Religion & Toleranz

Gestern bin ich bei Spiegel Online über diese Meldung gestolpert: Skandalinszenierung: Piusbrüder drohen Hamburger Theater mit Anzeige - SPIEGEL ONLINE - Nachrichten - Kultur
Der zentrale Satz dieses Artikels ist für mich dieser hier:
"Sollte der Intendant nicht Rücksicht nehmen auf die religiösen Gefühle der Christen in diesem Land, wird die Priesterbruderschaft St. Pius X. Strafanzeige gegen das Thalia-Theater stellen", hieß es in einer Mitteilung aus Stuttgart.
Für sich selbst fordern Vertreter der Religionen gerne Toleranz ein, aber wer in den letzten Tagen und Wochen aufmerksam Zeitung gelesen hat, der kommt nicht umhin sich zu fragen wie weit es denn mit der Toleranz der Religionen für andere bestellt ist. Wenn ich hier von Religionen spreche, meine ich natürlich primär die drei großen monotheistischen Religionen. Und Vertreter aller drei großen Religionen haben sich jüngst von ihrer intoleranten Seite gezeigt.
So hat z. B. der Erzbischof von Granada in seiner Weihnachtspredigt diesen Unsinn abgesondert:
"Ein wehrloses, unschuldiges Kind zu töten, in einem Akt, hervorgerufen oder durchgeführt von der Mutter, gibt dem Mann die Lizenz, den Körper dieser Frau ohne Grenzen zu missbrauchen, denn sie hat Schuld für ihr eigenes Leben auf sich geladen."
Eine Frau, die abgetrieben hat, ist zum Missbrauch freigegeben? Das ist wirklich starker Tobak - und das nicht von irgendeinem abseitigen Hardliner, sondern von einem Erzbischof...X( Andere Themen bei denen Fundi-Christen jegliche Toleranz vermissen lassen, sind neben der Abtreibung z. B. Verhütung, Homosexualität oder (vor allem bei evangelikalen Christen) die Evolutionstheorie. In den USA versuchen derzeit z. B. die konservativen Präsidentschaftskandidaten bei ihrer religiösen Klientel zu punkten, in dem sie Stimmung gegen Schwule machen und sich als bibeltreue Christen generieren. Den, meiner Meinung nach, beschämenden Höhepunkt dabei hat Rick Perry kürzlich erreicht, als er allen ernstes behauptete Kinder könnten kein Weihnachten feiern, weil Schwule den Weihnachtsmann ficken wollen:
„Kids can’t celebrate Christmas, because gays want to fuck santa“
Quelle: US-Wahlkampf: republikanische Präsidentschaftskandidaten im Vergleich | Cicero Online

Auch aus Israel kamen jüngst beunruhigende Nachrichten, so wurde z. B. ein 8jähriges Mädchen auf dem Schulweg von orthodoxen Juden beschimpft und angespuckt, weil sie nach deren Meinung nicht züchtig genug gekleidet war...:rolleyes:
Das ist der traurige Höhepunkt eines seit langem schwelenden Konflikts in der israelischen Gesellschaft: Der wachsende Einfluss der Ultra-Orthodoxen die eine strikte Geschlechtertrennung fordern und z. B. verlangen das Frauen in Bussen nur hinten sitzen dürfen, eigene Gehsteige benutzen sollen, nicht an Synagogen vorbeigehen dürfen und natürlich, wenn sie schon rumlaufen müssen, züchtig gekleidet sein müssen. Für das Erreichen ihrer Forderungen schrecken die Orthodoxen auch nicht vor Gewalt zurück:
Ein Beamter wurde nach Polizeiangaben leicht verletzt, mehrere Demonstranten wurden vorübergehend festgenommen. Polizisten und Journalisten wurden Augenzeugen zufolge attackiert, Mülltonnen gingen in Flammen auf.
Quelle: Israel: Ultraorthodoxe zetteln Krawalle an | Gesellschaft | ZEIT ONLINE
Die Orthodoxen machen knapp 10% der Bevölkerung aus und weil sie Respekt und Toleranz für ihre Ansichten verlangen, wollen sie der breiten Mehrheit von 90% vorschreiben wie sie zu leben, sich zu verhalten und sich zu kleiden haben...X(
Mittlerweile hat der Einfluss und die Aggressivität der Orthodoxen ein Ausmaß erreicht, das auch die säkulare und tolerante Mehrheit der Israelis sich zu wehren beginnt: Massenproteste: Israel wehrt sich gegen Ultra-Orthodoxe - B.Z. Berlin - Israel, Juden, Orthodoxe, Palästinenser, Rabbi

Und was den Islam angeht spare ich mir jetzt einmal Beispiele - das auch hier Toleranz, z. B. für die Gleichberechtigung, für Andersgläubige oder auch für Homosexuelle, nicht gerade groß geschrieben wird, wird wohl niemand bestreiten...:rolleyes:

Wenn man sich das alles vergegenwärtigt und dann noch bedenkt, dass die Religionen nicht nur für einander wenig Toleranz zeigen (was durch Religionskriege und religiös motivierte Attentate auf Andersgläubige belegt wird), sondern gerade auch untereinander intolerant sind (Katholiken gegen Protestanten, Schiiten gegen Sunniten, Orthodoxe gegen Liberale) - stellt sich für mich eine wichtige Frage: Warum sollte man für die Befindlichkeiten der Religionen noch einmal besondere Toleranz zeigen?
 
Wie sieht's denn beim Atheismus und Toleranz aus? Sind alle Atheisten Nazis, nur weil es unter ihnen 2% davon gibt? Oder sind alle Hacker destruktiv, nur weil einige wenige Viren programmieren, die lediglich das Zerstören von Daten als Ziel haben? Genau das suggeriert dein Beitrag, wenn du nach Religion & Toleranz fragst anstatt nach einzelnen Gläubigen und deren Verständnis von Toleranz.
 
Ich denke, jeder Mensch sollte das tun, was er für das beste hält. Was man selbst für das beste hält, hängt dabei primär von der eigenen Sozialisation ab, dazu gehören auch die eigene religiöse Erziehung, die man genossen hat, sowie persönliche Erfahrungen mit anderen Menschen und Religionen.
Ich denke z.B., dass die Erfahrungen, die das israelische (und damit wohl ebenfalls jüdische) Mädchen da mit den jüdischen Jungen gemacht hat, nicht gerade zu ihrer Toleranz gegenüber nicht-jüdischen Menschen beiträgt, weil sie hier neben ihren Eltern auch durch ihre Mitmenschen lernt, dass zu un-jüdisches Verhalten nicht toleriert wird. Wer hat Schuld? Niemand. Die Jungen, und vermutlich auch die Eltern haben es ja selber so gelernt.
Das sollten wir tolerieren.
Das Christentum hingegen, was hierzulande gepflegt wird, schreibt sich ja selbst die Toleranz groß auf die Fahne. Wie weit es damit ist, sieht man ja immer wieder: Sobald irgendwo etwas passiert, was wir nicht verstehen oder was wir nicht mit unseren Werten vereinbaren könnten, geht das Geschrei los (vergleiche auch deinen Anfangspost hier!), am liebsten würde man dort sofort ein paar Soldaten hinschicken die dem Islamismus Einhalt gebieten und die Menschenrechte wiederherstellen. Diese Empörung hat allerdings nichts mit Toleranz zu tun.
Alles was Menschen tun oder sagen hat einen Grund. Sie sagen es nicht, weil sie "böse", "dumm" oder gar "krank" sind, sondern weil sie eine bestimmte Meinung/Einstellung/Persönlichkeit haben, und weil diese wiederum eine Ursache hat.
Und anstatt jetzt sich eine dieser Dummheiten/Grauenhaftigkeiten anzusehen und zu überlegen, was man dagegen tun kann, sollte man es erstmal dabei lassen, entweder zu verstehen versuchen was diese Menschen dazu veranlasst hat so zu handeln/zu sprechen, oder sich selbst einzugestehen, dass man es nicht verstehen kann. Um dann daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen, nämlich so tolerant gegenüber sich selbst zu sein und zu sagen, dass man auf ein Phänomen von etwas schaut, das sich der eigenen Vorstellung entzieht.

Diese Selbsttoleranz ist das, was den meisten Menschen fehlt. Die Lösung des Problemes ist es natürlich nicht, den Menschen gewaltsam diese Toleranz einzuflößen, sondern mit gutem Beispiel voran zu gehen und mit den Menschen, die man nicht versteht in friedlichen Kontakt zu treten und sich dabei selbst ihnen gegenüber dahingehend zu öffnen, dass man zugibt, dass man sie nicht versteht. Denn was die westlichen Länder mit ihrem Wissenschaftlichkeitsanspruch meist machen, ist, zu behaupten, man verstehe andere Menschen. Was natürlich das Gespräch mit einer Lüge beginnt. Das fördert nicht gerade die gegenseitige Toleranz.
 
