[TdW 170] Kann Martin Schulz die alte Dame reanimieren?

Das ist schon immer so gewesen. Kein normal sozialer Mensch würde es durch eine Havard Business School schaffen oder sich durch die kommunal- und Landespolitik wühlen.
Jede dieser Positionen, ob Top Manager oder Politik ist völlig einem Willen geschuldet der auf Machtgier beruht
Da stimme ich dir zu-allerdings hat keine der früheren Polit-Ikonen, die zumindest die älteren Parteien so haben, sich durch einen Harvard-MA geschlagen. Und auch die Kommunalpolitik sah zu deren Zeiten etwas anders aus, zumindest hat sie anscheinend den Charakter nicht in dem Maße zersetzt wie das heute üblich zu sein scheint.

Aber wie gesagt, diese Menschen waren einfach anders sozialisiert. Die haben z.B. mindestens den Wiederaufbau noch miterlebt (wenn nicht gar noch mehr) und wissen, was es bedeutete, dieses Land dahinzubringen wo es die letzten Jahrzehnte stand. Eine wenigstens vergleichbare Schule hat keiner der heutigen Politiker durchgemacht.

Otto von Bismarck (glaub ich) sagte einst: Die erste Generation schafft Vermögen, die zweite Generation verwaltet Vermögen, die dritte studiert Kunstgeschichte und die vierte verkommt vollends. Recht hatte er.

Ach ja, noch was zum Thema SPD (mal nicht Schulz, ist ja aber seine Partei) und Dekadenz:
Volkswagen: Christine Hohmann-Dennhardt bekommt mehr als zwolf Millionen Euro von VW - SPIEGEL ONLINE

Mal sehen wann der nächste SPDler wieder über zu hohe Vorstandsgehälter schimpft...
 
Wir haben heute aber das Problem, daß Politiker hauptsächlich auf ihre eigene Machtposition bedacht sind und ihre Amtspflichten teilweise völlig in den Hintergrund treten.
Rein aus Interesse: Was sind denn "ihre" Amtspflichten?

Ich verrate dir ein Geheimnis: Du wirst hierzu nicht so sehr viel finden. Politiker sind nicht dem Volk verpflichtet, zumindest nicht rechtlich. Sie sind für sich selbst verantwortlich, sie handeln in ihrem Interesse (das offensichtlich dem des (Wahl-)Volkes entspricht), sie müssen es ausbaden, wenn sie Scheisse bauen. Dieses Geschwätz mit "ihre Amtspflichten" ist gequirlte Scheisse.

Ich denke, daß Verhältnis Pflichterfüllung/Egoausleben war vor 20 Jahren signifikant anders als heute.
So? Wie kommst du darauf? Hat Helmut Kohl sich etwa nicht um sein Ego gekümmert? Oder Joschka Fischer? Oder ein Gehart Schröder :D
Ok, ok, genug damit. Springen wir 40 Jahre zurück. 1977. Wer war Kanzler? Richtig. Helmut Schmidt. Der hatte *prust* überhaupt kein *prust* Ego *prust*
Gut. 60 Jahre. 1957. Na? Genau! Konrad Adenauer. Frage in die Runde: Wer kennt ein berühmtes Zitat von ihm? Ich kenne eins! "Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern.".
Wollen wir noch weiter zurück? Bis zu Hitler, dem Egomanen schlechthin? Oder zu den Königen und Kaisern, die noch viel weniger auf das "Volk" geachtet haben?

