[TdW 67] Speed-Drosselung vs. Netzausbau - quo vadis, Internet?

Diesmal beschäftigt sich das TdW mit dem Thema Netzauslastung, Netzausbau & Netztraffic. Die meisten dürften es mitbekommen haben (vor allem diejenigen, die gerade am Defibrillator hängen:D): Die Telekom wird künftig die Downloadgeschwindigkeit ihrer Kunden auf 384kb/s drosseln, sobald ein bestimmtes - an den Tarif gebundenes - Datenvolumen verbraucht wurde.
Die Telekom begründet das damit, dass 3% ihrer Kunden gut 30% ihres Traffics ausmachen und das Otto-Normal-Verbraucher diese Poweruser subventionieren würden.
Manche Kritiker sind der Meinung die Telekom (und andere Provider) würden so lediglich kompensieren, dass sie es jahrelang versäumt haben in den Netzausbau zu investieren.
Für einige ist dies gar ein Vorstoß um die Netzneutralität vollends zu begraben und damit dem Internet, wie wir es kennen, den Todesstoß zu versetzen...
Das TdW stellt daher heute die Frage: Quo vadis, Internet?

Mehr zum Thema:
DSL-Flatrate: Telekom führt Volumengrenzen und Daten-Drosselung ein - SPIEGEL ONLINE
Internetprovider: Telekom bremst nicht als einziger - SPIEGEL ONLINE
Telekom verteidigt Flatrate-Kappung gegen verschärfte Kritik | heise online
https://netzpolitik.org/2013/drossl...elung-dsl-anschlusse-funktional-kaputt-macht/
Kommentar: Die Maske fällt
 
Die Argumentation ist gut. Wenn eine Minderheit zuviel hat, wird sie gedrosselt. Die obersten 10 % in Deutschland haben 60 % des gesamten Vermögens.

Die Bundespost soll das Internet übernehmen. Die privaten Heuschrecken möchte ich nicht in kritischer Infrastruktur sehen. Das gleiche beim Strom. Dann klappt auch mit dem Netzausbau (gilt für Internet/Strom). :thumb_up:
 
Die Bundespost soll das Internet übernehmen.
Staatliches Internet? Dann lieber viele Unternehmen, die manchmal mit so einem Murks kommen, aber am Ende kein Interesse daran haben ihren Kunden aus politischen Gründen das Internet abzudrehen.
 
Letztendlich ist es doch bei den meisten immateriellen Leistungen so, dass es einige, wenige Vielnutzer gibt und der Großteil der Benutzer die entsprechende Leistung in einem deutlich geringeren Umfang nutzt. (Monatsticket, Versicherung, Handyflatrate)

Wenn die Telekom nicht auf absolut lächerliche 384kbit/s drosseln würde, hätte es, glaube ich, keinen so großen Aufschrei gegeben. Würde die Grenzen für die Drosselung anders liegen ebenfalls.
Wenn mein 6000er-DSL bei überschreiten eines gewissen Datenvolumens (auf jeden Fall >100GB) auf 1Mbit/s (1/6) gedrosselt würde, fände ich das zwar nicht so toll, aber der Anschluss wäre immerhin noch relativ gut benutzbar. Den Anschluss aber auf ca. 1/15 bis zu ca. 1/520 zu drosseln, finde ich nicht gerechtfertigt. Meiner Meinung nach ist es auch nicht in Ordnung, auf eine fixe Geschwindigkeit zu drosseln, egal, wie hoch die Basisgeschwindigkeit ist. Hier sollte, wenn überhaupt ein fixes Geschwindigkeitsverhältnis eingesetzt werden.

Insgesamt finde ich, dass der Begriff "Flatrate" dafür nicht weiter verwendet werden darf. Für mich gibt es da keinen Unterschied zu den Handydatentarifen. Dort gibt es leider auch keinerlei Flatrate, in allen Tarifen wird nach einem bestimmten Volumen auf eine nicht tragbare Geschwindigkeit gedrosselt.
Mit den Geschwindigkeiten (Festnetz 384kbit/s, Mobil 64kbit/s) kann das Internet einfach nicht mehr vernünftig genutzt werden. Leider ist die Rechtslage hier anscheinend so, dass die Verwendung des Begriffes "Flatrate" in Ordnung ist, auch wenn die Daten "nur noch aus der Leitung tröpfeln".

