Die Macht & die neuen Medien

Hi,
in den letzten Tagen habe ich mir vermehrt Gedanken über die Rolle der neuen Medien im weltweiten Machtpoker gemacht und mich würde eure Meinung dazu interessieren.
Natürlich ist der Begriff neue Medien etwas schwammig, denn es gab z. B. eine Zeit als damit erst das Radio und später das TV gemeint war, ich meine damit natürlich die neuen, über das Internet zugänglichen, Medien. Also alles von Blogs, Nachrichtenportalen, sozialen Netzwerken bis hin zu WikiLeaks & Co...
Die Grande Dame der Medien ist natürlich die Zeitung, die man auch ursprünglich meinte, wenn man von der Presse als der vierten Gewalt sprach. Warum die vierte Gewalt? Wir alle kennen die drei Gewalten des Staates: Die gesetzgebende Gewalt (Legislative), die ausführende Gewalt (Exekutive) & und die Rechtsprechung (Jurisdiktion). Die Presse, bzw. die Medien, sind die vierte Gewalt, weil sie sozusagen die meinungsbildende Gewalt sind. Der Einfluss der Medien auf die öffentliche Meinung ist gewaltig, denn sie kontrollieren den Informationsfluss und die Informationen sind nun einmal die Grundlage auf der wir uns unsere Meinungen bilden. Aus diesem Grund ist die Zensur mindestens so alt, wie die Presse. Wer die Informationen kontrolliert, kontrolliert die öffentliche Meinung. In Demokratien ist der Einfluss der Medien auf den Ausgang von Wahlen auch enorm, denn die Medienpräsenz ist ein entscheidender Faktor für den Wahlerfolg. Bei uns in DE haben deshalb zB alle Parteien ein Anrecht auf Sendezeit für Wahlwerbespots - doch das ist natürlich nur ein Aspekt der Medienpräsenz. Wer wie oft in den Nachrichten, in Talkshows oder sonstigen Sendungen zusehen ist, ist noch viel entscheidender. Interessanterweise gibt es Untersuchungen die zeigen, dass die Erwähnungen in den Medien nicht einmal notwendigerweise positiv sein müssen - hauptsache der Kandidat ist oft zu sehen und sein Name wird häufig genannt. Aus der Werbung kennen wir ähnliches, gerade in der Radiowerbung (die nicht mit der Macht von Bildern arbeiten kann) werden Produkte oft mir extrem "nervigen" Spots beworben - weil es im Grunde nur zählt das Produkt irgendwie im Bewusstsein des Konsumenten zu verankern. Ein Beispiel für den Zusammenhang zwischen Medienpräsenz und Wahlerfolg ist zB Schröders Wahlkampf gegen Kohl - irgendwann war Schröder plötzlich omnipräsent (VT-Anhänger behaupten nachdem er vor der Lobbyisten-Loge Atlantik Brücke Zugeständnisse an die Wirtschaft gemacht hat ;)) und es gab Bilder von Schröder beim Gespräch mit Arbeitgebern, Schröder mit Gewerkschaftern, Schröder beim SmallTalk mit Bürgern, Schröder in Hemdsärmeln, Schröder beim spielen mit einem Fußball...
Traditionellerweise waren die Medien immer von Vertretern der wohlhabenden oder gar reichen Oberschicht abhängig, denn um zB eine Zeitung mit signifikanter Auflage herauszubringen, brauch man einen finanzkräftigen Investor (Verleger), der in Vorkasse geht und die Kosten für das Material, den Druck und die Gehälter übernimmt... Auch einen Radio- oder TV-Sender kann man ohne eine Menge Geld weder aufziehen, noch betreiben. Das Berlusconi sich trotz aller Skandale bis heute nicht nur an der Macht halten konnte, sondern sogar Sympathien bei Teilen des Volkes geniesst, liegt vor allem daran das er die Medien kontrolliert. Er ist der reichste Mann Italiens, trotzdem halten viel der Ärmsten ihn für "einen der der ihren" - weil seine Medien dieses Bild von ihm verbreiten. Wer die Medien kontrolliert, kontrolliert die öffentliche Meinung und bislang war Geld der entscheidende Faktor, um die Medien zu kontrolllieren.
Das Internet hat das geändert. Heute kann praktisch jeder seine Meinung veröffentlichen und es gibt Blogger und social Network User, die ein Millionenpublikum erreichen. Demonstranten & Revoluzzer verabreden und koordinieren ihre Aktionen heutzutage via SMS, E-Mail, Twitter & Facebook. Handy-Kameras sind allgegenwärtig und Übergriffe auf Demonstranten werden dokumentiert und ins Netz gestellt... Sowohl in Tunesien, als auch in Ägypten wurde der Protest von den jungen Menschen, von der Generation Internet, begonnen und organisiert. In Ägypten war das Regime so verzweifelt, dass man sich nicht anders zu helfen wusste als das Internet "abzuschalten".
WikiLeaks hat mit seinen Enthüllungen gleich mehrmals die Supermacht USA gedemütigt und bislang allen Versuchen mundtot gemacht zu werden getrotzt - nicht zuletzt mit Hilfe engagierter Netz-Bürger... Auf dem Tahrir-Platz in Ägypten skandierten die Demonstranten heute Lang lebe Facebook...
Ich muss gestehen ich bin fasziniert - erleben wir den Beginn einer neuen Ära? Verlieren die Mächtigen ihr Informations-Monopol? Greifen die Völker der Erde nach der Macht, einfach dadurch, dass sie sich nicht länger zum Schweigen bringen lassen? Indem die Lügen ihrer Regierungen offenbart und verbreitet werden? User aller Länder vereinigt euch? Werden die neuen Medien unsere Welt verändern und wie können wir sie davor schützen korrumpiert oder blockiert zu werden? Was denkt ihr?
 