Ok, genug mit dem naiven Gekicher und hin zum ernsthaften Polittalk. Wir reden hier nicht von Anfängern, nicht von Menschen, die einem Streit gerne aus dem Weg gehen oder die sich von anderen herumschubsen lassen. Wir reden von professionellen Politikerinnen und Politikern, die ihren Arsch in der Hose und auf der Straße haben, ebenso wie ihn ein Winterkorn in der Hose hat, wenn er vor Gericht gerufen wird. Es wundert mich doch sehr stark, dass du das ankreidest. Ich hätte lieber jemanden mit einem standfesten Ego, als jemanden, der sich bei der kleinsten Kritik zusammenkauert und die Richtung ändert.
Aber schauen wir mal auf die AfD und ihren Obernazi, Hr. Bernd "Klein-Adolf" Höcke. Oder den Gauleiterland. Das sind keine Personen mit viel zu großem Ego, he? Und sind sie nicht gerade deswegen nbesonders beliebt, bei den vielen Jungnazis?
Und ja, ich polemisiere. Das erkennst du korrekt.
obwohl die Bevölkerung wächst!
Nein. Wir hatten vor 20 Jahren sogar mehr Bürgerinnen und Bürger als heute. Die Bevölkerung stagniert seit 30 Jahren. Das ist mit ein Grund für ein knifflige Situation, die gemeinhin als "Rentenproblem" bezeichnet wird und die dich eigentlich mehr interessieren sollte, als ein furzdoofer Informatiker, dessen Meinung so irrelevant ist, wie die eines Intellektuellen auf einem AfD Parteitag.
Eine kurze Phase von Parteiaustritten ist bedeutungslos, ja. Wenn eine Partei über Jahre hinweg stetig sinkende Mitgliedszahlen hat (obwohl die Bevölkerung wächst!) wie das nunmal der Fall ist, dann ist das eine Entwicklung die mit "nichts Besonderes" nicht mehr abzutun ist. Und dann sollte man diesen "Selbstdarstellern" vielleicht mal zuhören.
Die Abnahme der Mitgliederzahlen in beiden großen Parteien (alle anderen Parteien verzeichnen sogar ein Wachstum) läuft schon seit 30 Jahren. Im Hinblick auf die SPD gibt es noch ein ganz anderes Problem: Ihr Mitgliederprofil hat sich vom gemeinen Arbeiter hin zum Beamten und Rentner entwickelt. Der SPD sterben anders gesagt gerade ihre Mitglieder weg. Hinzu kommt der fehlende Nachwuchs. Einen kausalen Zusammenhang zum Wachstum der AfD oder den damit verbundenen Themen herzustellen ist offensichtlich zu kurz gedacht.
Meinst du echt, daß die Problemlage heute komplexer ist als vor 30 Jahren? Mit Sicherheit nicht. Aber das hat die Vergangenheit so an sich, gelöste Probleme sind imemr einfach. Es gibt zwar eine Vielzahl von Detailfragen an die man ein Profil anpassen könnte, allerdings kann man zu vielem sehr schnell einen Konsens finden wenn eine Gruppe eine bestimmte Grundhaltung teilt. Und von dieser Grundhaltung lebt eine Partei und grenzt sich zu anderen Parteien ab-und diese Grundhaltungsdiversität ist flöten gegangen bei den Blockparteien.
Aha. Also anders gesagt: Wenn sich die SPD zu Europa bekennt und darauf ihre Entscheidungsfindungsprozesse aufbaut, dann darf die CDU das nicht, denn sonst hätte die SPD ihr Profil verloren. Oder ist das jetzt wieder "zu" grundlegend? Also gehen wir mal eins höher: Die SPD bekennt sich zur sozialen Marktwirtschaft. Ebenso die CDU. Blöd. Also noch höher. Thema "Fairen Lohn": SPD vs. CDU. Bei einer kurzen Google Suche fällt auf, dass es viel mehr Links zu offiziellen Dokumenten und Parteiaussagen der SPD gibt, als bei der CDU. Die SPD scheint "fester" dahinter zu stehen. Die CDU würde aber natürlich niemals behaupten, dass unfairer Lohn klasse wäre.
