[PF] 15 - Verzicht auf Erfahrung - weg mit den Alten

Ist es Arroganz, Egoismus, Dummheit oder einfach völliges Verschließen der Augen vor der Zukunft, wenn "die Jugend" denkt, dass "die Alten" lieber in Rente gehen sollen?

Warum bekommen Menschen in diesem Land mit 45 oder 50 keinen Arbeitsplatz mehr, sollen aber bis fast 70 arbeiten gehen? Heißte das, man ist gut die Hälfte seines Arbeitslebens zu alt für die Arbeit? Oder ist es so, dass die Gesellschaft soweit ist zu denken, alles wäre so einfach wie die "Wirtschaftswissenschaft" und käme mit einer Hand voll (falscher bzw. stark lenkender) Standardwerke aus? Ist unsere derzeitige Lage eine erste Schnupperversion dessen was passiert, wenn man Erfahrung, handwerkliches Können und die Gelassenehit des Alters gegen Blauäugigkeit, wildem Herumgefusche und Aktionismus tauscht?

Anlass für diese Frage ist dieses Video (geschaffen vom Projekt GenerationErfahrung):
https://www.youtube.com/watch?v=BBwM3sVU28Q
 
Zuletzt bearbeitet:
Umsonst fragst du die Schrift um Auskunft; frage lieber die Erfahrung. (Bernhard von Clairvaux aka St.Bernhard)

Leider lehren uns die Wissenschaften der heutigen Zeit ausschliesslich, dass wir die Schrift um Auskunft fragen sollen, denn was nicht geschrieben steht, ist heutzutage nichts Wert. Das Problem liegt daher imo primär in einer ziemlich verkorksten Verschiebung der Werte in unserer Gesellschaft. Man ist der Meinung, dass man die Erfahrung der Alten ersetzen kann durch das, was sie niedergeschrieben haben, wodurch Menschen im Alter weniger geschätzt werden als früher. Man braucht sie halt nicht mehr, während man damals wusste, dass man ihre Erfahrung braucht. Die Meinung der Alten ist nur noch in wenigen Bereichen gefragt, die fast ausschliesslich auf Erfahrung aufbauen (Politik, Philosophie u.ä.).

Es ist somit Arroganz und Egoismus, der dazu führt, dass wir die Alten nicht mehr schätzen und ihre Erfahrung nicht mehr nutzen. Heutzutage ist jeder Studienabgänger der Meinung, dass er schlauer sei als "die Alten".

Sicherlich ist auch der übliche Generationenkonflikt nicht ganz unschuldig. Die Alten wollen sich nicht an die heutige Zeit anpassen und reden immer vom früher, die Jungen wollen nicht akzeptieren, dass damals nicht alles schlecht war und dass man Ratschläge durchaus mal annehmen kann, auch wenn diese von jemandem kommen, der nicht unbedingt "mit der Zeit geht". Dieser Generationenkonflikt wird aber heutzutage dadurch verschärft, dass man den Alten in der gesamten Gesellschaft immer weniger Wert beimisst und dass der Respekt vor dem Alter nicht mehr Teil der Erziehung von Kindern ist.

Nicht zuletzt ist aber vermutlich auch die "Geschwindigkeit", in der wir leben, ein Aspekt, der nicht ganz ausser Acht gelassen werden kann. Unsere Gesellschaft ist sehr schnelllebig geworden und je älter Menschen werden, umso weniger können sie mit der Schnelllebigkeit umgehen. Allerdings würde es uns vermutlich ganz gut tun, wenn wir unser Leben mal wieder etwas ausbremsen würden, wenn man sich mal anschaut wie viele psychische Probleme (Depressionen, Burnout etc.) aus der Beschleunigung entstehen. Problem dabei ist, dass wir gar nichts mehr haben, womit wir uns "entschleunigen" können. Früher hat das die Religion übernommen und Ruhephasen durch Gebete, Meditationen und sonstige Riten geschaffen. Diese Lücke wurde und wird nicht geschlossen, seit man die Religionen verteufelt. Die Alten können also gar nicht mehr mitkommen, weil die Jungen ihnen "davonleben". Auch die Jobs sind heutzutage genau so schnelllebig wie der Rest und da können (und wollen) die Alten einfach nicht mithalten, da das Erlernen und Umlernen im Alter immer schwieriger wird, was gerade in der heutigen Zeit der sich ständig ändernden Technik ein Problem darstellt.

Es sind also diverse Aspekte unserer Gesellschaft, die im Zusammenspiel für das "Abschieben der Alten" sorgen. Schnelllebigkeit, verschobene Werte und Egoismus sind aber imo die Hauptaspekte, die eine Rolle spielen.
 
Wie immer gibt es zwei Seiten der Medaille

Vorweg, es gibt Berufsfelder in denen die "Alten" den "Jungen" deutlich überlegen sind und andersherum. Aber um die sollte es hierbei nicht gehen.
Viel interessanter sind die Berufsfelder in denen potentiell sowohl jung als auch alt einsetzbar wären.

Sicher spielt (wie von bitmuncher hingewiesen) der Generationenkonflikt eine zentrale Rolle - und alle Punkte in bitmunchers Post sind valide.

Allerdings finde ich gerade den letzten besonders interessant:
Die Alten können also gar nicht mehr mitkommen, weil die Jungen ihnen "davonleben". Auch die Jobs sind heutzutage genau so schnelllebig wie der Rest und da können (und wollen) die Alten einfach nicht mithalten, da das Erlernen und Umlernen im Alter immer schwieriger wird, was gerade in der heutigen Zeit der sich ständig ändernden Technik ein Problem darstellt.