Ich denke das es eine Verschiebung geben wird. Die neue Generation wächst quasi mit dem Computer auf. Vieles ist bereits digitalisiert (siehe auch Google Books u.a) die extra dafür Abteilungen eingerichtet haben.

Die "Grand Dame" wird sich dem digitalen Zeitaler anpassen müssen. Deshalb ist es für micht wichtig, dass alle Informationen im Netz frei verfügbar gemacht werden. Neue Medien wie das "IPad" und andere beschleunigen den digitalen Medianabruf.

Allerdings ist die Kontrolle der Informationen nicht das wichtigste Problem. Diejenigen die die Kontrolle haben, Banken, Einflussreiche Personen etc. sie sind es die das eigentliche Problem verursachen. Sie gestalten die Wirtschaft nach ihren Wünschen und das betrifft vor allem den Informationsfluss.

Siehe auch meinen Beitrag hier:
http://serpentsembrace.wordpress.com/2011/02/11/weitere-folgen-durch-anonymous/
 
Ich kann die Entwicklung der klassischen Medien nicht für Gut halten. Neutrale Berichtserstattungen auf deren Grundlage sich der Bürger seine Meinung bilden kann, gehören schon lange der Vergangenheit an. Heutzutage im Zuge der krawalliesierung der Medienlandschaft zählen nur noch: Extreme, Provokation, Gewalt, Opfer, Bloßstellung, Sex und Brutalität. Selbst "seriöse" Medien reißen sich um eine Story in der zu Guttenberg öffentlich einen fahren gelassen hat, als sich lieber mit den Missständen, die schon seid 30+ Jahren in der BW bestehen, zu befassen. Diese übertriebene Sensationsgeilheit führt dazu, dass dem Konsumenten ein sehr verzehrtes Bild der Wirklichkeit bekommt und dies auch noch glaubt. Nun ist es natürlich nicht so, dass zb das TV nicht auch informative Sendungen bereitstellt. Diese sendet man dann aber lieber iwann zw 23-2 Uhr. Ich erinnere mich noch an die Kerner/Guttenberg Geschichte, wo sich die halbe Welt darüber zu den besten Sendezeiten aufgeregt hat, dass der zu Guttenberg eine zu schöne Frau hat und man diese ja nicht mitnehmen dürfte und tralalalal. Die eine Hälfte der Berichterstattungen handelte davon, ob es legitim ist, dass er seine Frau mitgenommen hat, die andere Hälfte beklagte, dass man den Soldaten, die eigentlich im Mittelpunkt stehen sollten, keine Aufmerksamkeit schenkt. Nun stell ich mir die Frage, warum haben sich beide nur mit der Person beschäftigt, anstatt sich SELBST mit den Soldaten zu beschäftigen.

