[TdW 147] G7-Gipfel: Entscheidungsträgertreffen oder Marionettentheater?

Diese Woche kann sich das TdW natürlich nur mit dem G7 Gipfel beschäftigen, der momentan die deutschen Medien klar beherrscht. Hervorgegangen ist der G7-Gipfel aus den Kamingesprächen von Schloss Rambouillet, wo im Jahr 1975 auf Betreiben des deutschen Kanzlers Helmut Schmidt (SPD) und dem französischen Staatschef Giscard d’Estaing (UDP), die Staatschefs der USA, Großbritaniens, Italiens und Japans Wirtschafts- & Währungsthemen nach dem Zusammenbruch des Bretton-Woods-Systems diskutierten.
Später stieß Kanada dazu und aus der G6 wurde die G7, nach Ende des Kalten Krieges erweiterte Russland (das mittlerweile aufgrund der Ukraine-Krise wieder ausgeschlossen wurde) die Gruppe auf acht Länder.
Ursprünglich lag der thematische Fokus der Treffen ganz klar auf weltwirtschaftlichen Themen und da die Teilnehmer einige der wirtschaftsstärksten Länder der Welt repräsentierten, war deren Einfluss auf die Weltwirtschaft tatsächlich beträchtlich. Im Laufe der Jahre hat sich aber einiges geändert, der wirtschaftliche Einfluss einiger Länder schrumpfte, gleichzeitig stiegen neue wirtschaftliche Supermächte auf (z. B. China) und auch einige Schwellenländer errangen große wirtschaftliche Bedeutung (z. B. Indien & Brasilien). Auch die politische Landkarte hat sich stark verändert, so ist z. B. der alte Konflikt zwischen West- & Ostblock Geschichte und viele ehemalige Ostblock-Staaten, sitzen heute als EU Mitglieder im grunde ebenfalls mit am Tisch (auch die EU ist bei dem G7 vertreten). Auch die Themen haben sich verändert, weg von ihrem rein wirtschaftlichen Fokus und hin zu gesellschaftspolitischen Themen wie Terrorismus, Klimawandel, Bevölkerungsentwicklung oder jüngst die Bekämpfung von Multiresistenten Keimen.
Alljährlich zieht der G7-Gipfel jedoch auch zahlreiche Demonstranten & Aktivisten an, die eine buntgemischte Truppe abgeben - von Globalisierungsgegnern, über Umweltschützer bis hin zu Menschrechtlern dürfte alles vertreten sein. Um die Teilnehmer des Gipfels vor den Protesten abzuschirmen, ist jedes Jahr ein gewaltiges Polizeiaufgebot (Geheimdienste & Militär sind natürlich auch involviert) notwendig - diese gewaltigen Kosten sind Wasser auf den Mühlen der Kritiker. Und Kritiker gibt es viele, manche kritisieren die Zusammensetzung der Teilnehmer und für andere ist das ganze ohnehin eine Farce, da es sich nur um ein Marionettentheater handelt und die Teilnehmer nur Befehlsempfänger der Wirtschaft sind.
Natürlich gibt es auch Befürworter, die den Gipfel als notwendigen Bestandteil einer minimalen Weltregierung loben.

Vor diesem Hintergrund stellt das TdW also heute die Frage: Ist der Gipfel ein richtungsweisendes Entscheidungsträgertreffen oder nur ein sinnloses Marionettentheater? Anders gefragt: Ist der Gipfel sinnvoll oder reine Geldverschwendung?

Quellen & mehr zum Thema:
https://de.wikipedia.org/wiki/G7
https://de.wikipedia.org/wiki/Bretton-Woods-System
http://www.sueddeutsche.de/politik/...-ein-marionettentheater-aufgefuehrt-1.2506187
http://www.zeit.de/2015/23/g7-gipfeltreffen-protest-schloss-elmau
http://www.faz.net/aktuell/politik/...g-7-eigentlich-aussehen-muesste-13625705.html
 
Die Frage sollte eher lauten: Was von den bisher getroffenen Beschlüssen wurde denn in der Vergangenheit tatsächlich umgesetzt. Nehmen wir doch als Beispiel das G8-Treffen von Heiligendamm 2007.