Dies ist noch nichtmal alles - die heute erforderlichen softskills sind gewaltig, werden jedoch selten so wahrgenommen, zumindest von den jüngeren.

"wir" (die jüngeren) können gewisse Dinge einfach aufgrund unserer sozialisation. dazu gehört das effiziente nutzen von suchmaschinen ebenso wie das abstrakte verständis von technik standards und software benutzeroberflächen

die "Alten" haben eben mit Dingen dieser Art nunmal zu kämpfen und werden daher zunehmend seltener eingestellt.
ein arbeitgeber kann nunmal recht wenig mit jemandem anfangen der beispielsweise mit der umstellung einer office suite auf eine andere nicht selbstständig klar kommt sondern einen Kurs benötigt = unnötige Kosten

das ist nicht etwas das die "jungen" können weil sie jung sind (und erlernen somit angeblich einfacher fällt) sondern schlichtweg weil sie mit ständig wechselnder technologie dieser Art groß geworden sind und beispielsweise benutzeroberflächen auf einer art meta ebene verstehen. (und ihnen dies somit wenn sie selbst man "alt" sind daher nicht schwerer fallen würde)

Hinzu kommt dass sich vielerlei berufsfelder über die letzten jahrzehnte signifikant gewandelt haben. soziale netzwerke und sonstige internet-"phänomene" besitzen große bedeutung - etwas das die "alten" ebenfalls aufgrund ihrer sozialisation nicht "wirklich" verstehen - zumindest nicht ohne Verständnis- und Lernaufwand.

Und da kommen wir zum letzten Punkt: lernen.

Lebenslanges Lernen gehört für (nahezu) jeglichen heutigen Berufseinsteiger zum Selbstverständnis. Auch dies war früher anders und fällt den "alten" schwerer.

was also haben die "alten" dann zu bieten?
titel des threads ist erfahrung. allerdings ist nicht jede erfahrung gleich viel wert. es gibt viele "alte sowie neue" berufe in denen erfahrung eine der hauptqualifikationen darstellt.

allerdings sollte man sich auch fragen ob die erfahrung einer person auch tatsächlich zukunftstauglich ist - denn dieses kriterium ist oftmals nicht erfüllt. in kombination mit den genannten softskill nachteilen der "alten" ist dies nunmal ein klarer grund in sehr vielen berufsfeldern eher Jüngere einzustellen.
 
Lebenslanges Lernen gehörte schon immer zu fast allen Berufsfeldern. Selbst bei der Müllabfuhr änderte sich die Technologie der Müllfahrzeuge ständig. Die Menge, die an selbstständigem Lernen in den meisten Berufsfeldern heutzutage vorausgesetzt wird, ist aber weitaus höher als je zuvor in der Geschichte. Der Einsatz von Computern und die Vernetzung der Welt tragen dazu sicherlich nicht unerheblich bei. Die Technik entwickelt sich einfach schneller als jemals zuvor. Ausserdem war es früher normal, dass es Schulungen gab, wenn eine Software umgestellt wurde. Diesen Kostenposten sparen sich die meisten Firmen heutzutage lieber und wundern sich dann, warum nur noch jene mit der Software umgehen können, die mit etwas vergleichbarem bereits in ihrer Ausbildung zu tun hatten, also die jungen Leute.

Und dass Erfahrung selbst in den "modernen Berufen" wichtig ist, zeigt sich doch schon hier im Board. Was macht einen guten Programmierer aus? Was macht einen guten Admin aus? Wodurch zeichnet sich ein guter Scrum-Master aus? Erfahrung! Es gibt nur wenige Bereiche, in denen Erfahrung nicht wichtig ist und diese liegen fast ausschliesslich im Niedriglohnsektor. Und in diesen Bereich schiebt man die Alten ja auch gern ab, weil sich das später in den notwendigen Rentenauszahlungen bemerkbar macht.
 
Und dass Erfahrung selbst in den "modernen Berufen" wichtig ist, zeigt sich doch hier schon hier im Board. Was macht einen guten Programmierer aus? Was macht einen guten Admin aus? Wodurch zeichnet sich ein guter Scrum-Master aus? Erfahrung! Es gibt nur wenige Bereiche, in denen Erfahrung nicht wichtig ist und diese liegen fast ausschliesslich im Niedriglohnsektor. Und in diesen Bereich schiebt man die Alten ja auch gern ab, weil sich das später in den notwendigen Rentenauszahlungen bemerkbar macht.

allerdings ist nicht jede erfahrung gleich viel wert. es gibt viele "alte sowie neue" berufe in denen erfahrung eine der hauptqualifikationen darstellt.

es dürfte niemand ernsthaft bestreiten dass erfahrung von essentieller bedeutung ist. allerdings gilt dies nunmal nicht dogmatisch, sondern abhängig davon ob genannte erfahrung auch zukunftstauglich ist.

und es ist nunmal mitunter der fall dass ein signifikanter teil der berufserfahrung einer (älteren) person nunmal heutzutage nicht mehr viel wert ist. (selbstverständlich nicht alles)

der arbeitgeber muss dann eben die "übrige" erfahrung als positiven faktor gegen die genannten nachteile der "älteren" aufwiegen - was nunmal alzu oft zum nachteil der "alten" ausgeht.
 
Ist es Arroganz, Egoismus, Dummheit oder einfach völliges Verschließen der Augen vor der Zukunft, wenn "die Jugend" denkt, dass "die Alten" lieber in Rente gehen sollen?

Alles zusammen.