Was das Internet angeht, so erhält man hier eine noch subjektivere Berichtserstattung als von den klassischen Medien. Daher müssen die Konsumenten noch stärker die Fähigkeit ausbauen Inhalte zu bewerten. Bis jetzt sehe ich jedoch kein Nachteil darin.

Das die neuen Medien hier speziell in Deutschland was verändern glaube ich weniger, es sei denn sie können die 30% hirnamputierten Nichtwähler davon überzeugen, dass es entweder wichtig ist seine Stimme abzugeben oder dass es einen Unterschied zwischen nicht-wählen und ungültig-wählen gibt. Aber Hauptsache diese Vollbratzen sitzen Abends auf dem Sofa vor der Glotze und gucken sich an, wie Menschen in Ägypten für ihr Selbstbestimmungsrecht ihr Leben opfern und sagen dann zueinander "joar die haben schon Demokratie verdient, das schon was feines".

Dafür, dass hier einiges im Argen liegt, sind nicht nur die Politiker und deren Gesetze zu verantworten, sondern vor allem auch die Bürger, die eine Eigeninitiative von ner Bushaltestelle hat. Aber wen wundert es auch, die Krawallmedien sagen ja auch, dass es Aufgabe des Staates ist. Genauso wie es in der Verantwortung des Lehrers ist, dass die Schüler ihre Hausaufgaben haben.
 
Ich sehe die so genannten "Neuen Medien" skeptisch. Dies hat mehrere Gründe:


