[TdW 37] Trennung von Kirche und Staat - nur eine Illusion?

chromatin hat gesagt.:
Und du glaubst ernsthaft dass sich die Institution Kirche in einem Angst-Vakuum etabliert hat und das die immer noch währende Existenz darauf zurückzuführen ist, dass der Glaube mit dem Schwert eingeführt wurde (zumindest bzlg. Europa)?
Hm, zumindest würde ich sagen das es der heutigen Verbreitung des Christentums in Europa nicht geschadet hat, dass sich die Kirche stets mit den Mächtigen verbündet hat. Erst wurde es im römischen Reich zur Staatsreligion und als die Macht des römischen Reiches zusehends dahinschwand, verbündete die Kirche sich mit den Franken - dem damals mächtigsten Stamm der Germanen. Den Franken wiederum gelang es große Teile Europas zu unterwerfen und da das Christentum die Staatsreligion war, zwangen sie den eroberten Stämmen auch das Christentum auf.
Schön anschaulich wird das gerade auch im Verlauf der deutschen Geschichte: Stichwort Sachsenkriege. Viele Jahre lang lieferten sich die Sachsen und die Franken erbitterte Kämpfe und es oblag erst dem berühmtesten aller Frankenkönige, Karl dem Großen, diese Kriege endgültig für die Franken zu entscheiden. Sein großer Widersacher war der westfälische Sachsenherzog Widukind (in anderer Schreibweise Wittekind). Als Westfale kann ich dir sagen das es noch heute jede Menge Hotels und Gasthäuser in Westfalen gibt, die diesen Namen tragen - doch die wenigsten wissen das Widukind nicht nur gegen die fränkische Fremdherrschaft gekämpft hat, sondern auch gegen die Christianisierung: Denn die Sachsen und ihre friesischen und dänischen Verbündeten, hingen den alten heidnischen Göttern an. Nur die militärische Übermacht der Franken und ihre Grausamkeit - so soll Karl der Große beim Blutgericht von Verden hunderte von bekehrungsunwilligen Sachsen an einem einzigen Tag hinrichten lassen haben (Quellen sprechen sogar von 4,500 Toten, doch Historiker bezweifeln diese hohe Zahl). In jedem Fall wurden Widukind zwei Sachen klar: Die Franken waren militärisch nicht zu besiegen und die Christen waren gewillt jeden Sachsen, der am alten Glauben festhalten wollte abzuschlachten. Daraufhin ließ sich Widukind taufen (mit Karl dem Großen als Taufpaten) und zog sich aus der Politik zurück, wie wir heute sagen würden. Die Friesen und die Dänen hielten noch etwas länger durch, doch letztendlich wurden auch sie bekehrt. Und zwar so gut, dass sich die Nachfahren dieser Heiden nicht scheuten nur wenige hundert Jahre später im Auftrag der Kirche und des deutschen Ordens die letzten Heiden Europas im Osten mit dem Schwert zu bekehren. Und dabei gingen die christlichen Krieger mit solcher Gründlichkeit vor, dass sich Historiker bis heute streiten ob zum Beispiel die der heidnische Stamm der baltischen Prußen ausgerottet oder assimiliert wurde...:rolleyes:
In jedem Fall benannte sich makabererweise das deutsche Fürstentum Preußen, das aus dem Staat des christlichen Deutschritterordens entstand, nach diesem Volk, das so oder so aus den Geschichtsbüchern verschwunden war.
Soviel also zur Verbreitung des Christentums in Europa - niemand sollte auf die Idee kommen, dass sich unsere Vorfahren nur bekehren ließen, weil das Evangelium so eine tolle Geschichte ist.
Auch in den Jahrhunderten danach ließ das Christentum keinen Zweifel und keine Konkurrenz zu - mittels Ketzerverfolgung und Inquisition wurde jede Opposition mit Stumpf und Stiel ausgerottet.