Der Generations-Gap ist und wahr schon immer normal.

Allerdings rennt uns die gesamte Entwicklung derart davon, dass aeltere Generationen gar nicht mehr hinterherkommen.

Leider machen wir aber auch von der Erfahrung der "Alten" wenig gebrauch, wenn es um ganz grundsätzliche Lebensperspektiven geht.

Wir streben lieber nach Induvidualitaet und Selbstverwirklichung und geben uns allergrößte Mühe, diesen Anschein aufrecht zu erhalten.
 
Ich stimme ja mit vielem zu was hier geschrieben wurde, aber manches verfehlt den Punkt m.E..

Vielfach wurde gesagt die Alten kämen nicht mehr mit. Mit sicherheit ist das nicht so. Es ist eher:
davon ob genannte erfahrung auch zukunftstauglich ist.

und es ist nunmal mitunter der fall dass ein signifikanter teil der berufserfahrung einer (älteren) person nunmal heutzutage nicht mehr viel wert ist. (selbstverständlich nicht alles)
Ein krasses Beispiel: Erfahrung im Umgang mit Rechenschiebern ist heute nichts, aber auch gar nichts mehr wert.

Viele Dinge ändern sich und das in der Tat sehr schnell. Insbesondere in der Technik, die die daran angeknüpften Berufsfelder mitzieht. Tatsächlich brauchen alte Menschen oft länger um sich neuen Umständen anzupassen.

Dennoch denke ich nicht, dass das die Gründe sind.
Zunächst mal ist nicht jeder Berufszweig gleichstark betroffen. Man ist z.B. ein junger und frischer Berufspolitiker oder DAX-Unternehmer, wenn man Anfang der 40 ist. Hier braucht man langjährige Erfahrung (und muss sich hocharbeiten). Auf dem Bau ist man mit dem Alter schon fast ein Kandidat für den Vorruhestand. Hier ist man nach 20-30Berufsjahren in der Regel nicht mehr in der körperlichen Verfassung. Ein Arzt kann auch noch mit 70 oder gar 80 gute Arbeit leisten - umso weniger je weiter es Richtung "Handwerk"(etwa Chirurgie) geht. Hier muss man relativ wenig neu dazulernen, es ändert sich zu wenig. Ein INT-Arbeiter (Ich hab mal die MAthematik bewusst herausgelassen) muss sich aber meistens so unfassbar schnell anpassen. Mein Gott, als ich noch ganz klein war konnte man einen Laptop kaum von einem Aktenkoffer unterscheiden, Handys wogen ein halbes Kilo, man war stolz über eine Festplatte mit 1GB Kapazität und hatte seine Start-Diskette immer griffbereit.

Ich habe mal gelesen (ich weiß leider nciht mehr wo), dass es in Deutschland so, vergleichsweise, wenige junge Arbeitslose gibt, weil es hier keinen Mindestlohn gibt. Und ich denke da liegt auch die Crux mit den Alten. Einem langjährigen Arbeitnehmer muss ich Gehaltserhöhungen zahlen und ich kann ihn fast nicht entlassen. Damit werden die Alten immer teurer und teurer. Irgendwann wiegt das Plus an Erfahrung einfach nicht mehr die Preisdifferenz auf und man entscheidet sich für den jungen und unerfahrenen Neueinsteiger. Gerade in den Ländern mit Mindestlohn sollen sich angeblich die Personaler öfter für die älteren entscheiden, gerade weil sie Erfahrung haben (und man nichts spart, wenn man einen Unerfahrenen einstellt).
Ich durfte einmal ein hochinteressantes Praktikum in einem EDV-Betrieb machen. Im Keller hatten die zwei Großrechner stehen. Der Mensch der ihn bediente war sicherlich schon in den späten 50ern und seine Kollegen auch. Er zeigte mir das mehrere Aktenschränke umfassende Bedienungshandbuch. Und er hat mir sehr interessante Anekdoten aus seinem Leben und seiner Schul- und Studienzeit erzählt. Damals gab es eben noch keine Heimcomputer und er hat sein Handwerk Abends an den Großrechnern gewisser Unternehmen lernen dürfen.
Je einfacher die Systeme in dem Betrieb wurden umso jünger waren jene, die sie bedienten: die Leute, die für die Server zuständig waren meist um die 40 und die Leute an den Windowsrechnern meistens um die 30.

Ich denke die grundsätzliche Frage ist, wieviel Mehrwert die Erfahrung eines Arbeitnehmers bringt. Ab einem gewissen Punkt rechnet es sich einfach nichtmehr. Das hat nichts mit Respekt oder Wertschätzung im herkömmlichen Sinne zu tun. Im Gegenteil: an der Uni wird uns relativ offen gesagt, dass wir nach dem Abschluss nur auf dem Papier Ingenieure sind. Dass wir vielmehr viele Jahre Erfahrung brauchen um etwas ordentliches in dem Beruf zu leisten.
 
Die genannten Punkte sind korrekt und durchaus nennenswert.
Einen vermisse ich allerdings: Die Einbildung der älteren, Sie hätten bereits alles gelernt.

Als Beispiel nehme ich mal eine Verwandte:
Diese war arbeitslos und hat ihre Kauffrauenlehre in der DDR absolviert.
Ihre Chancen auf einen neuen Job gingen gen null, da die Computer-Skills am untersten Wissensrand kratzten, Englisch eine Fremdsprache war und moderene BWL-Techniken Humbug darstellten.