Zuletzt bearbeitet:
bitmuncher hat gesagt.:
Wie sieht's denn beim Atheismus und Toleranz aus?
Nun ja, zumindest sind mir jetzt keine Fälle bekannt wo Atheisten gegen Theaterstücke, Musicals oder Kinofilme geklagt haben, weil ihnen der Inhalt nicht gefallen hat - während es zahlreiche Beispiele gibt wo z.B. die katholische Kirche versucht hat Aufführungen zu verhindern (neben dem eingangs erwähnten Theaterstück fällt mir auf Anhieb das Leben des Brian und die Passion Christie ein, sogar der Fantasy Film der Goldene Kompass erregte das Missfallen der katholischen Kirche).
Ich wüsste jetzt auch kein Beispiel wo Atheisten Bibeln, Korane oder andere Heilige Schriften verbrannt haben, während ich einige Beispiele kenne wo fromme Menschen wissenschaftliche oder prosaische Werke verbrannt haben. Nur einige Beispiele aus den letzten 10 Jahren: 2001 verbrannten islamische Fundamentalisten homoerotische Poesie in Ägypten, im gleichen Jahr verbrannten in den USA evangelikale Fundamentalisten Harry Potter Bücher wegen der Verherrlichung der Zauberei. 2002 verbrannten in Tiflis orthodoxe Fundamentalisten protestantische Bibeln. 2006 verbrannten katholische Fundamentalisten in Rom Sakrileg Bücher um Jesus zu verteidigen. 2008 verbrannten jüdische Fundamentalisten in Or Yehuda mehrere hundert Neue Testamente...

bitmuncher hat gesagt.:
Sind alle Atheisten Nazis, nur weil es unter ihnen 2% davon gibt?
Ui, die Nazi Keule gleich im zweiten Beitrag? Ich wusste das der Thread Kontroversen auslösen wurde, aber das ging ja mal schnell...:D

bitmuncher hat gesagt.:
Genau das suggeriert dein Beitrag, wenn du nach Religion & Toleranz fragst anstatt nach einzelnen Gläubigen und deren Verständnis von Toleranz.
Geht es denn wirklich nur um das Verständnis einzelner Gläubiger? Ich denke etwas überspitzt könnte man sagen das Intoleranz sogar den Kern der drei großen monotheistischen Religionen ausmacht: Behaupten nicht alle drei Religionen das einzig und allein ihr Weg zur Erlösung führt? Und nicht nur die anderen Religionen sind nach ihrem Selbstverständnis Irrlehren - auch die Andersgläubigen der eigenen Religion. Geht es noch intoleranter?
 
Das Konzept, sich selbst zu definieren, indem man sich von anderen abgrenzt, ist nun wirklich nicht neu und auch nicht auf Religionen beschränkt. Schließlich liegen die faulen Griechen ja alle nur in der Sonne, während wir Deutschen hier schuften und Steuern zahlen.

Es gibt diesen schlauen Satz:" Die Freiheit des Einen endet dort, wo die Freiheit des Anderen beginnt."

Alles andere ist faschistisch.
 
Nun ja, zumindest sind mir jetzt keine Fälle bekannt wo Atheisten gegen Theaterstücke, Musicals oder Kinofilme geklagt haben, weil ihnen der Inhalt nicht gefallen hat ...
Stimmt, sie zensieren es einfach, weil es jugendgefährdend, verfassungsfeindlich u.ä. ist.

Ich wüsste jetzt auch kein Beispiel wo Atheisten Bibeln, Korane oder andere Heilige Schriften verbrannt haben, während ich einige Beispiele kenne wo fromme Menschen wissenschaftliche oder prosaische Werke verbrannt haben. Nur einige Beispiele aus den letzten 10 Jahren: 2001 verbrannten islamische Fundamentalisten homoerotische Poesie in Ägypten, im gleichen Jahr verbrannten in den USA evangelikale Fundamentalisten Harry Potter Bücher wegen der Verherrlichung der Zauberei. 2002 verbrannten in Tiflis orthodoxe Fundamentalisten protestantische Bibeln. 2006 verbrannten katholische Fundamentalisten in Rom Sakrileg Bücher um Jesus zu verteidigen. 2008 verbrannten jüdische Fundamentalisten in Or Yehuda mehrere hundert Neue Testamente...
Und das soll nun ein Beleg für die Toleranz der Atheisten sein? Das ist lediglich ein Beleg dafür, dass sie Religionen nicht direkt angreifen, was aber noch lange nicht Toleranz bedeutet. Ich empfehle dir da mal einen Blick in Religionskritik: Was führen die Atheisten im Schilde? - Debatten - FAZ zu werfen. Da findest du auch einige Beispiele von atheistischer Intoleranz erwähnt. Ausserdem musst du dich nur mal in Blogs sogenannter Atheisten umschauen, wo dann z.B. davon die Rede ist, dass man den Koran als "menschenverachtende Schrift" verbieten sollte. Und vielleicht wirfst du auch einmal einen Blick in dich hinein und fragst dich selbst inwiefern du selbst Religion tolerierst. Deine Aussagen bisher lassen jedenfalls eher auf eine Intoleranz gegenüber Religionen schliessen.

Ui, die Nazi Keule gleich im zweiten Beitrag? Ich wusste das der Thread Kontroversen auslösen wurde, aber das ging ja mal schnell...:D
Du kannst jede X-beliebige andere unbeliebte Minderheitsmeinung einsetzen. Die Aussage meines Satzes bleibt die gleiche.

Geht es denn wirklich nur um das Verständnis einzelner Gläubiger? Ich denke etwas überspitzt könnte man sagen das Intoleranz sogar den Kern der drei großen monotheistischen Religionen ausmacht: Behaupten nicht alle drei Religionen das einzig und allein ihr Weg zur Erlösung führt?
Das tun die Atheisten auch. Sie behaupten, dass nur das Lösen von Religionen zur Freiheit führt. Genauso behaupten sie, dass alles wissenschaftlich erklärbar ist, wofür sie bisher aber den Beweis schuldig geblieben sind.

Und nicht nur die anderen Religionen sind nach ihrem Selbstverständnis Irrlehren - auch die Andersgläubigen der eigenen Religion. Geht es noch intoleranter?

Auch das stimmt so nicht. So kann man z.B. im Nostra Aetate des Zweiten Vatikanischen Konzils nachlesen:

Deshalb mahnt sie ihre Söhne, daß sie mit Klugheit und Liebe, durch Gespräch und Zusammenarbeit mit den Bekennern anderer Religionen sowie durch ihr Zeugnis des christlichen Glaubens und Lebens jene geistlichen und sittlichen Güter und auch die sozial-kulturellen Werte, die sich bei ihnen finden, anerkennen, wahren und fördern.
...
Deshalb verwirft die Kirche jede Diskriminierung eines Menschen oder jeden Gewaltakt gegen ihn um seiner Rasse oder Farbe, seines Standes oder seiner Religion willen, weil dies dem Geist Christi widerspricht.

Das klingt wesentlich toleranter als das, was du bisher über Religionen von dir gegeben hast. Mir scheint, dass deine Vorstellungen von Religion aus dem Mittelalter stammen. Ich empfehle dir mal einen Blick in Bücher wie "Katholischer Erwachsenen-Katechismus" zu werfen, oder mal die Anstrengungen des Papstes zur Ökumene etwas genauer zu verfolgen. So ist es z.B. derzeit ein klar ausgesprochenes Ziel der katholischen Kirche, dass alle Kirchen einen gemeinsamen Weg finden.

Du bist also mindestens genauso intolerant wie du es den Religionen vorwirst:

1. Du schliesst von Taten einzelner auf die ganze Gemeinschaft, lehnst selbiges aber für die Gemeinschaft der Atheisten ab. Warum also stellst du nicht die Frage nach Atheismus und Toleranz? Atheist XY hat gemordert, weil sein Opfer mehr Geld hatte. Sind dadurch alle Atheisten raffgierige Mörder? Wohl kaum. Also lass besser die Finger weg von Verallgemeinerung!
2. Du missachtest sämtliche Anstrengungen, die diese Gemeinschaften FÜR mehr Toleranz unternehmen oder du nimmst sie einfach nicht wahr.
3. Du maßt dir an, dass deine Meinung besser sei als die vermeintlichen Irrlehren der Religionen, wobei die Untaten des Atheismus lediglich aus anderen Motiven entstehen, halt nicht aus religiösen. Ein Krieg, der wegen Bodenschätzen geführt wird ist aber keineswegs besser als ein Krieg der aus religiösen Gründen geführt wird. Eine Meinung die aus religiösen Gründen unterdrückt wird, hat nicht weniger eine Existenzberechtigung als eine Meinung, die aus atheistischen Gründen unterdrückt wird.