Wenn ich das alles so bedenke muss ich sagen: Ja, vielleicht hat ein Angstvakuum dazu beigetragen, dass heute das Christentum in Europa dominant ist, zumindest hat die christliche Kirche nie großen Wert auf Konkurrenz gelegt...;)
 
Betrachten wir doch einfach mal das Gesamtbild aus der Zeit der Christianisierung. Ganz Europa unterlag dem Streit zwischen 2 Religionen (genau genommen 3, aber die Streitigkeiten mit den Juden waren eher der Suche nach einem Sündenbock zuzurechnen), dem Islam und dem Christentum. Zur damaligen Zeit war eine Trennung zwischen Staat und Staatsreligion nicht denkbar. Wenn ein Herrscher ein Land eroberte, brachte er dort auch seine Religion mit. Das war zuvor schon immer so und sollte bis zum Investiturstreit auch weiterhin in Europa so bleiben. Und die Institution seiner Religion unterstützte den Herrscher bei den Kriegen, gerade dann, wenn es darum ging Anhänger polytheistischer Religionen anzugreifen. Manch eine Religion akzeptierte andere Religionen neben sich, aber gerade die monotheitischen taten sich immer schwer mit den polytheistischen. Die Christen taten es aus dem Missionsgedanken heraus, aber auch die Moslems, die eigentlich keinen "Missionsbefehl" haben, gingen gegen diese "Heiden" vor und erwarteten von Anhängern polytheistischer Religionen, dass sie sich zum Islam bekannten. Taten sie dies nicht, wurden sie getötet.

Im späteren Mittelalter verbreitete sich aber auch der Islam massiv in Europa bzw. wurden grosse Teile von muslimischen Herrschern erorbert. Warum sind wir nun aber kein muslimisch geprägtes Europa? Ganz einfach... weil die Christen zuerst da waren und die Bekehrung von einer monotheistischen Religion zur anderen vergleichsweise (im Vergleich zur Bekehrung von Anhängern polytheistischer Religionen zu einer monotheistischen) selten vorkam. Viele Christen starben lieber als dass sie sich zum Islam bekannten, weil der Glaube viel zu tief in den Menschen saß um ihn einfach mal so abzulegen. Umgekehrt war es aber auch nicht anders, wenn Christen Moslems bekehren wollten.

Was der Kirche also heutzutage vorgeworfen wird, war damals etwas selbstverständliches im Leben aller Menschen, egal welcher Religion sie angehörten. Wäre der Islam oder das Judentum vor dem Christentum in Europa verbreitet worden, wäre dies mit genau den gleichen Mitteln geschehen, weil das nunmal damals so üblich war und man es nicht anders kannte. Auch die Germanen setzten in eroberten Gebieten ihre Religion und Kultur durch und wenn es sein musste mit Gewalt. Und es war auch völlig normal, dass die Religionsführer die Triebfedern für neue Kriege waren. Das war keineswegs nur bei der Kirche so, sondern in jedem Land der damaligen Zeit, egal welcher Religion es angehörte.

Heutzutage können wir natürlich schön einfach sagen: Die böse Kirche hat damals mit dem Schwert Europa bekehrt. Es ist aber nunmal so, dass sich jede Religion der damaligen Zeit auf diese Weise in Europa verbreitet hätte, wenn sie vor dem Christentum dagewesen wäre. Durchgesetzt hat sich nunmal die, die sich in den mächtigsten Staaten als Staatsreligion etabliert hatte, also das Christentum mit dem Römischen Reich im Rücken. Das hörte in Europa erst mit dem Investiturstreit auf, als Staat und Kirche zumindest eine grossteilige Trennung voneinander vollzogen, und bis heute ist das Christentum die einzige der grossen Religionen, die eine Trennung von Staat und Religionsinstitutionen überhaupt vollzogen hat. Wären die Moslems vor den Christen in Europa gewesen und hätten die Germanen und Kelten bekehrt, würden wir uns die Frage nach Trennung zwischen Religion und Staat bis heute nicht stellen und vermutlich wäre eine Diskussion über eine Zwangsbekehrung Europas durch den Islam bei Strafe verboten. Und hätten die Juden sich durchgesetzt, würden wir uns heutzutage keine Sorgen um eine 2-Klassen-Gesellschaft machen, weil sie Normalität wäre. Schliesslich gehören wir nicht zum auserwählten Volk und wären daher nur dazu da den Juden zu dienen. Was auch immer im Mittelalter geschehen wäre und egal welche Religion und Kultur sich durchgesetzt hätte, wir würde ihr heutzutage die gleichen Vorwürfe machen wie der Kirche, weil die Bekehrung immer unter Zwang stattgefunden hätte. Das sollte man nicht ganz ausser acht lassen, wenn man die ach so böse Missionierung mit dem Schwert anspricht. Sie war aufgrund der Gegebenheiten der damaligen Zeit unausweichlich. Wenn es nicht die Christen gewesen wären, hätten es die Moslems irgendwann getan. Und auch das Judentum, immerhin drittgrösste Religion der damaligen Zeit in Europa), hätte polytheistische Glaubensformen neben sich nicht akzeptiert.
 
