+++ATH0
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Um noch etwas Benzin ins Feuer zu gießen: Der Rationalismus ist eine "Denkmode", die frueherdings so nicht existierte.
Es gibt natürlich noch weitere Wissenschaftstheorien. Der kritische (nicht vergessen) Rationalismus ist heute sehr weit etabliert und den gab es vor Popper in der Form noch nicht.
Ist es etwa was Schlechtes, wenn es ihn früher noch nicht gab? Oder wie darf ich diesen Satz verstehen?
Es gibt natürlich noch die Methodenpluralisten und für nicht-empirische Wissenschaften passt er auch nicht so ganz.
Ich habe vornehmlich von empirischen Wissenschaften geschrieben, weil sie es sind, mit denen wir die Evolutionstheorie fundiert haben.
Mittlerweile ist sie die, vom "vernünftigen" Menschen als einzig richtige Denkform akzeptiert. Hier hat sich die Wissenschaft (als Feld, inkl. Individuen und Strömungen und Moden), von anderen Formen der Erkenntnisgewinnung abgespalten. Negativ könnte man sagen, die Wissenschaft hat sich einer Umfänglicheren Möglichkeit der Erkenntnisgewinnung entzogen, indem sie nur das (ver)wertet, was (aktuell) messbar ist.
Auch, weiß ich nicht wie ich diesen Absatz jetzt interpretieren soll.
Nenne doch mal ganz konkret eine wissenschaftstheoretische Fundierung für empirische Erkenntnisgewinnung, die momentan deiner Meinung nach vernachlässigt wird.
Man "wusste" "damals", dass es Erfahrungsbereiche gibt, wo die Logik nicht das richtige "Werkzeug" ist und ebenso "wusste" man, dass man anderen Bereichen, wie etwa der Mathematik, nur mit Logik beikommt und nicht mit einer Theologie. Verschiedene Sichtweisen - Denkmodelle - existierten nebeneinander, ergänzend und konkurrierend.
Tun sie heute ja auch noch. Ich frage mich nur was nun im Bereich der Empirie deiner Meinung nach vernachlässigt wird. Und ich frage mich auch, warum du so allgemein sprichst und nicht die konkreten Erkenntnismethoden und wissenschaftstheoretischen Fundierungen beim Namen nennst. Das würde die Sache erheblich vereinfachen.
So weiß ich jetzt nicht wovon du sprichst.
Auch wenn es für viele Ansichtssache ist: Die Wendung dahingehend, dass man die Suche nach der Wahrheit auf empirische Wissenschaft stützt
Wie gesagt: Mit der Empirie untersuchen wir die Struktur, Regeln und Zusammenhänge der Natur (samt uns Menschen) um sie zu verstehen. Deswegen ist sie unser Untersuchungsgegenstand auf die sich unsere Beobachtungen richten. Um irgendeinen "höheren" Wahrheitsbegriff geht es da schlicht nicht. Demgegenüber ist die Wissenschaft agnostisch, kann man nicht wissen.
obwohl die Wissenschaft, wie +++ATH0 zeigt, gar nicht das Mandat dafür hat und dafür auch nicht geeignet ist, werden aber die Erzeugnisse der Wissenschaft viel zu oft als Früchte der Wahrheit dargereicht.
Zwar hat die empirische Wissenschaft keine Erkenntnismethoden für "höhere Wahrheit", "Metaphysik" und ob es so etwas überhaupt gibt.
Allerdings kenne ich auch keine andere Disziplin, die das vermag. Religion? Welche denn unter den zig Religionen?
Man muss sich wohl leider damit zufrieden geben keinen zufriedenstellenden Kanal für diese Kategorie von "Wahrheit" zu haben.
Der Eindruck - in der Gesellschaft - dass _die_ Wissenschaft wie eine Religion wirkt, bestätigt sich nach meiner Ansicht durchaus.
Könnte man durchaus so sehen. Mit einem Unterschied: Wissenschaft hat ihre Versprechungen viel öfter eingehalten als Religionen dies getan haben.