Ich versuchte diese zu belehren, die IT-Skills aufzuwerten. Die Reaktion: "Ich kann super mit dem Computer arbeiten, da können die Kollegen kaum mithalten." Dabei war die Bezeichnung Windows und Office in ihrer Welt mit der gleichen Bedeutung belegt, der Datei-Explorer ein Rätsel, externe Medien ein Mythos und eine Suchmaschine kein verwertbarer Gegenstand. Mein Drängen, dass dieses Wissen nichtmal das Minimum eines Büroarbeitsplatzes erfüllt und eine Fortbildung zwingend notwendig sei, wurde mit Arroganz und beleidigtem Grunzen abgetan, weil ich Erfahrung und Wissensstand in Frage gestellt hatte. Es gab einen Moment, wo ich versucht habe, das gesamte IT-Wissens-Spektrum aufzuzeigen (also wieviel Wissen es in der IT gibt), damit sie einen Eindruck davon bekommt, zu welchem Punkt sie für eine normale Anstellung gelangen müsste.

"Lern Englisch!" fuhr ich fort. Darauf ging sie zwar ein aber die Kurse der AGA waren so schlecht, dass sie beim DVD-schauen mit Untertiteln mehr gelernt hätte. Eine selbstständige Fortbildung (ich gehe davon aus, dass jemand der arbeitslos ist, Zeit dafür hat) kam natürlich garnicht in Frage. Und früher haben die drei Worte Englisch ja auch ausgereicht.

Und so ging das praktisch mit jedem Thema.

Ich hab sie schlußendlich einfach immer wieder auf die Klappe gehen lassen, bis sie begann etwas zu tun. Durch ein wenig Glück bekam sie [leider] kurz darauf eine Anstellung und alle Bestrebungen waren dahin.

Diese Sturheit dem Wandel der Zeit überhaupt eine Chance zu geben und zu versuchen sich an heutige Arbeitsbedingungen anzupassen habe ich leider schon häufiger erlebt. Hier sorgt eine damals gute Erfahrung dafür, dass man sich als ausgebildet betrachtet und nicht weiter nach Wissen strebt. Erfahrung macht bequem und Bequemlichkeit verschlechtert die Chancen.

Im Moment kann ich es mir nicht vorstellen mich dem Fortbilden - ob nun freiwillig oder gezwungen - zu verschließen. Ich würde im Moment auch nie auf die Idee kommen unseren Azubis nicht zuzuhören, sondern lasse sie ihre Ideen immer erst präsentieren und Argumente für Lösungsansätze vorbringen, bevor ich ggf. Einwände aufbringe (diese Lektion wiederum habe ich von meinem damaligen Ausbilder, der meinte, dass ihm die eigene Erfahrung immer wieder Lösungswege verwerfen lässt die bei einem "Frischling" durchaus zu Erfolgen führen, weil dieser sie ohne Bedenken beschreitet).

lG

Nachtrag: Alter, Weisheit und Erfahrung verlaufen nicht kongruent
 
Zuletzt bearbeitet:
Was mir gerade einfällt steht zwar im krassen Gegensatz zum vorigen Beispiel mit der Arbeitslosen, ist aber trotzdem nicht allgemein verkehrt: Man muss den Menschen auch die Zeit geben sich fortzubilden. Als Arbeitgeber kann ich nicht von meinen Mitarbeitern erwarten immer auf dem neuesten Stand zu sein ohne ihnen den Freiraum dafür zu geben. Und ich wähle hier bewusst den Begriff Freiraum weil ich Aktionen wie "Excel-Kurs für alle Mitarbeiter, eine Woche lang" ziemlich für die Katz halte. Das habe ich wunderbar bei meinem Dad gesehen, solche Aktionen sind nur eine Verschwendung von einer Woche Arbeitszeit. Deswegen wäre ich auch eher dafür den Mitarbeiter mitentscheiden zu lassen worüber er sich fortbilden möchte, den meistens weiß er selber am Besten, was er alles nicht kann bzw. was für ihn im Arbeitsalltag unter Umständen von Vorteil sein könnte.

Ich sehe das ganze auch gerne im Kontext meines Studiums, was im Grunde genommen auch nur eine Fortbildungsmaßnahme ist. Nur bekomme ich da so viele Fächer und Themengebiete vorgegeben, dass sich, zumindest bis jetzt (4. bis 5. Semester) kaum Freiheiten ergeben haben die Themen anzukratzen, die mich wirklich interessieren würden.

Der Nutzen der Zeit, die in die Weiterbildung investiert ist, ist umso größer, je größer man auch Interesse daran zeigt. Das resultiert natürlich darin, dass ich nicht von jedem den gleichen Wissensstand erwarten kann, dafür aber einen überproportionalen Vorsprung in anderen Gebieten bei einzelnen erhalte.

Um den Bogen zum Thema zurückzuspannen: Man sollte älteren Menschen nicht unbedingt vorgeben, was sie alles lernen müssen, um auf dem neuesten Stand zu sein. Man sollte ihnen eher die Möglichkeit bieten Eigeninitiative zu zeigen und sie dabei zu unterstützen. Genauso wie man aber auch den Erfahrungsschatz der Älteren nicht einfach wegwerfen sollte, sondern eher gewisse Bestandteile daraus mit neuem zu kombinieren, von dem sich dann die Jugend wiederum was abschauen kann.

mfg benediktibk
 
Ich stimme auch insoweit zu, als dass es heute einfach unabdinglich ist, grundkenntnisse im IT Bereich zu haben.

Allerdings finde ich es schade, dass diese Kenntnisse bei Leuten, die es zuvor nie benutzt hatten, den Status eines KO Kriteriums bekommen.