Interessant ist ein Abschnitt aus einem Heise-Artikel (Telekom verteidigt Flatrate-Kappung gegen verschärfte Kritik | heise online) zu der Begründung der Telekom:
http://heise.de/-1850541 hat gesagt.:
Firmen wie der Router-Hersteller Viprinet kritisieren die Argumentation der Telekom: "Die Begründung, dass die Drosselung eingeführt werde, damit die Backbones nicht überlastet werden, ist hanebüchen. In Deutschland gibt es gigantische Backbone-Überkapazitäten; Datenverkehr in diesem Rückgrat des Internets ist zu Spottpreisen zu realisieren", hieß es von Viprinet.

mfg
justj
 
Also wenn hier irgendwo angesetzt werden muss, dann meiner Meinung nach eben
nicht direkt beim Endkunden, sondern bei den Anbietern von datenintensiven Diensten.
Es bringt mir als Telekomkunden eben gar nichts, wenn ich einen halben Monat
wegen hohem Datenaufkommen heruntergedrosselt werde, weil alle ihr Volumen
noch nicht ausgeschöpft haben und die andere Hälfte des Monats gedrosselt wird,
weil mein Volumen eventuell aufgebracht ist.
Also bitte beim Upload die Kosten eintreiben, nicht alles muss in HD zur Verfügung
stehen und man muss auch nicht seine eigenen Medien kostenlos aus der Cloud
auf den heimischen Bildschirm streamen.
Wenn ich daran denke was man früher in Webseitenoptimierung gesteckt hat, um
auch mit einem 56k Modem noch vernünftige Ladezeiten zu erreichen, da mutet es
manchmal schon komisch an, wenn auf manchen Webseiten Bilder in A4 Druckqualität
durch HTML auf Briefmarkengrösse gebracht werden.

Vieleicht hätte dies sogar positive Effekte auf die Qualität der bereit gestellten
Inhalte und ihre Legalität, wenn es eben nicht mehr kostenlos im Netz hochgeladen
und bereit gestellt werden kann.

Gruss
 
Hallo, für mich ist die Lösung ganz einfach. Sobald die Telekom die Drosselung einführt, Adios Telekom sagen und den Anbieter wechseln. So was lass ich nicht mit mir machen. Ich denke nämlich nicht das die anderen Anbieter dem Beispiel folgen werden.
 
Also wenn hier irgendwo angesetzt werden muss, dann meiner Meinung nach eben
nicht direkt beim Endkunden, sondern bei den Anbietern von datenintensiven Diensten.

Da hat der nette Herr von der Telekom doch glatt deinen Post gelesen: Deutsche Telekom: Wenn Youtube zahlt, wird es nicht gedrosselt - Golem.de

Was ich allerdings nicht verstehe ist die allgemeine Preisgestaltung der Tier-1/2/3-Netzbetreiber gegenüber den Diensteanbietern. Letzten Endes zahlt Google doch, wie jeder andere Serverbetreiber auch, für den Traffic, den sie verbrauchen - oder irre ich mich da? Gleichzeitig handeln die Carrier untereinander Trafficpakete und Preise aus, die sowohl die laufenenden Kosten durch Traffic, als auch den Ausbau vorhandener Strukturen (Investitionen?!) finanzieren sollen:

Google ---[bezahlt (verbrauchten) Traffic]---> Tier 2/3 Provider <---[bezahlt Traffic]---> Tier 1 Provider <---[bezahlt Traffic]---> Tier 2/3 Provider <---[bezahlt verbrauchten Traffic]--- Enduser

Insofern zahlt Google bereits, Schuld sind eher diejeinigen, die mit Flatrate-Tarife das Konsumbewusstsein aufweichen, ihre Preise allerdings nicht richtig nach dem Bedarf bestimmen können und daher drauf zahlen. Niemand würde Google eine Trafficflatrate mit einem Preis nahe des Durchschnittsverbrauchs einer kleinen Website anbieten, weil klar ist, dass Google deutliche Mehrkosten verursachen wird, was wiederum durch andere Dienstanbieter mit deutlich weniger Traffickosten, als eigentlich in Rechnung gestellt wird, kompensiert werden muss. Funktioniert dieses Gleichgewicht nicht steigen die Preise.

Letztendlich haben wir aktuell aber nur eine einseitige Umwälzung dieser Marktverfehlung auf die Endvebraucher und Dienstnutzer. Die Telekom kann Youtube den Traffic berechnen, indem sie dem Tier-1-Provider höhere Preise berechnen, der diese Preise nach wirtschaftlichem Ermessen letztendlich an seine Großverbraucher weitergeben wird. Dies sollte der erste Schritt sein, denn es muss klar sein, dass Googles Gewinn allein auf diesem Ungleichgewicht aufbaut.

Es ist sicherlich auch richtig, dass sich auch bei Endusern der Flatrate-Gedanke ändern muss und dass klar werden muss, dass bei einem Verbauch von 500GB irgendetwas falsch laufen muss. Im Sinne der Netzneutralität wäre es aber deutlich sinnvoller, dass wir Flatrates abschaffen und durch bedarfsabhängige Volumina ersetzen, wie es Ende der 90er Jahre bereits war. Dann kann sich auch jeder aussuchen, welchen Preis er/sie bereit ist zu zahlen, anstatt eine "Ich will alles kostenlos"-Mentalität zu fahren. Die aktuellen Zahlen (~400kbit/s bei 75GB, ..) stehen aber in keinem Verhältnis hierzu.

