Ein absolut berechtigter Einwand, mit nur einem kleinen Problem: Die Grenzen von Nationalstaaten wurden nicht nach topologischen Gegebenheiten beschlossen, sondern nahezu willkürlich. Wenn wir also die heutige Länder-Ebene derartig auffassen, dass sie Regionen mit topologisch und klimatisch ähnlichen Bedingungen bedeuten, dann wäre das sicherlich lobenswert. Nur hätten diese Grenzen dann in keinster Weise etwas mit den heutigen zu tun, man würde zum Beispiel die Alpen als eine Region auffassen, da es dort eben die Gefahr von Lawinen und ähnlichem gibt, die wo anders eben schlicht nicht existiert.
Ich habe nie behauptet dass es sinnvoller wäre die Länder anhand von topographischen Bedingungen zu definieren. Ich sage lediglich, dass die Baubestimmungen der einzelnen Länder von den dortigen Gegebenheiten abhängen. Würde man sie alle zusammenfassen, würden sie so restriktiv werden, dass gerade Privatpersonen sich einen Hausbau nicht mehr leisten könnten und viele Gebäude gar nicht mehr gebaut werden könnten, weil sie unter den gegeben Vorschriften nicht umsetzbar wären. Ein solches Haus müsste dann nämlich erdbebensicher sein. Es müsste gegen Überschwemmungen geschützt sein. Es darf nur bis in eine bestimmte Tiefe mit seinem Fundament gehen, die sich nach dem höchst gelegenen Grundwasserspiegel in der EU richten müsste. Es darf nur zu bestimmten Teilen aus bestimmten Baustoffen hergestellt werden. Es darf bestimmte Höhen nicht überschreiten, die sich nach dem niedrigsten Baudenkmal in der EU richtet, da diese Baudenkmäler nicht verdeckt werden dürfen. Selbst die kleinste Hütte im Wald bräuchte einen Anschluss an die öffentliche Versorgung (Wasser, Abwasser, Strom), da es Landesteile in der EU gibt, wo sowas zu Recht Vorschrift ist. Und so lässt sich noch viel mehr finden, was in einen solchen Konsens eingebaut werden müsste, damit alle regionalen Bedürfnisse und Vorschriften erfüllt werden können, die es zumeist ja nicht ohne Grund gibt. In trockenen Regionen darf man halt aus Brandschutzgründen keine Holzhäuser in Städten bauen und man darf nur einen festgelegten Anteil an brennbaren Materialien für den Bau verwenden. In Erdbebengebieten müssen Häuser nunmal so gebaut sein, dass sie im Fall eines starken Erdbebens nicht unnötig Menschenleben gefährden. Diesen Anforderungen müsste man dann überall in der EU gerecht werden, egal ob die regionalen Voraussetzungen das überhaupt notwendig machen.
Vielleicht sollte man tatsächlich allen Jugendlichen die gleichen Chancen und dementsprechend zwingendermaßen die selbe Bildung bieten. Dann könnte man auch von allen in etwa die selbe geistige Reife im selben Alter erwarten. Okay, ist genauer betrachtet utopisch, da manche 30-jährigen die geistige Reife eines Kleinkindes haben, aber das ist eine andere Problematik.
Du vergisst (wobei ich langsam glaube, dass du eher ignorierst) auch hier mal wieder die unterschiedlichen Mentalitäten und Kulturen. In manchen Ländern wird nunmal einfach mehr Wert auf Wissenschaften gelegt als in anderen, wo Geisteswissenschaften einen grösseren Fokus haben. Würde es z.B. nach der deutschen Politik gehen, könnte man Fächer wie Kunst und Musik einfach einsparen und dafür eher mehr Physik und Mathe in die Lehrpläne aufnehmen. In Frankreich hingegen hat Kunst und Musik einen ganz anderen Stellenwert in der Bildung. Und dieser Unterschied selbst zwischen 2 benachbarten Ländern ist primär in der Kultur der Länder zu suchen. Wollen wir in Deutschland nun wieder die Ferien nach den Arbeitszeiten der Landwirtschaft richten, weil das in Gebieten wie Polen üblich ist, wo Jugendliche als Erntehelfer unabdingbar sind? Müssen landwirtschaftlich orientierte Länder ihre Bildungssysteme dann mehr auf die Industrie ausrichten, obwohl die Schulabgänger damit gar nicht die Ausbildung haben, mit der sie in ihrer Region was anfangen können?