- Hilfe für Afrika: Ist Afrika heutzutage in einer besseren Position als 2007? Gibt es dort mittlerweile weniger Menschen, die an Tuberkolose, Malaria oder AIDS sterben? Wurden die zugesagten 45 Milliarden dafür bereits vollständig ausgezahlt?
Anwort: Nein. Ganz im Gegenteil. Labors, die entsprechende Forschungen betreiben sind heutzutage in schlechteren finanziellen Situationen als davor und viele würden ohne "private" Geldgeber/Stiftungen gar nicht mehr existieren.
- Klimawandel: Hat man bereits weltweit verbindliche Ziele zur CO2-Reduktion geschaffen?
Anwort: Nein.
- Einbindung der Schwellenländer: Gibt es bereits regelmässige Gespräche mit China, Indien, Brasilien, Mexiko und Südafrika zu den Themen dieser Gipfeltreffen?
Antwort: Nein.
- Markenschutz: Gibt es mittlerweile einen besseren Markenschutz oder Schutz vor Produktpiraterie?
Antwort: Nein.
- Gemeinsames Raketenabwehrprogramm der USA und Russland: Wurde zwar nicht zugesagt, aber damals von Bush noch als interessante Idee gewertet. Ich glaube davon sind wir heutzutage weiter entfernt als je zuvor.

Also bleibt die Frage: Welchen Sinn machen diese Gipfeltreffen? Sie produzieren jede Menge heisse Luft und kosten die ausrichtenden Länder hunderte Millionen, die in Bildungs- und Sozialsystemen weitaus sinnvoller angelegt wären. Herauskommen tut dabei so gut wie nichts. Und das ist auch kaum verwunderlich, denn auch (oder gerade) in einer globalisierten Welt, können sich 7-8 Staaten wohl kaum anmaßen Weltpolitik zu machen. Wir leben schliesslich nicht mehr in der Zeit der grossen Imperien, denen der Rest der Welt in Form von Kolonien gehört. Es ist daher geradezu lächerlich, wenn sich 7-8 Oberhäupter von Staaten treffen und Weltpolitik machen wollen.

Als Fazit bleibt mir daher nur festzustellen, dass diese Gipfeltreffen nichts als Augenwischerei und Geldverschwendung sind. Mit den Ausgaben des aktuellen Treffens könnte man in Deutschland knapp 1.000.000 Grundschüler einen Monat lang finanzieren. Das ist etwa 1/3 aller Grundschüler. Mit anderen Worten: Dort verbrennen eine Handvoll Politiker in 2 Tagen so viel Geld wie für 1/3 aller Grundschüler im Monat zur Verfügung steht und nichts kommt dabei raus.

Und das Thema "multiresistente Keime" ist einfach nur lächerlich und scheint aus einer Kabarett-Show zu entstammen. Die sind nämlich keineswegs ein Problem der Welt sondern ein Problem der westlichen Welt, in der unsere Nahrungsmittel mit Antibiotika und ähnlichem Müll verseucht werden, weil man maximalen Profit auf Kosten der Natur aus der Landwirtschaft schlagen will. Es ist also ein Problem der Profitgier von einigen wenigen Pharma- und Lebensmittelkonzernen. Die sitzen dort allerdings nicht mit am Tisch, damit man ihnen mal auf die Finger klopfen kann. Vielmehr wird man ihnen weitere Kohle in den Rachen werfen, damit sie entsprechende "Forschungen" und "Mittel" gegen diese Keime entwickeln können. Damit wird man das Problem aber nicht lösen sondern nur zeitlich weiter nach hinten verschieben. Die Lösung gegen multiresistente Keime liegt nämlich schlicht und einfach darin, weniger Antibiotika einzusetzen, sie aus der Landwirtschaft weitestgehend zu verbannen und beim Menschen nicht wegen jeder Grippe zu verschreiben.
 
Ja, der Gipfel ist sinnvoll. Und ja, er ist in unserer heutigen Welt mit ihren immer komplexer werdenden Problemen auch notwendig.