Wo ist also deine "atheistische Toleranz"? Warum kann ein gläubiger Mensch nicht der Meinung sein, dass sein Weg der richtige ist, während du doch offensichtlich der Meinung bist, dass nur Atheismus der richtige Weg ist?
 
bitmuncher hat gesagt.:
Und das soll nun ein Beleg für die Toleranz der Atheisten sein?
Nein, eigentlich habe ich ja auch nie behauptet das Atheisten toleranter sind. Allerdings gibt es nun einmal wesentlich mehr und bekanntere Beispiele für religiöse Intoleranz, als für atheistische und darauf habe ich hingewiesen...;)

bitmuncher hat gesagt.:
Und vielleicht wirfst du auch einmal einen Blick in dich hinein und fragst dich selbst inwiefern du selbst Religion tolerierst. Deine Aussagen bisher lassen jedenfalls eher auf eine Intoleranz gegenüber Religionen schliessen.
Nur mal so am Rande: Ich bin getauft, konfimiert und zahle bis heute brav meine Kirchensteuern.

bitmuncher hat gesagt.:
Ich empfehle dir mal einen Blick in Bücher wie "Katholischer Erwachsenen-Katechismus" zu werfen, oder mal die Anstrengungen des Papstes zur Ökumene etwas genauer zu verfolgen.
Anstrengungen des Papstes zur Ökumene? Die verfolge ich seit Jahren interessiert, z. B. diese Äußerung:
Die päpstliche Glaubenskongregation hat ein harsches Dokument veröffentlicht, nach dem Kirchen der Reformation keine "Kirchen im eigentlichen Sinn" seien. Wolfgang Huber, der oberste Protestant in Deutschland, findet das Papier "anstößig". Auch die Orthodoxen sind vor den Kopf gestoßen.
[...]
Huber spricht von einer "unveränderten Neuauflage" der "anstößigen Äußerungen" der Instruktion "Dominus Iesus" aus dem Jahr 2000. Autor des damals heftig kritisierten Papiers, das auch katholische Würdenträger zu relativieren suchten, war Kardinal Joseph Ratzinger. Als Papst Benedikt hat er den neuen Text ausdrücklich gutgeheißen.
Quelle: Religion: Papst brüskiert die Evangelische Kirche - Nachrichten Politik - WELT ONLINE

Ok, ist vier Jahre alt der Artikel, aber auch bei seinem letzten Besuch in DE hat er sich wieder um die Ökumene verdient gemacht:
„Im Vorfeld meines Besuchs war verschiedentlich von einem ökumenischen Gastgeschenk die Rede, das man sich von einem solchen Besuch erwarte. (...) Dazu möchte ich sagen, dass dies, so wie es meistens erschien, ein politisches Missverständnis des Glaubens und der Ökumene darstellt.“
[...]
Der Papst ging nicht auf den Wunsch kirchlicher Reformgruppen und der EKD ein, gemeinsame Eucharistiefeiern von Katholiken und Protestanten zuzulassen.
Quelle: Keine Fortschritte in der Ökumene: Papst dämpft Hoffnungen - Papstbesuch - FAZ

Ist schon ein echter Motor der Ökumene, der Benedikt...:rolleyes:

bitmuncher hat gesagt.:
Mir scheint, dass deine Vorstellungen von Religion aus dem Mittelalter stammen.
Na ja, das kann ich nicht ganz leugnen, da meiner Meinung nach auch heute noch viele Ansichten der Religionen aus dem Mittelalter stammen. Da Du die katholische Kirche anführst nur zwei Beispiele: Verhütung & Abtreibung - beides ist Katholiken meines Wissens nach durch päpstliche Dekrekte ausdrücklich untersagt. Das heißt selbst in Ländern mit einer hohen Kindersterblichkeit und Armut dürfen katholische Männer nicht verhüten. Und katholische Frauen dürfen nicht abtreiben - selbst wenn ihr eigenes Leben durch die Geburt gefährdet ist oder das Kind die Folge einer brutalen Vergewaltigung ist. Ich gebe zu solange solche Standpunkte Teil der kirchlichen Doktrin sind, betrachte ich diese Doktrin als Anachronismus.

bitmuncher hat gesagt.:
Wo ist also deine "atheistische Toleranz"?
Noch einmal: Ich habe nie behauptet das Atheisten besonders tolerant sind.

bitmuncher hat gesagt.:
Warum kann ein gläubiger Mensch nicht der Meinung sein, dass sein Weg der richtige ist, während du doch offensichtlich der Meinung bist, dass nur Atheismus der richtige Weg ist?
Es mag Dich überraschen, aber ich bin gar kein Atheist. So wie gläubige Menschen unbeirrbar an die Existenz eines Gottes glauben, sind Atheisten genauso unbeirrbar von dessen Nicht-Existenz überzeugt - ohne das beweisen zu können. Für mich ist das auch ein Dogma. Ich persönlich bin Agnostiker. Und mir ist im Grunde egal woran andere Menschen glauben, aber es regt mich auf wenn Menschen andere Menschen ihre Überzeugungen aufzwingen wollen. Und da ich da nun einmal kurz hintereinander über zwei besonders hässliche Fälle religiöser Intoleranz, die Predigt des spanischen Erzbischofs und den Auswüchsen der verqueren Weltsicht ultraorthodoxer Juden in Israel gestossen bin, habe ich diese Intoleranz eben zum Thema dieses Threads gemacht.
 
Unabhängig von dem bereits Gesagtem finde ich, dass ihr klarer zwischen Glaube und Religion differenzieren solltet. Denn mit einer Religion ist in aller Regel auch eine Institutionalisierung verbunden und eine Institution verfolgt beinahe zwangsweise auch Interessen. Glaube tut das nicht. Ich bin der Meinung jeder Mensch kann glauben an was er will. Mir ist es im Grunde egal und ich verstehe die Notwendigkeit, die viele für ihren Glauben wohl verspüren nicht, aber solange sie dabei bleiben nur zu glauben ist das kein Problem, da es etwas ist, was man für sich allein tut. Eine Religion macht schon mehr Probleme, da Gebote (oder was auch immer) aufgestellt werden, die alle in der Institution zu befolgen haben, weil sonst XY. Das dient aber keinem Selbstzweck des Gläubigen, sondern der Institution (Stichwort: Machterhalt; Missionierung) Und ab da ergeben sich erst Probleme, die die Toleranz betreffen.
 
Nein, eigentlich habe ich ja auch nie behauptet das Atheisten toleranter sind. Allerdings gibt es nun einmal wesentlich mehr und bekanntere Beispiele für religiöse Intoleranz, als für atheistische und darauf habe ich hingewiesen...;)
Es gibt lediglich mehr in den Medien. Im Alltag findet sich atheistische Intoleranz vor allem gegenüber Religionen allerdings sehr häufig.

Nur mal so am Rande: Ich bin getauft, konfimiert und zahle bis heute brav meine Kirchensteuern.
Damit bist du noch lange kein Christ, sondern lediglich ein zahlendes Mitglied der Kirche. Christ wirst du erst, wenn du Gott als deinen Herrn und Schöpfer erkennst. Deine Aussage sagt also erstmal nur, dass du für etwas bereit bist zu zahlen, woran du gar nicht glaubst. Du hast also zuviel Geld, oder was willst du mit diesem Satz aussagen?

Anstrengungen des Papstes zur Ökumene? Die verfolge ich seit Jahren interessiert, z. B. diese Äußerung:
Quelle: Religion: Papst brüskiert die Evangelische Kirche - Nachrichten Politik - WELT ONLINE

Ok, ist vier Jahre alt der Artikel, aber auch bei seinem letzten Besuch in DE hat er sich wieder um die Ökumene verdient gemacht:
Quelle: Keine Fortschritte in der Ökumene: Papst dämpft Hoffnungen - Papstbesuch - FAZ

Ist schon ein echter Motor der Ökumene, der Benedikt...:rolleyes:
Und wieder einmal schaust du nur nach negativen Dingen, wie mir scheint. Warum nennst du nicht auch dazu mal die positiven Impulse wie das "Jahr des Glaubens", das kürzlich ausgerufen wurde und das unter dem Motto der Einheit aller Christen stehen soll und in dem u.a. ein ökumenischer Gottesdienst unter Beteiligung des Papstes stattfinden wird? Was ist mit der Neuevangelisierung, über die auch Lombardi sagt, dass sie der Ökumene helfen soll und hoffentlich wird? Und warum erwähnst du nicht auch mal das positive Feedback der Evangelischen Kirche auf das Treffen mit dem Papst im Augustinerkloster in Erfurt, das sie als wichtige Botschaft und von besonderer Bedeutung bezeichneten und wo eine "faktische Rehabilitation Luthers" aus dem Mund des Papstes zu hören war? Klar gibt es Differenzen zwischen den Kirchen und natürlich fliegen da auch mal Fetzen, wenn man diese beizulegen versucht, aber dies einseitig dem Papst zuzuschreiben ist schon etwas vermessen. Gibt es etwa keine Unstimmigkeiten innerhalb der EU? Warum sollte das also beim Ökumenischen Rat, dem immerhin 348 Kirchen angehören, anders sein? Wie wir aus der EU wissen, ist es eine Sache des Blickwinkels, ob man etwas als "Blockieren" oder als "Verteidigung eigener Interessen" betrachtet. Deutschland will nicht für andere EU-Länder zahlen. Aus Sicht der Deutschen eine Verteidigung ihrer berechtigten Interessen. Aus Sicht der überschuldeten Länder ein Blockieren der Euro-Rettung. Warum nimmst du also nicht einfach mal Quellen wie den VIS oder Vaticanradio? Da wirst du feststellen, dass dieses vermeintliche Blockieren der Ökumene aus Sicht der katholischen Kirche eine Verteidigung ihrer Interessen ist.

