Wenn man das Weltgeschehen in den Medien verfolgt, könnte man den Eindruck gewinnen das die Menschen endgültig genug haben: Occupy Wallstreet hat weltweit Schule gemacht und wütende und ängstliche Bürger in aller Welt demonstrieren gegen Spekulanten, Finanzhaie und zügellosen Kapitalismus. Angesehene Ökonomen wie
Max Otte geben Zitate von sich wie "Wir schützen die Reichen, die den Staat gekapert haben" und selbst Erz-Konservative wie der britische Publizist Charles Moore
geben öffentlich zu das sich unser System so pervertiert hat, das es nur noch dazu dient "wenige Gierige" zu bereichern. Doch wenn man den, zugegebenermaßen eher reißerischen, Titel dieses Threads wörtlich nimmt und das ganze als eine Art Kampf betrachtet, dann scheinen die Finanzhaie Runde um Runde zu gewinnen.
Erst vor wenigen Tagen waren die Medien voll von Meldungen über das Ergebnis des Euro-Gipfels, auf dem der Schuldenschnitt und eine "substanzielle Beteiligung" der Banken beschlossen wurde - klingt fast nach einer Schlappe für die Bänker, oder?
Hier mal ein interessantes
Zitat zu dem Thema:
Wenn man in diesen Tagen die Zeitungen aufschlägt, stößt man immer wieder auf die Aussage, die EU-Regierungschefs hätten beim Gipfel einen 50%-Schuldenschnitt für Griechenland beschlossen. Dies ist jedoch gleich in vielfacher Hinsicht falsch. Es wurde vielmehr gar kein Schuldenschnitt – in welcher Höhe auch immer – beschlossen, sondern lediglich angekündigt, dass man die Banken und Versicherungen zu Verhandlungen einlädt, an deren Ende ein Anleihentausch stattfinden soll, bei dem die Institute auf freiwilliger Basis ihre Griechenlandanleihen gegen andere Anleihen eintauschen können. Da die Details somit erst noch ausgehandelt werden, gibt es auch noch unzählige Möglichkeiten, wie die Banken diese 50%-Marke ad absurdum führen können, und es ist sehr wahrscheinlich, dass ihnen das auch gelingen wird.
Das klingt irgendwie schon ganz anders, oder? Für mich klingt das nach einem weiteren Sieg der Finanzhaie. Vor zwei, drei Jahren - mitten in der Bankenkrise - hatten Politiker in aller Welt gelobt die Banken an die Leine zu legen und die Finanzmärkte stärker zu regulieren. Und was ist passiert? NIchts. Auch in der Euro-Krise wurde immer wieder vollmundig verkündet die Banken, die gutes Geld an schuldenmachenden Staaten verdienen, müssten sich stärker beteiligen - und was ist passiert? Banken & Versicherungen können auf "freiwilliger Basis" Griechenlandanleihen gegen andere Anleihen tauschen. Freiwillig ist sowieso ein oft gebrauchtes Wort wenn es um Forderungen der Politik an die Wirtschaft geht. Banken & Versicherungen sollen sich freiwillig beteiligen und sogar Innenminister Friederich, eigentlich ein Fan von strikten Verboten und totaler Überwachung (dafür bricht er auch gerne mal das Grundgesetz), setzt bei Facebook auf
freiwillige Selbstverpflichtung in Bezug auf den Datenschutz...

Ist die Politik der Wirtschaft gegenüber wirklich so zahnlos? Fank Schirrmacher, Mitherausgeber der konservativen FAZ, schrieb da einen
interessanten Kommentar zu, hier mal ein Auszug:
Es wird immer klarer, dass das, was Europa im Augenblick erlebt, keine Episode ist, sondern ein Machtkampf zwischen dem Primat des Ökonomischen und dem Primat des Politischen. Schon hat das Politische massiv an Boden verloren, was man daran erkennt, dass alle politischen Begriffe, die mit dem geeinten Europa verbunden waren, im Wind zerstoben sind, wie Asche.
[...]
Sieht man denn nicht, dass wir jetzt Ratingagenturen, Analysten oder irgendwelchen Bankenverbänden die Bewertung demokratischer Prozesse überlassen?
Übrigens war Schirrmacher der Meinung Papandreous Volksbefragung wäre der richtige Schritt:
Papandreou tut nicht nur das Richtige, indem er das Volk in die Pflicht nimmt. Er zeigt auch Europa einen Weg. Denn in dieser neuen Lage müsste Europa alles tun, um die Griechen davon zu überzeugen, warum der Weg, den es zeigt, der richtige ist.
Papandreou ist mittlerweile eingeknickt, eingeknickt vor den Drohungen der anderen Staatschefs, aber vor allem auch durch die Drohungen von IWF, EZB und der Finanzwirtschaft.
Als Antwort auf Schirrmachers Kommentar über die "verramschte Demokratie" hat sich übrigens Jürgen Habermas (der Merkels Politikstil vor einer Weile als "von Demoskopie geleiteten Opportunismus" bezeichnet hat), einer der bedeutensten Soziologen der Gegenwart, in der FAZ
zu Wort gemeldet und auch hier gibt es denkwürdige Zitate:
Gewiss, in liberal verfassten Steuerstaaten hat immer ein Spannungsverhältnis zwischen Demokratie und Kapitalismus bestanden.
[...]
Natürlich liegen ideologische Beruhigungspillen, die die Vorstellung hervorrufen, das kurzfristige Wohl der Banken und der Shareholders sei eins mit den langfristigen Interessen der Bürger und der Stakeholders, immer griffbereit.
[...]
Das griechische Desaster ist jedoch eine deutliche Warnung vor dem postdemokratischen Weg, den Merkel und Sarkozy eingeschlagen haben.
Irgendwie ist das alles schon ziemlich deprimierend, oder? Allerdings erklärt das vermutlich solche Meldungen:
G-20-Gipfel in Cannes - Schonzeit für Zocker - Politik - sueddeutsche.de
Ergebnisse des G-20-Gipfels: Die Mächtigen schonen die Großbanken - SPIEGEL ONLINE - Nachrichten - Wirtschaft
G-20-Gipfel in Cannes: Ein Action-Thriller ohne Happy End - SPIEGEL ONLINE - Nachrichten - Wirtschaft