Ich kann bis heute nicht verstehen, warum derart hohe (unrealistische?) Erwartungen an den Gipfel gestellt werden. Selbst die Medien reflektieren ihr eigenes Verhalten diesbezüglich inzwischen. Hier geht es nicht darum, in weniger als 24h die Probleme der Welt auf einen Schlag zu lösen. Probleme, die seit Jahren oder Jahrzehnten existieren, lassen sich nicht auf einen Schlag lösen, besonders nicht in der Politik. Es wäre absolut utopisch zu glauben, dass hier Ergebnisse in Prozessen erzielt werden, in denen sich seit Jahren nichts bewegt hat. Ganz besonders nicht, da dieser Gipfel schlichtweg nicht dafür geeignet ist. Für die globalen Umweltprobleme fehlen globale Player wie China, Indien oder Brasilien. Für Sicherheitsthemen fehlt insbesondere Russland. Dafür gibt es aber andere Formate, wie die Münchener Sicherheitskonferenz, den G20 Gipfel oder diverse Umweltforen, in denen man diese Themen diskutieren muss und kann.

Vielmehr ist das (inoffizielle!) Treffen ein Abgleich zwischen den Staaten, die einen gemeinsamen Wertekanon besitzen. Das Schlagwort "Comparing notes" ist hier oft zu hören, d.h. die Schaffung einer gemeinsamen Basis, um in deutlich größeren und schwierigeren Formaten wie dem G20 Gipfel gemeinsam auftreten zu können. Man spricht miteinander, man baut persönliche Beziehungen auf, man tauscht geheime Informationen aus, usw... - alles auf Basis des gemeinsamen Wertekanon. Russland würde hier nicht mehr reinpassen, das ist nunmal Fakt. So würde man ganz anders miteinander reden, wenn Russland dabei wäre. Dazu kommt die wichtige politik-psychologische Komponente dieser Meetings, die nunmal nicht auf einem anonymen Flugzeugträger oder in einem Telefonmeeting greift. Wenn man bei Sonnenschein durch die Wiesen vor traumhaften Alpenpanorama läuft, dann ist man allgemein entspannter und verhält sich auch so. Wer sich die Bilder angeschaut hat, der wird auch sehen, dass die Sakkos oft mal locker über der Schulter hingen und die Krawatten nicht so eng gebunden waren.

Dazu muss man bedenken, dass die hohen Ausgaben maßgeblich durch die hohe Polizeipräsenz entstanden sind. Die letzten Gipfel waren Austragungsorte von Straßenschlachten, man erinnere sich an Genua. Auch die gewalttätigen Demonstrationen bei der EZB Eröffnung haben wenig Hoffnung verbreitet. Die Schuld für die Kosten ausschliesslich auf die Politik zu schieben, halte ich für absolut verlogen. Dazu hat sich dieses Mal die Polizei äusserst passiv verhalten. Bis auf die üblichen Sticheleien auf beiden Seiten gab es meines Wissens keine ernsthaften Vorfälle.

Nichtsdestotrotz gibt es natürlich auch Kritikpunkte am Gipfel. Ich hätte gerne gezielte Gesprächsrunden zwischen Demonstranten und Politikern zu speziellen Themen gesehen oder zumindest ein Zeichen der Politik, dass die Demonstranten ernst genommen werden würden. Hier kamen ausschliesslich Worthülsen von allen Verantwortlichen. Dass im Vorfeld auf Bauern eingewirkt wurde, ihre Felder nicht an Demonstranten zu vergeben oder dass Campen auf zugesagten Feldern durch Gerichte untersagt wurden, das geht einfach nicht. Auch die Umweltbilanz während der Vorbereitungen, Ausführung und dem Abbau von Hubschrauberlandeplätzen und Co. ist nicht gerade positiv, wenn man bedenkt, dass es sich hier um ein Schutzgebiet geht, welches in Europa einzigartig ist.
 
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Nichtsdestotrotz gibt es natürlich auch Kritikpunkte am Gipfel. Ich hätte gerne gezielte Gesprächsrunden zwischen Demonstranten und Politikern zu speziellen Themen gesehen oder zumindest ein Zeichen der Politik, dass die Demonstranten ernst genommen werden würden.

Warum denn?

Es gibt doch danach, wie üblich, Arbeitsplätze und mehr Chancen auf irgendwelchen neuen Märkten die man gemeinsam entwickeln möchte.
 
Den Gipfel finde ich persönlich auch für sinnvoll, jedoch finde ich das die geschätzten Politiker und Politikerinnen nicht jedes Jahr an einem anderen Ort sollten. Diese Kosten könnten gespart werden, wenn man sich auf einen Ort festlegen würde.
 
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