Aktuell ist es doch so, dass die USA das Monopol bei der Vergabe der TLD's haben. Das ist m.A. nach der einzige Grund warum PRISM überhaupt etabliert werden konnte.
Das ist nicht so ganz korrekt. Die Entscheidungen über TLDs (Top-Level-Doains) liegen bei der ICANN (eine non-profit-organisation nach kalifornischem Recht, wo jeder mitmischen kann) und der IANA und leider hängt da eben die NTIA, die amerikanische Telekommunikations-Aufsichtsbehörde drin und zwar derart, dass sie quasi der IANA "verbieten" können eine neue TLD in die Root Zone einzutragen, selbst wenn die ICANN zustimmt. Das ist afaik erst einmal passiert und zwar bei .xxx, wobei die dann ja doch noch eingetragen wurden.
So. Und PRISM hat mit TLDs rein gar nichts am Hut weil das eine reine DNS Geschichte ist und mit Traffic/peering überhaupt nichts zu tun hat. Zwar vergibt die IANA auch die sog. AS-Numbers und sorgt dafür dass man mit seinem Netz beim Große-Jungs Routing mitmachen darf.. aber wer wo mit wem peert ist völlig dem Markt überlassen.
Bzlg. ITU/ICANN und WCIT sieht es so aus, dass die ITU im Grunde seine Felle wegschwimmen sieht - im Hinblick auf das Internet. Immer mehr Sachen werden über das Netz geroutet und die ITU möchte da gerne mitmischen. Dazu der von tara verlinkte Blog Artikel.
Guckt man sich die ISO und die IETF(die, die die RFCs bauen) an, so muss man sich gerade bei der IETF klarmachen, dass es um technische Standards geht. Es geht da nicht um Politik. Und wenn DNS Extensions im Sinne einer Abspaltung des DNS geht, so fokussiert sich eine IETF Arbeitsgruppe auf die technisch "beste" Möglichkeit. Jeder kann etwas bei der IETF einreichen - eine Bewertung wäre Zensur!
Jedenfalls ist es im Rahmen der ITU so, dass bei Diskussionn im Rahmen von Standardisierungsprozessen, durchaus auch politische Standpunkte eine Rolle spielen, ebenso wie die strategische Verteilung bestimmer Technologie, etwa Edge-Router, die ein mitschneiden sehr einfach machen.
Um auf die Frage einzugehen: Ich denke bei der Frage nach der Netzneutralitaet agieren die Regierungen- oder Geheimdienste sehr subtil. Prinzipiell ist Netzneutralitaet (so, wie die diskutiert wird) für die jetzige Situation akzeptabler. Spaltung von Netzen, als mögliches Ergebnis der Diskussion würde Überwachung verkomplizieren. Aber auch die ITU will das ja so, nur hätte die ITU eben auch gerne die Hoheit über das DNS - und das hat mit Überwachung, wie gesagt, wenig zu tun. Repressive Staaten merken jedoch, dass es praktikabler ist, soviel wie möglich selbst zu managen. Und Staaten könnten durchaus lokale Gesetze entwickeln, worin zB Fragen zum peering geregelt werden und nationaler Traffic das Land nicht verlässt, sofern das möglich ist. Eine zentrale Rolle spielen hier die IXPs (Internet Exchange Points), wie etwa der DE-CIX. Will man Traffic von inländischen Anbietern nicht "über den großen Teich" routen muessen, so ist ein eigener IXP fast notwendig.
Die Enthüllungen zu PRISM werden für die Geheimdienste dieser Welt nicht wirklich neu sein, also erwarte ich jetzt eher wenig Aktion seitens irgendwelcher Staaten. Der Iran, als Beispiel, ist schon etwas länger dabei, sich zu verkapseln und er hat - aus seiner Perspektive - gute Gründe dafür.
Um jetzt etwas abzuschweifen, sollte man sich mal folgende Fragen stellen:
- Glaubt ihr, die Politiker sind uns gegenüber in der Sache um PRISM ehrlich?
- Glaubt ihr, die Politik hat ein aufrichtiges Interesse an der Aufklärung?
- Glaubt ihr, das Bundeskanzleramt habe von all dem nicht ausreichend Kenntnis gehabt um zu erkennen, dass es einigen Punkten der Verfassung widerspricht?
Und die wichtigste Frage:
- Glaubt ihr, die Verantwortlichen werden die für PRISM/whatever benötigte Technologie "demontieren" und eintüten, Verträge kündigen, Leute entlassen und die Milliarden an Investitionen in diese Überwachungsstruktur in den Ofen schmeissen "NUR" weil sich weltweit ein paar Leute darüber beklagen?
Ich denke, die meisten, die sich ein wenig für Politik interessieren, können alle Fragen mit nein beantworten. In diesem Zuge kann man sich dann auch gleich mal klarmachen, dass die Überwachung real _ist_ und nichts was nun plötzlich da ist und verändert werden _kann_.
Also. Es hat wirklich wenig Zweck sich dem Problem politisch zu nähern. Je nachdem, wie es mit Snowden weitergeht, ist das Thema in 2-3 Monaten wieder vom Tisch und aus der öffentlichen Wahrnehmung getilgt. Jede weitere Enthüllung wird dem Volk dann zu öde sein.
Was passieren muss:
1) Paradigmenwechsel in unseren Wertvorstellungen in Bezug auf Freiheit und Privatsphäre. Wir haben es verpennt und haben jetzt die Gelegenheit ein bischen was zu tun. Die Leute, die in 20 Jahren Politik treiben, müssen verinnerlicht haben, dass Privatsphäre und Freiheit wichtiger sind als die ewige Mär von Arbeitsplätzen, Wirtschaftswachstum und Profit.
2) Technische Hilfsmittel für die "normalen" User. Neue Services und den Mut sie zu betreiben. Wir _brauchen_ die Hacker als Gegenpol. Wenn die Leute uns keine Software schreiben um sichere Kommunikation _einfach umzusetzen_, sind wir nackt. Ich denke in diesem Fall hat der Teil der Netzgemeinde, der wirklich etwas davon versteht, eine Art Verantwortung.