Du musst zwischen produktspezifischen- (Microsoft, Cisco, ..) und allgemeinen Zertifikaten (ISACA, (ISC)2, SANS,...) unterscheiden. Bei ersteren sehe ich durchaus einen Sinn, gerade der CCIE von Cisco ist nur mit Aufwand und Wissen zu schaffen und daher meiner Erfahrung nach auch bewusst recht hoch angesehen. Andere Zertifikate, z.B. von MS, sind allerdings nur reine Theorie - hier stellt sich oft die Frage, ob der Stoff einfach nur auswendig gelernt wurde, weil der- oder diejenige scharf auf eine weitere Urkunde war oder das Unternehmen die Kosten getragen hat. Ich hatte auch Produktschulungen, die am Ende nichts mehr mit dem eigentlichen Produkt zu tun hatten, sondern lediglich eine Einführung in die allgemeine Thematik abgedeckt haben. Da muss man also sehr differenziert hingehen und schauen, was man genau an Produktwissen nachweisen möchte und wie dieser Nachweis erfolgt. Ist der Nachweis mies, dann ist das Zertifikat auch nichts wert. Gleiches gilt für die Kosten: Ist das Zertifikat nicht angesehen und nachgefragt, warum sollte man eine bestimmte Summe Geld investieren? Letzten Endes kommt es also immer auf das berufliche Feld an, in dem man sich bewegt. Bist du dort angesehen, brauchst du eh keine Zertifikate, weil du den Nachweis dann schon oft genug unabhängig einer Prüfung erbracht hast.
Bei allgemeinen Zertifikaten ist es oft nicht mehr möglich, fundiertes Hintergrundwissen zu erfragen, sondern lediglich kurz an der Oberfläche zu kratzen. Ein schönes Beispiel ist der CISSP, der in der Sicherheitsbranche weit verbreitet ist und von (ISC)2 angeboten wird. Dort soll ein fundiertes Wissen abgefragt werden - jedoch ist man weit von der Realität und dem Wissen, was man in der Realität braucht, entfernt. Etwas anderes ist es beispielsweise noch bei SANS-Zertifikaten, da man hier in Vertiefungsrichtungen gehen kann und die Prüfungen nicht nur theoretisch sind, sondern auch praktisch.
Nichtsdestotrotz ist die Situation hier sehr unterschiedlich zu der von produktspezifischen Zertifikaten. Gerade in der Sec.-Industrie ist z.B. der CISSP hoch im Kurs. Viele Großunternehmen schreiben den CISSP für höhere Management-Ebenen vor, viele sehen den CISSP im Zusammenhang mit dem Gehalt. Wenn es einfach nur darum geht, gut auszusehen und durch die Routine-Kontrollen im HR eines Unternehmens zu schlüpfen, dann ist der CISSP sicherlich keine schlechte Investition. Technisches Hintergrundwissen sollte man bei CISSP-Zertifizierten allerdings nicht sofort erwarten.
Edit:
Aber natürlich gilt die Grundlage, die bitmuncher über mir geschrieben hat und die ich jetzt einfach mal vorausgesetzt habe: Zertifikate machen nur Sinn, wenn sie aus dem Feld stammen, in dem du arbeiten möchtest. Ein Microsoft-Server-Administrator-Nachweis bringt dir nichts, wenn du Linux-Programmierer sein willst