Aber dennoch: Heureka - wir haben einen Unterschied gefunden. Bei einem so einfachen Thema. In 2 Minuten und mit der größten MeinungsRecherchemaschinerie der Welt: Google. Aber eine Grundhaltung ist das noch nicht. Eher eine Haltung zu einem speziellen Problem.
Kann man daraus einfach schliessen, dass soziale Marktwirtschaft eine Grundhaltung der SPD ist? Mitnichten, wie das Thema Leih- und Zeitarbeit zeigt. Hier macht auch die SPD nach Meinung vieler viel zu wenig, als dass sie sich wirklich der sozialen Marktwirtschaft verschrieben nennen darf. Und schon ist das eben mit vollem Einsatz erstellte Profil wieder im Eimer.
Und so gibt es noch hunderte andere Themen, die mal auf etwas schliessen lassen, mal nicht, mal spielt die Meinung des Beurteilenden eine Rolle, mal die der Partei oder die der Gegenpartei. Das ist die Komplexität, von der ich spreche. Davon, dass große Parteien gewzungen sind, alle Themen abzudecken und nicht nur einzelne. Und das mit einem Meinungsspektrum von 400.000+ Mitgliedern und x Millionen Wählerinnen und Wählern.
Das muss jedoch nichts schlechtes sein. Es erschwert nur das Schubladendenken, über das viele Menschen nicht hinaus kommen.
Sicher, daß das was mit Rückhalt in der eigenen Partei zu tun hat? Oder vielmehr mit Rückhalt in den Medien? Es ist ja nicht so, daß die politische Haltung von Journalisten statistisch gleichmäßig verteilt wäre oder irgendwie mit irgendwas korrelieren würde. Journalist ist ein stocklinker Beruf.
Ach, whitey. Einmal bestimmen die Medien die Politik, dann wieder die Parteien die Medien und über allem sitzt sowieso der machthungrige Schulz und reibt sich die Hände.
Eine gewisse Wechselwirkung kann man nicht ausschliessen. Parteienarbeit ist jedoch mehr, als nur "dem Volk zu dienen". Es gibt nur eine begrenzte Anzahl an Aufmerksamkeit von Journalisten und Menschen im Land, die mit ihrer Meinung etwas bewirken können. Die will gut bedient sein, mit Schwerpunkten und zentralen Themen und so weiter.
Aber hey, du darfst mich gerne eines besseren belehren. Aber bitte nur zum Thema Kristina Schröder und Manuela Schwesig. Und nicht zu irgendwas, was du glaubst oder was dir einredest. Bring Inhalte, nicht immer nur die gleiche inzwischen abgekühlte Luft. Widerlege, dass die Arbeit Kristina Schröder weniger stark von ihrer Partei gefördert wurde, als die von Manuela Schwesig.
Ich gebe dir ein Tipp: Die Parteien veröffentlichen diverse Strategiepapiere, halten Sitzungen ab, diskutieren im Bundestag. Da gibts überall Material, dass du dazu heranziehen kannst ;)
Das Schwesig z.B. für das Aufheben von Schröders Extremismusklausel viel Lob erhalten hat (und sich auch sonst dem Linksextremismus nahe verhält) während Schröder in dieser Richtung mit viel Geduld etwas aufgeräumt hat, ist die mediale Darstellung nicht weiter verwunderlich.
Hm. Schwesig war schon vor ihrer Zeit als Familienministerin gegen diese Klausel, ebenso wie viele ihrer Kolleginnen und Kollegen. Die Kritik hier war dauerhaft vorhanden, die Klausel war Gegenstand zahlreicher verfassungsrechtlicher Überprüfungen und Gerichtsentscheidungen. Im übrigen wurde sie in Abstimmung mit unserem lieben Innenminister von der Gegenpartei abgeschafft - was wieder ein Zeichen dafür ist, dass auch von CDU Seite niemand so wirklich dahinter bzw. hinter Kristina Schröder stand, sonst hätte es hier deutlich mehr Gegenrede gegeben.