  1. Durch die Vielzahl an (meist) selbst ernannten "Journalisten" oder "Berichterstattern" ist die Flut der Nachrichten schier unüberschaubar. Dadurch erhöht sich natürlich auch die Zahl der unwahren und frei erfundenen oder falsch interpretierten oder kaum/nicht recherchierten Meldungen. Das vergleichende Lesen verschiedener Quellen zu einer Thematik ist jedoch noch nie die Stärke der meisten Mitmenschen gewesen (und sei es nur wegen der fehlenden Zeit) - somit erhöht sich die Chance auf die Verwurzelung falscher Informationen in einem Großteil der Bevölkerung. (die vier großen Buchstaben haben bspw. als einzige Institution die Macht, morgen schon eine Revolution auszulösen, wenn sie denn wollten - selbst das ÖR zitiert in seinen Nachrichten oft diese Quelle...)
  2. Durch die SocialNetworks wird nur bedingt etwas für die freie Informationsvermittlung getan. Vorrangig sind diese Plattformen finanzorientierte und renditejagende Unternehmen. Dadurch werden zwar selbstnützige Dinge unterstützt und gezielt hoch gehalten (Wer sagt denn, dass das Plakat auf dem Platz in Ägypthen nicht "sponsored by" war?). Gehen diese Meldungen etc. aber gegen die "Grundfeste" der finanzgesteuerten, echten Machthaber, wird der Informationsaustausch ganz schnell unterbunden (Anonymous oder Wikileaks auf Twitter/Facebook als Beispiel). Durch die auch hier wieder vorherrschende menschliche Eigenschaft, sich lieber einem als mehreren Kanälen anzuschließen, ist auch hier die Gefahr und Möglichkeit der gezielten Koordination der Massen unter dem Deckmantel der "freien Informationsvielfalt" sehr groß und wird so wahrscheinlich auch bereits eingesetzt.
  3. Die Nennung von freien Informationen in einem Atemzug mit z.B. Diensten des angebissenen Obstes halte ich für grotesk! Ein Unternehmen, dass die Inhalte kontollieren will, die andere über ihre Zugänge verkaufen (was an sich schon den Begriff "frei" ad absurdum führt!), hat wohl weniger Interesse an dem freinen Fluss von informationen denn dem des Geldes. Für mich ein Griund mehr, nicht einen Cent in Richtung dieses Betruges an der Selbstbestimmung am Eigentum (von der "Friss-oder-Stirb-Vorgehensweise in puncto Firm-/Software ganz zu schweigen) zu berappen.
  4. Zusatz: Nachdem ich gerade noch etwas über die Streitigkeiten zwischen Openleaks und Wikileaks und der Androhung von Anonleaks gelesen habe, keimt in mir noch ein weiterer Gedanke: Durch die Wettbewerbsmentalität und das Konkurrenzdenken kann sehr schnell eine Situation des Präsenzzwanges entstehen. Wer keine oder nur wenig spektakuläre Meldungen hat gerät automatisch in einen von vier möglichen Verläufen, die allesamt den eigentlichen Machthabern perfekt zuspielen:
    • Man zieht sich zurück bzw. verliert durch lange Veröffentlichungsausen das ölffentliche Interesse.
    • Es werden einfach Meldungen erstellt. Bei Offenlegung leidet die Glaubwürdigkeit der gesamten Szene.
    • Informationen jeder Quelle werden vertraut. Das wiederum birgt die Chance, gezielt Falschmeldungen zur Kompromittierung anderer (egal ob Personen, Unternehmen oder Staaten) zu säen. Früher oder später führt dies zu einem Verlust der Glaubwürdigkeit der gesamten Szene.
    • Wettbewerber werden attackiert oder des Diebstahls/der Flaschmeldung beschuldigt. Auch hier leidet die gesamte Bewegung und die Plattformen geraten in Vergessenheit bzw. werden mit Ignoranz abgestraft.
    Außerdem ist anzumerken, dass die angebliche überprüfung der Akten eher eine Farce sein sollte. Erstens ist die Flut an Blättern kaum zu bewältigen, zweitens wären Informationen nicht geheim bzw. spektakulär neu, wenn man sie an anderer Stelle verifizieren kann. ;)
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich melde mich auch mal zu diesem Thema.