Na da beißt sich die Katze aber schön in den Schwanz. Warum ist den in manchen Ländern die Infrastruktur um so vieles schlechter als in anderen? Wegen der schlechteren wirtschaftlichen Entwicklung. Und warum ist diese Entwicklung nicht auf einem ähnlichen Niveau? Weil die Einteilung in Nationalstaaten zu unterschiedlichen Ausgangsbedingungen und somit anderen Möglichkeiten der wirtschaftlichen Entwicklung führt. Da schreit die Katze: "AUA"!
Vielleicht aber auch einfach, weil andere Länder die natürlichen Voraussetzungen ihrer Gebiete nicht effizient nutzen. Deutschland hat kaum Bodenschätze. Jeder Scheiss muss von irgendwoher rangekarrt werden und dennoch sind wir in der EU eines der Top-Länder der produzierenden Wirtschaft. Griechenland hingegen sitzt auf nicht gerade geringen Mengen an Bodenschätzen und schafft es nicht daraus eine funktionierende Wirtschaft aufzubauen. Es hat also nichts mit den Voraussetzungen zu tun, sondern mit dem, was man aus den Voraussetzungen macht.
Jetzt aber im Ernst, das Argument kann man bei genauerer Betrachtung wirklich vergessen. Oder glaubst du dass in Tirol die Autobahnen so viel schlechter sind, dass man fast die ganze Zeit nur 100km/h fahren darf, in Deutschland aber so gut dass 200km/h und mehr kein Problem sind? Und so ganz nebenbei hat man auch innerhalb sehr kleiner Gebiete unterschiedliche Bedürfnisse, ich kann eben auf einer engen gewundenen Bergstraße nicht das selbe Tempo fahren wie auf einer Geraden. Aber dafür hat man ja die sympathischen weißen Tafeln mit rotem Rand erfunden.
Selbst wenn der Strassenausbau überall gleich wäre hättest du noch immer regionale Unterschiede in der Einsehbarkeit von Strecken usw.. Mir stellt sich allerdings die Frage warum man unbedingt mit der Startgeschwindigkeit eines Flugzeugs über die Autobahn heizen muss. Abgesehen davon glaube ich kaum, dass sich die ordentlichen Deutschen z.B. das Tempo-Limit von Griechenland aufdrücken lassen würden, wo es nicht mehr heisst "hier darfst du 50 fahren" sondern "50-80 sind empfohlen". Damit würden unserem Steuersäckel nämlich plötzlich jede Menge Geld fehlen, weil man mit Geschwindigkeitskontrollen nichts mehr erreichen könnte, ausser festzustellen, dass sich jemand nicht an eine Empfehlung gehalten hat. Also auch hier wieder... unterschiedliche Mentalitäten, unterschiedliche Voraussetzungen.
Den Konsum von Drogen würde ich nicht unbedingt abhängig von Mentalitäten, sondern viel mehr von medizinischen und volkswirtschaftlichen Aspekten abhängig machen. So als nettes Beispiel sei da Norwegen genannt das entschieden hat, dass es billiger kommt die Gehwege zu beheizen und somit eisfrei zu halten als wie für die Folgen von Unfällen aufzukommen (inklusive Ausfall der Arbeitskraft, etc.). Und so ganz nebenbei: Nur weil man etwas darf ist es noch kein Muss es auch zu tun. Wenn es in (ich ersetze mal ab jetzt die konkreten Länder, damit sich auch niemand auf den Schlips getreten fühlt und es eigentlich nichts zur Sache tut) Schlumpfania erlaubt ist Drogen zu nehmen, aber es sich mit dem schlumpfischen Lebensstil nicht vereinen läst und dementsprechend verpönt ist, wird es auch kaum einer tun.