Die erste Generation schafft Vermögen, die zweite Generation verwaltet Vermögen, die dritte studiert Kunstgeschichte und die vierte verkommt vollends. Recht hatte er.
Das ist doch mal ein schönes Schlusswort. Ganz im Sinne eines.. ups.. Obamas. Nein! Doch! Oh.
Zum Schluss daher folgenden netten Kommentar der - oh nein! - Bismark Stiftung: Politiker und ihre Lasterzungen: Obama und Bismarck uber wichtige und unwichtige Facher
 
Zuletzt bearbeitet:
Die erste Generation schafft Vermögen, die zweite Generation verwaltet Vermögen, die dritte studiert Kunstgeschichte und die vierte verkommt vollends. Recht hatte er.


Das ist doch mal ein schönes Schlusswort. Ganz im Sinne eines.. ups.. Obamas. Nein! Doch! Oh.
Zum Schluss daher folgenden netten Kommentar der - oh nein! - Bismark Stiftung: Politiker und ihre Lasterzungen: Obama und Bismarck uber wichtige und unwichtige Facher

Wirklich doof nur, das der Otto damit völlig richtig liegt und sich die Analogie der 4. Generation gerade aufrichtet.

Kleiner Tip: Dieses Zitat will interpretiert werden :p
 
@SB:
Ich habe da noch so ein Interview von Helmut Schmidt im Hinterkopf, wo er sich über das Verhältnis Berufspolitiker vs. Bürger bzw. die Abschottung der einen vor den anderen heute vs. früher ausgelassen hat. Ein großes Ego und gute politische Arbeit muß sich nicht zwangsläufig zumindest vollständig ausschließen. Dumm wird es, wenn die Amtsarbeit nur noch aus Ego-Kraulerei (und damit auf das Erfüllen von Lobbywünschen) besteht.
Stimmt, die Bevölkerung wächst nicht, mea culpa. Allerdings kommt das bezüglich der Mitgliederzahlen der Parteien auf dasselbe raus.
Was du zum Thema Profil schreibst halte ich für...naja, egal. Da ich wenig auf Verlautbarungen (Strategiepapiere und Wahlkampfzettel zähle ich da auch hinzu) gebe schaue ich mal auf das, was die jeweilige Partei beschlossen hat. Bei der SPD fallen mir da Dinge wie Agenda2010, die Arbeitslosenstatistik heute oder die ganzen Bankenrettungen ein. Bei den Grünen ihrerzeit das EEG ( ok, die habens mit der SPD gemeinsam vergurkt). Bei der CDU der völlig kopflose Ausstieg vom Austieg aus der Kernkraft.
Und zwischen einem "Bekenntnis zu Europa" und "Alle Macht nach Brüssel" ist längst nicht das Gleiche. Es nichtmal ähnlich.
Kristina Schröder würde ich mal als Indiz für den Linksdrall der CDU betrachten-ähnlich wie Erika Steinbach.
Wenn du Profil für so unwichtig/austauschbar hälst, warum brauchen wir dann eigentlich mehr als eine Partei? :)
 
Die Personalie Martin Schulz beflügelt die SPD weiterhin enorm - so sehr das manche Medien schon von einem Hype sprechen. In einer Umfrage des INSA Instituts überholt die SPD die CDU erstmals seit Jahren: Sonntagsfrage – INSA / YouGov

Aber nicht nur die Umfragen sehen für Schulz und die SPD derzeit gut aus, laut der SPD-Parteizeitung Vorwärts verzeichnet die SPD derzeit dreimal soviele Parteieintritte wie sonst üblich, vor allem junge Menschen wollen sich plötzlich für die SPD engagieren - aber auch ehemalige Parteimitglieder kehren zurück:
Klar ist: Die Partei hat im Januar drei Mal so viele Mitglieder hinzugewonnen wie sonst in einem Monat üblich sind. Konnte die SPD in den vergangenen Jahren im Januar durchschnittlich etwa 1000 Neueintritte verzeichnen, sind es in diesem Jahr mehr als 3000, wie Generalsekretärin Katarina Barley mitteilte.
[...]
Der „Schulz-Effekt“ ist auch in den Landesverbänden spürbar. Die SPD in Hessen konnte binnen drei Tagen 120 Neumitglieder begüßen. In Berlin waren es in einer Woche 285, in Baden-Württemberg 214. In Freiburg war der Ansturm so groß, dass zeitweise die roten Parteibücher ausgingen.
[...]
Ein Schwerpunkt der Eintritte soll in Nordrhein-Westfalen liegen. Auch würden viele ehemalige Mitglieder erneut eintreten. Viele der Neu-Genossen sollen unter 30 sein. In Sachsen-Anhalt stellte aber auch ein 84-Jähriger einen Aufnahmeantrag mit der Begründung: „Seit ihr den Schulz habt, werde ich mich jetzt engagieren.“
Quelle: Schulz-Effekt: SPD verzeichnet dreimal so viele Neueintritte wie ublich | vorwarts

Natürlich gehen bis zur Wahl noch einige Monate ins Land und mancher Hype erweist sich alsbald als Strohfeuer (man denke nur an die Piraten!), doch entgegen aller Erwartungen könnte dieser Wahlkampf tatsächlich spannend werden...:)

Vor allem da Schulz hier scheinbar mitliest und sich mittlerweile zunehmend sozialdemokratisch gibt - selbst von der umstrittenen Agenda 2010 hat er sich mittlerweile zaghaft distanziert und Fehler bei der Umsetzung eingeräumt, die zu Fehlentwicklungen geführt hätten! Vielleicht kann der Mann die alte Dame tatsächlich reanimieren.
 
Der Boom durch Schulz ist wirklich beeindruckend.

Allerdings frage ich mich am Ende dann trotzdem ob man mit Rot/Grün nicht vom Regen in die Traufe käme, da es in der Realpolitik eigentlich keine Rolle spielt.

Für einen "Politischen Umschwung" im Sinne einer stärkeren Neuausrichtung (auch auf uns (Wahlvieh)) ist es (leider) unumgänglich dass eine der gewichtigen Parteien Federn lässt.
 