Das bedienen eines E-Mail Programms, SAP Anwendungen und überhaupt die meisten Office Anwendungen sind keine Hexerei und kann im Grunde jeder lernen.
Trockenübungen in dem Bereich werden überschätzt, da die Realitaet stets eine ganz andere Sache ist.

Dabei übersehen wir ein ganz wichtiges Element: Die gesamte IT ist in den allermeisten Fällen ein Mittel zum Zweck - ein Werkzeug. Und das Werkzeug wird heutzutage dahingehend optimiert, als dass es jeder bedienen kann - weil es eben so grosse Relevanz besitzt. Die eigentliche Arbeit ist _nicht_ der Moment wo wir auf unseren PCs rumhaemmern, sondern dadurch wird sie "lediglich" kommuniziert.

- Die Fähigkeit PHP auswaendig zu kennen macht noch keinen guten Programmierer
- Die Fähigkeit Photoshop bedienen zu koennen ist kein Beweis für Kreativitaet
- Nur weil die Office Produkte aus dem FF kenne, bedeutet dass nicht, das ich Geschäftsprozesse verstehe oder gar optimieren kann, geschweige denn bei Geschaeftspartnern den "richtigen Nerv" treffe, wenn ich meine PP Präsentation abfahre

etc..

In meinem Unternehmen - und es ist ein 100%iges IT Unternehmen - ist die Fähigkeit mit Computern "umzugehen" kein Kriterium bei einer Jobvergabe. Uns kommt es darauf an Leute zu haben, die die Prozesse und den jewiligen Zielmarkt verstehen. Und Geschaeftsprozesse im IT Umfeld unterscheiden sich nicht grossartig von anderen.

Wir sollten die Hochtechnologie nicht zum selbstzweck hochstilisieren und uns übermässig was drauf einbilden, denn auch wir werden von dieser Entwicklung früher oder später eingeholt und unser sogenanntes IT-Wissen wird keinen Pfifferling mehr wert sein.
 
Wir sollten die Hochtechnologie nicht zum selbstzweck hochstilisieren und uns übermässig was drauf einbilden, denn auch wir werden von dieser Entwicklung früher oder später eingeholt und unser sogenanntes IT-Wissen wird keinen Pfifferling mehr wert sein.

Korrekt. Aber wenn ich mit meinem heutigen Wissen in 20 Jahren behaupten würde, ich müsste nichts mehr dazulernen, wäre ich auf jeden Fall gekniffen. Versuche ich zumindest die neuen Themen zu erfassen, bin ich zumindest nicht ohne Umwege aus dem Rennen.


Dabei übersehen wir ein ganz wichtiges Element: Die gesamte IT ist in den allermeisten Fällen ein Mittel zum Zweck - ein Werkzeug. Und das Werkzeug wird heutzutage dahingehend optimiert, als dass es jeder bedienen kann

Aber leider kann das nicht jeder - und das ist z. B. was ich als Grundwissen für den Büroalltag einstufen würde. Theoretisch sollten die Basics auch nicht so schwer zu lernen sein, wenn man ihnen ein wenig Aufmerksamkeit widmet (<- springender Punkt).

Um den Bogen zum Thema zurückzuspannen: Man sollte älteren Menschen nicht unbedingt vorgeben, was sie alles lernen müssen, um auf dem neuesten Stand zu sein.

Wenn nun ein großer Software-Hersteller meint, Menues durch Ribbon-Icons zu ersetzen, wird es schonmal ein wenig schwierig. Man muss nun nicht sofort auf dem neuesten Stand sein - aber man sollte (und hier wird es schon durch die Umgebung [leider] vorgegeben) rechtzeitig aufholen.
Theoretisch gilt hier auch "learning by doing" ist okay - aber man muss auch Signale setzen, dass man dazu gewillt ist. Ein Personaler müsste sowas aber im Lebenslauf erkennen können.

Eine Vorgabe, was zu lernen ist, ergibt sich schon aus den [Berufs]Wünschen. Ich kann nicht sagen ich will IT-Admin werden und nichts über Netzwerke wissen, Kaufmann werden ohne mit einer Tabellenkalkulation umgehen zu können oder eben auch Maler ohne zu wissen, was ein Pinsel ist.
Das eigene Ziel gibt die Vorgaben - und manchmal gefallen die eben nicht, müssen aber trotzdem eingehalten werden.
Ich bin für die freie Wahl aber meist kann sie nur auf oberster Ebene geschehen - alles was folgt sind Mittel zur Verwirklichung. Ziele müssen sich nicht nur junge Menschen setzen.

Übrigens sehe ich auch genug junge Menschen, die bei entsprechendem Desinteresse von allen Mindestanforderungen erschlagen werden - manchmal auch, weil sie meinen, dass sie es nicht nötig hätten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das es Dummheit ist, auf den Erfahrungsschatz des Alters zu verzichten, wurde in diesem Thread ja bereits recht eindeutig dargelegt. Überhaupt haben viele Leute, viele interessante Dinge zu dem Thema gesagt - daher möchte ich nur noch einige eher unzusammenhängende Gedanken einwerfen, die mir beim lesen der Beiträge gekommen sind...;)

