Ich finde es immer wieder erschreckend Thematiken zu Moral und Ethik zu finden in welchen überhaupt nicht auf Moral eingegangen wird (beispielsweise Moralsystemrelativierung)
Ähnlich zu Ethikkommissionen in denen kein einziger Ethiker sitzt ... (leider gibt's auch das)
Ich melde mich mal daher zu Wort
Zum Thema:
Ich werde einfach mal exemplarisch eine moralische Überlegung skizzieren (nur oberflächlich) welche die Intuition eines gesetzlichen Gebots zur Preisgabe von Exploits aufgreift.
Die Frage was mit Exploits zu geschehen hat ist an sich erstmal eine Formulierung die gesellschaftliche Gültigkeit fordert. Dabei stellt sich in erster Linie die Frage ob es einem Individuum dieser Gesellschaft eigentlich nützt dieser Regel (wie auch immer sie ausschaut) zu folgen.
Zu dieser Thematik gibt es in der praktischen Philosophie und Ökonomie eine Menge an Stoff (beispielsweise Pareto-Verteilungen, Gesellschaftsverträge oder Klugheitsdilemmata).
Wir machen uns es also zum Ziel eine Regel zu formulieren welche definiert, was mit gefundenen Exploits zu machen ist - wobei wir beachten müssen, dass es für das Individuum rationale Gründe geben muss der Regel zu folgen (aus Eigennutzenmaximierungs-perspektive, siehe Homo-Ökonomicus)
Wir könnten beispielsweise festlegen, dass Exploits an entsprechende staatliche Institutionen zu übermitteln seien - mit der Begründung dass es allen besser ginge wenn alle dies täten (da so innerhalb der Gesellschaft keine neuen Exploits zu bösen Zwecken genutzt werden würden). Allerdings ist es sehr fraglich ob sich ein Individuum daran hält - schließlich hat er einen deutlich höheren Nutzen wenn er den Exploit selbst nutzt bzw. verkauft.
Was wäre jedoch wenn wir aus der Gebotsaufforderung zugleich eine Bestrafungsmaßnahme bilden - sodass jeder der sich nicht daran hält eine gewisse Strafe vom Staat bzw. der Gesellschaft auferlegt bekommt.
Hier ist abermals zu ermitteln ob der Aufwand (Kosten) dieser Maßnahme durch den Nutzen kompensiert wird (welches wir jetzt per petitio als wahr annehmen). Diese Überlegungen sind übrigens die Wurzeln jeglichen Rechtsstaates.
So - nun ist es für ein Individuum plötzlich ganz schön nützlich einen gefundenen Exploit preiszugeben - da er sich einen negativen Nutzen (Strafe) einholt wenn er dies nicht täte. (Wir setzen hier vorerst eine hohe, wenn nicht gar vollständige, Aufklärungsquote der Exekutive des Staates voraus)
Was hätten wir also damit gelöst:
Alle innerhalb einer Gesellschaft lebenden Personen, welche einen Exploit entdecken, müssen diesen preisgeben, da sie sonst bestraft werden. (welches sie daher rationalerweise tun).
Dadurch zieht die gesamte Gesellschaft den Vorteil, dass keine aus der Gesellschaft stammenden Exploits gegen sie verwendet werden können.
Konsequenz: Problematik gelöst
... oder nicht ?
Klarerweise stehen hier zwei riesige Elephanten im Raum:
Zum Einen besitzt die Bestrafung nur dann eine effektive Funktion wenn sie auch effektiv durchgeführt wird - also das Individuum auch davon ausgeht dass er/sie bestraft wird wenn er/sie gegen das Gesetz verstößt.
Realistisch ist das freilich nicht. Es wird wohl kaum möglich sein, dass eine auch nur annährend zur Abschreckung ausreichende Aufklärungsquote erreicht werden kann. Das Individuum stellt daher eine Trade-Off Überlegung an bei welcher das (geringe) Risiko mit dem daraus resultierenden (hohen) Nutzengewinn verrechnet wird; welches nunmal die Folge hat, dass es (in zumindest erster Instanz) rational ist gegen das Gesetz zu verstoßen.
Des weiteren löst diese Maßnahme nicht gefundene Exploits außerhalb der Gesellschaft - da die Exekutive hier keine Macht besitzt. Hier könnte man allerdings den Schluss ziehen zu sagen, dass alle Gesellschaftlichen (Rechtsgebiete) sich rationalerweise zusammentun sollten und dieses Gesetz gemeinsam einführen - da dadurch ein Nutzengewinn zu Stande kommt. Wozu in der Realität allerdings keine Möglichkeit besteht - trotz Instanzen wie Interpol.
Was hat uns das also gebracht?
Die Einsicht, dass wir solange wie nicht diese beiden Probleme in den Griff kriegen keine Lösung des Problems durch eine Gesetzgebung, welche das preisgeben von Exploits gebietet, lösen können.
(und hierbei wurde sich vorerst nur auf den Homo-Ökonomikus bezogen, es gibt noch ganz andere Motivationsmodelle)
Das Ganze dient als Beispiel dazu wie eine sehr oberflächliche moralische Überlegung zu so einem Thema aussehen könnte. (Wenn ihr schon den Begriff Moral ins Thema packt

)
Es sei aber gesagt, dass das hier nur die Spitze des Eisbergs ist - würde ich die Thematik tatsächlich tiefgründig angehen würden hier sehr schnell mehrere dutzend Seiten zusammenkommen (allerdings auch wohlmöglich die ein oder andere gewinnbringende Erkentniss)