Die erste Arbeit dazu erschien 1999 von
Eve Van Cauter von der University of Chicago und ihren Kollegen: Elf junge Männer durften sechs Nächte in Folge nur jeweils vier Stunden lang die Augen zudrücken. Anschließend maßen die Forscher ihren Blutzuckerspiegel und Insulinausschüttung als Antwort auf die Glukosegehalte im Blut. Beide Maßeinheiten des Zuckerstoffwechsels sanken um ein Drittel nach dem Schlafentzug.
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Ihr besonderes Augenmerk lag darauf, ob das Schlüsselprotein AKT des Insulinsignalwegs in den Fettzellen aktiv war. Tatsächlich fiel dessen Aktivität nach Schlafentzug deutlich schwächer aus als im ausgeruhten Zustand der Probanden. Die verringerten AKT-Niveaus ähnelten jenen von Menschen mit Insulinresistenz, Fettleibigkeit und Typ-2-Diabetes. Schlafeinschränkungen entsprächen "einer Gewichtszunahme um zehn Kilogramm", sagt Van Cauter. "Das ist ein großer Effekt, der rasch eintreten kann."
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2003 belegte eine Arbeit von Mullington und dem Psychiater David Dinges von der University of Pennsylvania in Philadelphia, dass ein ständig auf vier bis sechs Stunden verkürzter Schlaf nach 14 Tagen die Aufmerksamkeit und das Abschneiden in verschiedenen kognitiven Tests mindert. Mullington und ihre BIDMC-Kollegin Monika Haack fanden zudem später heraus, dass auf vier Stunden reduzierter Schlaf nach 12 Tagen auch das Immunsystem beeinträchtigen kann. Gegen Ende des Experiments wiesen die übermüdeten Kandidaten erhöhte Blutwerte an
Interleukin-6 (IL-6) und
C-reaktivem Protein (CRP) auf, die mit Entzündungsreaktionen im Körper in Zusammenhang gebracht werden, etwa Herzkranzgefäßkrankheiten.
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Mittlerweile gelangte die Ursachenforschung, warum Schlafmuster ungesund sein können, noch eine Etage tiefer: bei der Genaktivität und der DNA. [...] Bereits nach sieben Tagen unzureichender Nachtruhe hatte sich die Aktivität von 711 Genen verändert. Wie erwartet waren Gene betroffen, die mit Stressbelastung, dem Immunsystem und zellulärem Stoffwechsel verknüpft sind. Gleichermaßen beeinflusst waren jedoch auch verschiedene Gene, die an der allgemeinen Genregulation und
Chromatin-Remodellierung beteiligt sind. Das legt nahe, dass chronischer Schlafmangel noch weit mehr negative Konsequenzen zeitigen könnte, als man bislang dachte.