Zuerst einmal zur eigentlichen Fragestellung, die das Thema ja ursprünglich stark auf das Berufsleben fokussierte: Es ist in der Berufswelt ja nicht unbedingt so, dass junge Leute alte Mitarbeiter feuern oder in Rente schicken - meiner Erfahrung nach steigt mit der Höhe der Position, auch das Alter der Mitarbeiter. Auf der unteren Entscheidungsträger-Ebene - ich sage mal so etwas wie Teamleiter, Gruppenleiter oder Projekt-Manager - findet man noch häufig junge Leute, aber auf den höheren Ebenen, wenn es z. B. um Bereichs-, Gebiets- oder Regionalmanager geht, steigt die Alterskurve schon deutlich an. Und wenn es dann, z. B. bei großen Konzernen, um Aufsichtsräte, Top-Manager und Konzernchefs geht, muss man schon lange suchen um jemanden unter 50 zu finden - während 60jährige und 70jährige keine Seltentheit sind. So gesehen muss man also sagen das alte Menschen ältere Menschen feuern oder in Rente schicken. Und dahinter stecken natürlich auch knallharte wirtschaftliche Überlegungen! Nehmen wir nur einen 50jährigen der seit 30 Jahren in der selben Firma tätig ist - selbst wenn der kein Karrierist ist und sich nie nach oben gearbeitet hat, ist er doch auf der Gehaltsleiter allein durch seine Dienstjahre ordentlich empor geklettert. Wenn ein junger Mensch nach einer gewissen Einarbeitung die gleiche Arbeit erledigen kann und dabei viel weniger verdient, weil er noch am Anfang seines Berufslebens steht, dann ist es natürlich viel wirtschaftlicher für ein Unternehmen (dienst)ältere Mitarbeiter gegen jüngere auszutauschen.
Auch bei der Jobsuche (wie sTEk ja bereits erwähnte, ist es extrem schwer für Menschen >45 Arbeit zu finden) spielt das eine Rolle, denn natürlich hat ein Arbeitnehmer mit zwanzig, dreißig Jahren einschlägiger Berufserfahrung ganz andere Gehaltsvorstellungen als ein Grünschnabel, der gerade von der Schulbank kommt.
Ich würde also nicht sagen das nur die Arroganz der "Jugend" oder der Generationenkonflikt dafür verantwortlich sind, dass ältere Menschen häufig zum Alteisen geworfen werden - viel entscheidender ist, meiner Meinung nach, die neue Form des Manchesterkapitalismus übelster Ausprägung, die sich spätestens seit den späten 80ern in der westlichen Wirtschaft ausgebreitet hat und Arbeitnehmer auf Ressourcen reduziert.

Und wo wir gerade beim "Generationenkonflikt" waren: Zu einem Konflikt gehören immer zwei. Beim lesen des Threads drängte sich mir bisweilen das Bild von arroganten, jungen Schnöseln auf, die sich standhaft weigern die Erfahrungen der weiseren älteren Generationen anzunehmen. Das gibt's aber auch anders herum: Viele ältere Menschen sind der Meinung, sie könnten nichts von jüngeren Menschen lernen - ein fataler Trugschluss! Auch von jungen Menschen kann man lernen und es ist nicht weniger arrogant das abzulehnen, nur weil man deutlich älter ist und sich für erfahrener und weiser hält.

Analog dazu möchte ich hier auch einmal ausdrücklich betonen, dass Alter nicht automatisch mit Weisheit oder einem tiefschürfenden Erfahrungsschatz einhergeht - auch Dummköpfe, die es ihr Leben lang erfolgreich vermieden haben aus Erfahrung klug zu werden, neigen dazu alt zu werden...;)

Zu guter letzt noch ein kleiner Denkanstoß: Stehen Alter, Erfahrung und fachspezifisches Können wirklich in einem kausalen Zusammenhang? Oder gibt es spezifische Unterschiede? Nehmen wir nur die Wissenschaften: Wissenschaftler im mathematisch-theoretischen Bereich erbringen ihre Höchstleistungen in der Regel als relativ junge Menschen - so hat Einstein mit 26 die spezielle Relativitätstheorie veröffentlicht und auch der Ruhm von Stephen Hawking beruht vor allem auf seine Arbeiten in den 60er Jahren, also aus der Zeit als er ein Twen war. Mathematisch-theoretische Wissenschaftler fürchten den 30. Geburtstag, denn es heißt wer bis dahin noch keine bahnbrechende Entdeckung gemacht hat, hat seine Chance verspielt.
Bei den Geisteswissenschaften ist es dagegen genau anders herum, denn hier werden die wichtigsten Arbeiten häufig erst im letzten Lebensabschnitt verfasst. Während also für bahnbrechende Entdeckungen im mathematisch-theoretischen Bereich ein relativ junges Gehirn eine Art Grundvoraussetzung zu sein scheint, profitieren Geisteswissenschaftler also eher von dem Wissensschatz, den sie im Rahmen eines langen, akademischen Lebens angesammelt haben.
 
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Nenene. Du sprichst von Genies. Die funktionieren ganz anders als der "08/15 Akademiker". Im übrigen hält deine Vermutung einer groben Überprüfung nicht statt. Faraday(Elektrodynamik), Maxwell(mathematischer Grundbau moderner theoretischer Elektrotechnik), Curie(Chemie), Hahn(Radiophysik) waren alle jenseits der 30 als sie ihre jeweiligen Entdeckungen machten. Im Gegenzug war Schiller 22 als er seine Räuber schrieb, Goethe 25 mit seinem Werther (den Götz sogar noch ein Jahr früher!). Zugegebener Maßen waren alle meine Stichproben bei den Philosophen in der Hinsicht erfolglos.
 
Goethe 25 mit seinem Werther (den Götz sogar noch ein Jahr früher!).