bitmuncher hat gesagt.:
Betrachten wir doch einfach mal das Gesamtbild aus der Zeit der Christianisierung. Ganz Europa unterlag dem Streit zwischen 2 Religionen (genau genommen 3, aber die Streitigkeiten mit den Juden waren eher der Suche nach einem Sündenbock zuzurechnen), dem Islam und dem Christentum.
Das würde ich so nicht unterschreiben. Bevor Europa christianisiert wurde, gab es eine Vielzahl von Religionen. Weder die Germanen, noch die Kelten hatten einheitliche Religionen, woraus folgt das die Religionen Europas zu diesem Zeitpunkt noch vielfältiger waren, als es heute die Sprachen sind (und deren Vielfalt ist meines Wissens nach, für eine geographisch recht kleine Region, einzigartig!).

bitmuncher hat gesagt.:
Wenn ein Herrscher ein Land eroberte, brachte er dort auch seine Religion mit. Das war zuvor schon immer so und sollte bis zum Investiturstreit auch weiterhin in Europa so bleiben.
Auch das würde ich nicht so nicht unterschreiben! Zwar fasst du schön zusammen, dass im Mittelalter der Lehnsherr die Religion bestimmte ("Wes' Brot man ass, des Lied man sang!") - Du bringst das ganze aber im Zusammenhang mit dem Investiturstreit (deutest sogar fälschlicherweise an, ab da wäre mit diesem Prozedere Schluss gewesen!). Der Investiturstreit war ein Konflikt zwischen kirchlicher & weltlicher Macht. Der Investiturstreit, also der Streit um das Recht auf die Einsetzung geistlicher Würdenträger, tobte vom 11. bis zum 13. Jahrhundert. Das Prinzip das die Religion des Landesfürsten über die Religion seiner Untertanen bestimmte, war dagegen noch viel länger gültig! Als ein Beispiel sei der 30Jährige Krieg (1618-1648 ) genannt - hier handelt es sich um einen Konfessionskrieg, bei dem allein die Konfession des Landesfürsten, bzw. die Wendungen des Kriegsglücks über die Konfession der Untertanen entschied....

bitmuncher hat gesagt.:
Im späteren Mittelalter verbreitete sich aber auch der Islam massiv in Europa bzw. wurden grosse Teile von muslimischen Herrschern erorbert. Warum sind wir nun aber kein muslimisch geprägtes Europa? Ganz einfach... weil die Christen zuerst da waren und die Bekehrung von einer monotheistischen Religion zur anderen vergleichsweise (im Vergleich zur Bekehrung von Anhängern polytheistischer Religionen zu einer monotheistischen) selten vorkam.
Auch hier liegt Du leider nicht ganz richtig - zum einen gab es den Islam in Europa schon lange vor dem späteren Mittelalter (Historiker bezeichnen die Zeit zwischen dem 13. und 15. Jahrhundert als Spätmittelalter). Und zum anderen lässt sich zum Beispiel für Spanien schwer sagen, ob nun die Muslime oder die Christen zuerst da waren - denn der Islam war definitiv bereits im frühen 7. Jahrhundert (also schlappe 600 Jahre vor Beginn des Spätmittelalters!) in Spanien aktiv. Damals spielte auch die bereits erwähnte militärische Macht der Franken eine Rolle, die beispielsweise im Rolandslied besungen wird. Aus dem Land vertrieben vertrieben wurde der Islam dagegen erst gegen Ende des 15. Jahrhunderts - denn z. B. Christoph Columbus, der Entdecker der Neuen Welt, erlebte die Kapitualtion des letzten Maurenfürsten in Spanien noch persönlich mit, bevor er sich 1492 auf seine Reise begab...