Mir kommt es sehr entgegen, das die SPD Herrn Schulz aufgestellt hat. Ich hoffe nur, dass das Volk im Herbst weise entscheidet und es eine Veränderung gib.
 
Der Wahlkampf könnte nicht nur spannend, sondern auch schmutzig werden. Zumindest bei einigen Spitzenpolitikern der Union scheinen nach der überraschenden Ernennung von Martin Schulz zum Kanzlerkandidaten und dem darauf folgenden Beliebtheitsboom der SPD die Nerven blank zu liegen. Polit-Veteran Schäuble verglich Schulz z. B. mit Donald Trump und warf ihm vor die angebliche Spaltung der Gesellschaft populistisch auszuschlachten. Wörtlich sagte er u. a. :
"In einer Zeit, in der weltweit die Versuchung durch den Populismus zugenommen hat, dürfen Politiker nicht so reden wie Herr Schulz", sagte Schäuble. "Wenn er den Populismus bekämpfen will, wie er behauptet, dann sollte er diese Fakten zur Kenntnis nehmen."
Ich finde das bemerkenswert: Zum einen unterstellt Schäuble das die von Schulz thematisierte soziale Ungerechtigkeit - bzw. die immer größere Schere zwischen Arm und Reich - gar nicht existiert (laut Schäuble geht es Land und Leuten so gut wie lange nicht), zum anderen wirft er Schulz vor Fakten zu ignorieren. Bemerkenswert finde ich das, weil das unionsgeführte Kanzleramt diese nur "angebliche Spaltung" immerhin so ernst nimmt, dass sie den auf Studien beruhenden Armuts- und Reichtumsbericht des Arbeitsministeriums zensieren ließ:
In einer früheren Version, die noch nicht von den anderen Ministerien bewertet wurde, hatten die Autoren des Berichts die Studie ausführlich dargestellt. In der aktuell vorliegenden Version wurde nun der Teil, der die Zusammenhänge zwischen sozialer Ungleichheit und politischen Entscheidungen darstellt, weitgehend gelöscht. Die Bundesregierung zensiert also die unliebsamen Ergebnisse ihrer eigens beauftragten wissenschaftlichen Studie.
[...]
Denn soziale Ungleichheit und die Konzentration von Reichtum ist ein Thema mit Sprengkraft für unsere Demokratie. Eine ungleiche Berücksichtigung politischer Interessen hebelt das demokratische Gleichheitsgebot „ein Mensch, eine Stimme“ aus. Die Frage nach einem Ausgleich sozialer Ungleichheit gewinnt so für die Debatte über den Zustand der Demokratie höchste Bedeutung. Angesichts wachsender Politik- und Demokratieverdrossenheit sind die Ergebnisse der Studie höchst aktuell. Die erste Version des Armuts- und Reichtumsberichts geht dazu detailliert auf die Ursache der viel zitierten „Krise der Repräsentation“ ein: „In Deutschland beteiligen sich Bürgerinnen mit unterschiedlichem Einkommen nicht nur in sehr unterschiedlichem Maß an der Politik, sondern es besteht auch eine klare Schieflage in den politischen Entscheidungen zulasten der Armen. Damit droht ein sich verstärkender Teufelskreis aus ungleicher Beteiligung und ungleicher Responsivität, bei dem sozial benachteiligte Gruppen merken, dass ihre Anliegen kein Gehör finden und sich deshalb von der Politik abwenden – die sich in der Folge noch stärker an den Interessen der Bessergestellten orientiert.“ Doch auch diese Passage wurde ersatzlos aus dem Bericht gestrichen.
[...]
Das Kapitel „Einfluss von Interessenvertretungen und Lobbyarbeit“ wurde gleich vollständig aus dem Bericht getilgt. Dabei erleben wir immer wieder, dass finanzstarke Akteure politische Entscheidungen massiv beeinflussen. Erst kürzlich hat die Auseinandersetzung um die Erbschaftssteuer gezeigt, dass eine gut organisierte und finanzstarke Lobby von Firmenerben und Superreichen ihre Interessen in der Politik durchsetzen konnte.
Quelle: Armuts- und Reichtumsbericht: Bundesregierung zensiert unliebsame Studie | LobbyControl

Also scheint an dem Thema doch mehr dran zu sein, als Herr Schäuble zugeben will. Und offensichtlich bedeutet "Fakten zu Kenntnis nehmen" und unliebsame Fakten zu zensieren für unseren Finanzminister, der sowohl die Studie als auch die entfernten Passagen mit Sicherheit kennt, keinen Widerspruch. Könnte daran liegen das Herr Schäuble, meiner Meinung nach, zu den dubiosesten Charakteren der Regierung gehört - immerhin war der Finanzminister in den CDU-Parteispendenskandal verstrickt und leidet entweder unter gefährlichen Erinnerungslücken (z. B. bezüglich Treffen mit Waffen-Lobbyisten und der Entgegennahme von Briefumschlägen mit hohen Bargeldbeträgen) oder ist schlichtweg ein Lügner.