Du hättest fairerweise noch den Faust erwähnen sollen, denn Werther ist im Gegensatz zum Faust doch auf einem eher Rosamunde-Pilcher Niveau ;)
Von Musikern, die auch im Alter noch Höchstleistungen bringen - als Spieler und Komponist oder Arrangeur braucht man gar nicht anfangen... Hier zeigt sich mehr als eindeutig dass Kreativitaet kein Alter kennt sondern durch komplett andere Einflüsse gesteuert wird.

@Tara
Zu guter letzt noch ein kleiner Denkanstoß: Stehen Alter, Erfahrung und fachspezifisches Können wirklich in einem kausalen Zusammenhang? Oder gibt es spezifische Unterschiede? Nehmen wir nur die Wissenschaften: Wissenschaftler im mathematisch-theoretischen Bereich erbringen ihre Höchstleistungen in der Regel als relativ junge Menschen - so hat Einstein mit 26 die spezielle Relativitätstheorie veröffentlicht und auch der Ruhm von Stephen Hawking beruht vor allem auf seine Arbeiten in den 60er Jahren, also aus der Zeit als er ein Twen war. Mathematisch-theoretische Wissenschaftler fürchten den 30. Geburtstag, denn es heißt wer bis dahin noch keine bahnbrechende Entdeckung gemacht hat, hat seine Chance verspielt.

Alles schoen und gut, allerdings geht es insbesondere in der Mathematik doch um sehr sehr spezielle Begabung und _nicht_ um "fachspezifisches können" und die machen innerhalb einer Gesellschaft und/oder Volkswirtschaft keinen erwähnenswerten Teil aus. Hier geht es um ganz spezielle Leistungen die ein Mensch für einen relativ kurzen Zeitraum auf einem solchen Niveau leisten kann. Darüber hinaus sind einige Genies, gerade im wissenschaftlichen Bereich auch kaum zu was anderem fähig denn Generalisten sind unter den Genies in der Wissenschaft doch sehr sehr selten.

Ebenso könnte man darüber staunen, dass ein 20jähriger Fussballer eine bessere Kondition hat als ein 72jähriger ...

Und überhaupt ist die Wendung "man schaue bloss auf die Wissenschaft" unpassend, da die allermeisten Menschen eben genau dort nicht tätig sind.

Analog dazu möchte ich hier auch einmal ausdrücklich betonen, dass Alter nicht automatisch mit Weisheit oder einem tiefschürfenden Erfahrungsschatz einhergeht - auch Dummköpfe, die es ihr Leben lang erfolgreich vermieden haben aus Erfahrung klug zu werden, neigen dazu alt zu werden...
Schön gesagt. Allerdings ist es im Gegesatz dazu auszuschliessen, dass ein junger Mensch überhaupt in die Nähe von Weisheit kommt.
Was allerdings auch kein Problem ist, denn sonst wäre das altern ziemlich unattraktiv.
 
Du hättest fairerweise noch den Faust erwähnen sollen, denn Werther ist im Gegensatz zum Faust doch auf einem eher Rosamunde-Pilcher Niveau ;)
Von Musikern, die auch im Alter noch Höchstleistungen bringen - als Spieler und Komponist oder Arrangeur braucht man gar nicht anfangen... Hier zeigt sich mehr als eindeutig dass Kreativitaet kein Alter kennt sondern durch komplett andere Einflüsse gesteuert wird.

Werther mit Rosamunde Pilchers Werken zu vergleichen ist schon ein starkes Stück. Meinethalben kannst du sagen, dass dir der Werther weniger zusagt. Tatsache ist jedoch, dass der Werther der erste seiner Art war, dass es vermutlich Goethes einziges aufrichtges Werk ist und vorallem, dass wir heute Goethe vermutlich nicht so hoch schätzen würden, wäre er nicht international durch den Werther bekannt geworden. Noch heute spricht man vom "Werther-Effekt", während der Faust-Stoff wirklich uralt ist. Nichts an Goethes Faust ist neu oder revolutionär. Es gab schon vorher Sturm und Drang Werke (sogar konkrete Faust Umsetzungen), schon vorher klassische Werke und selbst die Idee Faust mal nicht als Kasperle-Theater sondern als ordentliches tragisches Drama darzustellen stammt vom genialen Christopher Marlowe (den er übrigens sehr jung schrieb und der wirklich mindestens genauso lesenswert ist wie der von Goethe) und nicht von Goethe. Wenn dir schon der Werther nicht zusagt, dann nimm den erwähnten Götz von Berlichingen, den Goethe ein Jahr früher schrieb und der ihn immerhin deutschlandweit bekannt machte.

Es ging mir nicht darum ein Plädoyer für die Jungen oder die Alten zu machen. Ich wollte eigentlich nur Taras Vermutung widersprechen, dass menschen die sich mit Mathematik beschäftigen unter 30 sein müssen, während Geisteswissenschaftler im Gegenteil sehr alt sein müssen. Da hab ich einfach einpaar Gegenbeispiele geliefert.+

EDIT: Oh, und dass ich den Faust nicht in der Beispielliste hatte, liegt natürlich daran, dass es Goethes Lebenswerk ist und nicht zu den Werken gehört, die revolutionär gewesen waren.
 
Um die Literaturdiskussion zu beenden, mal meine Gedanken zu meinen Vorrrednern und zum Thema:

Sicherlich spielen standhafte Wehrhaftigkeit und Sturheit in den beiden Lagern eine Rolle - aber die gab es schon immer. Ebenso wie Dummheit und Intelligenz - und heute sind die Jungen nicht intelligenter, nur weil sie ein Gerät bedienen können, deren Funktionsweise sie auch nicht verstehen, darüber hinaus aber in Gebäuden wohnen, die sie nicht einmal ansatzweise bauen könnten, Sachen tragen, deren Herstellung ein Buch mit sieben Siegeln ist und Dinge essen, von denen sie das natürliche Erscheinungsbild und Vorkommen nicht einmal erahnen!