Ich denke da unterliegst du einem Irrglauben. Menschen tendieren dazu gegebene Freiheiten möglichst maximal auszunutzen. Würde man in Ländern, wo Cannabis-Konsum derzeit verboten ist, die Hemmschwelle zur Beschaffung durch Legalisierung senken, würde dort mit hoher Wahrscheinlichkeit der Drogenkonsum steigen. "Naja... ist ja nicht verboten. Kann man ja wenigstens mal probieren."
Auf deine Vergleiche mit dem Reich der Habsburger gehe ich mal besser nicht ein. Die sind einfach zu absurd. Nur mal so ein paar Stichworte: landesfürstliche Gesetzgebung, herzögliche Gesetzerlassung, Grafschaftsverfassung, Ratsgesetze... Wozu waren die wohl alle notwendig, wenn man sie hätte einfach alle unter die gleichen Gesetze hätte bringen können, was die Verwaltung vereinfacht hätte?
Außerdem braucht mir keiner damit zu kommen, dass dafür heute die Grenzen der Nationalstaaten einen engen Bezug mit den Völkern hat. Oder wie will man dann alleine die 1,6 Millionen Türken in Deutschland erklären?
Und wie will man wohl die Probleme erklären die daraus immer wieder erwachsen? Wieso gibt es immer wieder Vorfälle wie Blutrache, die mit unseren Gesetzen nichtmal ansatzweise vereinbar sind und über die jeder Deutsche nur ungläubig den Kopf schüttelt? Vielleicht ja einfach deswegen, weil in vielen muslimisch geprägten Ländern Blutrache etwas völlig normales ist, hierzulande aber nicht.
Oder wie erklärt man dann die 30% an Bosniern in Fulpmes?
Du willst nicht ernsthaft diese 17 Quadratkilometer mit ganzen Ländern vergleichen, oder? In Berlin ist auch mehr als die Hälfte der Einwohner ausländischer Herkunft und was sich daraus ergibt bezeichnen Einheimische wie Besucher/Touristen zumeist als Klein-Istanbul. Jeder merkt also, dass Stadtteile wie Neukoelln, Kreuzberg oder Wedding nicht mehr viel mit Deutschland zu tun haben und ordnen sie eher muslimischen Gebieten, wie in diesem Fall Istanbul, zu. Die Probleme, die sich daraus ergeben kennen wir auch zur Genüge... knapp 3-4 rechtsextreme Straftaten am Tag. Schulen in denen Förderunterricht aufgrund von Sprachdefiziten notwendig ist und in denen Deutsche als minderwertig behandelt werden. Stadtteile in denen man sich als Junge/Mann überlegen muss welche Frau man anspricht um nicht Gefahr zu laufen von ihren Brüdern zusammengeschlagen oder gar abgestochen zu werden. Und wodurch entstehen diese Problem wohl? Aufgrund der Tatsache, dass dort unterschiedliche Mentalitäten aufeinander prallen, die unterschiedlicher kaum sein können. Natürlich kommt man mit Leuten aus anderen Regionen relativ gut klar, wenn diese ähnliche Mentalitäten haben, weil sie z.B. direkt benachbart sind. Die Länder, die man aber gerade unter dem Banner der EU zusammenzwingen will unterscheiden sich in ihren Mentalitäten so stark, dass absehbar ist, dass dies zu weiteren Reibereien führen wird, wie wir sie heutzutage glücklicherweise nur in einzelnen Städten haben.
Die Menschen heutzutage bewegen sich frei über den Globus, sie halten sich nicht mehr an Staatsgrenzen (jetzt vergeht der oben genannten Grinser hoffentlich wieder).