Als erstes muss ich gestehen, dass ich hoffe in einer Zeit zu leben, die sich der freien Meinungsäußerung weiter öffnet. Sprich: Freier und unkontrollierbarer Informationsaustausch und Absprachen über das Internet. Wie man dies nun tituliert ist eine andere Frage! Ich halte Facebook z.B. für eine recht angreifbare Plattform - zwar hat man einen gewaltigen Informationsfluss innerhalb diese Medium, aber es wird konkret an Algorithmen gearbeitet, die eben diesen Fluss durchforsten können und gegebenenfalls auch stoppen. Ähnlich wurde in Amerika Twitter gezwungen gewisse Daten preiszugeben. Man kann zwar plädieren innerhalb der Masse unterzugehen, jedoch würde ich nichtmehr darauf Wetten. Was ich damit sagen will: Auch die neuen Medien werden versucht zu kontrollieren - mit mehr oder minder gutem Erfolg.
Was mir im Gegenzug gewisse Hoffnung bereitet, sind solche Projekte wie Tor, bei denen per Definition keine konkreten Absender zurückverfolgt werden können - nach heutigem Stand.
Natürlich stört mich der Versuch der Kontrolle über das Medium Internet, jedoch finde ich es immer recht amüsant wie gnadenlos manche Regierungen daran scheitern.
Ein weiterer Punkt, der angesprochen wurde: OpenLeaks, WikiLeaks und AnonLeaks. Im Grunde verfolgen alle das selbe Ziel, eine freie Verbreitung von Information. Sie wollen als ein Sprachrohr dienen für Leute, die etwas unmoralisch, bzw. nicht vertretbar finden. Wieso stellen sie dann einzelne Personen in den Vordergrund, siehe WikiLeaks? Die "Macht" hinter solchen Organisationen ist nicht eine Person, sondern die Vielfalt! Eine Hydra stört es nicht, wenn man einen Kopf abschlägt - es wachsen 2 dafür nach <-- genau das hat WikiLeaks verschlafen und somit ihr wichtigstes Instrument verloren. Durch die Besessenheit einer Führungskraft geht die Wendigkeit des ganzen Organs flöten - schade. Aber die Idee keimt weiter, siehe OpenLeaks oder AnonLeaks. Wie sagte man in einem Film: "Ideen sind kugelsicher". Darin liegt der Verdienst von WikiLeaks, aber diese wollen ihre selbst gesäten Keime ersticken in der Machtbesessenheit und Geltungssucht eines Einzelnen...Wen stört es, wenn beide Plattformen die selben Artikel/Dokumente veröffentlichen? WEN? Sie erfüllen ihre eigene Ideale nichtmehr, warum? Warum nicht einfach sagen: Wir bilden eine Front - eine Einheit - alle für einen, einer für alle. Noble Thesen, die man meiner Meinung nach als Standarte vor jeder Person tragen muss. Das Ideal sollte die Macht haben und nicht die Person. Manchmal reißen sich auch Tiere Gliedmaßen ab um zu überleben...
Ich hoffe, dass ich gerade nicht zu weit vom Thema abgedriftet bin - aber es beschäftigt mich zunehmend! Zum Schluss noch ein Wort zu den "öffentlichen" Medien: Diese werden von verschiedenen Organisationen gesponsert, die auch wiederum gewisse Interessen haben. Sie agieren nach dem Motto: Schlag niemals die Hand, die dir das Essen reicht. Sie sind verkümmert zu einem Sprachrohr lobyistischer Interessen und zu einer Ablenkung der Massen.

In diesem Sinne noch ein nachdenkliches Video

http://video.google.com/googleplayer.swf?docId=-2537804408218048195

Scutus
 
xrayn:
Das die neuen Medien hier speziell in Deutschland was verändern glaube ich weniger[...]
Nun sie verändern vielleicht politisch nicht unbedingt etwas, da wir das Glück haben, in einem Land zu leben das bereits über ein gewisses Maß an Pressefreiheit, Meinungsfreiheit und Demokratie verfügt (auch wenn man das ganze sicher noch optimieren könnte;)) - doch die neuen Medien sind bereits dabei unsere Kultur zu verändern. Nur ein Beispiel: In autoritären Regimen nutzen junge Leute die neuen Medien um ihre Demos & Proteste zu organisieren, bei uns organisieren sie damit Flashmobs oder neuartige Hobbys wie z. B. Geocaching...
Aber auch bei uns stehen sie zur Verfügung, um im Notfall einer Einschränkung der Pressefreiheit entgegen zu wirken - denn die Pressefreiheit ist ein kostbares Gut, das ständigen Bedrohungen ausgesetzt ist. Ein Beispiel dafür sind die neuen, restriktiven Gesetze in Ungarn. Aber auch in DE gibt es Beispiele, z. B. die wiederhohlte Einflussnahme der CDU beim ZDF, es ist noch gar nicht lange her das Roland Koch den unbequemen Chef-Redakteur Brender kalt gestellt hat, jetzt gibt es schon wieder Ärger:
Wie effektiv man objektive Berichterstattung der klassischen Medien auch ohne direkt Zensur beeinflussen kann, hat zum Beispiel der 3. Golfkrieg (Irakkrieg) deutlich gezeigt - denn das Konzept des "embedded journalism" war ein Geniestreich des Pentagon. Man kann nicht objektiv berichten, wenn man wochenlang mit den Soldaten einer Seite gelebt, gegessen, geschlafen, gehofft und gebangt hat... Ohne offizielle Zensur konnten die USA so einen staken Einfluss auf die Berichterstattung nehmen.
Und neben der staatlichen Zensur gibt es auch noch andere Gefahren für die klassischen Medien, z. B. die Selbstzensur aus wirtschaftlichen Interessen (etwa um keine Firmen zu verägern, die teure Werbungen geschaltet haben) und vor allem die zunehmende Monopolisierung des Marktes. Medienmogule wie Berlusconi oder Murdoch haben einen ungeheuren Einfluss auf die nationale (Berlusconi) oder gar internationale (Murdoch) Öffentlichkeit...