Letzten Endes werden meiner Meinung nach andere Provider dem Vorbild folgen, da es lukrativer ist, als das derzeitige Flatrate-Modell. Kein Provider kann für 20€/Monat terabitweise Daten im Monat über sein Netzwerk schaufeln.
 
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Es ist nicht sinnvoll Contentanbieter für Traffic zahlen zu lassen (google/Youtube, etc). Langfristig würden sich Markteintrittsbarrieren entwicklen, die es Newcomern unmöglich machen würde, in den Markt zu kommen. Solche Szenarien existrieren - ganz besonders im IT business. Zusätzlich würde das Prinzip der Netzneutralität mal wieder mehr demontiert, was ähnliche Effekte haben wuerde.


Google ---[bezahlt (verbrauchten) Traffic]---> Tier 2/3 Provider <---[bezahlt Traffic]---> Tier 1 Provider <---[bezahlt Traffic]---> Tier 2/3 Provider <---[bezahlt verbrauchten Traffic]--- Enduser

Insofern zahlt Google bereits, Schuld sind eher diejeinigen, die mit Flatrate-Tarife das Konsumbewusstsein aufweichen, ihre Preise allerdings nicht richtig nach dem Bedarf bestimmen können und daher drauf zahlen. Niemand würde Google eine Trafficflatrate mit einem Preis nahe des Durchschnittsverbrauchs einer kleinen Website anbieten, weil klar ist, dass Google deutliche Mehrkosten verursachen wird, was wiederum durch andere Dienstanbieter mit deutlich weniger Traffickosten, als eigentlich in Rechnung gestellt wird, kompensiert werden muss. Funktioniert dieses Gleichgewicht nicht steigen die Preise.

So einfach ists leider nicht, denn Google ist nicht nur irgendein Anbieter von Content, sondern hat sich sehr erfolgreich in der grundlegenden IT Infrastruktur vernetzt.

Google hat in den letzten Jahren sehr aggressiv an direkten Peerings gearbeitet und hat teilweise sonderbare deals. z.B. wird peeringpartnern der Upstream an Google nicht berechnet und Google platziert strategisch Cache Knoten bei Peering Partnern. Viele ISPs peeren gerne mit Google, denn Google hat schoene Technik. Für Google ist der Betrieb einer eigenen Peering Infrastruktur wesentlich günstiger als "nur" ein Rechenzentrum zu betreiben und up/downstreamkosten an die angeschlossenen Trafficanbieter zu zahlen.
Die Google Caches verlagern den Traffic zusätzlich mehr in Richtung Endkunden. Endkunden wie z.B. die der Telecom. Diese hat ebenso peerings mit anderen Anbietern und je nach Vertrag kann ein hohes Traffic Aufkommen auch ein Minus-Geschäft sein. Kündigen wird solche Peerings aber niemand, denn jeder will den Traffic ja an seine Endkunden liefern..usw usw.
Google ist jedenfalls sehr geschickt, wenn es darum geht Traffickosten auf seiner Seite zu minimieren. Die Cache Technologie sieht fuer alle gut aus, aber in erster Linie gehts google darum Geld zu sparen. Und google spart eine ganze Menge. Trotzdem gibt es aber vereinzelte Deals, wo google tatsächlich für YT Traffic extra was bezahlt. Aber welche Optionen oder Druckmittel hat die T-com - nix.

https://peering.google.com/about/peering_policy.html
YouTube's Bandwidth Bill Is Zero. Welcome to the New Net | Wired Business | Wired.com
Peer-to-Peer Passé, Report Finds | Wired Business | Wired.com


Also irgendwie bleibt die T-com (in ihren Augen) der Arsch, der den ansteigenden Traffic über die dem Endkunden zugesicherten Leitungen zustellen muss. Um der Aussicht Herr zu werden, hat sich die Tcom eine Drosselung ausgedacht. Strategisch sinnvoll, denn die meisten juckt es in der Praxis nicht wirklich und diejenigen, die es tatsächlich stört, sind genau diejenigen die der T-com Sorgen machten (Die Welt könnte so schön sein, wenn jeder für 50MBit zahlt - aber nur max 10 verbraucht :) ).
Preiserhöhungen werden höchstens generell durchgeboxt - dass "nur" die T-com ihre DSL Pakete verteuert ist eher unwahrscheinlich.

So what....

Was ist aber nicht verstehe ist die Passivität des Staates. Einerseits wird das Netz als _die_ neue Ressource über den grünen Klee gelobt und schon als Grundrecht gehandelt und auf der anderen Seite guckt man sich die Hampelei der ISPs eher gelassen an.

Praktischer Tip: Sehr günstiger Zugang für Minimalanforderungen: 10 € für 2 Mbit flat. Für jedes weitere MBit 2 € oben drauf. Wers braucht/will zahlt - wer nicht - nicht.

Jajaja..ich weiss... Solche Modelle haben in den analfixierten Wachstumsphantasien ehrgeiziger Managerhuren keinen Platz :D
 
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