Das es Dummheit ist, auf den Erfahrungsschatz des Alters zu verzichten, wurde in diesem Thread ja bereits recht eindeutig dargelegt. Überhaupt haben viele Leute, viele interessante Dinge zu dem Thema gesagt - daher möchte ich nur noch einige eher unzusammenhängende Gedanken einwerfen, die mir beim lesen der Beiträge gekommen sind...
Zuerst einmal zur eigentlichen Fragestellung, die das Thema ja ursprünglich stark auf das Berufsleben fokussierte: Es ist in der Berufswelt ja nicht unbedingt so, dass junge Leute alte Mitarbeiter feuern oder in Rente schicken - meiner Erfahrung nach steigt mit der Höhe der Position, auch das Alter der Mitarbeiter. Auf der unteren Entscheidungsträger-Ebene - ich sage mal so etwas wie Teamleiter, Gruppenleiter oder Projekt-Manager - findet man noch häufig junge Leute, aber auf den höheren Ebenen, wenn es z. B. um Bereichs-, Gebiets- oder Regionalmanager geht, steigt die Alterskurve schon deutlich an. Und wenn es dann, z. B. bei großen Konzernen, um Aufsichtsräte, Top-Manager und Konzernchefs geht, muss man schon lange suchen um jemanden unter 50 zu finden - während 60jährige und 70jährige keine Seltentheit sind. So gesehen muss man also sagen das alte Menschen ältere Menschen feuern oder in Rente schicken. Und dahinter stecken natürlich auch knallharte wirtschaftliche Überlegungen! Nehmen wir nur einen 50jährigen der seit 30 Jahren in der selben Firma tätig ist - selbst wenn der kein Karrierist ist und sich nie nach oben gearbeitet hat, ist er doch auf der Gehaltsleiter allein durch seine Dienstjahre ordentlich empor geklettert. Wenn ein junger Mensch nach einer gewissen Einarbeitung die gleiche Arbeit erledigen kann und dabei viel weniger verdient, weil er noch am Anfang seines Berufslebens steht, dann ist es natürlich viel wirtschaftlicher für ein Unternehmen (dienst)ältere Mitarbeiter gegen jüngere auszutauschen.
Auch bei der Jobsuche (wie sTEk ja bereits erwähnte, ist es extrem schwer für Menschen >45 Arbeit zu finden) spielt das eine Rolle, denn natürlich hat ein Arbeitnehmer mit zwanzig, dreißig Jahren einschlägiger Berufserfahrung ganz andere Gehaltsvorstellungen als ein Grünschnabel, der gerade von der Schulbank kommt.
Ich würde also nicht sagen das nur die Arroganz der "Jugend" oder der Generationenkonflikt dafür verantwortlich sind, dass ältere Menschen häufig zum Alteisen geworfen werden - viel entscheidender ist, meiner Meinung nach, die neue Form des Manchesterkapitalismus übelster Ausprägung, die sich spätestens seit den späten 80ern in der westlichen Wirtschaft ausgebreitet hat und Arbeitnehmer auf Ressourcen reduziert.
Und wo wir gerade beim "Generationenkonflikt" waren: Zu einem Konflikt gehören immer zwei. Beim lesen des Threads drängte sich mir bisweilen das Bild von arroganten, jungen Schnöseln auf, die sich standhaft weigern die Erfahrungen der weiseren älteren Generationen anzunehmen. Das gibt's aber auch anders herum: Viele ältere Menschen sind der Meinung, sie könnten nichts von jüngeren Menschen lernen - ein fataler Trugschluss! Auch von jungen Menschen kann man lernen und es ist nicht weniger arrogant das abzulehnen, nur weil man deutlich älter ist und sich für erfahrener und weiser hält.
Analog dazu möchte ich hier auch einmal ausdrücklich betonen, dass Alter nicht automatisch mit Weisheit oder einem tiefschürfenden Erfahrungsschatz einhergeht - auch Dummköpfe, die es ihr Leben lang erfolgreich vermieden haben aus Erfahrung klug zu werden, neigen dazu alt zu werden...
Zu guter letzt noch ein kleiner Denkanstoß: Stehen Alter, Erfahrung und fachspezifisches Können wirklich in einem kausalen Zusammenhang? Oder gibt es spezifische Unterschiede? Nehmen wir nur die Wissenschaften: Wissenschaftler im mathematisch-theoretischen Bereich erbringen ihre Höchstleistungen in der Regel als relativ junge Menschen - so hat Einstein mit 26 die spezielle Relativitätstheorie veröffentlicht und auch der Ruhm von Stephen Hawking beruht vor allem auf seine Arbeiten in den 60er Jahren, also aus der Zeit als er ein
Twen war. Mathematisch-theoretische Wissenschaftler fürchten den 30. Geburtstag, denn es heißt wer bis dahin noch keine bahnbrechende Entdeckung gemacht hat, hat seine Chance verspielt.
Bei den Geisteswissenschaften ist es dagegen genau anders herum, denn hier werden die wichtigsten Arbeiten häufig erst im letzten Lebensabschnitt verfasst. Während also für bahnbrechende Entdeckungen im mathematisch-theoretischen Bereich ein relativ junges Gehirn eine Art Grundvoraussetzung zu sein scheint, profitieren Geisteswissenschaftler also eher von dem Wissensschatz, den sie im Rahmen eines langen, akademischen Lebens angesammelt haben.