sTEk:
Durch die SocialNetworks wird nur bedingt etwas für die freie Informationsvermittlung getan.
Das ist sicher richtig - doch sie sind mächtige Hilfmittel für die Organisation von Protestbewegungen. Mittels ihrer Smartphones und der sozialen Netzwerke konnten die Demonstranten sich stets organisieren und Ort und Zeit ihrer Demonstrationen abstimmen und auch kurzfristig auf Änderungen reagieren (wenn z. B. ein Versammlungsort zu gut gesichert war, die Massen schell zu einem anderen Ort lenken). Für die Informationsvermittlung spielen die SocialNetworks also eher eine untergeordnete Rolle - für die Logistik hatten sie aber eine enorme Bedeutung...

sTEk:
Wer sagt denn, dass das Plakat auf dem Platz in Ägypthen nicht "sponsored by" war?
So wie ich die Meldung aus dem Liveticker verstanden habe, war das kein Plakat, sondern ein Slogan, den die Menge immer wieder gerufen hat - genau wie "Mubarak, hau ab!"...;)

Scutus:
Als erstes muss ich gestehen, dass ich hoffe in einer Zeit zu leben, die sich der freien Meinungsäußerung weiter öffnet. Sprich: Freier und unkontrollierbarer Informationsaustausch und Absprachen über das Internet.
Das hoffe ich auch...:)
 
