[TdW 157] TTIP-Proteste - berechtigt, Panikmache oder Empörungsindustrie?

Eigentlich hatte ich geplant in diesem TdW das EuGH Urteil gegen das Safe Harbor Abkommen zu thematisieren, aber da ich erst heute etwas Zeit gefunden habe und gerade erst der überwältigende Massenprotest gegen TTIP in Berlin stattfand, wurden meine Pläne von der schnelllebigen Realität überholt...:rolleyes:
Also beschäftigt sich das TdW mit TTIP & Co, bzw. den Protesten und Bedenken gegen die Freihandelsabkommen. Das ist ein ziemlich schwieriges Thema, nicht nur weil es um komplexe wirtschaftliche, juristische und politische Fragen geht, sondern vor allem auch weil an diesen Verhandlungen alles so schrecklich geheim ist. Für mich persönlich ist das auch im Grunde der Hauptkritikpunkt an TTIP - denn ob es jetzt wirtschaftlich eher Vor- oder Nachteile für Arbeitnehmer bringt, kann ich aufgrund fehlender Expertise gar nicht beurteilen - aber ich werde prinzipiell misstrauisch wenn man versucht etwas im geheimen abzuwickeln. Das TTIP Abkommen wird Auswirkungen auf das Leben aller Menschen in den USA und der EU haben - da sollte man doch eigentlich annehmen das in demokratischen Rechtsstaaten transparent verhandelt wird und die Öffentlichkeit genau über Inhalte, Ziele und mögliche Auswirkungen informiert wird. Tatsächlich ist bei TTIP jedoch alles geheim - angefangen bei dem Ort wo verhandelt wird! Selbst Politiker der EU und des Bundestages - die immerhin einmal über das Abkommen abstimmen sollen - haben kaum Einsicht in die Inhalte und den Verlauf der Verhandlungen. Diese ARD-Reportage beschäftigte sich schon im Sommer letzten Jahres mit der Geheimhaltungs-Problematik. Ich kann mich dunkel daran erinnern (ist ein paar Monate her das ich die Reportage gesehen habe), das der einzige der sich zufrieden über die Art & den Verlauf der Verhandlungen äußerte ein Wirtschafts-Lobbyist war, der ausdrücklich lobte wie eng der Kontakt zwischen den Verhandlungsführern und der Wirtschaft sei. Das Vertreter der Wirtschaft in Verhandlungen über ein Wirtschaftsabkommen eingebunden werden, ist eigentlich nicht verwunderlich, aber das weder gewählte Volksvertreter noch Bürger echten Einblick in die Verhandlungen bekommen sollen, während Wirtschaftslobbyisten scheinbar freien Zugang haben, kann einen schon nachdenklich machen. Für viele Menschen stellt sich daher die Frage: Was genau wird da eigentlich verhandelt und um wessen Interessen geht es wirklich?
Wenn das TTIP-Abkommen also im mittlerweile von einer breiten Öffentlichkeit mit Misstrauen und Ablehnung betrachtet wird, dann ist das imho vor allem auf Fehler in der Politik, bzw. auf die Art wie diese Verhandlungen geführt werden, zurückzuführen. Tatsächlich scheint der nicht nachlassende, sondern eher wachsende Protest viele Vertreter aus Politik und Wirtschaft mittlerweile eher zu nerven. So hat z. B. Dr. Dieter Zetsche, Vorstandvorsitzender der Daimler AG, vor laufender Kamera gesagt ein Scheitern der TTIP-Verhandlungen sei für vernüftig denkende Menschen gar nicht vorstellbar - im Grunde sagt er damit auch das TTIP-Kritiker keine vernünftig denkenden Menschen sind.
Ähnlich sehen das Teile der Politik, wie z. B. der Bundestagsabgeordnete Joachim Pfeiffer (CDU), der in einer Rede den Begriff "Empörungsindustrie" prägte. Seiner Meinung nach ist also der (häufig durch Spenden) finanzierte Protest von Organisiationen nur Selbstzweck einer regelrechten Industrie. Auch Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hat TTIP-Kritiker immer wieder scharf angegriffen. Besonders bemerkenswert fand ich das er einerseits einräumt geheime Verhandlungen seien "wenig hilfreich" um Misstrauen zu zerstreuen, andererseits aber auch gerne spottet Kritiker hätten "eine Menge Vermutungen über das, was verhandelt wird, aber wenig Wissen" - vielleicht sollte der Mann sich einfach mal selbst zuhören...:rolleyes:
Auch in den Medien wird das Abkommen, bzw. die Kritik daran kontrovers diskutiert. Besonders deutlich wird diese Kontroverse bei Spiegel Online, wo einerseits eine Polemik die Kritiker an den rechten Rand stellt und andererseits die Replik darauf hinweist das die Kritiker keine gefährlichen Demokratiefeinde sind, sondern eher diejenigen die einem weitreichenden Abkommen wie TTIP blind zustimmen, ohne Inhalte und Auswirkungen überhaupt zu kennen.
In jedem Fall mobilisiert TTIP viele Menschen, allein in Berlin sollen zwischen 150.000 (nach Angaben der Polizei) und 250.000 (nach Angaben der Veranstalter) Menschen auf die Straße gegangen sein, um gegen das Abkommen zu protestieren. Grund genug für das TdW zu fragen, ob die Proteste gegen TTIP berechtigt, blosse Panikmache oder gar die Folgen einer Empörungsindustrie sind?


Quellen & mehr zum Thema:
https://www.youtube.com/watch?v=aSnAK4Ez37M
Video: Die Story im Ersten... - Reportage & Dokumentation - ARD | Das Erste
http://www.zeit.de/2015/wahlen-schweiz-18-oktober-kommentar/freihandelsabkommen-ttip-tpp-protest
https://www.taz.de/!5042957/
http://www.spiegel.de/wirtschaft/so...rschieren-rechte-mit-kommentar-a-1057131.html
http://www.spiegel.de/politik/deuts...n-nicht-rechts-aber-gegen-ttip-a-1057182.html
 
Zuletzt bearbeitet:
Grund genug für das TdW zu fragen, ob die Proteste gegen TTIP berechtigt, blosse Panikmache oder gar die Folgen einer Empörungsindustrie sind?

Und um das richtig beurteilen zu können, müssten wir wissen worum es da genau geht ;)

Aktuell bekommen wir ein Destillat aus allen möglichen Quellen zugetragen. Und nachdem, was wir auf diese Art an Informationen bekommen, ist die Kritik an dem gesamten Vorhaben mehr als berechtigt.

Wenn uns eine Information derart systematisch vorenthalten wird ist es angeraten skeptisch zu sein. Auch wenn wir mit dem eigentlich Inhalt des Vorhabens vielleicht gar kein (oder geringeres) Problem hätten.
 
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