bitmuncher hat gesagt.:
Das hörte in Europa erst mit dem Investiturstreit auf, als Staat und Kirche zumindest eine grossteilige Trennung voneinander vollzogen, und bis heute ist das Christentum die einzige der grossen Religionen, die eine Trennung von Staat und Religionsinstitutionen überhaupt vollzogen hat.
Sorry, aber hier bist Du nun völlig auf dem Holzweg! Zum einen hat der Investiturstreit rein gar nichts mit der Trennung von Kirche und Staat zu tun. Der Investiturstreit war ein Streit zwischen weltlichen und kirchlichen Fürsten. Seinen Höhepunkt hatte er, wie bereits erwähnt, im 11. - 13. Jahrhundert, im Konlfikt zwischen den deutschen Königen und Kaisern und den römischen Päpsten.
Die Trennung von Kirche und Staat ist aber ein Konzept, dass erst duch die Aufklärung im 18. Jahrhundert langsam Gestalt annahm.
In Deutschland besteht diese Trennung im Grunde erst seit 1918 und nichts könnte daher ferner liegen, als eine Zusammenhang mit Investiturstreit (11. - 13. Jahrhundert)...:rolleyes:
 
Der Investiturstreit gilt unter Historikern als Wendepunkt im Bezug auf Trennung zwischen Kirche und Staat, da ab dieser Zeit die Staatskirche in den meisten Teilen Europas abgeschafft war. Nachzulesen z.B. im Vortrag "Gab es ein Europa der 3 Religionen" von Thomas Vogtherr. Dort heisst es:

Die Staatskirche – und dieser Begriff ist hier sicherlich gerechtfertigt, wenn auch in der Tat ein wenig anachronistisch – setzte ihre Ansprüche mit Hilfe der Herrscher durch, die als Teile dieser Staatskirche galten. Im Mittelalter galt das mindestens bis zu jenem Einschnitt, den man vereinfachend den Investiturstreit nennt und der im Kern eine Differenzierung zwischen geistlicher und weltlicher Herrschaft darstellte.

Mit dem Investiturstreit endete die Zeit, in der Herrscher und Kirche relativ bedingungslos zusammen agierten und eine Einheit bildeten, so dass man zwar noch von einer Staatsreligion, nicht aber mehr von einer Staatskirche sprechen konnte. Ab diesem Zeitpunkt begann für das Christentum die Phase in der Kirche und Staat immer mehr getrennt wurden. Sowas geschieht ja nunmal üblicherweise nicht von heute auf morgen mit einem einzigen weltbewegenden Ereignis. Jeder Historiker und Theologe wird dir aber bestätigen, dass der Investiturstreit als Wendepunkt im Christentum angesehen wird, mit dem die Trennung von Kirche und Staat begann.

Ausserdem sprach ich von einer Verbreitung des Islam in Europa und nicht von einigen wenigen Ländern im Mittelmeer-Raum, bei denen der frühe Einfluss des Islam in der Kultur übrigens durchaus wiederzufinden ist. Wirklich Einfluss bekam der Islam in Europa erst im späten Mittelalter.
 