Na ja, das kann ich nicht ganz leugnen, da meiner Meinung nach auch heute noch viele Ansichten der Religionen aus dem Mittelalter stammen. Da Du die katholische Kirche anführst nur zwei Beispiele: Verhütung & Abtreibung - beides ist Katholiken meines Wissens nach durch päpstliche Dekrekte ausdrücklich untersagt. Das heißt selbst in Ländern mit einer hohen Kindersterblichkeit und Armut dürfen katholische Männer nicht verhüten. Und katholische Frauen dürfen nicht abtreiben - selbst wenn ihr eigenes Leben durch die Geburt gefährdet ist oder das Kind die Folge einer brutalen Vergewaltigung ist. Ich gebe zu solange solche Standpunkte Teil der kirchlichen Doktrin sind, betrachte ich diese Doktrin als Anachronismus.
Auch hier zeigst du einfach nur Intoleranz gegenüber einer (religiösen) Meinung. Nach christlichem Glauben steht es dem Menschen nunmal nicht zu in den göttlichen Schöpfungsprozess einzugreifen, weil er damit versucht sich auf die gleiche Stufe wie Gott zu stellen. Du siehst also, dass es immer mehrere Blickwinkel gibt und man sollte die anderen wohl tolerieren. Es wird ja niemand gezwungen der katholischen Kirche beizutreten. Jeder, der sich dieser Kirche anschliesst oder zum Zeitpunkt seiner Volljährigkeit in der Kirche bleibt, kennt ihre Lehren und Meinungen.

Noch einmal: Ich habe nie behauptet das Atheisten besonders tolerant sind.
Und dennoch fragst du nach Toleranz und Religion und nicht nach Toleranz und Gesellschaft. Intoleranz ist keineswegs religiös bedingt, was dein Thema und dein Eingangsbeitrag aber suggeriert. Intoleranz ist etwas, das aus unserer Gesellschaft heraus entsteht und Religionen sind lediglich Teil dieser Gesellschaft.

Es mag Dich überraschen, aber ich bin gar kein Atheist. So wie gläubige Menschen unbeirrbar an die Existenz eines Gottes glauben, sind Atheisten genauso unbeirrbar von dessen Nicht-Existenz überzeugt - ohne das beweisen zu können. Für mich ist das auch ein Dogma. Ich persönlich bin Agnostiker. Und mir ist im Grunde egal woran andere Menschen glauben, aber es regt mich auf wenn Menschen andere Menschen ihre Überzeugungen aufzwingen wollen.

Wurde Anti-Nationalismus und eine Pro-Israel-Meinung den Deutschen nicht auch aufgezwungen? Wird Kapitalismus und vermeintliche Demokratie den "Öl-Staaten" wie Irak und Libyen nicht auch aufgezwungen? Was ist mit dem Euro, der uns aufgezwungen wurde? Wie sieht's mit der EU-Verfassung aus, für die wir uns auch nicht frei entscheiden konnten, und damit der Glaube an ein vereintes Europa? Auch das Aufzwingen von Dingen/Meinungen hat also nichts mit Religion zu tun, sondern ist wiederum Teil unserer Gesellschaft. Nur dass heutzutage die Mittel, die die Kirche im Mittelalter genutzt hat, vom Finanzsystem genutzt werden... Krieg, Festlegung von Gesetzen u.ä..
 
Jeder, der sich dieser Kirche anschliesst oder zum Zeitpunkt seiner Volljährigkeit in der Kirche bleibt, kennt ihre Lehren und Meinungen.
Ich weiß nicht, ob ein jugendlicher, dem 18 Jahren lang ein katholisches Weltbild in den Kopf gebohrt wurde, auf einmal dieses Weltbild ablegt. Genauso wenig wird jemand, der atheistisch aufgewachsen ist mit 18 zum erzkonservativen Katholiken. Würde es ein Gesetz geben wonach man Kinder unter 18 Jahren nicht mit Religion in der Verbindung bringen dürfte, würden diese relativ schnell aussterben. Der Nachwuchs wird dadurch gesichert, dass Kinder vor allem das glauben, was ihre Eltern ihnen sagen. Und nein, mich interessieren die 1%, die die Ausnahme bilden, nicht.


Und dennoch fragst du nach Toleranz und Religion und nicht nach Toleranz und Gesellschaft. Intoleranz ist keineswegs religiös bedingt, was dein Thema und dein Eingangsbeitrag aber suggeriert. Intoleranz ist etwas, das aus unserer Gesellschaft heraus entsteht und Religionen sind lediglich Teil dieser Gesellschaft.
Dem würde ich zustimmen. Das Problem ist nur, dass religiöse Lehren so schwammig formuliert sind, dass sie dem intoleranten Menschen eine vermeintliche Rechtfertigung bzw. sogar das Gefühl etwas richtiges getan zu haben, geben. Vielleicht werden große Teile der Religionsvertreter als Intolerant empfunden, weil Religion genau solche Menschen anzieht. Und Religion schränkt eben doch Freiheit ein. Es steht nirgends in der Bibel/Koran/Tanach, dass ein Mensch kein Kondom verwenden darf, sondern irgendwelche geistlichen Führer haben bestimmt, dass man eine bestimmte Passage so interpretieren könnte, dass damit ein Verbot gemeint ist. Und warum werden DIE katholischen Priester nicht öffentlich gesteinigt, sondern auch noch geschützt?


Wurde Anti-Nationalismus und eine Pro-Israel-Meinung den Deutschen nicht auch aufgezwungen? Wird Kapitalismus und vermeintliche Demokratie den "Öl-Staaten" wie Irak und Libyen nicht auch aufgezwungen? Was ist mit dem Euro, der uns aufgezwungen wurde? Wie sieht's mit der EU-Verfassung aus, für die wir uns auch nicht frei entscheiden konnten, und damit der Glaube an ein vereintes Europa? Auch das Aufzwingen von Dingen/Meinungen hat also nichts mit Religion zu tun, sondern ist wiederum Teil unserer Gesellschaft. Nur dass heutzutage die Mittel, die die Kirche im Mittelalter genutzt hat, vom Finanzsystem genutzt werden... Krieg, Festlegung von Gesetzen u.ä..
Du bist doch schon über 18. Genauso wie du die Freiheit hast aus einer Religion auszutreten, kannst du doch einfach in ein passendes Land ziehen... Wie ich schon versucht habe oben anzudeuten, ist das leicht gesagt "einfach auszutreten, in der Praxis sieht es aber anders aus.
 
Zitat: Zitat von bitmuncher
Und das soll nun ein Beleg für die Toleranz der Atheisten sein?

Nein, eigentlich habe ich ja auch nie behauptet das Atheisten toleranter sind. Allerdings gibt es nun einmal wesentlich mehr und bekanntere Beispiele für religiöse Intoleranz, als für atheistische und darauf habe ich hingewiesen...

Beispiele religiöser Intoleranz treten in ihrer Eigenheit auch als solche auf. Hierzu ein Zitat von Nitzsche: "Verrat ist nie erfolgreich. Hat Verrat Erfolg, kommt niemand auf die Idee es Verrat zu nennen".

Richard Dawkins bedient sich in seinem Buch "Der Gotteswahn" immer wieder auf diese Argumentations schiene, die schonmal grundsätzlich falsch ist, da das Gegenteil, also eine Nicht-Existenz, nicht bewiesen werden kann. Jeder der ein naturwissenschaftiches Studium durchlaeuft kennt diese Art von Thesen und Theorien und weiss, das sie nichts taugen.

Ich könnte genausogut argumentieren das die Gottlosigkeit Alexanders des Grossen, Nero, Hitler, Mussolini der tragende Grund für all die Toten waren.
Ich könnte sogwar soweit gehen das insbesondere Hitler nicht-religiöse Intoleranz gegenüber den Juden erst den Holocaust ermöglicht haben.

Was ich immer wieder erlebe ist ein extrem abflachendes Verständnis von Religionen. Die allermeisten, die gegen Religion argumentieren, haben von der Religion wenig Ahnung. Im besten Fall bekommt man die üblichen Eckdaten um die Ohren geschmettert: Kreuzuege, Hexenverbrennungen oder schwule Kinderficker-Priester und Kirchensteuer.

Aus vielerleich Gründen beschäftige ich mich schon seit Jahren mit Bibel und Christentum - einserseits aus Glaubensgründen und andererseits aus Interesse an Geschichte und Archärologie. Obwohl ich zwar kein Experte bin kann ich doch mit Sicherheit sagen das das allermeiste, was im Namen der christlichen Religion geschehen ist, sich nicht im neuen Testament findet. Das alte Testament findet da auch keine wirkliche Begründung, da "unser" Christentum eben erst mit dem neuen Testament beginnt.

Was ich damit sagen will ist: Religionen und Lehren wurden seit jeher instrumentalisiert und zum eigenen Gusto genutzt. Die katholische Kirche wird keine einzige Bibelzeile finden, wo sich zB. ein Ablasshandel begründet. Es gibt keine Passage wo von riesigen Prachtbauen die Rede ist, noch von Engstirnigkeit und Intoleranz. Im gegenteil: die chrisliche Lehre ist ein Paradebeispiel fuer Pafizismus und der sog. "Nächstenliebe" - einem passiven Protest gegen herrschende Klassen.

Chrisliche Lehre ist ebenso tiefsinnig wie Kant, Aristoteles, Nietzsche oder der Buddhismus. Leider erschöpft sich die Präsentation oft in der Oberflächlichkeit, die auch damit begründet ist, dass das Publikum eben genau das ist: Oberflächlich.

