem Westen, vor allem den bösen Amerikanern, die Schuld an allem zu geben. Sicher ist nur das Russland und der Westen sich in zunehmender Häufigkeit bei Konflikten wieder auf unterschiedlichen Seiten gegenüberstehen. Man denke nur an den schier endlosen Bürgerkrieg in Syrien, wo Russland Assad unterstützt und der Westen die Aufständischen.
Die dramatische Zuspitzung des Konflikts zwischen dem Westen und Russland erlebten (und erleben) wir in der Ukraine: Russland hintertrieb die Unterzeichnung des Assozierungsabkommens mit Europa (übrigens mit in der Politik legitimen Mitteln wie dem Versprechen von wirtschaftlichen Zugeständnissen und der Androhung von Sanktionen - also mit Zuckerbrot & Peitsche), der Westen reagierte mit UNterstützuung der oppositionellen Proteste und die Gewaltsprirale führte erst zum Sturz der ukrainischen Regierung, zur Annektion der Krim durch Russland und letztendlich zu einem blutigen Bürgerkrieg. Der Krieg ist damit nach Europa zurückgekehrt und mit ihm Angst, Misstrauen und Propaganda - wenn man dem Westen glauben will, ist dafür allein Russlands Machtstreben verantwortlich.
Doch wie sieht es in Wirklichkeit aus? Träumt Putin wirklich davon Macht und Einfluss der gescheiterten Sowjetunion zu restaurieren? Sicher ist das Russland in den letzten 30 Jahren viele Krisen und Umbrüche erfahren und durchleben musste. Zuerst der Zusammenbruch der Sowjetunion, Staatsbankrott und die Jelzin-Ära in der die heutigen Oligarchen das Land scheinbar nach Lust und Laune ausgeplündert haben. Unter Putin erlebte Russland eine wirtschaftliche Renaissance, vor allem weil er gegen einige Oligarchen vorging und Gewinne aus dem üppigen russischen Rohstoffreichtum wieder unter staatliche Kontrolle brachte. Innenpolitisch brachte ihm aber vor allem sein hartes Vorgehen im Rahmen des zweiten Tschetschenienkriegs Lorbeeren ein: Ende der Neunziger erschütterten eine Reihe von Bombenanschläge Moskau, für die man tschetschinische Rebellen verantworlich machte. Putin, der Jelzin nach dessen Rücktritt 1999 als Präsident ablöste, koordinierte damals die russische Reaktion und ließ die Armee in Tschetschenien einmarschieren und letztendlich die Hauptstadt Grosny erorbern. Für viele Russen, die den Verlust des Supermacht-Status und die chaotischen Jahre der Jelzin-Ära erlebt hatten, war das nach langer Durststrecke endlich wieder ein außenpolitischer Höhepunkt. Putin, der zunächst nur Interimspräsident gewesen war, gewann dadurch genug Sympathien im Volk um auch ganz offiziell die Präsidentwahl im Jahr 2000 für sich zu entscheiden. Vermutlich geht sein Image und seine Selbstinszenierung als starker Mann, um nicht zu sagen als Macho, auf diese Zeit zurück. Auf jeden Fall hat er Russland seit dieser Zeit jedenfalls mehr oder weniger direkt regiert.
Unter Putin erstarkte die russische Wirtschaft, auch das Militär erlebte eine regelrechte Auferstehung und aussenpolitisch wurde Russland wieder verstärkt wahrgenommen - das alles war verständlicherweise Balsam für die geschundene Seele vieler Russen. Aber wie sooft hat diese Entwicklung auch ihre Schattenseiten: Die Regierung wurde immer autoritärer und Regierungskritiker gerieten zunehmend unter Druck. Dazu wurden nationalistische (um nicht zu sagen rechtsextreme) Kräfte gezielt gefördert, während Kritiker gerne als Nestbeschmutzer oder vom Ausland bezahlte Provokateure dargestellt wurden. Die Folge war ein zunehmend aggressives Klima, dem letztendlich viele Oppositionelle und kritische Journalisten zum Opfer gefallen sind. Gerade erst jetzt wurde ja der prominente Oppositionelle Boris Nemzow, ein scharfer Kremlkritiker und entschiedener Gegner der aggressiven Ukraine-Politik Putins, auf offener Straße erschossen. Doch er ist nur einer in einer langen Reihe von politisch motivierten Attentaten, die Zeit hat mal ein paar Beispiele die bis ins Jahr 2003 zurückreichen aufgelistet: Oppositionelle in Russland: Entführt, erschossen, vergiftet | ZEIT ONLINE
Putin kann sich eigentlich gerade in dem Wissen um seine beispiellose Beliebtheit im Volke sonnen - Umfragen sahen noch im Dezember 80% Zustimmung für Putin und seine Ukraine-Politik im russischen Volk. Einen politischen Mord hat er also vermutlich weder nötig, noch beauftragt - aber es stellt sich die Frage ob das chauvinistische Klima, in dem jede Form von Kritik als Verrat gewertet wird und das eine Folge seiner Politik ist, nicht letztendlich die Ursache für die beispiellos hohe Sterblichkeitsrate von Regierungskritikern ist.
Im Westen wirft man Putin vor er sei dabei Russland die ehemaligen Sowjetrepubliken erneut einzuverleiben und NATO General Breedlove unterstellt Putin bereits Pläne mit der Republik Moldau zu haben. In den baltischen Staaten wird man zunehmend nervös und verlangt nach NATO Präsenz und Aufrüstung. Auch in Deutschland hat Finanzminister Schäuble mit Blick auf die globalen Krisenherde gerade erst angekündigt den Wehretat aufzustocken.
Erstmals seit Ende des Kalten Krieges blickt man in Europa wieder mit Sorge nach Osten und auch längst vergessen geglaubtes Säbelrasseln und Kriegsrhetorik sind zurückgekehrt. Der Westen gibt daran allein Russland die Schuld, Russland gibt dem Westen die Schuld...

Doch so oder so: Russland spielt eine Schlüsselrolle für Europa - als Nachbar, als wirtschaftlicher Partner & Rohstofflieferant und als militärische Großmacht. Das TdW stellt daher heute die Putin-Frage: Strebt Putin wirklich nach einem neuen, russischen Großreich? Oder schützt er lediglich legitime russische Interessen vor dem Machthunger des Westens? Oder liegt die Wahrheit irgendwo dazwischen? Wohin steuert Russland?
Quellen:
Trauermarsch für Boris Nemzow in gedrückter Stimmung
Oppositionelle in Russland: Entführt, erschossen, vergiftet | ZEIT ONLINE
Wladimir Putin: Nato warnt vor russischer Aggression in Moldau | ZEIT ONLINE
Bundeswehr: Schäuble für höheren Wehretat - SPIEGEL ONLINE
https://de.wikipedia.org/wiki/Wladimir_Wladimirowitsch_Putin