[TdW 3] Ist die FDP am Ende?

Das neue Thema der Woche beschäftigt sich mit der FDP, deren rasante Talfahrt, Selbstdemontage und personelle Wechselspiele derzeit im Schatten der Hauskredit-Affäre ein wenig untergehen: Ist die FDP am Ende?
 
Ist jetzt nicht dein Ernst. :D

Eine Partei, welche eigentlich mit wirtschaftlicher Kompetenz Wahlkampf macht und dann
bei einem Thema wie bei der Eurorettung eine Mitgliederbefragung durchführen muss.
Welche seit Jahren mehr Netto vom Brutto verspricht und dafür jede Möglichkeit des Schuldenabbaus
opfern würde.

Die Partei der Mitte, welche eigentlich für eine besonnene Politik des Ausgleichs stehen sollte
und Jahrelang einen Populisten an der Spitze geduldet hat, der vor jedem Fettnapf noch Anlauf genommen
hat, damit er auch mit beiden Beinen darin landen konnte und es immer noch nicht schafft
sich von dieser und anderen Bremsbacken, die Ansichten vertreten, welche schon längst
in anderen Parteien glaubwürdig vertreten werden, zu trennen.

Die "Wir haben verstanden" Partei, welche überhaupt keine gemeinsame Position mehr vertritt,
sondern aus Angst vor Neuwahlen oder Unfähigkeit, die Entscheidungen des grossen
Koalitionspartners abnickt in der Hoffnung, dass dieser einen Krümel übrig lässt was sich
als FDP-Position verkaufen lässt.

Nein, diese Partei in der momentanen Konstellation braucht nicht einmal mehr der Mittelstand,
welcher bisher immer seine Hoffnungen in sie gesetzt hat.

Gruss
 
Das Hauptproblem der FDP ist das sie nur mit einem Thema assoziiert wird: Der Wirtschaft. Und das ist das absolut falsche Thema, um in Zeiten wie diesen zu Punkten. Obwohl die FDP mit der jetzigen Krise überhaupt nichts zu tun hat, ist sie in den Gedanken des 0815-Bürgers so fest mit dieser verknüpft, dass die FDP, selbst wenn sie ab morgen die beste Politik der Welt machen würde, keine Chance hätte wieder aus ihrem Tief zu kommen. Die Medien tragen ihr übriges dazu bei, so ist es doch erstaunlich, dass der Ausgang der Mitgliederbefragung fest mit dem Rücktritt Röslers verbunden wurde, aber in BaWü das Schicksal von Kretschmann nicht an die Volksabstimmung - wo sind da die Rücktrittforderungen?

Aber auch sonst wird eine liberale Partei in Deutschland nicht mehr benötigt, da in Deutschland kein Bedarf an Freiheit (und vor allem kein Bedarf an die daran gebunden Pflichten) besteht. Der gemeine Deutsche sitzt lieber im goldenen Käfig, das Leben planbar von Geburt bis Tod und vor allem sicher vor sämtlichen Unwägbarkeiten, die ein freies Leben mit sich bringt.
 
xrayn hat gesagt.:
Obwohl die FDP mit der jetzigen Krise überhaupt nichts zu tun hat, ist sie in den Gedanken des 0815-Bürgers so fest mit dieser verknüpft, dass die FDP, selbst wenn sie ab morgen die beste Politik der Welt machen würde, keine Chance hätte wieder aus ihrem Tief zu kommen. Die Medien tragen ihr übriges dazu bei[...]
Das klingt jetzt ein bisschen so, als wäre die FDP ein schuldloses Opfer widriger Umstände und der bösen Medien - das sehe ich aber irgendwie anders. Du sagst zum einen die FDP hätte mit der jetzigen Krise überhaupt nichts zu tun, aber es war gerade das Dogma von unkontrollierten, unregulierten Freien (Finanz-)Märkten, für das die Liberalen noch mehr als die Konservativen stehen, das diese Krise mitverschuldet und verstärkt hat. Und sie haben auch nichts daraus gelernt - während selbst britische Erz-Konservative Politiker und Publizisten einräumen der neoliberale Marktfundamentalismus sei nicht nur ein Fehler gewesen, sondern geradezu zu einer Bedrohung geworden, wiederholt die FDP gebetsmühlenartig Dinge wie Deregulierung, Privatisierung und Steuersenkung. Dazu kommt die, end4win deutete es bereits an, endlose Kette von Skandalen, Fehltritten und Missgeschicken von liberalen Spitzenpolitikern...:rolleyes:
Falls diese Partei am akuten Wählerschwund versterben sollte - ihr Grab haben sie sich ganz allein geschaufelt.

xrayn hat gesagt.:
Aber auch sonst wird eine liberale Partei in Deutschland nicht mehr benötigt, da in Deutschland kein Bedarf an Freiheit (und vor allem kein Bedarf an die daran gebunden Pflichten) besteht.
Die FDP ist ja nun schon lange keine Bürgerrechtspartei mehr - die einzige Stimme aus der Partei, die sich zu solchen Themen noch halbwegs glaubhaft erhebt, ist Leutheusser-Schnarrenberger, die sich letztlich doch nie wirklich gegen die Union durchsetzen konnte. Denn um den Koalitionsfrieden wenigstens auf Sparflamme zu halten und damit den Machterhalt zu sichern, hat die FDP letztendlich noch immer vor der Union gekuscht.
Vielleicht sollte ich daher meine obige Einschätzung auch revidieren: Sie haben ihr Grab nicht ganz allein geschaufelt - sie hatten tatkräftige Hilfe von der Union und insbesondere von der CSU...;)
 
