Du hast doch die Statistik der Drogentoten selbst verlinkt und findest die Anzahl von 1990 nicht? Und nein... die Statistik von vor 2-10 Jahren wäre keineswegs interessanter, da diese Leute mit Sicherheit noch keine Kinder im Alter von min. 12 Jahren haben. Du vergleichst ja schliesslich die heutigen Eltern ("die Vorgänger") mit den heutigen Jugendlichen. Viel eher sollte man da noch weiter zurück gehen: 1980 gab es 494 Drogentote. DAS sind jene Elterngenerationen, von denen du behauptest, dass sie mehr Drogen konsumiert hätten als die Jugendlichen heute, bei denen es 2003 1477 Drogentote (also fast 3 Mal soviele) gab. Nur weil in den letzten 10 Jahren die Tendenz wieder leicht rückläufig ist, widerlegen diese Zahlen trotzdem, dass in den aktuellen Elterngenerationen ("bei den Alten") mehr Drogen genommen wurden als bei der heutigen Jugend. Und übrigens: An Drogentoten kann man sehr wohl auch den Konsum messen. Denn den "verantwortungsvollen Umgang" mit Drogen gibt es nicht, oder willst du ernsthaft behaupten, dass vor 30 Jahren die Leute zwar mehr Drogen genommen haben, aber das wesentlich verantwortungsvoller? Und sie haben mehr Komasaufen gemacht, hatten aber nicht so oft eine Alkoholvergiftung?

Heroin war damals genauso gefährlich wie heute. Zeug wie Crack, Ecstasy u.ä. gab es damals (vor 30 Jahren) auch schon. Und sauberer war der Stoff auch nicht.
Naja... however... schauen wir auf die Bildung... Ja sicherlich ist in der heutigen Schulbildung mehr Bildungsmasse vorhanden, aber kaum ein Thema wird noch richtig vertieft. Wenn ich heutigen Jugendlichen begegne, dann können die ohne Taschenrechner oft noch nicht einmal das große Einmaleins. Dass mehr Wissen in der Schule gelehrt wird, hat aber auch eine einfache Ursache: die Naturwissenschaften haben sich einfach weiter entwickelt. Wissen, das Leute wie Hawkings erst "marktreif" gemacht haben, konnte man damals einfach nicht lehren, weil es noch niemand kannte. Was heutzutage in die Köpfe der Kids gepumpt wird, ist genauso ein Einheitsbrei, nur eben mit noch mehr Fachwissen angereichert, das sie in ihrem Leben niemals brauchen werden, wenn sie sich nicht gerade auf das entsprechende Fach beruflich ausrichten. Eine größere Auswahl haben sie dadurch auch nicht. Sie lernen nur immer mehr Details.
Aber nun mache mal ein einfaches Gedankenexperiment: Vor 30 Jahren war die Wissenschaft noch nicht so weit fortgeschritten wie heute. Entsprechend weniger Wissen gab es zu vermitteln. In 30 Jahren wird es wiederum noch mehr Wissen zu vermitteln geben als heute. Willst du das dann auch noch alles in den Lehrplan von 10-12 Jahre Schule aufnehmen? Und wie sieht es in 200 Jahren aus, wenn das Wissen sich nochmal vervielfacht hat? Die Kids müssen immer mehr im gleichen Zeitraum lernen. Wozu das führt, sieht man in der Gesellschaft sehr deutlich. Der Leistungsdruck steigt immer weiter. Psychische Störungen nehmen unter Jugendlichen immer weiter zu. Der Drogenkonsum wäre keineswegs rückläufig in den letzten Jahren, wenn er nicht so extrem kriminalisiert würde. Schulabgänger können dir zwar das Atomgewicht aller Elemente des PSE auswendig daher beten, aber wie man einen Ionennachweis macht, haben sie längst aus ihrem Kopf verdrängt, weil es nur in 1-2 Chemiestunden Thema war. Das ist aber das, was sie eigentlich in einer Ausbildung zum Chemiker bräuchten. Sie können dir erklären was Hadronen sind und was ein Spin ist, aber sie können nicht einmal das Hebelgesetz in der Praxis anwenden, was ihnen in der Ausbildung zum Bauarbeiter wesentlich eher nützlich wäre. Sie können die Stichprobengröße mit der Tschebyschow-Ungleichung bestimmen, aber zum Ausrechnen von 13,33/4 brauchen sie einen Taschenrechner. Das ist sicherlich etwas überspitzt ausgedrückt, aber im Groben beschreibt es die Erfahrungen, die ich mit Jugendlichen heutzutage mache. Und da kann man wohl kaum von einem profunden Wissen sprechen. Es ist allerhöchstens ein profundes Halbwissen. Aber nein, das ist Fachwissen, das in Studien und Ausbildungen gelehrt werden sollte. Und vor allem ist es immer mehr Wissen, das in 10-12 Jahre Schule gequetscht wird. Wo soll das noch hinführen? Will man in Zukunft Differentialgleichungen in der 3. Klasse lehren, damit für den Rest noch genug Zeit bleibt?