bitmuncher hat gesagt.:
Der Investiturstreit gilt unter Historikern als Wendepunkt im Bezug auf Trennung zwischen Kirche und Staat, da ab dieser Zeit die Staatskirche in den meisten Teilen Europas abgeschafft war.
Dann nenne mir bitte den Namen eines einzigen Historikers, der mit dem Investitursstreit die Staatskirche (von mir aus gern in einem einzigen Staat Europas) abgeschafft sah. Ein Name würde mir reichen...;)

bitmuncher hat gesagt.:
Mit dem Investiturstreit endete die Zeit, in der Herrscher und Kirche relativ bedingungslos zusammen agierten und eine Einheit bildeten, so dass man zwar noch von einer Staatsreligion, nicht aber mehr von einer Staatskirche sprechen konnte.
Wie ich bereits sagte, ist das leider falsch! Du sagst mit dem Investiturstreit endet die kirchliche & weltliche Kooperation - das ist völliger Unsinn! Als Investiturtstreit gilt die politische Kontroverse zwischen deutschen Kaisern und römischen Päpsten zwischen 1076 und 1122.

bitmuncher hat gesagt.:
Ab diesem Zeitpunkt begann für das Christentum die Phase in der Kirche und Staat immer mehr getrennt wurden. Sowas geschieht ja nunmal üblicherweise nicht von heute auf morgen mit einem einzigen weltbewegenden Ereignis.
Da hast Du recht - so etwas geschieht nicht von heute auf morgen! Deswegen galt in Europa stets das Motto cuius regio, eius religio
allein daran, dass diese Redewendung (dt. etwa: Wessen Gebiet, dessen Religion) noch im 16. Jahrhundert beim Augsburger Religionsfrieden benutzt wurde, zeigt wie unsinnig die Parallele zwischen Investiturstreit (11.-13. Jahrhundert) und dem Beginn der ofiziellen Trennung von Kirche und Staat (in Deutschland nach dem Ende des 1. WKs 1919) ist.

bitmuncher hat gesagt.:
Jeder Historiker und Theologe wird dir aber bestätigen, dass der Investiturstreit als Wendepunkt im Christentum angesehen wird, mit dem die Trennung von Kirche und Staat begann.
Wie gesagt - der Name eines einzigen Historikers oder Theologen, der das behauptet würde mir reichen...:)

bitmuncher hat gesagt.:
Wirklich Einfluss bekam der Islam in Europa erst im späten Mittelalter.
Kannst Du Beispiele nennen?
 
bitmuncher hat gesagt.:
Lies einfach nochmal Wort für Wort was ich geschrieben habe... und nicht, was du lesen willst. :rolleyes:
Na ja - Wort für Wort? Im Grunde warte ich immer noch auf die Namen von Historikern & Theologen, die behaupten das mit dem Investiturstreit die Trennung von Kirche und Staat begann...:rolleyes:
 
Dann muss ich mich wohl selbst zitieren. Ich markiere es dann einfach mal für Lesefaule.

Der Investiturstreit gilt unter Historikern als Wendepunkt im Bezug auf Trennung zwischen Kirche und Staat, da ab dieser Zeit die Staatskirche in den meisten Teilen Europas abgeschafft war. Nachzulesen z.B. im Vortrag "Gab es ein Europa der 3 Religionen" von ----> Thomas Vogtherr <----. Dort heisst es:

Die Staatskirche – und dieser Begriff ist hier sicherlich gerechtfertigt, wenn auch in der Tat ein wenig anachronistisch – setzte ihre Ansprüche mit Hilfe der Herrscher durch, die als Teile dieser Staatskirche galten. Im Mittelalter galt das mindestens bis zu jenem Einschnitt, ----> den man vereinfachend den Investiturstreit nennt und der im Kern eine Differenzierung zwischen geistlicher und weltlicher Herrschaft darstellte. <----

Mit dem Investiturstreit endete die Zeit, in der Herrscher und Kirche relativ ----> bedingungslos zusammen <---- agierten und eine Einheit bildeten, so dass man zwar noch von einer Staatsreligion, nicht aber mehr von einer Staatskirche sprechen konnte.