In meinem letzten Post vom 13. Februar sagte ich noch, dass die Neuen Medien vielleicht nicht unbedingt politisch etwas bei uns ändern, aber schon jetzt die Kultur nachhaltig veränden. Heute ist der 3. März und die Realität hat meine Worte Lügen gestraft - auch bei uns hat das Internet die Politik erschüttert und einen Mächtigen zu Fall gebracht. Bei uns war es zwar kein verhasster Diktator, sondern ein beliebter Minister - aber ohne das Internet wäre KTG nicht gestürzt. Ohne das Internet hätte die Causa Guttenberg einen völlig anderen Verlauf genommen - darin sind sich die meisten Medien- und Politikwissenschaftler einig.
Ohne das Internet hätte die Regierungskoaltion die Affäre vermutlich leicht aussitzen können, denn vom Moment der ersten Vorwürfe, die zuerst als abstrus eingeschätzt wurden, bis zu den ersten konkreten Ergebnissen, wären Wochen oder gar Monate vergangen. Und die Aufmerksamkeitsspanne der Öffentlichkeit ist kurz - gerade in unserer schnelllebigen Zeit. Nach Wochen oder Monaten wären dann die Ergebnisse verkündet worden, KGT hätte "handwerkliche Fehler" eingräumt und sich dafür entschuldigt - vielleicht hätte er einen Fleck auf seienr Weste gehabt, sicher hätte er Spott für den aberkannten Titel geernet, doch ein beliebter Politiker wie er, hätte das weggesteckt... Auch die Uni Bayreuth hätte sich besser aus der Affäre ziehen können, den Doktortitel aberkennen und auf die Feststellung des Vorsatzes verzichten - der eine oder andere hätte vielleicht die Faust in der Tasche geballt, aber zum Wohle der Uni im besonderen und der Wissenschaft im allgemeinen, hätte man versucht alles möglichst geräuschlos über die Bühne zu bringen.
Und mit dem Internet? Der Lügenbaron bezeichnet die Vorwürfe als "abstrus", aber zur gleichen Zeit formieren sich im Web bereits Menschen, die es sich zur Aufgabe machen die Dissertation genau zu überprüfen - GuttenPlag entsteht. Deutschsprachige Aktivisten rund um den Globus beteiligen sich an der Arbeit, wenn die Prüfer in DE zu Bett gehen, führen Helfer in USA die Arbeit fort - die Dissertation wird rund um die Uhr akribisch durchforstet. Und GuttenPlag wird fündig - täglich, praktisch stündlich kommen neue Fundstellen dazu. Alle Zeitungen veröffentlichen täglich Zwischenstandsmeldungen, die bekannt werdenden Zahlen erregen erst Verblüffung, dann Entsetzen und zum Schluss bei vielen Akademikern geradezu Wut. Laut dem 2. Zwischenbericht von GuttenPlag (erschienen am 1. 3.) wurden auf 324 von 393 Seiten Plagiate oder unzureichend gekennzeichnete Zitate gefunden - das entspricht, laut GuttenPlag, 82, 44% der Gesamtarbeit. Die Regierung versucht die Sache zu bagetellisieren und gibt dem Unmut der Akademiker damit neue Nahrung. Sie organisieren sich ebenfalls über das Netz, verfassen einen offenen Brief an die Kanzlerin und sammeln via Online-Aktion im kürzester Zeit zehntausende Unterschriften.
Aber auch die Unterstützer des Freiherrn organisieren sich im Netz auf einer Facebook-Seite formieren sich mehr als 300.000 Anhänger des Ministers und fordern lautstark sein Verbleiben im Amt.
Aber die Faktenlage, durch GuttenPlag akribisch belegt, setzt die Uni Bayreuth unter Druck. Viele Fragen sich wie eine Arbeit die zu mehr als 80% abgekupfert wurde, nicht nur abgenickt, sondern mit summa cum laude bewertet werden konnte. Angesichts der GuttenPlag-Zahlen fügt sich de Uni in das unvermeidliche und tritt die Flucht nach vorn an: Prof. Lepsius nennt KGT ganz offen einen Betrüger, wirft ihm vorsätzliche Täuschung vor und nennt die Dissertation eine Collage von Plagiaten. Laut Informationen des Stern, wird die Kommission der Uni Bayreuth diese Einschätzung wohl auch bald offiziell bestätigen - angesichts des von GuttenPlag dokumentierten Umfangs der Unstimmigkeiten, wird der Uni wohl auch kaum etwas anderes übrig bleiben.
Letztendlich hat also das Internet KGT zu Fall gebracht, denn durch das Internet wurde in kürzester Zeit bekannt, was man sonst erst nach Wochen oder Monaten erfahren hätte...
Die Macht & die neuen Medien habe ich diesen Thread betitelt - doch nie hätte ich gedacht, dass die Mächtigen in Deutschland die Macht der Neuen Medien so schnell zu spüren bekommen...:rolleyes:
Ich glaube wir leben in aufregenden Zeiten.
Gab's da nicht einen chinesischen Fluch der so lautete?
 
Zuletzt bearbeitet:
Letztendlich hat also das Internet KGT zu Fall gebracht, denn durch das Internet wurde in kürzester Zeit bekannt, was man sonst erst nach Wochen oder Monaten erfahren hätte...

Nein, das Internet hat Guttenberg nicht zu Fall gebracht, es hat den Vorgang
höchstens beschleunigt. Weder der erste Verdacht noch die Aberkennung des
Doktortitels sind Verdienste des Internets.

Auch in Ägypten hat das Internet geholfen die Proteste zu organisieren um Mubarak
zu stürzen, doch dass dies relativ unblutig verlief ist nicht Verdienst des Internets.
Ausserdem wurde bis jetzt lediglich ein Militärdiktator durch eine Militärdiktatur
ersetzt, dies ist gerade mal ein Buchstabe. :wink:
Revolutionen gab es schon immer, ob etwas Gutes dabei herauskommt wird die
Zeit zeigen.

Das Internet ist und bleibt ein Informationsmedium welches durchaus auch für
negative Zwecke genutzt werden kann. Mit Sicherheit ist es nicht die Rettung der Welt.

Gruss
 
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