Und warum haben denn die Eltern früher ihre Kinder bei der Bildung besser unterstützt? 1. weil sie mehr Zeit dafür hatten und 2. weil sie in der Schule ziemlich den gleichen Stoff gelernt hatten. Wer aus der heutigen Elterngeneration hatte in der Schule mit Quantenphysik zu tun? Welche heute 50-Jährigen mussten in der 10. Klasse Wahrscheinlichkeitsrechnungen machen? Die Eltern können ihre Kinder in der Oberstufe oder gar im Abitur kaum noch unterstützen, weil sie den Stoff, der da heutzutage gelehrt wird, nie hatten.
Womit du allerdings Recht hast, ist die Tatsache, dass man sein Kind trotzdem fördern sollte, selbst wenn man nicht direkt unterstützen kann. Mein Vater hatte dazu einen guten Spruch: "Dumm kann man sein, man muss nur wissen wo's steht." Entsprechend hat er mir z.B. immer wieder Bücher in die Hand gedrückt, als er merkte, dass ich ein Interesse für Chemie entwickelte und er bei meinem Wissensstand nicht mehr mithalten konnte. Ich habe dadurch gelernt mir selbst Wissen anzueignen. Das geht gerade den noch jüngeren Elterngenerationen wirklich ab. Es nimmt immer mehr zu, dass "der Schubs in die richtige Richtung" von den Eltern nicht mehr kommt. Und durch die antiautoritäre Erziehung, die sich durch die 68er breit gemacht hat, fehlt zumeist auch die notwendige Strenge, die Kinder nunmal brauchen um in ihre Schranken gewiesen zu werden. Aber auch das liegt in unserer gesamten Gesellschaft verankert. Früher war die Bindung zwischen den Generationen wesentlich enger als heute. Die Familien wohnten zumeist in der gleichen Stadt und so lernten die Eltern von ihren Eltern und älteren Geschwistern wie Erziehung funktioniert. Dieser Erfahrungsaustausch zwischen den Generationen fehlt heutzutage, weil die älteste Generation ihre Rente in einem warmen Land im Süden verbringt, die älteren Geschwister wegen eines Jobs in's Ausland gegangen sind und so die jungen Eltern allein dasitzen und sich all das selbst aneignen müssen, was sie vor 70-80 Jahren noch von den älteren Generationen gelernt hätten. Ich erlebe dies schliesslich gerade selbst am eigenen Leib. Ich wohne mit meiner Freundin in Berlin, und sämtliche älteren Generationen unserer Familie leben in Bayern. Lediglich mein Vater ist noch hier und den sehe ich ca. 1 Mal im Monat, weil ich von morgens bis abends (und oft bis in die Nacht) arbeite. Und mal so kurzerhand 8 Stunden Fahrt nach München und 8 Stunden wieder zurück sind auch nicht mal so zwischendurch machbar.
Wenn du selbst einmal ein Kind hast, wirst du die Situation der Jugend sicherlich anders betrachten. Du wirst sehen, dass sich mit Lebenserfahrung auch die Sichtweisen ändern, die man annimmt. Vielleicht greifen wir das Thema ja in 15-20 Jahren nochmal auf. Dann hat mein Kleiner seine Schule auch hinter sich und ich werde mich vermutlich wundern, was er so alles weiss und mich darüber ärgern, was er so alles nicht weiss. Und du hast dann evtl. auch bereits ein Kind und wirst dich dann evtl. auch fragen: "Wozu muss mein Kind theoretische Quantendynamik lernen?"
Ich hab in der Schule übrigens gelernt, dass man Argumente mit Fakten untermauern sollte. Du auch?
