Zertifizierungen

Wir haben ja in letzter Zeit immer wieder mal ein paar Neuzugänge die sich über einen Quereinstieg in die Informatik erkundigen.
Wie die meisten wissen ist es als frisch Ausgebildeter oder als neuer Bachelor nicht besonders leicht auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, in fast jeder Stellenbeschreibung steht was von Zertifizierungen oder es werden komplette Allrounder gesucht, die alles bis ins kleinste Detail beherrschen.

Um aber nun mal auf den Punkt zu kommen, habe ich eine Frage in die Runde:
Was seht/denkt ihr sind die wichtigsten Zertifizierungen die man gebrauchen kann? Lasst uns mal das im Rahmen eines frisch ausgebildeten Fachinformatikers für Systemintegration halten. Was könnte dieser junge Mensch alles gebrauchen?
 
LPIC für Linuxer, Cisco-Kram (CCNA) und für Windowser natürlich MCSE-Kram. Damit hat man das, was am häufigsten gefragt wird.
 
Dennoch... solche Anzeigen sind eher selten. Lotus/IBM-Zertifizierungen für Notes und Domino sollte man daher imo dann machen, wenn man tatsächlich damit in Berührung kommt. Das Wall-Street-Journal schrieb bereits 2013, dass die Nutzerbasis von Notes immer kleiner wird und selbst grosse Unternehmen wie die FAA und JP Morgan Chase mittlerwelle zu MS oder Google wechseln. Dieser Abwärtstrend dürfte sich fortsetzen, auch wenn IBM durch Integration von Social-Media-Kram versucht gegenzuhalten. Bisher zeigt das meines Wissens nach wenig Erfolg. Hinzu kommt, dass viele der Notes-Installationen direkt von IBM betreut werden, so dass viele Sysadmins damit gar nicht in Berührung kommen, auch wenn es vom Unternehmen eingesetzt wird. Eher haben Entwickler damit zu tun.
 
Linux-Seitig sollte man noch die Redhat Zertifizierungen erwähnen - RHCSA/RHCE für Betriebssysteme RHJCA für Middleware.
 
Das kommt darauf an, wo dieser junge Mensch hin möchte. Neben den hersteller- und produktspezifischen Zertifizierungen zu diversen Betriebssystemen, Netzwerkprodukten oder Softwarelösungen gibt es auch hersteller- und produktunspezifische Zertifzierungen, z.B. im IT- und Informationssicherheitsmanagement (CISA, CISM; CISSP), im Projektmanagement (IPMA, Six Sigma), im Servicemanagement (ITILv3), als Nachweis von herstellerunabhängigem Praxiswissen (CompTIA Network+, Security+, ...), Software/Systems Engineering (GfSE), usw...

Produktspezifische Zertifzierungen kann man - meiner Ansicht nach - über Zeit ansammeln und sollte zusammen mit einer Schulung von der Arbeitgeberin übernommen werden, wenn sie ein Interesse an der Weiterentwicklung der eigenen IT hat und IT nicht nur als lästiges Übel betrachtet. Oder anders ausgedrückt: Als Anfänger ist es schön solche Zertifikate zu besitzen, allerdings sollte man sich nicht zu viel darauf einbilden, da gerade die Einstiegszertifikate inzwischen sehr weit verbreitet sind und meist den Ruf besitzen, dass man mit ein wenig Auswendiglernen die Prüfung schon schaukelt. Interessant wird es bei herstellerspezifischen Zertifikaten erst ab höheren Zertifzierungsleveln (CCIE, o.ä.), für die man aber nicht nur formal einige Jahre Erfahrung nachweisen, sondern meist auf praktisch vorführen muss.

Herstellerunabhängige Zertizierungen könnte man im Gegensatz zu produktspezifischen Zertifzierungen mit Ausnhame der höheren Stufen auch als Maßnahme einer beruflichen Weiterentwicklung betrachten, da sie einerseits oft anerkannt sind und dich für höhere Aufgaben im Management qualifizieren und andererseits eine grundlegende Basis bilden, auf der man auch mit produktspezifischen Weiterbildungen weiter aufbauen kann. Der Nachteil hierbei ist allerdings meist der Preis, z.B. kann man für einen CISSP gut und gerne auch mal 7000€+ hinlegen.