...
 
bitmuncher hat gesagt.:
Dann muss ich mich wohl selbst zitieren. Ich markiere es dann einfach mal für Lesefaule.
Das klingt wirklich interessant - kannst Du die Quelle genauer angeben? Professor Vogtherr ist zwar sicherlich ein respektabler Historiker, aber irgendwie scheint er der einzige Historiker zu sein, der Parallelen zwischen dem Investiturstreit und der Trennung von Kirche und Staat sieht. Ich würde gerne den gesamten Kontext lesen!
Ich habe ein wenig gesucht, doch bislang habe ich keine Quelle gefunden, die belegen würde das der Investiturstreit der Beginn der Trennung von Kirche und Staat ist - und bei dir klingt es fast so, als wäre das ein Teil der Allgemeinbilidung...:rolleyes:
 
Auch die Quelle dieser Aussage habe ich bereits genannt.

...im Vortrag "Gab es ein Europa der 3 Religionen" von Thomas Vogtherr...

Der Herr beschäftigt sich darin ganz speziell mit der Verbreitung der Religionen im mittelalterlichen Europa. http://www.uni-hildesheim.de/6639.pdf?L=1 <- hättest du über Google sicherlich auch finden können.

Es ist sicherlich nicht Teil der Allgemeinbildung, aber wenn man sich mit Kirchengeschichte beschäftigt, stolpert man irgendwann über das Thema "Warum gab es eine Trennung zwischen Staat und Kirche im christlichen Europa, aber nicht bei den anderen Weltreligionen?" und wenn man sich damit beschäftigt stellt sich natürlich auch die Frage wann diese Trennung begann und das tat sie, als eine echte Differenzierung zwischen Kaisern und Päpsten in den Köpfen der Menschen verankert wurden, was mit dem Investiturstreit gegeben war. Ab da nahmen die Menschen ihre Herrscher tatsächlich getrennt als weltlich und geistlich wahr, was sich in der damaligen Geschichtsschreibung und der darauf folgenden Art Politik zu machen auch widerspiegelt.
 
bitmuncher hat gesagt.:
Es ist sicherlich nicht Teil der Allgemeinbildung, aber wenn man sich mit Kirchengeschichte beschäftigt, stolpert man irgendwann über das Thema "Warum gab es eine Trennung zwischen Staat und Kirche im christlichen Europa, aber nicht bei den anderen Weltreligionen?"
Das war mir jetzt neu - ich wusste nicht das nur das christliche Europa eine Trennung von Kirche (bzw. Religion) und Staat vollzogen hat! In meiner Unwissenheit hätte ich jetzt den Laizismus als Beispiel angeführt... Und ich wusste nicht das sowohl die laizistischen Staaten Türkei und Indien, als auch China christlich waren... Mea Culpa!

Und was Prof. Vogtherr betrifft, fand ich in deiner eigenen Quellen-Angabe doch einige interessante Stellen - so geht Deine Behauptung vom Investiturstreit als Beginn der "Säkularisierung" scheinbar nur auf diesen Absatz zurück:
Es war die eine zugelassene Staatskirche,
gegenüber der alle anderen möglichen Bekenntnisse nicht öffentlich anerkannt wurden. Die
Staatskirche – und dieser Begriff ist hier sicherlich gerechtfertigt, wenn auch in der Tat ein wenig
anachronistisch – setzte ihre Ansprüche mit Hilfe der Herrscher durch, die als Teile dieser
Staatskirche galten.Im Mittelalter galt das mindestens bis zu jenem Einschnitt, den man
vereinfachend den Investiturstreit nennt und der im Kern eine Differenzierung zwischen geistlicher
und weltlicher Herrschaft darstellte.
In diesem Absatz sagt Vogtherr recht deutlich das es sich beim Christentum um eine Staatskirche handelt, die Behauptung das mit dem Investiturstreit ein Ende dieser Allianz zwischen Kirche und Staat erfolgt, dient lediglich als Übergang zu diesem Satz:
Wo wie im Mittelalter bis in das 11. Jahrhundert hinein weltliche und geistliche Herrschaft sehr
nahe beieinander stehen und wo sich Herrschaft auch weit darüber hinaus auf die Gnade Gottes
als auf ihren Ursprung beruft, da ist die Frage danach, wie denn diejenigen zu behandeln seien, die
sich zwar der Herrschaft unterwerfen, nicht aber demselben Gott, anders zu lösen als etwa im
Islam. Die weitgehende Identität von Herrschaft und Kirche führte im Christentum anders als im
Islam zu einer bisweilen unbarmherzigen Verfolgung von Andersgläubigen jeder Art. Das
bedeutete für Juden unter christlicher Herrschaft die Tatsache, dass sie periodisch Pogromen zum
Opfer fielen, und für die Häretiker unter römisch-katholischer Herrschaft, dass sie Verfolgungen
unterworfen wurden und ihren abweichenden christlichen Glauben nicht selten auch mit dem
Leben bezahlten.
Im übrigen scheint es mir doch ziemlich gewagt zu sein aus einem einzigen Absatz in einem Vortrag abzuleiten, der Investiturstreit wäre der Beginn der Trennung von Kirche und Staat. Zwischen dem Investititurstreit und der Trennung von Kirche und Staat liegen in der Realität viele Jahrhunderte. Die Trennung von Kirche und Staat war auch keine Reform die aus der Kirche entstanden wäre, sondern die der Kirche im Zuge der Aufklärung mühsam abgerungen wurde...
 