Ich persönlich kann religiöse Intoleranz aller Lager bestätigen - am offensten steht sie mir jedoch von den sog. Atheisten entgegen. Moderner und unreflektierter Atheismus ist banal und direkt. Ich habe kein Problem mich als "gläubigen" zu geben und provoziere damit auch (nicht ungerne :) ) heftige Kritik, wie ich als "moderner" Mensch denn einem solchen Unsinn aufsitzen könne. Am Ende solcher Diskussionen stellt sich IMMER heraus, das ich mich mit meinem Leben und meiner Wahrnehmung von MIR in dieser Welt wesentlich weiter bin als diejenigen, die ihr Auge nach "aussen" richten und fernab jeglicher Spiritiualitaet sind, womit ich beim Stichwort waere:

Intoleranz ist mE immer in Erkenntnishemmnis begründet und in Angst. Spirituell offene Menschen sind da sehr viel Immuner und aus meiner Perspektive kommen mir solche Menschen weitaus toleranter vor. Unabhängig von Ihrer religiösen Gesinnung.
 
Ich weiß nicht, ob ein jugendlicher, dem 18 Jahren lang ein katholisches Weltbild in den Kopf gebohrt wurde, auf einmal dieses Weltbild ablegt.
Die Anzahl der Austritte aus der Kirche zeigen das Gegenteil.

Genauso wenig wird jemand, der atheistisch aufgewachsen ist mit 18 zum erzkonservativen Katholiken.
Stimmt, die meisten Erwachsenentaufen gibt es bei Leuten, die das 30. Lebensjahr überschritten haben. Es sind aber immerhin jährlich knapp 15.000 allein in Deutschland, die sich jedes Jahr taufen lassen oder die zur Kirche zurückkehren. Hab leider gerade keine Zahlen parat wieviel davon die Neutaufen ausmachen.

Würde es ein Gesetz geben wonach man Kinder unter 18 Jahren nicht mit Religion in der Verbindung bringen dürfte, würden diese relativ schnell aussterben. Der Nachwuchs wird dadurch gesichert, dass Kinder vor allem das glauben, was ihre Eltern ihnen sagen. Und nein, mich interessieren die 1%, die die Ausnahme bilden, nicht.
Eher unwahrscheinlich. Unsere Gesellschaft zeigt nämlich gerade in den letzten Jahren einen immer stärker werdenden Trend zur Spiritualität. Auch wenn das Christentum hierzulande mehr Anhänger verliert als gewinnt, haben andere religiöse Strömungen einen enormen Zulauf. Viele, die die traditionellen Kirchen verlassen, treten anderen Glaubensgemeinschaften bei, in denen sie eine stärkere Spiritualität zu finden hoffen. Die Wissenschaft kann nunmal nicht alle Fragen beantworten, die der Mensch sich selbst stellt und Antworten auf jene Fragen, die die Wissenschaft nicht beantworten kann, suchen die meisten Menschen in der Spiritualität. Vielleicht würde ja die institutionalisierte Religion aussterben, das mag durchaus sein, aber nicht die Religion selbst. Andererseits ist der Mensch ein Rudeltier und wird daher auch den Austausch im Glauben mit anderen Menschen suchen, wodurch dann wiederum Religionsgemeinschaften entstehen.

Dem würde ich zustimmen. Das Problem ist nur, dass religiöse Lehren so schwammig formuliert sind, dass sie dem intoleranten Menschen eine vermeintliche Rechtfertigung bzw. sogar das Gefühl etwas richtiges getan zu haben, geben.
Schau dir die Gesetzgebung in Deutschland an. Da ist genauso viel schwammige Formulierung drin, damit eine gewisse Breite von Auslegungsmöglichkeiten erhalten bleibt. Die Auslegung erfolgt dann halt von Richtern und Anwälten und nicht von Priestern.

Vielleicht werden große Teile der Religionsvertreter als Intolerant empfunden, weil Religion genau solche Menschen anzieht.
Vielleicht kommt diese Empfindung von Intoleranz aber auch daher, weil die etablierten Medien einfach nur die negativen Dinge berichten und kaum jemand die Medien der Religionsgemeinschaften verfolgt. Das ist aber ja nicht nur im Bereich der Religion so. Das NT jedenfalls lehrt Toleranz in einer Form, die noch lange nicht in unserer Gesellschaft angekommen ist. So heisst es z.B.: "Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet! Denn wie ihr richtet, so werdet ihr gerichtet werden, und nach dem Maß, mit dem ihr messt und zuteilt, wird euch zugeteilt werden." Und dabei geht es nicht nur um das Richten im Sinne eines Gerichts, sondern um das Beurteilen von Menschen, Handlungen, Lebensweisen usw. im Allgemeinen.

Und Religion schränkt eben doch Freiheit ein. Es steht nirgends in der Bibel/Koran/Tanach, dass ein Mensch kein Kondom verwenden darf, sondern irgendwelche geistlichen Führer haben bestimmt, dass man eine bestimmte Passage so interpretieren könnte, dass damit ein Verbot gemeint ist.
Das siehst du als nicht-religiöser Mensch einfach so. Ein religiöser Mensch erwartet aber von seinen geistigen Führern zumeist, dass diese festlegen welche Interpretation in seiner Glaubensgemeinschaft gelebt werden soll. Ist er mit dieser Interpretation nicht einverstanden, steht es ihm (in den meisten Religionen) frei, die Religionsgemeinschaft zu verlassen.

Und warum werden DIE katholischen Priester nicht öffentlich gesteinigt, sondern auch noch geschützt?
Weil eine Steinigung dem christlichen Glauben widersprechen würde. Denn es heisst nunmal in der Bibel: Gehet aber hin und lernet, was das sei: "Ich bin gekommen die Sünder zur Buße zu rufen, und nicht die Gerechten." Da steht nichts von "Steinigt die Sünder". Man sollte durchaus auch der Kirche eine gewisse Lernbereitschaft zugestehen, auch wenn diese nur in dem von ihr selbst gesteckten Rahmen stattfindet. Einer der Eckpfeiler dieses Rahmens ist die christliche Nächstenliebe und diese bedeutet nunmal nicht "Liebe nur denjenigen, der ohne Sünde ist".

Du bist doch schon über 18. Genauso wie du die Freiheit hast aus einer Religion auszutreten, kannst du doch einfach in ein passendes Land ziehen... Wie ich schon versucht habe oben anzudeuten, ist das leicht gesagt "einfach auszutreten, in der Praxis sieht es aber anders aus.
Genau... in der Praxis findet sich nämlich der Zwang bestimmte Meinungen anzunehmen in jeder Gesellschaft und somit in jedem Land. Es wird sich also kein passendes Land finden lassen. Bei Religionen ist das einfacher. Einfach aus der Religionsgemeinschaft austreten, den Glauben ablegen, ohne Religion leben und schon ist man den religiösen Zwängen nicht mehr unterworfen. Wie bereits gesagt: Zwang findet sich in unserer Gesellschaft und dem kann man nur durch ein Eremitendasein entkommen, was aber ja auch wiederum einen gewissen Zwang darstellen würde, da man zu diesem Dasein gezwungen wird, wenn man den Zwängen der Gesellschaft entkommen will.
 
Zitat von xrayn
Würde es ein Gesetz geben wonach man Kinder unter 18 Jahren nicht mit Religion in der Verbindung bringen dürfte, würden diese relativ schnell aussterben. Der Nachwuchs wird dadurch gesichert, dass Kinder vor allem das glauben, was ihre Eltern ihnen sagen. Und nein, mich interessieren die 1%, die die Ausnahme bilden, nicht.

Religion zeiht sich durch sämtliche Kulturbereiche und ebenso durch alle Epochen. Kulturanthropologisch betrachtet ist Religion sogar ein menschliches Grundbedürfnis.

Zitat von xrayn
Dem würde ich zustimmen. Das Problem ist nur, dass religiöse Lehren so schwammig formuliert sind, dass sie dem intoleranten Menschen eine vermeintliche Rechtfertigung bzw. sogar das Gefühl etwas richtiges getan zu haben, geben.
Die Kernaussagen der Religionen sind eher ziemlich konkret. Die Schwammigkeit ergibt sich daraus, das es an der nötigen Musse fehlt sich damit intensiv auseinanderzusetzen.


Zitat: Zitat von xrayn
Und Religion schränkt eben doch Freiheit ein. Es steht nirgends in der Bibel/Koran/Tanach, dass ein Mensch kein Kondom verwenden darf, sondern irgendwelche geistlichen Führer haben bestimmt, dass man eine bestimmte Passage so interpretieren könnte, dass damit ein Verbot gemeint ist.

Das siehst du als nicht-religiöser Mensch einfach so. Ein religiöser Mensch erwartet aber von seinen geistigen Führern zumeist, dass diese festlegen welche Interpretation in seiner Glaubensgemeinschaft gelebt werden soll. Ist er mit dieser Interpretation nicht einverstanden, steht es ihm (in den meisten Religionen) frei, die Religionsgemeinschaft zu verlassen.

