Hans-Peter Uhl
sagte am 19. Oktober im Bundestag im Rahmen der Aktuellen Stunde zum Thema Staatstrojaner: „
Das Land wird von Sicherheitsbehörden geleitet, die sehr kontrolliert, sehr sorgfältig, sehr behutsam mit dem sensiblen Instrument der Quellen-TKÜ umgeht – und so soll es auch sein. Das heißt es wäre schlimm wenn unser Land am Schluss regiert werden würde von Piraten und Chaoten aus dem Computerclub. Es wird regiert von Sicherheitsbeamten, die dem Recht und dem Gesetz verpflichtet sind.“
Diese im Nachhinein aus dem Protokoll des Deutschen Bundestages getilgten Versprecher des Innenpolitischen Sprechers von CDU/CSU im Deutschen Bundestag, Dr. Hans-Peter Uhl, haben mehr als nur einen wahren Kern. Sie stellen eher als Versprecher eine Freudsche Fehlleistung der freien Rede des Law-& Order-Bayerns dar.
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In kaum einem Bereich sind Bedarfsträger wie das Bundeskriminalamt (BKA) mit politisch Agierenden aus Legislative und Exekutive stärker mit Industrie und Forschung personell und wirtschaftlich verwoben als in der Inneren Sicherheit . Da stellt sich einem schon häufiger die Frage, wer regiert - in Deutschland wie auch in der EU.
Redet er vom Bundeskriminalamt, pflegt Uhl, der gerade als Parlamentarier ein Überwacher der Überwacher sein müsste, stets vom „WIR“ zu sprechen. Man geniert sich neben bei bemerkt auch gar nicht, diese Verfilzung nach außen hin darzustellen, wie dies auf dem obigen Schaubild so transparent wie unverfroren seitens der
german european security association e.V. (GESA) dargestellt wird.
Stellvertretender Vorstandsvorsitzender dieser Vereinigung ist
Dr. Hans-Peter Uhl, Innenpolitischer Sprecher der Union im Bundestag. Es lohnt sich also, sich mit diesem Verein und der „Sicherheitsszene“ nebst deren Klüngel einmal näher zu beschäftigen. Man erinnert sich da natürlich auch gerne an
„Mr. Biometrie“ Otto Schily, der mit der Sicherheitsbranche
gleichfalls auch persönlich aufs Engste verbunden war.
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Was sich unter dem Deckmantel des Schutzes des Wertesystems verbirgt, ist wohl nichts als die Absicht, dem Netzwerk aus Industrie und Forschung Fördermittel und Aufträge zuzuschanzen. Etwas deutlicher wird dies
im Vereinsanliegen ausgesprochen, „
die Interessen Deutschlands zu formulieren und in den europäischen Dialog einzubringen sowie die deutsche Seite frühzeitig von europäischen Prozessen in Kenntnis zu setzen.“
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Dazu zählt zum Beispiel das Bundeskriminalamt, das als Teil der Exekutive von Uhl und Kollegen eigentlich kontrolliert werden sollte. Und dazu zählt aus dem Bereich der Forschung das Fraunhofer Institut mit dessen industrienaher Auftragsforschung.
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Auf Deutsch: Eine industrienahe Wissenschaftsorganisation sitzt zugleich vorsitzend in den Gremien, aufgrund deren Empfehlungen sie letztlich auch auf staatliche und industrielle Forschungsmittel hoffen darf. So ist es auch erklärlich, warum neben einigen CDUlern und FDP -Leuten im Zirkel auch der SPD-Mann
Norbert Glante mitspielen darf.
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Geschäftsführer des „selbstlosen Vereins“ ist seit 2007
Christoph Stroschein. Der Berufslobbyist arbeitet nach eigenem Bekunden für die „
öffentliche Hand, die Industrie, die Forschung“ als „
politischer Berater“. Das ist nicht übertrieben. Der viel beschäftigte Mann ist nebenbei unter anderem noch
stellvertretender Vorsitzender im Fachbeirat der DIN-Koordinierungsstelle Sicherheitswirtschaft (KoSi), stellvertretender Vorsitzender im Fachbeirat der
DIN-Koordinierungsstelle IT-Sicherheit in der Normung (KITS), gehört dem Beratungsgremium des Bundeswirtschafts- und Technologieministeriums zur „industriepolitischen Strategie für die zivile Sicherheitswirtschaft“ an, und sitzt, wiederum als Beirat, im Fraunhofer „Program Committee Future Security“ sowie beim Fraunhofer-Innovationscluster „Sichere Identität“ etc. etc. Dies ist also das Umfeld, in dem sich Uhl und die weiteren nationalen und europäischen Abgeordneten tummeln, die über unsere Forschungsprogramme entscheiden.
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Überwiegend finden sich im Gremium aber Firmenvertreter, für die solche Beträge eher Peanuts darstellen. So sind dort wiederum Bosch, die Rüstungsschmiede Diehl, Bruker,
Smith Heimann (das ist ein Hersteller eines Nacktscanner-Gerätes), SAP, Siemens etc. neben den Vertretern der Behöden. Letztere beispielsweise in Gestalt des BKA-Vizepräsidenten
Prof. Dr. Jürgen Stock.
Es ist eben praktisch, mit seinem Nacktscannerhersteller aus Wiesbaden gemeinsam in einem „wissenschaftlichen Gremium“ zu sitzen. Apropos: Während der Körperscanner-Euphorie
war auch hier wieder Uhl vorne dran: In Zeiten des Massentourismus könne man auf Körperscanner nicht verzichten, „
um Terroristen aus dem Strom der Fluggäste schnell herauszufischen“.
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Hinzu kommt, dass die „gemeinnützige“ GESA in Berlin einigermaßen
exklusiv am Platz der Republik 1, 11011 Berlin residiert. Falls jemandem diese Adresse irgendwie bekannt vorkommt: Richtig. Sitz des Vereins ist der Deutsche Bundestag selbst, konkret das vom Steuerzahler finanzierte dortige
Europaabgeordnetenbüro des GESA-Vorstands Dr. Christian Ehler.
Die Sicherheits-Lobbyisten von Nacktscanner & Co. müssen sich also gar nicht mehr erst die Mühe machen, ins Parlament zu gehen. Sie haben dort bereits ihr Büro und unter anderen ihren Uhl. Kein Wunder, dass der Mann auf die Idee kommt, das Land werde von Sicherheitsbeamten regiert.