Andere Unionspolitiker werfen Schulz vor kein politisches Profil zu haben und keine klaren Positionen zu beziehen. Auch das finde ich bemerkenswert, hat die Union doch zuletzt hauptsächlich damit Wahlkampf gemacht mit Angela Merkel eine überaus beliebte Kandidatin zu haben. Und die Kanzlerin ist jetzt nicht unbedingt für "klare Kante" oder Inhalte bekannt, sondern steht eher für eine Politik des Abwartens und ggf. der Kehrtwenden (man denke an den Atomausstieg: Erst wird der rot-grüne Atomausstieg mit viel Tam-Tam rückgängig gemacht & nach Fukushima wird in aller Eile ein noch viel schnellerer Ausstieg beschlossen - und zwar so stümperhaft das die Gerichte noch lange damit beschäftigt sein werden). Unter diesem Umständen dem politischen Gegner Profillosigkeit vorzuwerfen, zeugt imho schon von Chuzpe!
Außerdem soll in der Union ein Papier zirkulieren, dass sich mit dem Gebaren von Martin Schulz als Präsident des EU-Parlaments beschäftigt und in dem Punkte aufgelistet werden, die dazu dienen sollen das Image von Schulz als "Versteher der kleinen Leute" anzukratzen und vielleicht sogar seine Integrität in Zweifel zu ziehen. Für die SPD ist das alles natürlich eine Schmutzkampagne und sie sieht sogar Parallelen zur Barschel-Affäre - da werde ich ganz nostalgisch, denn tatsächlich war das vermutlich der erste große Polit-Skandal den ich ganz bewusst & eifrig in Zeitungen, Radio & TV (mehr Medien gab es damals nicht :p) verfolgt habe. Mir ist noch nicht ganz klar warum die Untersuchung von vergangenem Verhalten eine Schmutzkampagne sein sollte (solange keine "Fakten" produziert oder verdreht werden), aber vielleicht erhellt uns die SPD da in den nächsten Monaten noch. In jedem Fall scheint es mir offensichtlich zu sein, das uns diesmal ein echter Wahlkampf erwartet, einer mit harten Bandagen und vielleicht sogar wirklich ein schmutziger Wahlkampf - ich besorge mir auf jeden Fall schon einmal eine Menge Popcorn...;)
 
Zuletzt bearbeitet:
Der Wahlkampf könnte nicht nur spannend, sondern auch schmutzig werden.

Ich frage mich eher, wie Politik es schafft, alle 4 Jahre so zu tun als müsse man den Karren der anderen aus dem Dreck ziehen.
Und der Wähler vergisst plötzlich (auch alle 4 Jahre), dass diejenigen, die sich dann da streiten, die gleichen sind, die diesen Mist - in diesem speziellen Fall - die Ungleichheit
ja erst kultiviert haben.

Für die europäische Gesamtsituation (und globale) spielt es letztlich überhaupt keine Rolle wer gewählt wird. Natürlich kann man das miteinander mal wieder nen bisschen sozialer tünchen, ein paar Mami-Euros klarmachen, vielleicht auch noch 10 € aufs hartz4 packen, irgendwelche Lebensjahre auf eine Rente anrechnen und das ganze dann als die ganz große soziale Nummer verkaufen. Aber auch diese Politiker stricken die gleichen Handelsbeziehungen mit den gleichen unfairen Bedingungen, die dafür sorgen, dass andere Menschen auf diesem Planeten niemals auf einen grünen Zweig kommen. Kurzum - allesamt drehen weiter an der Kurbel der "Globalisierung", die uns langfristig alle abwärts führt.

Ich hoffe nur, dass das Volk im Herbst weise entscheidet und es eine Veränderung gib.
Genau so sieht's aus - rote Farbe druff und alles sieht plötzlich "ganz anders" aus :p
 
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