Der wohl wichtigste Punkt, der hier genannt wurde, ist der des Manchester-Kapitalismuses. Natürlich erwarten erfahrene Arbeitnehmer (Und das erfahren und Arbeitnehmer sind wörtlich zu nehmen! *hust*) eine höhere Entlohnung gegenüber den unerfahrenen. Das macht ihr doch auch! Man sollte ebenso nicht vergessen, dass mit steigendem Alter auch die sozialen Anforderungen steigen. Ich würde gern den unter Euch sehen, der von seinen Eltern zum 16. oder 18. Geburtstag nur noch 20€ bekommt, weil die Eltern mit 40, 50 oder 60 den 30-jährigen Platz machen mussten und bereits seit Jahren außer mal nen Waldweg fegen auf Komunalbezahlung hin keinen Job hatten! Ich glaube, da wären sehr viel weniger Leute hier, weil die Hälfte nicht mal einen Rechner hätte. Und die Großeltern? Die wären ja noch länger arm und mittellos...sprich, durch die Generationsverpflichtung in Deutschland geht ihr dann bis zur endgültigen Arbeitslosigkeit in 20 Jahren nur für Eure Vorfahren arbeiten, um deren Lebensunterhalt mit zu bestreiten! Ich denke, darauf soll es hinlaufen, wenn man die aktuelle Politik betrachtet. Die letzten ganz schrecklichen 100Jahre des "breiten Wohlstands" werden jetzt endlich wieder durch subtil einwirkende Mittellosig- sowie Abhängigkeit und faktische Leibeigenschaft ausgetauscht und das Machtgefüge wieder "naturalisiert".
 
Werther mit Rosamunde Pilchers Werken zu vergleichen ist schon ein starkes Stück. Meinethalben kannst du sagen, dass dir der Werther weniger zusagt. Tatsache ist jedoch, dass der Werther der erste seiner Art war, dass es vermutlich Goethes einziges aufrichtges Werk ist und vorallem, dass wir heute Goethe vermutlich nicht so hoch schätzen würden, wäre er nicht international durch den Werther bekannt geworden

Werther war zur damaligen Zeit sowas wie ein "Schmachtroman" und ist von seiner Abgründigkeit und Tiefe nicht auf dem Niveau eines Faust oder seiner wissenschaftlichen Betrachtungen (Den von Dir unterstellten Vergleich hatte ich übrigends so nicht angestellt).

Es ging mir nicht darum ein Plädoyer für die Jungen oder die Alten zu machen. Ich wollte eigentlich nur Taras Vermutung widersprechen, dass menschen die sich mit Mathematik beschäftigen unter 30 sein müssen, während Geisteswissenschaftler im Gegenteil sehr alt sein müssen. Da hab ich einfach einpaar Gegenbeispiele geliefert.+

Warum geht es in diesen Diskussionen denn immer um die krassen Ausnahmen?Für die gestellte Frage um die gesellschaftliche Situation ist es völlig unerheblich ob irgendwo irgendein Wissenschaftler in dem oder jenem Alter ist.

Sprich: Es ist weder ein Beweis noch irgendein Indiz fuer irgendwas und spiegelt nicht das angesprochene Problem wieder - die Problematik, dass ältere Menschen sich mit gewissen neuen Anforderungen schwer tun und unsere Sicht darauf.
 
Ich denke du überschätzt das Problem Stek. Der Wohlstand von dem wir heute noch zehren wurde in weiten Teilen dadurch generiert, dass wir den Segen von großen Krediten, Schuldenerlassen und eines Marshallplans erleben durften. Nach dem Krieg waren wir praktisch ein Entwicklungsland. Die Wachstumsraten in Wohlstand und Produktion waren darauf zurückzuführen, dass wir fast bei Null angefangen haben.
Zum großen Kapitalfluss ins Land hinein kam das niedrige Lohnniveau. Deutschland konnte billig produzieren und dabei noch sehr hohe Qualitätsstandards halten. Die Zeiten sind vorbei, da alle Löhne stark gestiegen sind und gleichzeitig durch den Fall des Eisernen Vorhangs und durch die Öffnung Chinas neue Möglichkeiten einer unfassbar billigen Produktion im Ausland eröffnet wurden. Deutschland hat sich seinen Wohlstand im Wesentlichen durch Produktion, durch verarbeitendes Gewerbe erarbeitet. Dieses fällt aber immer mehr und mehr weg und kann nur durch den Dienstleistungssektor kompensiert werden, in den ein Fließbandarbeiter aber eben nur durch Fortbildung hineinkommt - und da haben die Jungen einen gewaltigen Vorteil.
Die Arbeitslosigkeit betrifft ja nicht nur ältere sondern eben auch junge Menschen. Ich denke das Problem mit den Alten ist künstlich hochstilisiert worden. In den letzten 20Jahren haben sehr viele Unternehmen Pleite gemacht und sicherlich waren unter den Arbeitnehmern auch ältere dabei die nicht mehr ganz auf dem aktuellen Wissensstand waren und den Anschluss an den Rest der Arbeitswelt verloren haben.

Ich schätze mal die ganze Problematik lässt sich darauf herunterbrechen, dass ein Wandel des Arbeitsmarktes stattgefunden hat und (vor allem die weniger gut ausgebildeten) Alten hatten weniger Möglichkeiten flexibel zu reagieren.
 
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