Das klingt jetzt ein bisschen so, als wäre die FDP ein schuldloses Opfer widriger Umstände und der bösen Medien - das sehe ich aber irgendwie anders.
Was der Atomkraft Fukushima war, ist der FDP die Eurokrise.

während selbst britische Erz-Konservative Politiker und Publizisten einräumen der neoliberale Marktfundamentalismus sei nicht nur ein Fehler gewesen, sondern geradezu zu einer Bedrohung geworden,[...]
Womit sie alle falsch liegen. Der Ur-Ursprung der Krise liegt doch in der politischen Entscheidung, dass jeder Amerikaner sich ein Häuschen leisten soll. Eskaliert ist das dann alles dadurch, dass man die Gläubiger nicht am Risiko beteiligt hat. Das hat nichts mit Kapitalismus zu tun, sondern damit, dass die Staaten sich falsch verhalten haben. Hätten sie anders gehandelt, wären eben ein paar Banken pleite gegangen, Lebensversicherungen, Renten und Sparguthaben futsch, aber da der gemeine Deutsche ja eh arm wie ne Kirchenmaus ist, wäre es ein leichtes für den Staat gewesen, diese Verluste zu ersetzen. Was stattdessen passiert bekommt man ja täglich von den Medien in den Arsch geschoben.


Die FDP ist ja nun schon lange keine Bürgerrechtspartei mehr - die einzige Stimme aus der Partei, die sich zu solchen Themen noch halbwegs glaubhaft erhebt, ist Leutheusser-Schnarrenberger, die sich letztlich doch nie wirklich gegen die Union durchsetzen konnte. Denn um den Koalitionsfrieden wenigstens auf Sparflamme zu halten und damit den Machterhalt zu sichern, hat die FDP letztendlich noch immer vor der Union gekuscht.
Vielleicht sollte ich daher meine obige Einschätzung auch revidieren: Sie haben ihr Grab nicht ganz allein geschaufelt - sie hatten tatkräftige Hilfe von der Union und insbesondere von der CSU...;)
Lies nochmal genau, ich habe von einer liberalen Partei gesprochen, nicht von der FDP, die den liberalen Gedanken wohl im Keller neben ihren Umfragewerten vergessen hat. Wie gesagt, kein Bedürfnis nach Freiheit in Deutschland.
 
Nein, xrayn sie wird nicht mehr mit Wirtschaft verbunden. Sie steht inzwischen für gar nichts mehr.
Die Eurokrise hat mit ihrem Niedergang gar nichts zu tun.
Dies ist das Problem der FDP. Sie hat den Mittelstand im Stich gelassen, als Scheinselbstständigkeit
und Lohndumping nur die Grosskonzerne übervorteilte.
Sie hat den freien Markt gepredigt, in Zeiten wo ein gnadenloser Verdrängungswettbewerb
den Einzelhandel in den Städten in den Ruin getrieben hat und ein Einkaufszentrum nach
dem anderen auf der grünen Wiese entstand. Aber genau diese Unternehmer und ihre
gutbezahlten Fachkräfte waren ihr Wählerpotential und eben nicht die Franchiseunternehmen
und Marktketten, die fast unbemerkt Pleite gehen und am nächsten Tag mit einem neuen
Firmenschild Neueröffnung feiern entledigt von lästigen Zahlungsverpflichtungen
ans örtliche Handwerk und mit reduzierten Personalkosten.
Zuletzt zu sehen bei dieser Steuersenkung für Hoteliers, die nur für die grossen Hotelketten
lohnend war, für alle anderen nur mehr Verwaltungsaufwand bedeutete.

Statt hier zu reagieren und zu erkennen das etwas schief läuft, hat sie sich darauf
konzentriert Arbeitslose und Alleinerziehende zu diffamieren und Steuererleichterungen
für eine Klientel zu fordern, die eben nicht in Deutschland investiert hat.
Arbeit muss sich wieder lohnen zieht nicht bei dem Ein Euro Jober, der früher von der
gleichen Arbeit die Miete selber zahlen konnte.

Eine liberale Partei wäre durchaus eine feine Sache, wenn sie nicht nur die Liberalität
für das Kapital ihrer Grossspender fordern würde, sondern dafür sorgt das am Markt wieder
Chancengleichheit besteht und niemand aus Pleiten Gewinne scheffeln kann.

Gruss
 
Eine liberale Partei wäre durchaus eine feine Sache, wenn sie nicht nur die Liberalität
für das Kapital ihrer Grossspender fordern würde, sondern dafür sorgt das am Markt wieder
Chancengleichheit besteht und niemand aus Pleiten Gewinne scheffeln kann.
Jetzt machst du genau das, wohin dich unsere ach so neutralen und aufklärerischen Medien hin erzogen haben: Liberal = irgendwas mit Wirtschaft.