Und dennoch müssen sie sich den örtlichen Gegebenheiten anpassen, wenn sie sich irgendwo niederlassen wollen. Warum müssen sie das? Weil unterschiedliche Kulturen mit unterschiedlichen Mentalitäten gegeben sind.
Das ist eben ein großes Problem der aktuellen Zeit, wie regelt man das Zusammenleben unterschiedlichster Kulturen?
Dann stell dir doch einfach mal die Frage warum das so ein Problem ist. Sicherlich auch deswegen weil man unterschiedliche Kulturen nicht einfach mit den gleichen Maßstäben behandeln kann. Wo Frauen noch im klassischen Rollenbild leben kann man nicht einfach eine Frauenquote für Berufszweige festlegen. Wo primär katholische Menschen leben, kann man keine FKK-Strände vorschreiben, nur damit sich eine geringe Minderheit nicht in ihren Freiheiten beschränkt fühlt. Wo Alkohol zum Lebensstil gehört, kann man keine Altersgrenze ab dem 21. Lebensjahr vorschreiben. usw. usf.
Im Grunde ist die Problematik überall sehr ähnlich, also warum nicht einen Mittelweg für alle finden?
Weil der Mittelweg für alle immer den Grossteil nicht zufrieden stellen wird. Und vor nichts haben Regierungen mehr Angst als vor unzufriedenen Bürgern, weil sie dann nämlich schnell mal abgesetzt werden. Auf EU-Ebene wird das dann aber nicht mehr möglich sein. Der Mittelweg, den du offenbar präferierst ist eine Diktatur. Jemand schreibt einen Mittelweg vor und alle haben nach dessen Pfeife zu tanzen.
Noch ein nettes Schlusswort am Ende: Wenn man sich darüber aufregt, dass man auf europäischer Ebene rein gar nichts durch Wahlen ändern kann, dann sollte man sich mal mit dem üblichen Gejammere vor nationalen oder sogar regionalen Wahlen beschäftigen. Da kann man scheinbar auch gar nichts ändern, also wo ist das besser als eine politische, europäische, Union?
Gegenfrage: Wenn die politische Union der EU nicht besser ist, wozu brauchen wir sie dann?

Die Abstimmungen zur EU-Verfassung haben doch wohl gezeigt, dass die Menschen keine gemeinsame Verfassung zustande bringen, wenn diese ihnen nicht aufgezwungen wird, weil sie eben doch regional sehr unterschiedlich veranlagt sind.
@Tarantoga: Glaubst du ernsthaft, dass die EU-Politiker irgendein Interesse an mehr Mitspracherecht der Bürger haben? Ihre bisherigen Entscheidungen zeigen ja wohl eher das Gegenteil.
Die Studien müsste ich erst raussuchen. Ich bin irgendwann mal über ein PDF gestolpert, wo auf diese eingegangen wurde. Und was du als "klappt ganz gut" bezeichnest, zeigt allein in Deutschland schon, dass es an der Verteilung der Mittel in der EU nichts ändern wird, wenn man diese unter ein politisches System zwingt. Selbst hierzulande haben wir arme und reiche Bundesländer. Ein Vorteil für die Bevölkerung wird also aus einem in Verwaltungsbereiche eingeteiltes Europa nicht bringen. Arme Gebiete werden weiterhin arm bleibem und reiche noch reicher werden.
Das grösste Problem des Euro ist übrigens nicht, dass er nicht zur Lokomotive wurde. Das haben diverse Ökonomen, Banker und auch viele Politiker bereits vor seiner Einführung vorhergesagt. Das grösste Problem des Euro ist, dass er keine reine Transferwährung ist und in wirtschaftlich unterschiedlich starken Ländern als regionale Währung mit überall dem gleichen Wert eingesetzt wird. Würde der Euro nur für den internationalen Handel eingesetzt, könnte regionale Unterschiede in den Wirtschaftsstärken durch regionale Währungen ausgeglichen werden ohne die Vorteile des vereinfachten Exports zu verlieren.