Es steht in der tat einiges über "verschwendeten Samen" in der Bibel. Und einige Diskussionsfäden beziehen sich auf die ausufernde Zügellosigkeit (auch eine Anspielung an Babylon und der Verrat an Gott). Man muss die Texte nehmen und sehr genau hinsehen. Witzigerweise finden sich erstaunlich viel Analogieen zwischen dem modernen Leben des sog. zivilisierten Menschen und dem klassischen Leben in Babylon. Und die Message ist nunmal das zügelloses Leben (auch in Bezug auf Tierhaltung, Umweltschutz, gesellschaftliches Zusammenleben, Kapitalismus) am Ende in den Untergang führt. Wenn man es weiter spinnt hat 9/11 auch genau darauf angespielt: Der Turmbau zu Babel/WTC, als Wahrzeichen eines kapitalistischen und ausufernden Lebensstils - der uns ja ganz offensichtlich auf die Füsse fällt.

Die Benutzung von Kondomen spielt in der christlichen Lehre überhaupt keine Rolle. Leider haben sich solch idiotische Dogmen über lange Zeit festgesetzt und sind nur schwer aus den Köpfen der Hardliner herauszubekommen.

Tatsaechlich bedienten sich Wirrköpfe der katholischen Kirche gerade der Dogmen des alten Testaments: Schwul sein -> Sodom, nicht beten -> AT, Verhüten -> Jacob usw. und vermischten die Geschichten nach ihrem Gusto um zu herrschen. Letztendlich unterscheidet sich die Meinungsbildung innerhalb der Kirchen nicht gross von denen der Politik: Man muss selbst sehr genau hinsehen um den Kern der Angelegenheit zu erfassen.
 
IMO ist Religion das Gesetz des Altertums (... mit [wie auch immer definierten] Fortbestand). In der aktuellen Zeit ist es für die, die sich dessen annehmen, eine Erweiterung des bestehenden Landesgesetzes.

Die Funktionsweise (Interpretation, Auslegung, Schwammigkeit) und hin und wieder der auch der Inhalte sind bei beiden die selben.

Wenn es nun den ein oder anderen dazu verleitet, diesen zusätzlichen "Gesetzen" zu folgen [trotz {fast} fehlender Konsequenzen, bei Nichteinhaltung], so sollen sie das doch tun.

Meine Einstellung dazu ist folgende: Solange man mir nicht mit diesen Sonderregeln - die mich nicht im geringsten kümmern, da ich meine Moral und Ethik selbst für mich festlege (sie ist den z. B. christlichen Grundregeln auch garnicht unähnlich) - auf den Sack geht, können die anderen treiben, was sie wollen. Und wenn sie sich wie Lemminge vom Felsen schmeißen, ist mir das völlig Schnuppe.
Sobald man aber mir gegenüber intolerant wird, gibt es eine entsprechende Breitseite (an diese Person) zurück.

Was ich an dem ganzen Thema Religion allerdings nicht leiden kann, sind drei Dinge:

1.) Wenn man die Religion nutzt um Menschen zu benutzen [ich wüsste ad Hoc keine Religion, die das in ihren Grundsätzen fordert].

2.) Wenn man Menschen nicht die Wahl lässt sich diesen [wie gesagt "optionalen"] Grundsätzen zu entziehen

3.) Wenn man bereits Kinder so intolerant erzieht, dass Punkt 2 verletzt wird.

Auch wenn ich diese Dinge nicht mag, so ist dennoch jeder seines Glückes Schmied. Denn auch ein Mensch, der 18 Jahre lang die Religion ins Gehirn implantiert bekommt, wird kaum darum herum kommen, zu sehen, wie andere Menschen leben und muss sich entsprechend durchzusetzen wissen.
Ich weisz, dass das nicht immer einfach ist. Ich habe z. B. neulich wieder gehört, dass eine Frau erstochen worden ist, weil sie als Muslimin irgendwas falsch gemacht hat und die Brüder dies nicht tolerieren konnten. Diese Leute haben aber wahrscheinlich ihre eigene Religion nicht verstanden oder muss man als Muslim töten?

lG & macht euch nicht so viele Gedanken über andere :P
 
$oul hat gesagt.:
Unabhängig von dem bereits Gesagtem finde ich, dass ihr klarer zwischen Glaube und Religion differenzieren solltet. Denn mit einer Religion ist in aller Regel auch eine Institutionalisierung verbunden und eine Institution verfolgt beinahe zwangsweise auch Interessen.
Da hast Du natürlich völlig recht und falls es bisher nicht klar geworden sein sollte, möchte ich ausdrücklich festhalten das sich meine Kritik auf die organisierte Religion (biszuweilen deren extremer Auswüchse), wie z. B. die christlichen Kirchen, bezieht.

$oul hat gesagt.:
Ich bin der Meinung jeder Mensch kann glauben an was er will.
FullACK. Es ist meine tiefste Überzeugung das jeder glauben kann, was er will - solange er dies auch anderen zugesteht. Und das ist ja der springende Punkt, die Beispiele aus dem Eröffnungsthread sind ja ausdrücklich Beispiele wo Angehörige religiöser Organisationen versuchen anderen Menschen ihre Vorstellungen aufzuzwingen: Die Piusbruderschaft, die versucht die Aufführung eines Theaterstücks zu verhindern, weil dessen Inhalt angeblich die Gefühle der Christen verletzten würde; Der Erzbischof von Granada der in der Weihnachtspredigt sagt, Frauen die abgetrieben haben würden Männern die Lizenz geben ihren Körper "ohne Grenzen zu missbrauchen" - womit er allen Frauen (er spricht ausdrücklich nicht nur von katholischen Frauen) nicht nur das Recht auf Selbstbestimmung verwehrt, sondern auch gleich noch bedroht; Oder die Minderheit der ultraorthodoxen Juden, die der gesamten israelischen Gesellschaft vorschreiben wollen, wie sie sich zu kleiden und zu verhalten haben...X(

bitmuncher hat gesagt.:
Es gibt lediglich mehr in den Medien.
Hm, kann es sein das es immer die bösen Medien sind?

bitmuncher hat gesagt.:
Im Alltag findet sich atheistische Intoleranz vor allem gegenüber Religionen allerdings sehr häufig.
Wogegen auch sonst? Immerhin reden wir von Atheisten...:D *scnr*

bitmuncher hat gesagt.:
Warum nennst du nicht auch dazu mal die positiven Impulse wie das "Jahr des Glaubens", das kürzlich ausgerufen wurde und das unter dem Motto der Einheit aller Christen stehen soll und in dem u.a. ein ökumenischer Gottesdienst unter Beteiligung des Papstes stattfinden wird?
Weil jeder ein Jahr des Irgendwas ausrufen und ein achtbares Motto als Etikett drauf kleben kann - was zählt sind Taten. Und Bendedikt ist nun einmal alles andere als ein Motor der Ökumene.

bitmuncher hat gesagt.:
Was ist mit der Neuevangelisierung, über die auch Lombardi sagt, dass sie der Ökumene helfen soll und hoffentlich wird?
Du meinst diese Neuevangelisierung? Für mich klingt das wie die Ankündigung das "säkularisierte Europa" wieder zu missionieren. Und wenn man sich die Geschichte christlicher Mission anschaut (Stichworte Kreuzzüge, Schwertmission, etc.), wird einem bei diesem Gedanken schon irgendwie unbehaglich, oder?
Dazu habe ich noch einen kleinen Lesetipp: Kriminalgeschichte des Christentums

bitmuncher hat gesagt.:
Und warum erwähnst du nicht auch mal das positive Feedback der Evangelischen Kirche auf das Treffen mit dem Papst im Augustinerkloster in Erfurt, das sie als wichtige Botschaft und von besonderer Bedeutung bezeichneten und wo eine "faktische Rehabilitation Luthers" aus dem Mund des Papstes zu hören war?
Wieso? Hab ich doch! Das Treffen das Du meinst ist vermutlich das Treffen im Erfurter Augustinerkloster am 23.09.2011. Der FAZ Artikel Keine Fortschritte in der Ökumene, den ich verlinkt habe als ich wieder einmal nur auf das negative geschaut habe, bezieht sich ausdrücklich auf die Rede, die der Papst während dieses Treffens im Kloster gehalten hat...;)

bitmuncher hat gesagt.:
Auch hier zeigst du einfach nur Intoleranz gegenüber einer (religiösen) Meinung. Nach christlichem Glauben steht es dem Menschen nunmal nicht zu in den göttlichen Schöpfungsprozess einzugreifen, weil er damit versucht sich auf die gleiche Stufe wie Gott zu stellen.
Dazu fallen mir zwei Dinge ein:
1. Eine Frau, die durch die Geburt eines Kindes sterben müsste, darf nicht abtreiben, weil sie nicht das Recht hat in den göttlichen Plan einzugreifen? Was ist mit Menschen, die nur deswegen den Tod hinausschieben können, weil die moderne Medizin sie mit Medikamenten versorgt - hat das keine Auswirkungen auf den göttlichen Plan?
2. Wieso ist es intolerant wenn ich glaube viele Ansichten der katholischen Kirche sind anachronistisch? Habe ich nicht das Recht zu glauben was ich will?

bitmuncher hat gesagt.:
Und dennoch fragst du nach Toleranz und Religion und nicht nach Toleranz und Gesellschaft. Intoleranz ist keineswegs religiös bedingt, was dein Thema und dein Eingangsbeitrag aber suggeriert.
Das ist schlichtweg falsch! Ich habe weder behauptet, noch suggeriert, das Intoleranz außerhalb der Religion nicht anzutreffen ist. (Genausowenig wie ich behauptet habe Atheisten wären besonders tolerant oder toleranter als Gläubige!) Aber die konkreten Beispiele die mich dazu gebracht haben diesen Thread zu eröffnen, waren nun einmal Beispiele religiöser Intoleranz - deshalb ist auch das Thema dieses Threads Religion & Toleranz und nicht Gesellschaft & Toleranz.

bitmuncher hat gesagt.:
Intoleranz ist etwas, das aus unserer Gesellschaft heraus entsteht und Religionen sind lediglich Teil dieser Gesellschaft.
Nun, manche behaupten das Religionen der prägende Teil der Gesellschaften sind und waren. Heißt es nicht immer wieder "christliches Abendland"? In jedem Fall bestanden die drei großen, monotheistischen Religionen lange vor den Gesellschaften der (meisten) heutigen Nationalstaaten. Aber das ist ein interessanter Aspekt, über den zu diskutieren ich mir durch diesen Thread erhoff(t)e...;)
 
Eher unwahrscheinlich. Unsere Gesellschaft zeigt nämlich gerade in den letzten Jahren einen immer stärker werdenden Trend zur Spiritualität.
Du weißt sicher, dass die Bereitschaft an Gott zu glauben mit dem Alter steigt und wir leben in einer immer älter werdenden Gesellschaft.