Liberalismus bedeutet aber in erster Linie, dass der Staat seine Fettfinger von dir lässt und deine Freiheit (ja auch wirtschaftliche, aber vor allem Meinungs- und Handlungsfreiheit) nicht zu Gunsten dubioser höherer Ziele einschränkt.
 
xrayn hat gesagt.:
Jetzt machst du genau das, wohin dich unsere ach so neutralen und aufklärerischen Medien hin erzogen haben: Liberal = irgendwas mit Wirtschaft.
Wieso sind immer die Medien an allem Schuld? Wenn Deutsche mittlerweile liberale Politik mit Wirtschaftslobbyismus & Klientelpolitik gleichsetzen, hängt das doch wohl vor allem mit der Politik zusammen, die die vorgebliche liberale Partei Deutschlands in den letzten zehn, zwanzig Jahren gemacht hat...
 
Jetzt machst du genau das, wohin dich unsere ach so neutralen und aufklärerischen Medien hin erzogen haben: Liberal = irgendwas mit Wirtschaft.

Liberalismus bedeutet aber in erster Linie, dass der Staat seine Fettfinger von dir lässt und deine Freiheit (ja auch wirtschaftliche, aber vor allem Meinungs- und Handlungsfreiheit) nicht zu Gunsten dubioser höherer Ziele einschränkt.

Nein, darauf bin ich durchaus eingegangen, ich hatte doch erwähnt, dass diese
Positionen von anderen Parteien glaubwürdiger vertreten werden. :wink:
Kaum jemand glaubt, nach den letzten 2 Jahren, dass die FDP irgendeine dieser Positionen
auch wirklich durchsetzen könnte.
Nicht mit den Köpfen an der Spitze.
Nicht mit der Angst vor Neuwahlen.
Das Einzige was diese Partei momentan retten könnte wäre ein bis zwei Legislaturperioden
in der Opposition, wo sie sich neupositionieren könnte ohne Regierungsentscheidungen
mittragen zu müssen. Doch dazu dürfte sie zuviele ihrer Wähler inzwischen verprellt haben
und da kein Ende des Kasperletheaters abzusehen ist, wird es nach der nächsten Wahl
wohl wieder eine grosse Koalition geben. Ich denke nicht dass die FDP es schafft
sich bis dahin so aufzustellen um die 5% Hürde zu meistern.

Gruss
 
Zuletzt bearbeitet:
Die FAZ beteiligt sich natürlich ebenfalls an der Diskussion unseres aktuellen Themas der Woche und bringt diesen interessanten und passenden Artikel: FDP: Der Untergang - Inland - FAZ

Hier mal ein vielsagendes Zitate aus dem Artikel:
Zur Erinnerung: Die FDP (eigentlich: Freie Demokratische Partei) ist eine deutsche Splitterpartei (aktuelle Sonntagsumfragewerte: drei Prozent), die sich früher einmal für Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Marktwirtschaft eingesetzt hat, seit langem aber nur noch am Erhalt der Macht (und der Regierungsfähigkeit) interessiert ist und gerade deshalb dramatisch Macht und Regierungsfähigkeit verliert. Anders gesagt: „Die FDP ist eine Partei in höchster Lebensgefahr“ (Gerhard Baum, FDP-Urgestein).
Besonders lustig finde ich aber das hier:
Ist die Schlacht für die FDP verloren? Es sieht ganz danach aus. Das Personal ist verbraucht: Die Uralten (Generation Genscher) und die ziemlich Alten (Generation Westerwelle) sind entmachtet, die Jungen (Generation Rösler) sind gefühlte Ewigkeitsjahre an der Macht, könnten es aber trotzdem nicht, und die noch Jüngeren (Generation Justin Bieber) sind aus Versehen bei den Piraten gelandet oder protestieren bei Occupy vor dem Turm der Europäischen Zentralbank und unter dem Zeichen des wankenden Euro.
Symptomatisch für die Lage der FDP ist auch die Neuigkeit das Ex-BDI Präsident Henkel, der Partei den Rücken kehrt und sich den Freien Wählern anschliesst:
Der langjährige FDP-Unterstützer gab in Berlin bekannt, dass er sich den Freien Wählern (FW) anschließt. Diese kritisieren ebenfalls die Euro-Rettungsschirme seit langem scharf. Einen formellen Mitgliederantrag habe er am Sonntag gestellt, so Henkel. Es sei nicht sein Ziel, der FDP den Todesstoß zu geben. "Die haben sich selbst umgebracht."
Quelle:
Früherer BDI-Präsident: Henkel ist dann mal Freier Wähler - SPIEGEL ONLINE - Nachrichten - Politik

Edit:
In der aktuellen und auf heute datierten Forsa-Umfrage konnte die FDP, die seit Wochen bei 3% dümpelte, sich endlich von diesem Wert lösen - jetzt ist sie bei 2%. Die gleiche Umfrage sieht die Piraten bei 9%...:)
Quelle: http://www.wahlrecht.de/umfragen/index.htm
 
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