Was bislang noch nicht zu Sprache kam sind Weiterbildungen im Rahmen eines (dualen) Bachelorstudiums. Auch das könnte für FiSis interessant sein, gerade, wenn man mit der aktuellen Anstellung und den allgemeinen Jobaussichten nicht zufrieden ist.

edit:
Und erlaube mir noch eine Randbemerkung: Schau dir an, was gerade aktuell ist, z.B. was auf heise oder in deren Magazinen iX und ct diskutiert wird. Von Novell oder Domino liesst du dort nichts, dafür viel mehr von vmware, Amazon EC2 und Co. (Cloud!), Siemens (SCADA, ICS!), Hadoop (Big Data!), diversen Javascript-Framworks (WebDev!), Puppet (DevOps!), ... Herstellerzertifizierungen bringen dich nur kurzzeitig weiter, nach zwei Jahren ist das Wissen meist schon wieder obsolet. Daher gilt hier: Halt die Nase in den Wind und gehe mit. Herstellerunabhängige Zertifzierungen dagegen können gut und gerne mehrere Jahre überdauern und dienen dir deswegen auch als Basis und Stützen für die berufliche Weiterentwicklung.
 
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So und was haltet ihr dann von den Weiterbildungen: IT-Spezialist und IT- Operative Professional bzw dann auch noch strategische Profesionals?
 
Ich frage mich, wie wichtig Technologie Spezalisierungen heute eigentlich noch sind.

Ich mache gerade eine Ausbildung zum FiSi bei einem Softwarehersteller und studiere neben dem Beruf Wirtschaftsinformatik an einer FH. Auf der Arbeit bin ich hauptsächlich im Virtualisierungsumfeld unterwegs (VMware, Hyper-V, Xen) und der Automatisierung der Systeme (Powershell, Perl, Python). Wir haben rund 1000 virtuelle Maschinen die wir pflegen und ausbauen. Letztendlich geht es immer darum, Prozesse zu optimieren weil das händisch bei uns nicht mehr machbar ist.

Technologien sind bei uns immer recht temporär, wir wechseln z. B. nun zum dritten mal die Datenbank hinter unserer Software (Informix, MSS, jetzt Oracle SQL). Mein Eindruck ist, dass man das meiste für die tägliche Arbeit nachschlagen kann bzw. sich schnell mal quer einlesen kann. Ich sehe z. B. kein Bedarf warum ich ein "VMWare Experte" sein sollte und Geld in Zertifikate investrieren sollte. Das könnte ich in unserem Unternehmen niemals vollständig einsetzen, auch wenn wir viel mit VMWare arbeiten. Jetzt wird z. B. darüber disskutiert Teile mit Docker zu realisieren. Das gleiche bei den Datenbanken. Wo ist mein Nutzen wenn ich jetzt einen MSCA in MSS SQL mache? Soll ich dann das Unternehmen verlassen wenn wir die Technologie wechseln oder für die neue Technologie wieder ein Zertifikat machen? Wenn es um richtig kritische Infrastruktur geht oder Einführung einer neuen Technologie, lassen wir z. B. jemanden von Microsoft o.ä aus Redmond einfliegen. Das wäre z. B. so ein Experte, von dem ich erwarte dass er Hyper-V in all seinen Facetten kennt. Was hat aber der Otto-Normal IT'ler davon?

Zumindest ich auf der Arbeit muss eine Art Allrounder sein, auch wenn es natürlich andere Bereiche gibt, die etwas anderes machen. z. B. die Leute die das AD betreuen. Das wird ja auch im Regelfall nur einmal aufgesetzt und dann nur noch gepflegt. Welchen Nutzen habe ich davon wenn ich das kann? (Klar privat kann man sich das mal anschauen, es ist auch Thema in der Berufsschule, aber das sind so Sachen, warum muss man darin ein Experte sein der das per Zertifikat nachweisen kann?) ...

Ich verstehe das nicht. Wenn ich für alle Technologien mit denne ich täglich Arbeite Zertifikate machen würde, dann müsste ich glaube ich Buddhist werden, denn in diesem Leben wird das nix mehr ...
 
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