Und auch im Gegensatz zu Religion löst Wissenschaft ihre Versprechen auch im hier und jetzt ein. Mit einer Religion kauft man sozusagen die "Katze im Sack". Bekomme ich nun mein Leben nach dem Tod oder nicht? Sehe ich meine Großeltern wieder? Oder sind das bloß Versprechen, die möglicherweise nicht gehalten werden können?
Wissenschaft gibt uns stattdessen im hier und jetzt Gesundheit, Lebensqualität, sauberes Trinkwasser, Mobilität....
Die Tatsache dass ein erheblicher Teil der Menschen mehr Geld in Alltagstechnologie (die im Grunde völlig nutzlos ist und lediglich "Entertainment") als in Bildung investiert, lässt sich nicht mit der Vorstellung des "vernünftigen" Menschen in Einklang bringen.
Also Konzerne nutzen die Wissenschaft als Werkzeug um Produkte abzuwerfen, die Menschen dann kaufen möchten.
Ansonsten klingt deine Argumentation wie: Küchenmesser sind für Morde verantwortlich.
Übrigens: Mehr Geld in Bildung zu investieren ist wunderbar für die Bildungswissenschaften. (Und wieder einmal haben Wissenschaften das Potenzial aus dem Problem zu helfen)
Das ist zum Großteil staatlicher Macht ueberall - und den modernen Märkten geschuldet die diesen Tanz pflegen und immer wieder anheizen.
Ach und ich dachte die ganze Zeit Wissenschaft wäre Schuld. Gut, dass du das sagst.
Ich kann es nicht sicher sagen ob der Standpunkt des Forschers als Individuum der gleiche ist, wie der des Direktors einer Universitaet (der wirtschaftlich denkt) oder der Redakteur einer wissenschaftlichen Fachzeitschrift, oder jemand der einen Kongress auszurichten hat und bemüht ist eine schöne Kontroverse aufs Panel zu bringen.
Ich denke mal, da alles Individuen sind, die du dort aufzählst, sind diese alle auch unterschiedlich. Manch' einer bescheiden, ein anderer eher nicht so.
(wer erinnert sich noch an die Freudenbotschaft, das GENOM seit entschluesselt, 98% Datenschrott im Gen und die ersten Klone? Nichts hoert man mehr darüber, weil sie alle komplett daneben lagen).
Da der Begriff "Entschlüsselung" aus den Medien stammt, denke ich mal, hast du das daher.
Im wissenschaftlichen Betrieb geht es doch ganz anders zu als beim Lesen von Wochenblättern mit Schlagzeilen und ähnlichem.
Dabei wurde das menschliche Genom nur vollständig sequenziert. Dass die Zuordnung der Bedeutungen einzelner Gene damit nicht geleistet ist, war hinlänglich bekannt.
Sinnvoll ist das Projekt vor allem um genetisch bestimmte Krankheiten oder Krebsentstehung besser zu verstehen und möglicherweise Therapiemaßnahmen zu entwickeln. Aber das sind eben Projekte, die daran anschließen und noch Arbeit erfordern.
Andererseits _braucht_ die wissenschaftliche Landschaft (und deren Verwerter) mehr Ethik - mehr Religion, die den Menschen und sein Wohl wieder in den Mittelpunkt rückt.
Zum Beispiel so etwas wie Ethikkommissionen? Das hat praktisch jede wissenschaftliche Einrichtung.
Ich wüsste auch nicht warum eine Ethikkommission zwingend religiös aufgebaut sein muss. Dürfen Atheisten dort dann nicht mitmachen?
Oder wie meinst du das?
Die Ethikwissenschaften z.B. bedienen sich natürlich auch an früheren religiösen Denkern und ethischen Modellen. Aber eben ganzheitlich und nicht beschränkt auf eine Religion.
Können wir uns "unglauben" leisten, nur weil ein Gott nicht widerlegt werden kann (im uebrigen wurde Gödels Gottesbeweis ja inzwischen bestaetigt)
Ja, innerhalb Gödels modallogischem Axiomen-Systems gibt es also alle Entitäten, die alle Eigenschaften x in sich vereinen. Hier kann man sprachlogisch beliebig einsetzen, was man haben möchte. Zum Beispiel eine Entität "Gott", die alle "positiven" Eigenschaften in sich vereint.