Die Wissenschaft kann nunmal nicht alle Fragen beantworten, die der Mensch sich selbst stellt und Antworten auf jene Fragen, die die Wissenschaft nicht beantworten kann, suchen die meisten Menschen in der Spiritualität.
Oder sie erhalten nicht die Antwort, die sie suchen. Wenn man es genau nimmt liefert der Glaube/Religion auch nicht mehr Antworten (eher weniger) als die Wissenschaft. Man glaubt halt an etwas - einen Beweis gibt es eben nicht. Als Mensch ohne Glaube, weiß ich eben, dass es auf bestimmte Fragen keine beweisbare Antwort gibt und somit habe ich meine Antwort. Anderen sind mit einer solchen Antwort unzufrieden und glauben dann lieber irgendetwas.


Schau dir die Gesetzgebung in Deutschland an. Da ist genauso viel schwammige Formulierung drin, damit eine gewisse Breite von Auslegungsmöglichkeiten erhalten bleibt. Die Auslegung erfolgt dann halt von Richtern und Anwälten und nicht von Priestern.
Dieser Vergleich ist sehr gewagt. Wenn ich mit einem Gerichtsurteil nicht einverstanden bin, dann kann ich Berufung einlegen. Wenn es die Umstände nötig machen können Gesetze entfernt, erweitert oder neu gemacht werden. Wenn sich Passagen aus den heiligen Schriften als nicht zeitgemäß erweisen, ist die einzige Möglichkeit der Austritt aus der Gemeinschaft.


Vielleicht kommt diese Empfindung von Intoleranz aber auch daher, weil die etablierten Medien einfach nur die negativen Dinge berichten und kaum jemand die Medien der Religionsgemeinschaften verfolgt. Das ist aber ja nicht nur im Bereich der Religion so. Das NT jedenfalls lehrt Toleranz in einer Form, die noch lange nicht in unserer Gesellschaft angekommen ist. So heisst es z.B.: "Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet! Denn wie ihr richtet, so werdet ihr gerichtet werden, und nach dem Maß, mit dem ihr messt und zuteilt, wird euch zugeteilt werden." Und dabei geht es nicht nur um das Richten im Sinne eines Gerichts, sondern um das Beurteilen von Menschen, Handlungen, Lebensweisen usw. im Allgemeinen.
Und warum werden Menschen, die sich haben einmal scheiden lassen, fortwährend als Menschen 2ter Klasse behandelt?


Das siehst du als nicht-religiöser Mensch einfach so. Ein religiöser Mensch erwartet aber von seinen geistigen Führern zumeist, dass diese festlegen welche Interpretation in seiner Glaubensgemeinschaft gelebt werden soll. Ist er mit dieser Interpretation nicht einverstanden, steht es ihm (in den meisten Religionen) frei, die Religionsgemeinschaft zu verlassen.
Nein als nicht-religiöser Mensch, sehe vor allem, dass diejenigen die die Regeln festlegen, genau solche festlegen, die sie selbst nicht betreffen. Warum wird Bescheidenheit gepredigt und sämtliche hohen Tiere leben in Luxus. Warum kostet ein Papstbesuch Unmengen an Geld und warum wird dieses Geld nicht genutzt, um allen Obdachtlosen in DE ein Mittagessen zu gönnen, was über eine Bundeswehrsuppe hinaus geht?



Weil eine Steinigung dem christlichen Glauben widersprechen würde. Denn es heisst nunmal in der Bibel: Gehet aber hin und lernet, was das sei: "Ich bin gekommen die Sünder zur Buße zu rufen, und nicht die Gerechten." Da steht nichts von "Steinigt die Sünder". [...]
Ok, aber hätte man die betreffenden Priester zu mindest vom Amt entbinden können, statt sie von A nach B zu versetzen? Warum kann das Misshandeln von Schutzbefohlenen (was in der kath. Kirche schon eine gewisse Tradition hat, von daher nützt die Lernbereitschaft nichts, wenn man sie nicht auch umsetzt) vergeben werden, aber eine Scheidung nicht? Eine Abtreibung nicht?


Bei Religionen ist das einfacher. Einfach aus der Religionsgemeinschaft austreten, den Glauben ablegen, ohne Religion leben und schon ist man den religiösen Zwängen nicht mehr unterworfen.
Richtig, genauso einfach, wie Frauen, die von ihren Ehe"männern" misshandelt werden, diesen einfach verlassen können, Nazis aus ihren Vereinen austreten können oder man Sekten verlassen kann. Ich denke dir ist es durchaus bewusst, dass ein gewisser Druck vom Umfeld ausgeht, den sich die betreffenden Personen nicht entziehen können, obwohl nichts lieber wollten.

Wenn man es weiter spinnt hat 9/11 auch genau darauf angespielt: Der Turmbau zu Babel/WTC, als Wahrzeichen eines kapitalistischen und ausufernden Lebensstils - der uns ja ganz offensichtlich auf die Füsse fällt.
Autsch. Das würde bedeuten das die Terroristen heilige sind und göttlich legitimiert Menschen töten. Aber hey, steht da nicht in dem Buch auch drinne, dass man nicht töten soll :rolleyes: Perfektes Beispiel dafür, dass die Bücher eben NICHT eindeutig geschrieben sind und man zwischen den Zeilen alles Mögliche herauslesen kann - manche lesen sogar den Weltuntergang für das Datum ....


Ich hoffe es kommt durch, dass ich vor allem Glaubensinstitutionen für Kritikwürdig halte und nicht den Glauben an sich.
 
Zitat:
Zitat von Chromatin
Wenn man es weiter spinnt hat 9/11 auch genau darauf angespielt: Der Turmbau zu Babel/WTC, als Wahrzeichen eines kapitalistischen und ausufernden Lebensstils - der uns ja ganz offensichtlich auf die Füsse fällt.

Autsch. Das würde bedeuten das die Terroristen heilige sind und göttlich legitimiert Menschen töten. Aber hey, steht da nicht in dem Buch auch drinne, dass man nicht töten soll
rolleyes.gif
Perfektes Beispiel dafür, dass die Bücher eben NICHT eindeutig geschrieben sind und man zwischen den Zeilen alles Mögliche herauslesen kann - manche lesen sogar den Weltuntergang für das Datum ....

Das soll es natürlich nicht bedeuten! Und ich glaube Mord und Totschlag steht hier nicht zur Debatte, denn nichts legitimiert das.

Ich wollte lediglich anmerken das diese Jungs unsere abendländische Religion weitaus besser verstehen als wir selbst. Und über die gewählte Symbolik als Ziel besteht wohl kaum Zweifel.


IMO ist Religion das Gesetz des Altertums (... mit [wie auch immer definierten] Fortbestand). In der aktuellen Zeit ist es für die, die sich dessen annehmen, eine Erweiterung des bestehenden Landesgesetzes.
tatsächlich entsprechen zB die 10 Gebote Moses damals üblichen Versallenverträgen. Solche Verträge wurden zB von benachbarten Stämmen als eine Art Pakt ausgehandelt wo jeder danach aus war, das sich daran gehalten wird um eben Übergriffe oder gar Kriege zu verhindern. Zwar kann durchaus sagen das solche Regeln das gesellschaftliche Zusammenleben "Regeln" sollen, in Form eines Rechts (weit ab vom römischen oder ägyptischen Zugriff). Trotzdem geht die christliche Religion weitaus weiter als sich auf diese recht simple Einhaltung zu konzentrieren: Nämlich die Suche nach Wissen und Erkenntnis - besonders die Kenntnis seiner selbst. Und ab dem Punkt deckt sich die Komplexitaet christlicher Philosophie durchaus mit der neuzeitlichen, die ebenso das wieso und warum zu ergründen sucht bis hin zur Quantenphysik, die uns eben eine Erkenntnisbarriere setzt und wo wissenschaftlicher Erkenntnis einfach Grenzen gesetzt sind (heisenberg).
 
