Plötzlich wird es still im kleinen Saal des New York Public Theater an der Lafayette Street. Das Lachen verstummt, das Publikum rutscht unruhig auf seinen Stühlen hin und her.
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Vorbei sind die selbstironischen Witzeleien über den
Apple-Kult, zu dessen Jüngern er sich seit Kindheit zählt, vorbei sind die blumigen Anekdoten über den Werdegang von
Steve Jobs vom LSD-schluckenden kalifornischen Hippie zum erfolgreichsten Unternehmer des 20. Jahrhunderts.
Stattdessen spricht der passionierte Journalist und Drehbuchautor nun über 13-jährige Kinder, die 16-Stunden-Schichten arbeiten und auf dem Fabrikboden schlafen. Er spricht von einer Selbstmordserie auf dem größten Fertigungsgelände für Elektronikgeräte der Welt, wo rund die Hälfte unserer kleinen Lieblingsspielzeuge herkommen. Er redet von alten Männern, deren Hände von der jahrelangen Akkordarbeit verkrüppelt sind und von Frauen, die unheilbar nervenkrank sind, weil sie jahrelang das Reinigungsmittel eingeatmet haben, mit dem iPod Touchscreens poliert werden.
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Im vergangenen Jahr trat Daisey dann eine Reise nach Shenzhen an, jener Industriestadt in der Provinz Guangdong, wo die Mehrzahl aller iPhones, iPads und MacBooks entstehen, mit denen sich die Info-Elite in den urbanen Zentren des Westens so gerne schmückt.
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Shenzhen ist der Sitz des Foxcoon Konzerns - einem chinesischen 110 Milliarden Dollar-Riesen, der davon lebt, für den Westen extrem billig und extrem effizient Elektrogeräte zu fertigen. Foxconn-Chef Terry Gou ist in der Industriewelt dafür bekannt, die Fertigungskette bis auf die kleinste Handbewegung zu rationalisieren. Man liebt ihn, weil er nach Bedarf das Produktionsvolumen praktisch unbegrenzt steigern kann: Er lässt dann einfach die Schichtlängen verdoppeln.
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Daiseys Schilderungen des Foxconn-Werks lassen noch den hingebungsvollsten Apple Verehrer erschaudern. Da ist die unvorstellbar gigantische Foxconn-City, mit Tausenden Arbeitern, Landflüchtlinge zumeist, die hier auch in ärmlichen Baracken zusammen gepfercht hausen. "Es ist dort, als hätte Blade Runner sich selbst angekotzt", sagt Daisey. Er beschreibt die monströsen Kantinen mit 10.000 Sitzplätzen, die rund um die Uhr geöffnet haben, um alle Schichten zu bedienen. Und er schildert die Fangnetze, die zwischen die Hochbauten gehängt wurden,
nachdem sich vor zwei Jahren Arbeiter serienweise von Dächern zu Tode gestürzt hatten. "Das ist anscheinend ihre Version unternehmerischer Verantwortung", ätzt Daisey.
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"Jobs wusste all das. Er hatte den Arbeitern in China den Rücken zu gekehrt."