Zuletzt bearbeitet:
Bitmuncher sprach von einem WENDEPUNKT.

Die Bedeutung wird, in geschichtlicher Hinsicht als Zeitpunkt, "an dem sich etwas bedeutend verändert" verstanden.

@Tara: Du reagierst wie folgt
Ich habe ein wenig gesucht, doch bislang habe ich keine Quelle gefunden, die belegen würde das der Investiturstreit der Beginn der Trennung von Kirche und Staat ist - und bei dir klingt es fast so, als wäre das ein Teil der Allgemeinbilidung...

Obwohl es an dieser Stelle angemessen wäre einen Hinweis zu geben, dass nicht alles wissenswerte auch im Netz verfügbar - sondern oftmals noch in echten Büchern versteckt ist - verzichte ich darauf und präsentiere einige Links (erste Seite Google, mit dem Suchbegriff "Trennung Kirche Staat Investiturstreit").

Der Investiturstreit
Trennung von Staat und Kirche beginnt mit dem Investiturstreit
Investiturstreit - Ökumenisches Heiligenlexikon
Der mittelalterliche Investiturstreit und König Heinrichs Gang nach Canossa 1077: Der Beginn der modernen Trennung von Staat und Kirche?
u.s.w. u.s.f.


Das war mir jetzt neu - ich wusste nicht das nur das christliche Europa eine Trennung von Kirche (bzw. Religion) und Staat vollzogen hat!

Dieser Investiturstreit war unbestreitbar ein solcher Wendepunkt, der u.a. das Thema einer Trennung (oder die Opposition) zum Thema hatte. Vom Vollzug einer Trennung hat niemand gesprochen.

Wenn bitmuncher schreibt:
(...)wenn man sich damit beschäftigt stellt sich natürlich auch die Frage wann diese Trennung begann und das tat sie, als eine echte Differenzierung zwischen Kaisern und Päpsten in den Köpfen der Menschen verankert wurden, was mit dem Investiturstreit gegeben war.

...ist zweifelsfrei zu erkennen, dass es hier nicht um "exakte Wissenschaft" geht, sondern darum, dass man in der Geschichte einen Punkt identifiziert hat, wo die Frage nach einer Trennung solches Gewicht hatte, dass sie heutzutage belegbar ist - weil wichtig genug um aufgeschrieben zu werden.
Und genau das ist ein solcher Wendepunkt.


Die Trennung von Kirche und Staat war auch keine Reform die aus der Kirche entstanden wäre, sondern die der Kirche im Zuge der Aufklärung mühsam abgerungen wurde...
Es ging um ganz normale weltliche Macht und das hatte mit den Idealen menschlicher Vernunft/Irrsinn relativ wenig zu tun.