Da hast Du natürlich völlig recht und falls es bisher nicht klar geworden sein sollte, möchte ich ausdrücklich festhalten das sich meine Kritik auf die organisierte Religion (biszuweilen deren extremer Auswüchse), wie z. B. die christlichen Kirchen, bezieht.

Was sind denn DIE organisierten Religionen? Wie ich bereits erwähnte neigen Menschen dazu sich in Gemeinschaften von Gleichdenkenden zusammenzuschliessen. Wo beginnt da die Organisation und wo die Religion. Ist ein religiös orientierter Verein - z.B. der Celtoi e.V. "Gemeinschaft für rekonstruierte keltische Religion in Deutschland" - eine organisierte Religion? Alle deine Kritikpunkte würden auf diese Leute jedenfalls nicht zutreffen. Wie ich bereits anmerkte... du solltest dich vor Verallgemeinerungen besser hüten.

Tarantoga hat gesagt.:
Und wenn man sich die Geschichte christlicher Mission anschaut (Stichworte Kreuzzüge, Schwertmission, etc.), wird einem bei diesem Gedanken schon irgendwie unbehaglich, oder?
Nein, wird mir seltsamerweise gar nicht, weil ich weiss, dass sich die katholische Kirche mittlerweile von gewaltsamer Missionierung distanziert.

Tarantoga hat gesagt.:
Wieso? Hab ich doch! Das Treffen das Du meinst ist vermutlich das Treffen im Erfurter Augustinerkloster am 23.09.2011. Der FAZ Artikel Keine Fortschritte in der Ökumene, den ich verlinkt habe als ich wieder einmal nur auf das negative geschaut habe, bezieht sich ausdrücklich auf die Rede, die der Papst während dieses Treffens im Kloster gehalten hat...

Nur dass dieser Artikel leider nur die halbe Wahrheit darstellt und diese auch noch falsch und damit die Gespräche dort in einem völlig falschen Licht erscheinen lässt, nämlich einem anti-katholischen. So kommt die Aussage "Unser Herz brennt nach mehr" keineswegs einseitig von Schneider. In der Pressekonferenz sagte Schneider nämlich "...aber unser Herz brennt nach mehr. Papst Benedikt hat mir das persönlich genauso gesagt." Im Übrigen kann ich aber den Papst durchaus auch verstehen, dass er ein Zusammenwachsen der Kirchen für sinnvoller hält als ein durch Regeln "erzwungenes" Zusammenführen. Gerade bei religiösen Dingen hat die Vergangenheit oft genug gezeigt, dass "über's Knie gebrochene" Lösungen keinen langen Bestand haben.

xrayn hat gesagt.:
Ich hoffe es kommt durch, dass ich vor allem Glaubensinstitutionen für Kritikwürdig halte und nicht den Glauben an sich.
Nein, das kommt nicht wirklich durch, was aber augenscheinlich daran liegt, dass dir gewisse Grundlagen des Christentums einfach unbekannt sind. So ist dir z.B. die Heiligkeit der Sakramente, zu denen nunmal auch die Ehe gehört, im christlichen Glauben offenbar fremd, sonst würdest du der Kirche nicht vorwerfen, dass sie jemanden, der dieses Heiligtum zerstört, aus der Gemeinschaft ausschliesst. Allgemein scheint dir eine Toleranz für die Heiligkeit von Dingen eher fremd zu sein. Das kann man Atheisten aber nicht zum Vorwurf machen, da sie das "Empfinden von Heiligkeit" einfach nicht kennen und wie wir wissen, neigt der Mensch dazu, dass er Dinge, die ihm fremd sind, ablehnt.

xrayn hat gesagt.:
Richtig, genauso einfach, wie Frauen, die von ihren Ehe"männern" misshandelt werden, diesen einfach verlassen können, Nazis aus ihren Vereinen austreten können oder man Sekten verlassen kann. Ich denke dir ist es durchaus bewusst, dass ein gewisser Druck vom Umfeld ausgeht, den sich die betreffenden Personen nicht entziehen können, obwohl nichts lieber wollten.

Kannst du dich dem Finanzsystem vollständig entziehen? Kannst du dich der weltlichen Gesetzgebung entziehen? DAS sind gesellschaftliche Zwänge, denen sich niemand entziehen kann. Ich kann aber einen Druck seitens der katholischen oder evangelischen Kirche nicht sehen. Klar versuchen sie ihre Schäfchen im Boot zu behalten, aber nicht mit Druck sondern mit Überzeugungsarbeit. Nun ist es aber sicherlich auch eine Sache der Definition, ob man Überzeugungsarbeit als Druck ansieht.

xrayn hat gesagt.:
Warum wird Bescheidenheit gepredigt und sämtliche hohen Tiere leben in Luxus. Warum kostet ein Papstbesuch Unmengen an Geld und warum wird dieses Geld nicht genutzt, um allen Obdachtlosen in DE ein Mittagessen zu gönnen, was über eine Bundeswehrsuppe hinaus geht?

Wenn es mehr Toleranz in dieser Gesellschaft gäbe, würden die Kosten für einen solchen Besuch sich in Grenzen halten und vollständig durch die Kirchen getragen. Der Steuerzahler kam nämlich primär für die Sicherheitskosten auf, die allerdings mehr als 2/3 der Kosten ausmachten, so wie er es bei jedem Staatsbesuch tut. Allerdings bezahlt der Steuerzahler bei anderen Staatsbesuchen auch noch Unterbringungen und sämtliche Veranstaltungen an denen er teilnimmt in vollem Umfang. Diese Kosten in Höhe von 25 Mio Euro wurden aber durch die Kirche getragen. Aber auch sonst ist der Vergleich Papstbesuch vs. Mittagessen für Obdachlose nicht gerade brauchbar. Warum spendet die Gesellschaft denn nicht 1,5 Mio Euro zusätzlich um ein opulentes Mittagessen für Obdachlose zu bezahlen, so wie es die Katholiken für den Papstbesuch taten? Warum erwartest du es also von den Katholiken, die eh jährlich allein in Deutschland 830 Mio. Euro für soziale Hilfsprojekte durch ihre zusätzliche Kirchensteuer berappen? Dass sie mit diesen zusätzlichen Steuern auch Hilfsprojekte in vielen anderen Ländern vor allem der Dritten Welt finanzieren, lassen wir dabei einfach mal aussen vor. "...und nach dem Maß, mit dem ihr messt und zuteilt, wird euch zugeteilt werden." ;) Du könntest übrigens auch die Frage stellen warum das Geld, das z.B. für einen Obama-Besuch oder einen Besuch des Dalai Lama ausgegeben wird, nicht an Obdachlose verteilt wird. Zweiterer ist nichtmal ein Staatsoberhaupt und seine Besuche werden dennoch _komplett_ durch den Steuerzahler finanziert.
 
Nein, das kommt nicht wirklich durch, was aber augenscheinlich daran liegt, dass dir gewisse Grundlagen des Christentums einfach unbekannt sind. So ist dir z.B. die Heiligkeit der Sakramente, zu denen nunmal auch die Ehe gehört, im christlichen Glauben offenbar fremd, sonst würdest du der Kirche nicht vorwerfen, dass sie jemanden, der dieses Heiligtum zerstört, aus der Gemeinschaft ausschliesst.
Falsch, mir ist schon bekannt, warum diejenigen ausgeschlossen werden. Nur finde ich das die Verhältnismäßigkeit (wieder Priester..) nicht stimmt. Außerdem bedeutet eine Scheidung ja nicht automatisch, dass man Ehebruch, im Sinne von Fremdgehen, begangen hat. Was ist mit der Frau, die von ihrem Mann missbraucht und geschlagen wurde und sich deshalb scheiden lässt? Dann sollte man mindestens auch diejenigen ausschließen, die gegen eines der 10 Gebote verstoßen haben. Und hier finde ich müssten alte Bräuche und Ansichten modernisiert werden. Das jemand eine Scheidung durch Fremdgehen provoziert, ausgeschlossen wird, könnte ich tolerieren ;)


Ich kann aber einen Druck seitens der katholischen oder evangelischen Kirche nicht sehen. Klar versuchen sie ihre Schäfchen im Boot zu behalten, aber nicht mit Druck sondern mit Überzeugungsarbeit. Nun ist es aber sicherlich auch eine Sache der Definition, ob man Überzeugungsarbeit als Druck ansieht.
Mit Umfeld habe ich nicht die Mitarbeiter der Institution Kirche gemeint, sondern zB die streng gläubigen Eltern, denen man die Schande im Dorf ersparen möchte. Die Scham mit der man (früheren) Freunden gegenübertreten muss, weil die eigene Entscheidung vom Umfeld nicht respektiert (oder Achtung: toleriert) wird. Das können eben viele nicht ertragen und gehen dann ihren Schritt eben nicht.

Und was deinen letzten Absatz angeht: Ich bezweifle nicht, dass gerade die Glaubensgemeinschaft an sich eine Menge Gutes für diejenigen, die in unserer Gesellschaft Hilfe benötigen, tun. Doch warum muss der Stuhl des Papstes aus Gold sein?

Mit den Religionen verhält es sich wohl wie mit dem Kapitalismus: Die, die Ganz oben sind, erwecken durch ihr handeln den Eindruck, dass das System an sich schlecht sei, dabei ist es doch nur eine Interpretationssache.
 
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