Sicher wirst Du aber irgendwo ein PDF finden, wo etwas Gegenteiliges behauptet wird ;)
 
@Tarantoga: Ist gut. Alles, was ich sage/schreibe, ist in deinen Augen sowieso falsch, weil es von mir kommt. Das merkt man an deinen Antworten, denn du machst dir nicht einmal die Mühe meinen Beitrag zu lesen, bevor du beginnst ihn zu zerreissen. Ich habe dir eine Quelle genannt, von der ich wusste, dass sie irgendwo online verfügbar ist, weil sie mir selbst als PDF vorliegt. Ich habe dir den Wissenschaftler zur Quelle genannt und ich habe sogar einen der Abschnitte zitiert, in dem der Wendepunkt Investiturstreit erwähnt wird. Und du hast das nicht einmal gesehen bis ich es dir fett hervorhob. Soll ich dir nun noch meine Bücher vorbei bringen, damit du alle Quellen zur Verfügung hast, die ich auch habe? Da findest du z.B. Bücher wie "Heinrich in Canossa gedemütigt!" aus der Reihe "Wendepunkte der Geschichte", in dem es u.a. auch um den Investiturstreit als Beginn der Kirche-Staat-Trennung geht. Oder wie wäre es mit einem Blick in Petter Eggers "Kleine Kirchengeschichte"? Da findest du dann Aussagen wie "... Damit ging aber die geistig-politische Grundlage des Mittelalters verloren. Auf diese Weise wurde der Investiturstreit zum Wendepunkt des Mittelalters." Oder du kannst einen Blick in die Vertiefungsthemen der Uni München für das Staatsexamen 2008 werfen, wo u.a Aufgabe war "Untersuchen Sie, ob der Investiturstreit als Beginn der Trennung von Kirche und Staat gewertet werden kann!". Auch Bosls "Mensch und Gesellschaft in der Geschichte Europas" geht auf den Investiturstreit als Wendepunkt bei der Trennung von Kirche und Staat ein. Leider wirst du diese Quellen vermutlich nicht im Internet finden, aber in jeder Uni-Bibliothek (bzw. im Falle der genannten Vertiefungsaufgaben bei der Uni München) und im Buchhandel.

Aber natürlich ist dein Wikipedia-Wissen dem Wissen von Historikern und Theologen weit überlegen, weil deren Werke ja nur im Buchhandel und in Bibliotheken zu finden sind und nicht im Internet. Was man bei Google nicht findet, gibt es bekanntermassen nicht.

Ich glaube dir schon einmal gesagt zu haben, dass man nicht alles Wissen im Internet findet, vor allem dann, wenn es um Spezialwissen geht. Die Betrachtung des Investiturstreits aus Sicht der Kirchengeschichte wirst du im Internet nur sehr bedingt finden, weil es sich eben um Spezialwissen handelt. Da kannst du nicht erwarten, dass man dir dutzende Quellen verlinken kann und wirst dich mit einem Beispiel zufrieden geben müssen. Wenn dir das nicht reicht, recherchiere einfach mal selbst. Du weisst ja, dass wir hier Eigeninitiative erwarten. :D

So oder so möchte ich dich bitten in Zukunft meine Beiträge wieder zu lesen, bevor du sie ablehnst und nach Quellen-Angaben schreist. Dieses "Los, zeig mir eine Quelle... das ist aber nur eine Quelle, sehr fragwürdig..." ist nicht nur kindisch, sondern auch nervig. Ich hab keine Lust für jede Aussage, die ich auf Basis von vor Jahren angeeignetem Wissen treffe, erstmal wieder alle Quellen rauszusuchen und zu überprüfen ob diese irgendwo online verfügbar sind, damit du sie auch einsehen kannst. Ich will hier im Forum auch keine Doktorarbeiten verfassen, sondern gemütlich diskutieren. Zu einer gemütlichen Diskussion gehört für mich aber nicht die Recherche nach Quellen, die ich vor Jahren mal verwendet habe. Dazu fehlt mir die Zeit. Wenn ich für jede Aussage, die ich in diesem Forum-Bereich treffe, verlinkbare Quellen angeben muss, werde ich mich wohl lieber wieder auf die technischen Bereiche unseres Boards beschränken. Die sonst notwendige Recherche-Zeit investiere ich dann lieber in meine Familie und das Lesen weiterer Bücher.
 
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